Unser Ziel ist nichts weniger als Weltfrieden. Dieser Wunsch klingt so phantastisch und utopisch, weil die Vorstellung einer friedlichen Welt für viele Menschen in ungreifbarer Ferne steht.
Umso dringlicher stellt sich die Frage, wie ausgehend vom Hier und Jetzt der Weg hin zu einer friedlichen Welt gestaltet und gegangen werden kann. Welche Maßnahmen befördern dabei kurz-, mittel- und langfristig friedliche Gesellschaften?
Als Forum kritischer Informatiker:innen, das den Begriff „Frieden“ seit 1984 stolz im Namen trägt, wollen wir uns mit der FIfFKon22 dieser Fragen annehmen. Dabei verstehen wir Frieden nicht lediglich als die Abwesenheit von Krieg und als bloßes Fehlen offener Gewalt. Unser Leitbegriff ist der positive Frieden. Bei diesem wirken gerechte Institutionen, eine faire Verteilung von Ressourcen und eine respektvolle Haltung zwischen Menschen und auch Gruppen zusammen. Er ist die Basis dauerhaft friedlicher Gesellschaften, die tatsächlich menschlichen Fortschritt mit sich bringen. Friedensarbeit ist dabei immer langfristig wirksam. Unser Ziel ist ein pluralistisches, ausdifferenziertes Zusammenleben, das auf die Bedürfnisse der Menschen eingeht, um ein zufriedenes, selbstbestimmtes und komfortables Leben aller zu ermöglichen. Dazu wollen wir mit der Konferenz einen wissenschaftlich fundierten Beitrag leisten.
Mit Speaker:innen aus verschiedenen Fachgebieten beleuchten wir, welche Rolle Informationstechnik bei Friedensfragen spielt und welche Verantwortung der ihr zugrundeliegenden Wissenschaft – der Informatik – zukommt. Wir betrachten dabei Technologien in konkreten gesellschaftlichen Kontexten, um daraus sowohl erforderliche Änderungen an die strukturellen Rahmenbedingungen als auch Handlungsmöglichkeiten abzuleiten. Dabei werden wir vom lebensdienlichen – konvivialen – Gedanken getragen, der Umsetzungsstrategien innerhalb der begrenzten Ressourcen des Planetens einfordert.
Wir stellen die Konferenz unter zwei Leitfragen:
1. Wie kann Technologie gestaltet werden, um Frieden zu fördern?
Zunächst wollen wir die gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen und ethischen Dimensionen beleuchten, um die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für positiven Frieden im Grundsatz zu verstehen:
- Welche Verantwortung kommt der Politik zu, welche dem Individuum, welche dem Bildungswesen und welche einer aktiven Zivilgesellschaft?
- Wie können Interessen von Menschen und Organisationen erfasst werden, so dass angemessen auf Situationen und Veränderungen reagiert werden kann?
- Wie sieht ein Rechtssystem aus, das vor allem die Ursachen und Hintergründe von friedensgefährdenden Vorfällen verstehen und positiv beeinflussen will?
- Wie müssen logistische und organisatorische Abläufe gestaltet werden, sodass sie auch absichtlichen Störungen widerstehen?
Aus diesen und weiteren Fragestellungen heraus wollen wir ableiten, was sich im Konkreten für die Gestaltung soziotechnischer Systemen und den Einsatz von Technologien lernen lässt:
- Welche der Herausforderungen können mit technischen Mitteln angegangen werden?
- Welche digitalen Werkzeuge und Technologien fördern individuelle Einbeziehung, Empowerment, Emanzipation, Transparenz und soziale Vernetzung sowie gesellschaftliche Resilienz?
- Mit welchen Methoden kann man – sich in der Regel lange im Vorfeld abzeichnende – Konflikte erkennen und kriegsbegünstigenden Entwicklungen entgegen wirken?
- Welche IT- und Medienkompetenzen müssen Einzug in Mentalität und Kultur erhalten, um den Frieden auch in den Köpfen zu verankern?
- Welche Beziehungen bestehen zwischen politischer Macht und Technikgestaltung, Friedenserhalt und Interessenskonflikten?
2. Wie kann Technologie eingeschränkt werden, die Frieden stört?
Bei einer Umsetzung der Vision vom Frieden dürfen wir die bestehende Situation nicht außer Acht lassen. Wir müssen verstehen, welche Vorgänge und Entwicklungen den Weg hin zur Friedensutopie verhindern und was diesen entgegen gestellt werden kann:
- Welche Rolle spielen politische, militärische und wirtschaftliche Machtkonzentrationen?
- Wie kann Technologie eingeschränkt werden, die überbordende Überwachung und Kontrolle ermöglicht?
- Wie sieht eine digitale Abrüstung aus? Wie kann sie durchgesetzt werden?
- Können Softwarelizenzen die militärische Nutzung ziviler (Software-)Entwicklung ausschließen?
- Welche Rolle spielen Kryptographie, Sicherheitslücken, Open-Source-Software, Lizenzmodelle und Systemarchitekturen?
- Welche Schäden hat die bisherige friedensblinde Gestaltung von Informationssystemen verursacht und wie können wir dies in Zukunft vermeiden?
Mit der FIfFKon entsteht in Berlin für drei Tage ein inspirierender Ort des Austauschs mit Vorträgen, Workshops und lebendiger Atmosphäre für gemeinsames Lernen, Diskutieren und Kontakt – mit Kulturprogramm, Lounges, Getränken und Musik bis in die Nacht.
Lasst uns tatsächlich mutig sein und mit dieser Konferenz dazu beitragen, eine neue, bessere Welt für alle Menschen zu erdenken, um sie dann zu bauen.