Meilensteine: Sprechen

Baby mit weit ausgestreckten Armen und offenem Mund
istock.com / Dragonvanish
Mit zunehmender geistiger, emotionaler und sozialer Entwicklung wird Ihr Baby allmählich lernen, Worte zur Beschreibung dessen, was es sieht, hört, fühlt und denkt, zu benutzen. Forscher wissen heute, dass ein Kind lange vor dem ersten gesprochenen Wort Regeln und Muster der Sprache aufnimmt und sich einprägt.

Vom Plappern zum ersten Wort

Kinder erlernen das Sprechen innerhalb der ersten beiden Lebensjahre. Das beginnt damit, dass Ihr Kind Zunge, Lippen, Gaumen und eventuell auftauchende Zähnchen benutzt, um Geräusche zu machen (Oohs und Aahs in den ersten drei bis fünf Monaten), das Geplapper folgt gleich darauf). Bald werden aus den Geräuschen Silben wie "ma" oder "ga". Ab diesem Moment wird Ihr Kind immer mehr Worte von Ihnen, Ihrem Partner und anderen Bezugspersonen übernehmen. Zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag beginnt es dann schon, in Zwei- oder Dreiwortsätzen zu sprechen.

Entwicklungsschritte

Der Geburtsschrei Ihres Kindes ist der erste Schritt in die Welt der Sprache. Er ist der Ausdruck für den Schreck, sich nach der Enge in der Gebärmutter an einem neuen, unbekannten Ort wiederzufinden. Von diesem Moment an wird es Geräusche, Töne und Worte in sich aufnehmen, die später seine Art zu sprechen beeinflussen werden.

Sprechen ist untrennbar verbunden mit Hören. Wenn es zuhört, wie andere sprechen, lernt Ihr Kind, wie Worte klingen und wie Sätze aufgebaut sind. Tatsächlich glauben viele Sprachforscher, dass das Sprachverständnis bereits im Uterus beginnt. So wie Ihr Ungeborenes sich an den Klang ihres Herzschlages gewöhnt hat, so stellt es sich auf den Klang Ihrer Stimme ein. Schon Neugeborene bevorzugen nachweislich die Stimme ihrer Mutter gegenüber der anderer Menschen.

Erster bis dritter Monat

Der erste Weg Ihres Kindes zu kommunizieren ist das Weinen. Ein schriller Schrei mag bedeuten, dass es hungrig ist, während ein wimmerndes, abgehacktes Weinen bedeuten kann, dass ein Windelwechsel nötig wäre. Doch nicht bei allen Babys sind die Signale so deutlich zu unterscheiden. Mit zunehmendem Alter entwickelt Ihr Kind ein entzückendes Repertoire an Lauten wie Glucksen, Seufzen und Gurren. Linguisten meinen, dass Babys ab ca. vier Wochen ein Sprachverständnis besitzen, das sie befähigt, zwischen ähnlichen Silben wie "ma" und "na" zu unterscheiden.

Zweiter bis sechster Monat

Mit etwa zwei Monaten beginnen die meisten Babys, fröhlich zu lallen und zu gurren sowie zu lachen. Mit etwa drei Monaten produzieren sie auch Kehllaute im hinteren Teil des Mundes und vor allem hören sie ihren Eltern sehr aufmerksam zu.

Sechster bis achter Monat
Jetzt fängt Ihr Kind an zu plappern, indem es Vokale und Konsonanten miteinander verbindet und Silben doppelt (z.B. "dada" oder "jaja"). Ein erstes "Mama" oder "Baba" könnte ihm jetzt herausrutschen. Obwohl Sie sicherlich dahinschmelzen werden, setzt Ihr Kind diese Worte noch nicht mit Ihnen in Verbindung. Das kommt erst später, ungefähr mit einem Jahr.

Seine Sprachversuche werden sich anhören wie ein gewissenhafter Monolog in einer anderen Sprache, endlos aneinander gereihte Wortketten. Die Vokalisierung ist ein Spiel für ihr Kind, das mit der Benutzung seiner Zunge, Zähne, Gaumen und Stimmbänder experimentiert und so eine Menge lustiger Laute produziert. In dieser Phase klingt das Plappern bei allen Kindern gleich, egal ob Sie zu Hause Deutsch, Englisch oder Japanisch sprechen. Vielleicht bevorzugt Ihr Kind bestimmte Laute (z.B. "ka" oder "da"), welche es immer wieder wiederholt, einfach weil es deren Klang mag oder wie sie sich im Mund anfühlen.

Wenn Ihr Kind plappert oder singt, dann hört es sich mittlerweile an, als würde es einen Sinn ergeben. Das liegt daran, dass es einen ähnlichen Tonfall und ein ähnliches Sprachmuster wie Sie benutzt. Fördern Sie den Redefluss Ihres Kindes, indem Sie ihm vorlesen.

Neunter bis 12. Monat

Die meisten Babys können nun auch flüstern und damit ihre Stimme aktiver kontrollieren; sie experimentieren mit unterschiedlichen Lauten und oft wird schon deutlich, dass sie einige Worte verstehen, wie zum Beispiel von Spielsachen, die sie gern haben, oder einfache Wörter wie „Wau-wau“, „Auto“ oder „Kind“.

12. bis 17. Monat
Ihr Kind spricht jetzt vermutlich ein oder mehr Worte und weiß auch, was sie bedeuten. Es spricht auch schon mit Betonung, indem es die Stimme anhebt, wenn es eine Frage stellt und sagt z.B. "Arm?", wenn es getragen werden will. Ihm ist die Bedeutung von Sprache mittlerweile klar und es verspürt die Macht, seine Bedürfnisse artikulieren zu können.

18. bis 24. Monat
Der Wortschatz Ihres Kindes umfasst mittlerweile um 50 Wörter, davon sind viele Hauptwörter. Im zweiten Lebensjahr lernen viele Kinder zehn oder mehr Worte am Tag. Einige lernen alle 90 Minuten ein neues Wort, passen Sie also auf, was Sie sagen. Sie können auch schon zwei Worte zu einem einfachen Satz verbinden, z.B. "Mama Arm". Im Alter von zwei Jahren bildet Ihr Kind Dreiwortsätze und singt einfache Melodien.

25. bis 36. Monat

Im dritten Lebensjahr bilden die meisten Kinder irgendwann Drei-Wort-Sätze wie „Papa kocht Nudeln“, der Wortschatz wächst weiter, die Aussprache ist aber oft noch schwierig, besonders Zischlaute und Doppelkonsonanten wie „kl“, „schl“, „tr“. Das Verständnis von sich als eigenständiger Person ist voll ausgereift und es beginnt, über sich zu reden - was es mag oder nicht mag, was es denkt und fühlt. Die Benutzung von Fürwörtern kann Ihr Kind durcheinander bringen und Sie können sie vermeiden, indem Sie sagen "Mama wirft" statt "Ich werfe".

Ihr Kind muss sich noch eine Weile abmühen, bevor es die angemessene Lautstärke beim Sprechen trifft, aber das lernt man noch früh genug. Langsam versteht es auch die Bedeutung der Fürwörter wie ich, mich und du. Im Alter von zwei bis drei Jahren wächst der aktive Wortschatz bis hin zu 450 Wörtern. Nomen und Verben werden nun zu einfachen, aber sinnvollen Sätzen wie "Ich gehe jetzt" verbunden.

Im Alter von drei Jahren ist Ihr Kind ein erfahrener Redner. Es kann sich an längeren Gesprächen beteiligen und Tonfall, Sprachmuster und Wortwahl dem Gesprächspartner anpassen. So benutzt es z.B. einfachere Worte im Gespräch mit einem anderen Kind, redet aber wortreich mit Ihnen. Seine Aussprache ist nun vermutlich gut zu verstehen. Manchmal fallen aber auch noch einige Laute schwer – sollte sich das nicht von selbst geben, lässt sich das Problem meist mit ein paar Terminen Logopädie spielerisch lösen.

Was kommt dann?

Je älter Ihr Kind wird, desto mehr wird es zur Plaudertasche. Sie werden sich kaum noch an die Zeit erinnern können, als es fast überhaupt noch nicht sprach und Sie werden es genießen, wenn Sie hören, was es alles in der Spielgruppe gemacht hat, was es bei der Freundin zu Essen gab, was es über Aschenputtels gemeine Stiefmutter denkt oder was auch immer es gerade beschäftigt. Mit Schulbeginn oder auch mit ersten Buchstabenübungen schon vorher wird es sich auch an die schwierige Kunst des Schreibens heranwagen.

Ihre Aufgabe: Sprechen Sie mit Ihrem Kind!

Studien belegen, dass Kinder, deren Eltern ausgiebig mit ihnen im Babyalter gesprochen haben, einen deutlich höheren IQ besitzen als andere Kinder. Ihr Wortschatz ist auch weitaus größer als der von Kindern, die nicht viele sprachliche Anregungen bekamen. Sie können damit bereits in der Schwangerschaft beginnen, dann gewöhnt sich Ihr Kind schon an Ihre Stimme. Lesen Sie laut oder singen Sie für Ihr Kind, wenn Sie in der Badewanne liegen.

Nach der Geburt sprechen Sie mit ihm, wenn Sie die Windeln wechseln, es füttern oder baden und geben Sie ihm Zeit, mit einem Lächeln oder Augenkontakt zu reagieren. Ungefähr im fünften Monat beobachten Sie vielleicht, wie es intensiv Ihren Mund betrachtet. Reden Sie weiter und schon bald wird Ihr Kind Ihnen antworten. Gönnen Sie Ihrem Baby aber auch Ruhepausen, in denen es einfach die Welt entdecken und beobachten kann, ohne „zugetextet“ zu werden.

Die sogenannte „Ammensprache“ ist etwas, das wir Erwachsenen im Umgang mit Babys natürlicherweise entwickeln: Wir sprechen besonders deutlich, fröhlich, langsam, betont. Das ist gut so, denn es erleichtert es dem Baby, uns zuzuhören. Achten Sie aber darauf, wenn Ihr Kind älter wird, nicht zu viele „Babywörter“ oder zu stark vereinfachte Sätze zu nutzen. Sprechen Sie verständlich und einfach, aber korrekt. Ihr Kind wird nur gut sprechen lernen, wenn Sie es ihm beibringen.

Sie müssen auch nicht immer auf komplizierte Wörter verzichten. Solange Sie Ihrem Kind verständlich machen können, was Sie meinen, bedeutet die Benutzung neuer Wörter eine Erweiterung seines Vokabulars. Das gleiche gilt für Kleinkinder und Vorschulkinder, deren Sprachfähigkeiten sich solange verbessern, wie Sie diese durch Gespräche anregen.

Vorlesen ist ein wunderbares Mittel zur Erweiterung des Spracherwerbs. Ihr Baby hat Vergnügen am Klang Ihrer Stimme, Ihr Kleinkind wird die Geschichten genießen und Ihr Vorschulkind wird mit Ihnen über die Geschichten diskutieren.

Wann Sie sich Gedanken machen sollten

Babys mit Hörproblemen hören mit ca. einem halben Jahr auf zu plappern. Wenn Ihr Kind weder Laute von sich gibt (oder es zumindest versucht) noch Augenkontakt zu Ihnen sucht, wenden Sie sich an den Kinderarzt. Während einige Kinder schon mit neun Monaten Worte bilden, warten viele damit, bis sie 13 oder 14 Monate alt sind. Wenn Ihr Kind mit 15 Monaten noch kein Wort sagt oder Sie immer noch nichts von dem, was es sagt, verstehen können, sollten Sie mit Ihrem Kinderarzt sprechen. Manche Kinder lernen erst sehr spät sprechen, aber Ihr Kinderarzt/Ihre Kinderärztin kann ausschließen, dass es Probleme bei der Sprachentwicklung gibt.

Wenn Ihr Kind im Alter von drei Jahren Endkonsonanten nicht mitspricht (indem es z.B. "Hun" statt "Hund" sagt) oder einen Buchstaben bzw. eine Silbe mit einer anderen vertauscht (indem es z.B. zu "Katze" "Tatze" sagt), dann kann dahinter eine Sprachstörung oder ein Hörproblem stecken. Sprechen Sie darüber mit ihrem Kinderarzt, damit er ihr Kind dahingehend untersuchen kann.

Alle Kleinkinder stammeln und stottern von Zeit zu Zeit. Manchmal sind sie so aufgeregt, Ihnen etwas zu erzählen, das sie bewegt, dass die Worte einfach nicht heraus wollen. Kinderärzte nennen das Entwicklungsstottern. Lassen Sie ihr Kind den Satz allein beenden und vermeiden Sie, helfend einzugreifen. Das kann nämlich als Herabsetzung empfunden werden und hilft nicht dabei, mit der Situation fertig zu werden.

Ein anhaltendes Stottern sollte von einem Logopäden untersucht werden. Ein Kind macht die meisten Fortschritte, wenn es innerhalb der ersten sechs bis zwölf Monate nach Auftreten des Stotterns eine Sprachtherapie macht, unabhängig von seinem Alter. Sie können Ihren Kinderarzt um eine Überweisung bitten und oft lassen sich die Schwierigkeiten dann problemlos lindern.

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