Dabei werden viele Frauen über 40 schwanger. Einige unterziehen sich einer Hormonbehandlung, andere nicht. Neueste Studien belegen, dass es für Sie und das Kind von Vorteil sein kann, einfach zu warten, bis Sie auf natürlichem Weg schwanger werden.
Pro
Der wahrscheinlich größte Vorteil, mit dem Kinderkriegen zu warten, ist, dass Sie sich Zeit gelassen haben. Sie hatten Zeit, sich zu entwickeln und die Welt zu sehen; wahrscheinlich sind Sie finanziell abgesichert und Ihre berufliche Karriere ist gesichert. Wenn Sie schon seit einiger Zeit mit Ihrem Partner zusammenleben, dann hatten Sie die Chance, sich in verschiedenen Situationen und Umständen näher kennen zu lernen und das ist eine solide Grundlage für eine Familie.
Es ist belegt, dass ältere Mütter (die im Allgemeinen gebildeter sind als junge Mütter) sinnvollere Entscheidungen bei der Kindererziehung treffen. Ältere Mütter stillen eher und, gemäß einer neuen Studie, ernähren sie sich gesünder.
Mit dem Kindersegen zu warten, hat auch finanzielle Vorteile. Laut einer Forschungsstudie sparen Vollzeit beschäftigte Frauen in Deutschland rund 20.000 Euro pro Jahr - einfach dadurch, dass sie das Kinderkriegen verschieben.
„Frauen, die zunächst mehr Erfahrungen am Arbeitsplatz sammeln, bevor sie Kinder bekommen, kehren nach dem Mutterschaftsurlaub schneller an ihren Arbeitsplatz zurück. Denn sie fühlen sich ihrem Arbeitgeber sehr verbunden, es ist leichter für sie, eine Teilzeitstelle zu bekommen als dem Arbeitsmarkt den Rücken zu kehren", so einer der Autoren der Studie.
Susan Heitler, eine Familien- und Ehe-Therapeutin, glaubt, dass die beste Zeit, Kinder zu bekommen, zwischen Ende 20 und Anfang 30 liegt, aber sie sieht auch Vorteile bei den Paaren, die damit warten: „Eltern um die 40 konzentrieren sich viel mehr auf ihre Kinder als jüngere Eltern. Sie hatten Zeit zu reisen und haben viele Erfahrungen gemeinsam gemacht, bevor sie Kinder bekamen. Sie haben einen geringeren finanziellen Druck und haben kein Problem damit, mal ein Party zu verpassen, weil sie schon genug Partys gefeiert haben."
Nicole, Mutter von fünf Kindern und Leiterin für Verkaufsförderung in einem großen Hotel, meint, dass sie mit 41 Jahren weniger Energie als früher hat, aber auf der anderen Seite eine viel klügere und geduldigere Mutter ist. „Mit 20 oder 30 setzt man sich als Elternteil ständig unter Druck", erinnert sie sich. „Du glaubst ständig, dass alles perfekt sein muss. Wenn man zum Beispiel vor einem Geburtstag keine Zeit hat, ein Geschenk zu kaufen, dann lässt man sich davon total stressen. Als reifere Mutter regen mich solche Dinge nicht mehr so auf."
Praktisch gesehen heißt das: „Wenn man allein erziehend und um die 20 ist und dann zu spät zur Arbeit kommt, kann es einen den Job kosten. Und das kann dann bedeuten, dass man die Miete nicht mehr bezahlen kann", sagt Nicole. „Nun bewege ich mich aber in einem Bereich, wo ich praktisch unkündbar bin und finanzielle Sicherheit habe. Ich muss mir also über solche Dinge keine Sorgen mehr machen und bin deshalb viel entspannter."
Kontra
Der größte Nachteil beim Aufschieben einer Schwangerschaft bis jenseits der 40 ist schon erwähnt worden: Je länger Sie warten, desto schwieriger ist es, schwanger zu werden. Das rührt daher, dass die Anzahl funktionstüchtiger Eizellen mit den Jahren abnimmt. Und die gereiften Eizellen haben oft chromosomale Defekte, die Risiken wie Fehlgeburten und angeborene Gesundheitsprobleme hervorrufen können.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Funktionsfähigkeit von Eizellen einer Frau Anfang 40 und denen einer Frau im Alter von Mitte bis Ende 40. „Im fünften Lebensjahrzehnt sinken die Chancen auf eine Schwangerschaft von Jahr zu Jahr", sagt Julia Johnson, Professorin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. „Die Chancen, mit 41 schwanger zu werden, stehen viel besser als mit 43."
Eine Studie in der medizinischen Fachzeitschrift Fertility and Sterility (Fruchtbarkeit und Sterilität) bestärkt dieses Argument. Forscher fanden heraus, dass 40-jährige Frauen, die wegen Unfruchtbarkeit behandelt wurden, mit einer 25-prozentigen Chance mit eigenen Eizellen schwanger werden konnten. Im Alter von 43 Jahren fiel diese Zahl auf 10 Prozent und mit 44 Jahren war sie auf 1,6 Prozent gesunken. Von den Frauen, die schwanger wurden, lag die Rate der Fehlgeburten bei 24 Prozent bei den 40-Jährigen, bei 38 Prozent bei den 43-Jährigen und 54 Prozent bei den 44-Jährigen.
Hormonspezialist James Goldfarb berichtet, dass er in 30 Jahren seiner Arbeit nicht eine Frau über 46 Jahre gesehen hat, die mit eigenen Eizellen schwanger wurde. „Das ist wie ein Lottoschein", sagt er. „Irgendjemand gewinnt immer, aber man sollte sich nicht darauf verlassen, dass man selbst der Gewinner ist." Sie sollten diese Aussage aber nicht zum Anlass nehmen, um die Empfängnisverhütung mit 46 Jahren abzubrechen, falls Sie nicht schwanger werden wollen! Damit sollten Sie warten, bis Sie sicher sind, keinen Eisprung mehr zu haben.
Komplikationen während der Schwangerschaft sind ein weiterer Grund zur Beunruhigung. Ab 40 können während der Schwangerschaft verstärkt Probleme wie Bluthochdruck und Diabetes auftreten sowie Komplikationen mit der Plazenta oder während der Geburt. Bei Frauen über 40 besteht ein erhöhtes Risiko, dass das Baby ein geringes Geburtsgewicht hat oder eine Frühgeburt ist.
Die Zahl der Totgeburten ist auch höher, und Studien belegen, dass Kinder von älteren Müttern einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, selbst unter Diabetes Typ 1 oder hohem Blutdruck zu leiden.
Denken Sie auch an Ihren Partner - auch sein Alter kann seine Fruchtbarkeit beeinflussen. Auch wenn Männer physisch in der Lage sind, mit 60 oder 70 Jahren noch Kinder zu zeugen, lässt die Qualität der Spermien mit zunehmendem Alter nach und es gibt eine höhere Rate an genetischen Defekten als bei jüngeren Männern. Klinische Tests der vergangenen Jahre ergaben einen Zusammenhang zwischen dem Alter des Vaters und genetisch bedingten Störungen wie dem Down Syndrom oder auch der Schizophrenie.
All diese Nachteile können entmutigend sein, aber vergessen Sie nicht, dass einige Frauen um die 40 durchaus schwanger werden - und es gibt viele Beispiele, wo das geklappt hat. Viele Frauen haben Schwangerschaften ohne jegliche Komplikationen und bringen gesunde Babys zur Welt.
Ältere Mütter haben vielleicht ein höheres Risiko in Bezug auf Schwangerschaftskomplikationen, aber im Großen und Ganzen ist das Risiko trotzdem eher gering. Vor allem, wenn Sie die gute Schwangerschaftsvorsorge in Deutschland nutzen.
Ein weiterer Vorbehalt: Auch wenn es finanzielle Vorteile mit sich bringt, mit dem Kinderkriegen zu warten, so können noch andere Verpflichtungen auf Sie zukommen. „Um nur eine Sache zu nennen: Sie werden länger arbeiten müssen, wenn Sie später Kinder bekommen", meint Finanzplanerin Marnie Azner.
„Sie werden noch finanzielle Verpflichtungen haben, wenn viele Ihrer Freunde sich schon zur Ruhe setzen. Wenn Sie bis jetzt für Ihre private Altersversorgung kein Geld zur Seite gelegt haben, so wird es umso schwieriger, wenn Sie Kinder haben. Außerdem steigen auch die Lebenshaltungskosten und die Beiträge zur Krankenversicherung. Und wenn Sie Probleme haben, schwanger zu werden, kommen auch noch die Kosten für Hormonbehandlungen dazu."
Ihre Erfolgschancen
Annähernd zwei Drittel der Frauen über 40 haben Probleme mit der Fruchtbarkeit. Die Uhr tickt gnadenlos, wenn Sie erst einmal über 40 sind. Ihre Chancen, innerhalb eines Menstruationszyklus schwanger zu werden, liegen laut Sherman Silber, einem führenden Spezialisten zum Thema Fruchtbarkeit (und Autor von vier Bestsellern zum Thema Fruchtbarkeit, u.a. „Endlich schwanger"), bei 5 Prozent.
Mit 40 Jahren liegen Ihre Chancen auf eine Empfängnis innerhalb eines Jahres bei 40 bis 50 Prozent. Zum Vergleich: Eine Frau Mitte 30 hat eine 75-prozentige Chance. Im Alter von 43 Jahren sinkt die Chance auf eine Schwangerschaft auf ein bis zwei Prozent.
Warum sinkt die Wahrscheinlichkeit ab diesem Zeitpunkt so schnell? Silber sagt, das habe alles mit den Eizellen zu tun. Von dem Zeitpunkt an, an dem Sie in die Pubertät kommen und sich in Ihrem Körper ca. 300.000 Eizellen befinden, gehen ca. 13.000 Eizellen pro Jahr verloren. Mit den Jahren führt der sich ständig verringernde Eizellenbestand dazu, dass Sie mit 37 Jahren noch ungefähr 25.000 Eizellen zur Verfügung haben.
Und mit 37 erfolgt ein ziemlich steiler Abfall in Ihrer Fruchtbarkeit. „Im Alter von 43 Jahren ist Ihr Eizellenbestand nahezu aufgebraucht und Ihre Chancen auf eine Schwangerschaft sind relativ gering", meint Silber.
Auch die Fehlgeburten-Rate schnellt im fünften Lebensjahrzehnt in die Höhe. Zwischen 40 und 44 Jahren liegt die Rate der Fehlgeburten bei 34 Prozent und steigt für Frauen ab 45 und älter auf 53 Prozent (verglichen mit 10 Prozent im Alter von 20 Jahren und 12 Prozent im Alter von 30 Jahren). Für Frauen über 40 ist das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie Bluthochdruck und Diabetes doppelt so hoch wie für Frauen in ihren 20ern.
Die Wahrscheinlichkeit der genetischen Besonderheiten steigt mit zunehmendem Alter ebenfalls: Mit 40 besteht eine Wahrscheinlichkeit von 1 zu 110, ein Kind mit Down Syndrom zu bekommen, mit 45 Jahren steht es 1 zu 30. Daher bieten Ärzte Frauen in diesem Alter Untersuchungen wie das Ersttrimesterscreening oder den Bluttest auf fetale DNA an.
Erstgebärende über 40 Jahren haben auch mit 43-prozentiger Chance einen Kaiserschnitt (verglichen mit 14 Prozent bei Erstgebärenden in ihren 20ern), aber einige Experten glauben, dass dies zum Teil daher rührt, dass die Ärzte ältere Mütter während Schwangerschaft und Geburt als „risikoschwanger" einstufen, selbst wenn die Schwangerschaft normal verläuft. Auch die Zahl der Babys mit geringem Geburtsgewicht und Todgeburten steigt in diesem Alter.
Ein weiterer Pluspunkt für Sie: In der gesamten Menschheitsgeschichte war es noch nie so günstig wie jetzt, mit einer Vielzahl an möglichen Fruchtbarkeitsbehandlungen als ältere Mutter schwanger zu werden.
Lesen Sie mehr:
Quellen
Dieser Artikel wurde unter Verwendung der folgenden Quellen verfasst:
Crittenden, Ann: "The Price of Motherhood: Why the Most Important Job in the World is Still the Least Valued", 2. verb. Auflage, New York, 2002
Tremblay, R.E., Nagin, D.S., Seguin, J.R., Zoccolillo M., Zelazi, P.D., Boivin, M., Perusse, D. & Japel, C. (2004): "Physical aggression during early childhood: tracectories and predictors." Pediatrics, 114(1), E43-50.
Laucht, M., Esser, G. & Schmidt, M.H. (200a): "Längsschnittforschung zur Entwicklungsepidemologie psychischer Störungen: Zielsetzung, Konzeption und zentrale Befunde der Mannheimer Risikokinderstudie." Zeitschrift für Klinische Psychologie und Pszchotherapie, 29(4), 246-262.
Carcio, Helen A.: " Management of the Infertile Woman", New York, 1998.
Klipstein, S., Regan, M., Ryley, D.A., Goldman, M.B., Alper, M.M., Reindollar R.H.: " One last chance for pregnancy: a review of 2,705 in vitro fertilization cycles initiated in women age 40 years and above", in Fertility and Sterility, August 2005, 84(2), 435-445.