Bühne für Verschwörer?, Antwort auf Gottschalk, Alkohol in Medien

1. Bühne für Verschwörer
(taz.de, Matthias Meisner)
Die Bundespressekonferenz (BPK) hat die Aufnahme des früheren Online-Chefs des russischen Staatsmediums RT Deutsch beschlossen. Bei der “taz” erklärt Matthias Meisner, selbst BPK-Mitglied, warum er Bedenken hat, und stellt die Frage: “Was hat ein Kreml-Propagandist in einem Verein zu suchen, der sich laut Satzung einer ‘an Tatsachen orientierten und fairen Vermittlung von politischen Informationen, Aussagen und Positionen’ verpflichtet fühlt?”

2. Diese Schlagzeile ist für Google optimiert
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
“Ein über ein Jahrzehnt andauerndes Gefecht zwischen dem Technologiekonzern Google und den Presseverlagen ist vorbei. Ist sein größtes Opfer der Journalismus?” In seinem Essay beschreibt Alexander Fanta die Unterschiede von alter und neuer Verlagswelt und geht der Frage nach, was der Suchmaschinenriese Google damit zu tun hat.

3. Ja, wir Jungen wollen nichts Falsches mehr sagen – und das ist auch gut so
(spiegel.de, Tanya Falenczyk)
“Junge Menschen trauten sich nicht mehr, Witze auf Kosten anderer zu machen, sagte Thomas Gottschalk kürzlich in einem Interview. Das hat er falsch verstanden: Wir treten nur einfach nicht mehr nach unten.” Tanya Falenczyk antwortet auf ein Interview mit der “Süddeutschen Zeitung” (nur mit Abo lesbar), in dem der TV-Entertainer Thomas Gottschalk die junge Generation als “weichgekocht und ängstlich” bezeichnet hat.

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4. Warum die Wetterkarten der “Tagesschau” heute anders aussehen als vor 20 Jahren
(correctiv.org, Steffen Kutzner)
Immer wieder wird behauptet oder angedeutet, die “Tagesschau” verwende im Vergleich zur Vergangenheit bewusst farbintensivere und damit dramatischere Wetterkarten. “Correctiv” ist der Sache nachgegangen und gibt Entwarnung: “Alle Farben werden heute intensiver dargestellt als 2002, nicht nur das Rot. Das ist kein Beleg für manipulative Berichterstattung, sondern hat unter anderem technische Gründe.”
Weiterer Lesetipp: Streit um die Farbe Rot: Warum jeden Sommer behauptet wird, die Medien würden Wetterkarten manipulieren (correctiv.org, Alice Echtermann).

5. Medien und das Thema Alkohol
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 31:04 Minuten)
Burkhard Thom berät Angehörige von Suchtkranken und unterstützt Betroffene dabei, nicht rückfällig zu werden. Seiner Ansicht nach werde Alkohol und dessen Konsum in vielen Medien bagatellisiert. Die Aufklärung über die Gefahren des Alkoholmissbrauchs komme zu kurz. Über die Rolle der Redaktionen diskutiert Thom mit der Food-Journalistin Eva Biringer, die über ihren eigenen Alkoholmissbrauch ein Buch geschrieben hat, und mit Brigitte Baetz aus der Medienredaktion des Deutschlandfunks.

6. Follow the Money: Wie kommt das VG-Wort-Geld zu mir?
(uebermedien.de, Florian Kappelsberger)
“Wenn Sie dieser Tage ein leicht seliges Grinsen auf den Gesichtern von prekär lebenden Journalist:innen, unterbezahlten Volontär:innen und gebeutelten Freien wahrnehmen, liegt das womöglich an Geld, genauer: an der Ausschüttung der VG Wort.” Bei “Übermedien” erklärt Florian Kappelsberger, wie die Ausschüttung der Verwertungsgesellschaft zustande kommt, und wie man sich einen Teil des Tantiemen-Topfes sichert.

KW 26/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Armut in den Medien: Betroffene wehren sich gegen Klischees
(ndr.de, Zapp Medienmagazin, Isabel Schneider, Video: 16:01 Minuten)
Viele Menschen, die von Armut betroffen sind, fühlen sich in Medien klischeehaft und stigmatisierend dargestellt. Die Berichterstattung erfolge oft von oben herab statt auf Augenhöhe. “Zapp” hat sich mit Betroffenen getroffen, die sich gegen all zu stereotype mediale Bilder wehren.

2. 70 Jahre BILD-Zeitung – Zwischen Boulevard und Hetze
(ardaudiothek.de, Rainer Volk, Audio: 28:55 Minuten)
Die “Bild”-Zeitung hat vor wenigen Tagen ihren 70. Geburtstag gefeiert. Bei SWR2 geht es um die Entstehungsgeschichte des Blatts, die Probleme in der Vergangenheit und die derzeitige Situation. Als Experte kommt Volker Lilienthal zu Wort, der “Bild” über einen längeren Zeitraum beobachtet hat. An dieser Stelle auch ein Hinweis in eigener Sache – nämlich auf das empfehlenswerte Buch meiner BILDblog-Kollegen Moritz Tschermak und Mats Schönauer: BILDblog hat ein Buch geschrieben.

3. Wie Markus Lanz vom RTL-Boulevard-Journalisten zum deutschen Polit-Talk-König wurde
(omr.com, Philipp Westermeyer, Audio: 1:28:05 Stunden)
In der 500. Folge des “OMR”-Podcasts begrüßt Philipp Westermeyer den ZDF-Moderator Markus Lanz (dessen Podcast mit Richard David Precht von ZDF und “OMR” produziert wird). In dem Gespräch geht es unter anderem um Lanz’ Werdegang, seine Arbeit als Polit-Talker sowie die Fragen, was er mit seiner Produktionsfirma macht und wie er auf den Klimawandel blickt.

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4. Exiljournalismus: Wie umgehen mit Fluchterfahrungen und Trauma?
(br.de, Jasmin Brock, Audio: 28:40 Minuten)
Beim “MedienMagazin” des Bayerischen Rundfunks geht es um Journalistinnen und Journalisten, die aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland flüchten: “Wie verarbeiten sie oft traumatische Fluchterfahrungen, wie gehen sie damit um, dass sie Familienangehörige und KollegInnen zurücklassen mussten? Was hilft ihnen, in deutschen Medien anzukommen, Arbeit zu finden, mit der Sprache umzugehen?”

5. Warum ist Social Media hilfreich für diversen Journalismus, Kemi Fatoba?
(newsfluence.podigee.io, Eva-Maria Schmidt & Jennifer Panse, Audio: 27:32 Minuten)
Die Kommunikationswissenschaftlerin Kemi Fatoba ist Mitgründerin des Magazins “Daddy”, eine in Berlin ansässige Publikation, “die Themen wie Rassismus, Sexismus, Homophobie und Diskriminierung durch eine humorvolle Brille betrachtet”. Im “Newsfluence”-Podcast geht es darum, wie Soziale Medien, User-generated content und Merchandising beim Aufbau einer Community hilfreich sein können.

6. Hat Olaf Scholz ein Problem mit Journalisten?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 14:21 Minuten)
Auf dem zurückliegenden G7-Gipfel in Elmau hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz gegenüber einer Journalistin auf eine Weise verhalten, die von vielen kritisiert wurde. Holger Klein hat sich mit Scholz-Kennner Mark Schieritz über den Kanzler und dessen Verhältnis zu den Medien unterhalten: “Hat sich Scholz’ Kommunikation in den vergangenen Jahren verändert? Was bedeutet diese ‘Scholzigkeit’ für die politische Kultur? Und ist schlechte politische Kommunikation auch gleich schlechte Politik?”

Klimakommunikation, Distanzierung von “Konkret”, “Cards of Qatar”

1. Journalismus in der Klimakrise – Einmischen, aber richtig
(riffreporter.de, Christopher Schrader)
“Über das Klima zu kommunizieren, kann schwierig und frustrierend sein. Gerade Journalist:innen müssen dabei einige Regeln neu lernen. Zum Beispiel sollten sie überdenken, was sie mit angeblich nackten Fakten und gedankenloser Neutralität anrichten.” Zum Erscheinen des “Handbuchs zur Klimakommunikation” fasst Christopher Schrader in einer persönlichen Analyse zusammen, wie guter Klimajournalismus aussehen könnte.

2. Öffentliche Distanzierung von linkem Magazin “Konkret”
(sueddeutsche.de, Johannes Korsche)
In einer öffentlichen Erklärung haben 17 Autorinnen und Autoren angekündigt, künftig nicht mehr mit dem Magazin “Konkret” zusammenarbeiten zu wollen: “Für uns, Autorinnen und Autoren von Konkret, ist mit dem redaktionellen Kurs zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine rote Linie überschritten. Wir wollen und können nicht weiter in einer Zeitschrift publizieren, die sich in dieser Frage in die Nachbarschaft der AfD, des völkischen Flügels der Linkspartei oder Jürgen Elsässers Compact, von Henry Kissinger, Klaus von Dohnanyi oder den Lobbyverbänden der deutschen Industrie begibt.”

3. “Bild”: Nagelsmanns Freundin berichtet nicht mehr über Bayern
(dwdl.de, Alexander Krei)
Weil Julian Nagelsmann, Trainer des FC Bayern München, mit “Bild”-Reporterin Lena Wurzenberger verbandelt sei, werde diese nicht mehr, wie bisher, über Nagelsmanns Klub berichten. Alexander Krei kommentiert: “So nachvollziehbar der Schritt vor dem Hintergrund eines möglichen Interessenkonflikts auch sein mag, so kommt er durchaus überraschend, schließlich hatte Axel Springer im Falle der Journalistin Franca Lehfeldt noch vor wenigen Monaten anders entschieden.”

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4. Cards of Qatar
(cardsofqatar.11freunde.de)
Die im November anstehende Fußballweltmeisterschaft im autoritären arabischen Staat Katar dürfte das sportliche Medienereignis des Jahres werden, doch die Vorbereitungen zur Veranstaltung haben viel Leid und Tote gebracht. Das Fußballmagazin “11 Freunde” und das schwedische Portal “Blankspot” zeigen verstorbene Arbeitsmigranten als Sammelkarten: “Wir präsentieren die Bilder und Schicksale im Look offizieller Sammelkarten, um die Offiziellen daran zu erinnern, unter welch makabren Umständen dieses Turnier stattfindet. Die Hinterbliebenen sind damit einverstanden, sie wollen auf ihre Angehörigen und ihren Tod aufmerksam machen und hoffen darauf, nicht länger ignoriert zu werden. Die Mannschaften und die Verbände müssen diese Gesichter sehen und diese Geschichten lesen – und dann endlich handeln. Es wird allerhöchste Zeit.”

5. Immer wieder samstags
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Die Sonntagszeitungen “Welt am Sonntag” und “Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung” haben vor Monaten ihren Erscheinungstag auf Samstag vorgezogen. Markus Ehrenberg hat sich angeschaut, wie sich dieser Schritt auf die Blätter und deren Inhalte ausgewirkt hat.

6. BBC zahlt Entschädigung an Produzenten
(faz.net, Gina Thomas)
In Zusammenhang mit dem auf betrügerische Weise erschlichenen Diana-Interview des BBC-Reporters Martin Bashir zahlt die BBC eine Entschädigung von 50.000 Pfund an den damaligen Produzenten, der den Sender seinerzeit gewarnt hatte und daraufhin wegen angeblicher Illoyalität gefeuert wurde.

Metas Abtreibungs-Zensur, ZDF-Archiv, Entwicklung der TV-Nutzung

1. Meta zensiert Beiträge zu Abtreibungen
(netzpolitik.org, Rahel Lang)
Nachdem der Oberste Gerichtshof der USA das bundesweite Recht auf Abtreibung aufgehoben hat, würden Instagram und Facebook Informationsseiten sperren und Hinweise löschen, wie ungewollt Schwangere an Abtreibungspillen kommen. Rahel Lang zitiert in ihrem Beitrag die Fotografin und Aktivistin Zoë Noble: “Meta macht sich dabei mitschuldig und sendet die Botschaft aus, dass Abtreibung etwas Illegales und potenziell Schädliches ist – genau die Botschaft, die Abtreibungsgegner seit Jahrzehnten gegen den Rest von uns einsetzen.”

2. So arrogant, das macht man nicht: Journalisten sind wütend auf Kanzler Scholz
(kress.de, Marc Bartl)
Auf der Abschluss-Pressekonferenz des G7-Gipfels im bayerischen Elmau wurde Bundeskanzler Olaf Scholz von einer Journalistin gefragt, ob er die von Deutschland versprochenen Sicherheitsgarantien für die Ukraine konkretisieren könne. Darauf entgegnete Scholz: “Ja, könnte ich”, grinste und schwieg. Dieses Verhalten wurde von vielen Medienschaffenden (dazu zählt auch der “6-vor-9”-Kurator) auf Twitter kritisiert. Marc Bartl hat einige der Reaktionen zusammengetragen.

3. ZDF öffnet sein Archiv nach kompletter Digitalisierung
(dwdl.de, Alexander Krei)
Das ZDF hat in den vergangenen Jahren große Teile seines Archivs digitalisiert, nun sind die ersten von rund 300.000 Programmstunden zugänglich gemacht worden: Alle 32 Folgen der von 1963 bis 1966 ausgestrahlten Interviewreihe “Zur Person” stehen in der Mediathek zum Abruf bereit. In der legendären Gesprächsreihe unterhielt sich der Journalist und Publizist Günter Gaus mit diversen Personen der Zeitgeschichte.

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4. Documenta 15 – Vom eigenen Wording erschlagen
(deutschlandfunk.de, Arno Orzessek, Audio: 3:39 Minuten)
Bei Antisemitismus-Vorwürfen sollten die Argumente besonders klug gewählt sein, so Arno Orzessek in seiner Deutschlandfunk-Glosse. Wie es nicht funktioniere, zeige aktuell die Documenta 15. Statt klarer Worte fänden die Verantwortlichen nur theoretische Phrasen. Orzesseks Fazit: “Offenbar bewirkt die theorie-verliebte Documenta genau das Gegenteil von dem, was sie wollte und sollte.”

5. Wird lineares Fernsehen bald aussterben?
(tagesspiegel.de, Miriam Rathje)
Einer neuen Studie (PDF) der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse über die Entwicklung der TV-Nutzung zufolge droht dem linearen Fernsehen, allen Unkenrufen zum Trotz, keineswegs das baldige Ende. Die Sache habe allerdings einen Haken, schreibt Miriam Rathje im “Tagesspiegel”: das Alter der Nutzerinnen und Nutzer. Rathje erklärt, wohin es die Jüngeren zieht – und das ist keineswegs das lineare Fernsehen.

6. sich entschuldigen
(journalist.de, Sebastian Pertsch & Udo Stiehl)
Sebastian Pertsch und Udo Stiehl werfen im Rahmen ihres Projekts “Floskelwolke” einen sprach- und medienkritischen Blick auf vielbenutzte Formulierungen. Diesmal geht es um die Entschuldigung: Kann man sich selbst entschuldigen? Oder nur um Entschuldigung bitten? Pertsch und Stiehl plädieren für die Bitte. Es gibt aber auch Vertreter der Gegenposition.

Absage für Scholz-Vorschlag, Sinnfluencer, “Content-Klau”

1. Absage erteilt
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband lehnt eine von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgeschlagene Einmalzahlung für Beschäftigte im Medienbereich ab. Man sehe darin einen Eingriff in die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie ein “Strohfeuer, das den Journalistinnen und Journalisten keinen dauerhaften Einkommenszuwachs beschert”.

2. Fynn Kliemann: Der will doch nur spielen!
(freitag.de, Ole Nymoen)
Beim “Freitag” fragt sich Ole Nymoen: “Ist [Fynn] Kliemann das schwarze Schaf der Gemeinde, oder nicht vielleicht doch repräsentativ für eine Influencer-Sphäre, die zwar Sinn stiften, aber gleichzeitig viel Geld verdienen will?” Sein etwas lakonisches Fazit: “Vielleicht hätte Kliemann von Anfang an ehrlich sein und sich in eine Reihe mit Bibi, Karl Ess und Xlaeta stellen sollen. Denn diese sind am Ende des Tages die ehrlicheren Werbestars – bei ihnen wird aus Gewinnabsicht und Konsumismus wenigstens kein Hehl gemacht.”

3. Ist Eisschnelllauf geiler als Kugelstoßen?
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Joachim Huber überlegt im “Tagesspiegel”, warum ein Sommersport-Event wie “Die Finals – Berlin 2022” vom vergangenen Wochenende schlechtere TV-Quoten erzielt als Fernsehwettkämpfe auf Schnee und Eis. Seine Erklärung: “ARD und ZDF haben mit dem Wintersport in Dauerschleife eine Fanbase gewonnen. In ihrer Gnadenlosigkeit haben sie sich das Publikum ‘zurechtgesendet'”.

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4. Crossmediales Newscenter (CNC) des rbb gestartet
(rbb24.de)
Der öffentlich-rechtliche Sender rbb eröffnet ein “Crossmediales Newscenter” (“CNC”): “Für das CNC im Fernsehzentrum des rbb waren ein kompletter Umbau und die Erneuerung der beiden Etagen mit insgesamt rund 2.400 Quadratmetern erforderlich. Zur Verfügung stehen rund 170 Arbeitsplätze, mehrere multifunktionale Schnitt- und Grafikarbeitsplätze, ein eigenes smartes News-Studio sowie verschiedene Besprechungsräume.”

5. Wie der Hungrige Hugo mit “Content-Klau” reich geworden ist
(youtube.com, Walulis Story, Video: 10:38 Minuten)
Der Youtuber Hungriger Hugo soll Tausende Euro mit Videos verdienen, in denen er Inhalte von Youtube-Größen wie MontanaBlack, Knossi, Trymacs oder Papaplatte ausschlachtet, mit Spezialeffekten versieht und neu arrangiert. Die derart Ausgeplünderten reagieren unterschiedlich darauf, oftmals sei es jedoch ein Win-Win-Geschäft, berichtet das Walulis-Team. Es hat auch bei einem Juristen nachgefragt, ob sich das Modell zur Nachahmung eignet.

6. Boris Becker klagt gegen Oliver Pocher
(spiegel.de)
Der ehemalige Tennis-Star Boris Becker hat den TV-Entertainer Oliver Pocher verklagt. Pocher hatte Becker hinters Licht geführt und ihm einen erfundenen “Fashion Brand Award 2020” verliehen. In den Sockel der Trophäe war Bargeld eingearbeitet, das Pocher unter dem Slogan “Make Boris rich again” zuvor eingesammelt hatte. Boris Becker verlange die Löschung des Beitrags und Schadensersatz. Ein Urteil am für den 26. Juli anberaumten Verhandlungstag sei unwahrscheinlich, so die Gerichtssprecherin.

Funkes Hellseh-Business, Assange-Berichterstattung, “Hype & Hustle”

1. Dank Soraya: Niemand kann so gut schlecht in die Zukunft sehen wie “Echo der Frau”
(uebermedien.de, Mats Schönauer)
Die Funke Mediengruppe hat für ihre Klatschblätter seit zwei Jahrzehnten eine “Hellseherin” am Start, die mit “durchwachsener Erfolgsbilanz” (Zitat eines Funke-Sprechers) zu beiderseitigem Vorteil in die Glaskugel schaut: Die Funke-Blätter bekommen Sensationsmeldungen, die “Hellseherin” möglichen Kundenzulauf. Mats Schönauer hat dem Verlag eine Reihe von Fragen geschickt und sich wegen einer Funke-Schlagzeile an den Deutschen Presserat gewandt. Die Reaktion des Funke-Imperiums fiel erstaunlich aus.

2. Gegen transfeindliche Medienberichte
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Mehrere Organisationen haben eine Petition gegen transfeindliche Medienberichterstattung gestartet: “Zunehmend werden Medienbeiträge veröffentlicht, in denen von ‘Trans* als Trend’, von angeblich unsicheren Frauenschutzräumen, von einer sogenannten ‘Trans*-Ideologie’ oder von ‘Mädchen, die keine Mädchen sein wollen’ die Rede ist. Diese Berichterstattungen gehen soweit, die Existenz von trans* Personen zur Debatte oder sogar in Frage zu stellen. Sie schüren Ängste und Hass gegenüber trans* Personen, ihrer rechtlichen Anerkennung und gesellschaftlichen Gleichstellung, indem diese als ‘gefährlich’ für die Mehrheitsbevölkerung dargestellt werden.”

3. Warum Julian Assange nur wenig Unterstützung erhält
(infosperber.ch, Rainer Stadler)
Im Fall von Julian Assange seien die Reaktionen aus der Medienwelt auffällig “lau”, die Solidarität sei äußerst schwach ausgefallen, findet Rainer Stadler. In seiner Analyse stellt er Überlegungen an, woran das liegen könnte.

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4. Pinar Atalay in der Hörbar Rust
(radioeins.de, Bettina Rust, Audio: 1:18:53 Stunden)
Die Journalistin Pinar Atalay moderierte viele Jahre die “Tagesthemen” im Ersten, bis sie im vergangenen Sommer zu RTL wechselte. Dort steht sie unter anderem für “RTL aktuell” und das neue Nachrichtenjournal “RTL Direkt” vor der Kamera. In der “Hörbar Rust” erzählt Atalay von ihrer Herkunft, den Umgang mit Interviewgästen und den aktuellen täglichen Herausforderungen in ihrem Job.

5. Wie Medien besser über Traumatisierendes berichten
(deutschlandfunk.de, Stephan Beuting, Audio: 34:15 Minuten)
“Wie können Medien über Missstände bei sensiblen Themen berichten, notwendige Informationen vermitteln und dennoch die Bedürfnisse von traumatisierten Menschen berücksichtigen?” Über diese Fragen diskutieren eine Deutschlandfunk-Hörerin, die Psychologie-Professorin Rita Rosner, Journalismus-Trainerin Fee Rojas und Stephan Beuting aus der Dlf-Medienredaktion.

6. Sie sind so frei
(sueddeutsche.de, Clara Meyer)
Im Doku-Podcast “Hype & Hustle – Die OnlyFans Revolution” (exklusiv bei Spotify) geht es um den Aufstieg der Monetarisierungsplattform OnlyFans, die vielen Sexarbeiterinnen und -arbeitern ein neues Geschäftsmodell bietet. Clara Meyer hat sich die sechs Folgen angehört. Ihr Fazit: “Hype & Hustle bietet das nötige Hintergrundwissen zu der Plattform, unterhaltsam und unaufgeregt aufbereitet.”

Erklärbär war einmal, Vermisste “Bild”-Protagonisten, Assange

1. Nette Erklärbären war einmal
(taz.de, Kathrin Zinkant)
Der Wissenschaftsjournalismus hat es in diesen meinungsgetriebenen Zeiten nicht leicht. Oftmals konkurriert er mit Meinungsbeiträgen oder Artikeln von Pseudoexperten. Eine Situation, an der die Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten nicht ganz unschuldig seien, wie Kathrin Zinkant findet: “Über viele Jahre waren sie die Erklärbären im Hintergrund und oft sogar ganz zufrieden damit. Aber in einer Gesellschaft voller Technologie, Forschung und Wissenschaft reicht das Erklärbärentum nicht aus. Es braucht faktenbasierte Argumente und den Willen, die Kontroversen politisch und gesellschaftlich orientiert zu führen, und zwar aktiv.”

2. Im Herzen war ich nie blond
(faz.net, Jörg Thomann)
Die “Bild”-Redaktion feierte kürzlich den 70. Geburtstag des Blatts und hat sich dazu in der Freitagsausgabe mit allerlei prominenten Wegbegleitern geschmückt. Jörg Thomann vermisst einige wichtige “Bild”-Protagonisten: “Wo sind jene Menschen, die Du zu Deinen Geschöpfen machtest, um ihnen skandalisierende Schlagzeilen im Dutzend zu widmen, wie ‘Deutschlands frechster Arbeitsloser’? Wo sind Rainer Wendt und Heinz Buschkowsky, bei denen Du 24/7 empörte Zitate abrufen kannst über verfehlte Sozial- und Migrationspolitik? Wo sind Streeck, Stöhr und Schmidt-Chanasit, die Corona-Experten Deines Herzens? Wo ist Richard Grenell, Trumps von Dir stets hofierter Deutschland-Botschafter? Wo ist Sebastian Kurz, den Du einst mit den Worten ‘So einen brauchen wir auch’ bejubeltest?”

3. Fall Assange: “Die Medien wachen auf”
(verdi.de, Ralf Hutter)
Vergangene Woche waren der Halbbruder des Wikileaks-Gründers Julian Assange und dessen Vater in Berlin zu Besuch. In einer nicht-öffentlichen Bundestagsanhörung informierten sie Abgeordnete mehrerer Parteien über den Stand der Dinge in der Causa Assange und forderten dessen Freilassung. Ralf Hutter hat die beiden getroffen und sie unter anderem zu ihrer Solidaritätskampagne, Julian Assanges Gesundheitszustand und der Rolle der Medien befragt.

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4. Diener der Differenz, Apostel des Zusammenhalts
(tagesspiegel.de, Torsten Körner)
Beim “Tagesspiegel” würdigt Regisseur, Drehbuchautor und Filmkritiker Torsten Körner die Arbeit der Filmeditorinnen und Filmeditoren, auch Cutter genannt. Körner weiß aus eigener Erfahrung um den Wert ihres Schaffens. Ohne sie hätte er seine eigenen Filmprojekte nicht ansatzweise bewältigt, so Körner: “Vor diesem Berufsstand verbeuge ich mich und vor ‘meinen’ drei Editoren, die ich – das mag merkwürdig klingen – oft als eine Dialog-Gemeinschaft denke, als eine Erörterungsinstanz, mit der ich im Kopf Geschichten angehe. Sie haben alle Aufmerksamkeit verdient, weil sie selbst sich in den Aufmerksamkeitsdienst noch der entlegensten Erzählungen und stillsten Menschen stellen.”

5. Wie schlechtes Wetter
(jungle.world, Konstantin Nowotny)
Bücher über Depressionen haben derzeit Konjunktur. Kurt Krömers Leidensgeschichte beispielsweise befindet sich seit 13 Wochen auf Platz 1 der “Spiegel”-Bestsellerliste in der Kategorie Sachbuch. Auch die Autorin Ronja von Rönne hat Anfang des Jahres ein Buch zum Thema vorgelegt. Zur Aufklärung über die psychische Erkrankung und vor allem über ihre Ursachen trügen die Bücher jedoch nicht bei, schreibt Konstantin Nowotny. Es habe “beinahe etwas Komisches, wie haarscharf sowohl Krömer als auch von Rönne an der Wahrheit vorbeidenken, wenn sie sich in einem regelrechten Strudel von Idealbildern als gescheitert betrachten, aber nicht auf die Idee kommen, dass diese Ideal­bilder fragwürdig sein könnten.”

6. Wenn Musiker für den “viralen Moment” leben
(n-tv.de, Clara Suchy)
“Tiktok schwappt mittlerweile in fast alle Lebensbereiche über – doch vor allem die Musikindustrie spürt die Wucht der viralen Hits auf der Videoplattform. Das soziale Netzwerk verändert grundlegend, wie Musik produziert wird – und welche Hits in die Charts kommen.” Clara Suchy beschreibt, welche enormen Effekte das TikTok auf die Musikindustrie hat, trotz aller Schnelllebigkeit.

KW 25/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Die fatalen Folgen der Null-Covid-Strategie in China
(youtube.com, Weltspiegel, Daniel Satra, Video: 18:15 Minuten)
Daniel Satra ist seit drei Jahren ARD-Korrespondent in China und ist es gewohnt, bei seiner Arbeit auf Schritt und Tritt verfolgt und überwacht zu werden. Seit Chinas Zero-Covid-Politik haben sich die Arbeitsbedingungen für ihn noch einmal verschlechtert, und eine Drehreise gleicht eher einem Horrortrip: “Wir werden Zeugen, wenn seine Corona-Warn-App scheinbar willkürlich von Grün auf Gelb springt, obwohl er täglich mehrmals negativ getestet wurde. Wir erfahren, wie es ist, wenn der Reporter zwischen die Fronten von Provinzbehörden, Seuchenschutz und der Polizei gerät.” Absolute Sehempfehlung.

2. Ferngespräche: Schweiz
(ardaudiothek.de, Holger Klein, Audio: 56:05 Minuten)
Bei den radioeins-“Ferngesprächen” lässt Holger Klein Korrespondentinnen und Korrespondenten über ihre jeweilige Region zu Wort kommen. Diesmal hat er sich mit Kathrin Hondl zusammengeschaltet, die von Genf aus über die Vereinten Nationen, aber auch über Liechtenstein und die Schweiz berichtet.

3. Ich poste, also bin ich: Leben in der Influencer-Gesellschaft
(youtube.com, Yves Bossart, Video: 1:00:34 Stunden)
“Ältere Menschen haben noch nie von ihnen gehört, für jüngere sind sie Stars und Vorbilder: Influencer. Sie teilen ihr intimstes Leben und sammeln Follower, verdienen mit Produkthinweisen oft ein Vermögen. Woher kommt dieser narzisstische Exhibitionismus? Und was macht das mit der Gesellschaft?” In der “Sternstunde Philosophie” über die “Influencer-Gesellschaft” diskutiert Yves Bossart mit Anna Miller, Journalistin, Autorin und Aktivistin, sowie mit Wolfgang M. Schmitt, Youtuber, Podcaster und Autor.

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4. So kommt ihr an ein Recherchestipendium
(hinterdenzeilen.de, Tobias Hausdorf & Niklas Münch, Audio: 46:36 Minuten)
Bei “Hinter den Zeilen” geht es um Recherchestipendien von gemeinnützigen Stiftungen. Die Medienschaffenden Viktoria Morasch und Paul Hildebrandt teilen ihre Tipps und Erfahrungen. Außerdem meldet sich Corinna Cerruti zu Wort, die gerade das Fellowship “Vielfalt im Investigativjournalismus stärken” von den “Neuen deutschen Medienmacher*innen” in Kooperation mit dem “Netzwerk Recherche” durchlaufen hat (für Stipendieninteressierte: alle Adressen sind in einer kleinen Linksammlung auf der Seite zusammengefasst).

5. Der Fall Nannen
(sueddeutsche.de, Nadia Zaboura & Nils Minkmar, Audio: 40:22 Minuten)
In der aktuellen Folge von “quoted. der medienpodcast” beschäftigen sich Nadia Zaboura und Nils Minkmar mit dem legendären “Stern”-Gründer Henri Nannen und der Debatte um Nannens NS-Vergangenheit: “Warum spielt das Thema Nannen plötzlich wieder eine Rolle? Wie sieht er aus, der Umgang des Stern und anderer Medien mit der braunen Geschichte ihrer ehemaligen Protagonisten? Und wieso ist Erinnerung auch und gerade auf diesem Feld so wichtig?”

6. Fynn Kliemann – vom Influencer zum Schwurbler?
(spiegel.de, Marius Mestermann & Anton Rainer & Sebastian Maas, Audio: 29:21 Minuten)
Nach Enthüllungen über fragwürdige Geschäfte mit Corona-Masken und Kritik an seinem Geschäftsgebaren geht der Influencer Fynn Kliemann nun in die Offensive. Teile einer “woken linken Szene” und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würden ihn angeblich zerstören wollen, weil er “nicht gespurt” habe. Der””Stimmenfang”-Podcast des “Spiegel” beschäftigt sich mit der Frage, was hinter dem Stimmungsumschwung samt Social-Media-Wutausbruch bei Kliemann steckt.

Facebooks Werbe-Diskriminierung, Kino-Crash-Kurs, Hitzebilder

1. So geschah der Mord an Maks Levin
(faz.net)
Die Organisation Reporter ohne Grenzen hat die Umstände des To­des des ukrainischen Fotojournalisten Maks Levin untersucht (PDF, englisch). Das Ergebnis: Levin und dessen Begleiter seien von russischen Soldaten am 13. März in einem Waldstück nahe dem Dorf Guta Mezhyhirska, dreißig Kilometer nördlich von Kiew, “kaltblütig” hingerichtet worden.

2. Ferda Ataman und der Umgang mit der eigenen Social-Media-Geschichte
(deutschlandfunk.de, Michael Borgers & Stefan Fries, Audio: 6:32 Minuten)
Ferda Ataman, designierte Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, hat bei Twitter die meisten ihrer Tweets gelöscht, was auf Kritik stößt. Stefan Fries vom Deutschlandfunk hat den Social-Media-Experten Simon Hurtz um eine Einschätzung von Atamans Vorgehen gebeten, für und gegen das es gute Gründe gibt.

3. Im Spaßbad der Hitzebilder
(uebermedien.de, Florian Kappelsberger)
Bei der Bebilderung von Hitzewellen und den damit einhergehenden Problemen, tritt oft das Phänomen der Text-Bild-Schere auf: Ernste Beiträge über die verheerenden Folgen der Extremtemperaturen werden mit Fotos vom sommerlichen Badespaß oder der Schlange vor der Eisdiele versehen. Florian Kappelsberger hat herausgearbeitet, was genau daran problematisch ist, und einen vergleichenden Blick nach Frankreich geworfen.

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4. Viele Pflichten, wenig Löschung
(lto.de, Martin Gerecke & Anne-Kristin Polster)
Immer wieder ist beim Musikdienst Soundcloud rechtsradikale Musik frei zugänglich. So habe das Bundeskriminalamt mehr als eintausend Inhalte gemeldet, in denen gewaltverherrlichendes, rechtsextremistisches beziehungsweise terroristisches Gedankengut verbreitet werde. Der Jurist Martin Gerecke und die Rechtsreferendarin Anne-Kristin Polster fragen sich: “Nach der geltenden Rechtslage werden die Plattformen durchaus in die Pflicht genommen. Woran liegt es, dass illegale Inhalte trotzdem in solchem Umfang im Netz kursieren können? Und inwieweit lassen die geplanten EU-Gesetze eine Verbesserung der Problematik erwarten?”

5. Und wieder verkündet Facebook das Ende diskriminierender Werbung
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Einmal mehr habe Facebooks Mutterkonzern Meta verkündet, dass es künftig mehr Fairness im Werbegeschäft geben solle, und man diskriminierende Anzeigen für Wohnungen unterbinden wolle, berichtet Tomas Rudl. Er bleibt allerdings skeptisch: “So schön die erneute Ankündigung vor dem Hintergrund akuter Wohnungsnot in den USA auch klingt, bleibt dennoch Skepsis angebracht. Facebook selbst dämpft die Erwartungen und spricht von einer ‘noch nie dagewesenen Entwicklung in der Werbebranche’.”

6. Crash-Kurs für Film-Einsteiger*innen
(out-takes.de)
Die Filmemacher Simon Pilarski und Konstantin Korenchuk teilen bei Youtube ihre Erfahrungen zum Dreh ihres ersten langen Films: “In 14 Folgen erklären Korenchuk und Pilarski am Making-of ihres Kinofilms die einzelnen Produktionsschritte, verraten Hintergrundwissen, Geheimtipps, Zahlen, Budgets und geben Einblicke in finanzielle und künstlerische Prozesse.”

Weiterhin Stille im BILDblog (aber bald nicht mehr)

Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,

vor etwa einem halben Jahr habe ich hier auf der Seite geschrieben, dass ich aus persönlichen, gesundheitlichen Gründen nicht dazu komme, das BILDblog zu füllen; und dass es noch ein paar weitere Wochen still bleiben wird. Daraus sind nun leider ein paar Monate geworden. Pardon dafür!

Die gesundheitlichen Probleme sind zwar immer noch da, sie bestimmen noch immer den Alltag. Ein wenig hat sich die Situation aber verbessert und entspannt. Daher hoffe ich, dass ich in der kommenden Woche wieder mit dem Bloggen loslegen kann.

Unser “6-vor-9”-Mann Lorenz Meyer war in der Zwischenzeit ja sowieso gewohnt fleißig. Und er wird auch weiterhin morgens um 8:54 Uhr sechs handverlesene Linktipps aus der Medienwelt für Euch bereithalten.

Ich kann mich nur wiederholen: Vielen Dank für Euer Verständnis und die Treue!

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BILDblog-Klassiker

Wie “Bild” gegen den Mindestlohn kämpft

Wenn sich die “Bild”-Zeitung gegen die Meinung der überwältigenden Mehrheit ihrer Leser stellt, lohnt es sich fast immer, genauer hinzuschauen. Rund 90 Prozent der Deutschen sind laut einer Umfrage von Infratest dimap für Mindestlöhne entweder in allen oder bestimmten Branchen. In “Bild” stand diese oder eine ähnliche Zahl nicht. Dafür aber seit drei Wochen Tag für Tag ein beeindruckendes publizistisches Trommelfeuer gegen den Mindestlohn im Allgemeinen und bei den Briefzustellern im Besonderen.

“Bild”, 19. September:

MINDESTLOHN Ist das wirklich gut für die Beschäftigten?

Nein, sagen Experten! Wirtschaftsweiser Prof. Wolfgang Franz zu BILD: “Die Erfahrung zeigt, dass Mindestlöhne Jobs kosten, vor allem bei den Geringqualifizierten. Ein Mitarbeiter darf ein Unternehmen nicht mehr kosten, als er der Firma einbringt. (…)”

Nach Berechnungen des Ifo-Instituts würde ein bundesweiter Mindestlohn von 7,50 Euro/Stunde rund 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland vernichten. (…)

Welche Folgen hätte der Mindestlohn für die privaten Post-Firmen?

Laut Branchenverband DVPT würden die Kosten der Betriebe dadurch deutlich steigen. Verbandschef Elmar Müller: “Von den rund 750 privaten Post-Unternehmen müßten 200 um ihre Existenz bangen.” Tausende Jobs wären bedroht.

“Bild”, 20. September:

MINDESTLOHN? Dann gehen wir pleite!

“Bild”, 26. September:

“Steuerbefreiung statt Mindestlohn!”

Prof. Ulrich Blum (54), Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle: “Forderungen nach Mindestlöhnen sind völlig falsch! Sie steigern erst Kosten, dann die Arbeitslosigkeit.”

“Bild”-Kommentar, 29. September:

Mindestlöhne vernichten Arbeitsplätze!

(…) gesetzliche Mindestlöhne gefährden Arbeitsplätze. Das angesehene Ifo-Institut rechnet damit, dass die Einführung eines bundesweiten Mindesteinkommens mehr als eine Million Stellen vernichten könnte. (…)

Dass durch gesetzliche Mindestlöhne neue Jobs entstehen, ist ein Märchen. Das Gegenteil ist richtig!

“Bild”, 1. Oktober:

Ein Mindestlohn für die Post-Branche würde bis zu 50 000 Arbeitsplätze vernichten, befürchtet das Bundeswirtschaftsministerium (“Spiegel”).

“Bild”, 4. Oktober:

Herr Gerster, warum sind Sie gegen Mindestlöhne?

BILD-Interview mit Florian Gerster (58), dem ehemaligen Arbeitsminister und Chef der Bundesagentur für Arbeit, heute Präsident des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste

(…) Ein Mindestlohn von 9,80 Euro schützt nicht die Arbeitnehmer, sondern vernichtet Arbeitsplätze.

“Bild”-Kommentar, 4. Oktober:

… der arbeitsplatzfeindliche Mindestlohn …

“Bild”, 5. Oktober:

US-Nobelpreisträger warnt vor Mindestlohn

“Bild”, 8. Oktober:

Mindestlohn? Der kostet uns den Job!

(…) Die privaten Postkonkurrenten warnten am Wochenende erneut davor, dass eine Mindestlohn-Höhe von bis zu 9,80 Euro pro Stunde bis zu 50000 Jobs gefährdet.

“Bild”-Kommentar, 8. Oktober:

Auch einen Mindestlohn gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn der Staat festsetzt, was ein Arbeitnehmer zu bekommen hat, wird mancher Chef seinen Laden zumachen müssen und Angestellte vor die Tür setzen. (…)

Mindestlohn ohne “Mindestgewinn” kostet Arbeitsplätze, belastet die Sozialkassen und würgt den Aufschwung ab.

In den ganzen drei Wochen lässt “Bild” keinen einzigen unabhängigen Experten zu Wort kommen, der sich für den Mindestlohn ausspricht. (Dabei gibt es sie durchaus, und sie verweisen zum Beispiel auf die positiven Wirkungen, die der Mindestlohn auf den Arbeitsmarkt in Großbritannien und den USA gehabt habe.) Nur DGB-Chef Michael Sommer wird mit einem kurzen Plädoyer für den Mindestlohn zitiert.

Der “Bild”-Leser findet in dieser Zeit auch keinen Hinweis darauf, was “Bild” motivieren könnte, so massiv gegen den Mindestlohn zu kämpfen. Dabei gibt es eine einfache Antwort: Die Axel Springer AG, die “Bild” herausgibt, hat vor einem Vierteljahr für eine halbe Milliarde Euro die Mehrheit an der PIN-AG erworben, einem privaten Briefzusteller. Die PIN-AG ist mittlerweile der zweitgrößte deutsche Anbieter und hat mehr als 7000 Mitarbeiter.

Wie “Bild” erklärt, die eigenen Interessen nicht offenlegen zu müssen
 
“Wenn über das Thema Mindestlöhne berichtet wird, ist das nicht ein Thema der PIN, sondern betrifft in erster Linie alle privaten Postdienstleister…”
 
“Bild”-Sprecher Tobias Fröhlich gegenüber “Report Mainz”

Das ARD-Magazin “Report Mainz”, berichtete gestern ausführlich über die Anti-Mindestlohn-Kampagne der “Bild”-Zeitung und anderer Springer-Blätter. Dort sagte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, Springer spekuliere bei der PIN-AG auf Niedriglöhne, sonst gehe die Kalkulation des Unternehmens nicht mehr auf (PIN-Mitarbeiter berichteten gegenüber “Report Mainz” und “Plusminus” von Stundenlöhnen von unter 5 Euro.). Ein Sprecher der Gewerkschaft Ver.di sagte “Report Mainz”, “der Druck auf die Journalisten” bei Springer, im Interesse des Post-Engagements des Verlages zu berichten, sei “sehr groß”. Er sprach von “Aktionärsjournalismus”.

Der von “Bild” in den vergangenen drei Wochen viermal in Sachen Mindestlohn zitierte Präsident des neuen Arbeitgeberverbandes “Neue Brief- und Zustelldienste”, Florian Gerster, ist übrigens laut “FAZ” auf Druck von Springer an diese Position gekommen.

Vielen Dank an alle Hinweisgeber!

Fortsetzung hier…

Sprühfarbe ins Feuer

Auf einer ganzen Seite versuchte die “Nürnberger Zeitung” gestern, ihren Lesern das Konzept “Graffiti” näher zu bringen, inklusive des Spannungsfelds von Vandalismus und Kunst.

Doch schon der erste Absatz lässt berechtigte Zweifel an der Kompetenz des Autors aufkommen:

Narrenhände beschmieren Tisch und Wände. Im Alltag ist Graffiti keine Kunst, sondern eine Zumutung. Zwar ist ein Schaltkasten – das bevorzugte Objekt der Sprayer – an und für sich keine ästhetische Offenbarung, aber beschmiert wirkt er noch hässlicher. Zumal viele noch nicht einmal den so genannten Tag beherrschen, also den schwungvollen Namenszug, son- dern einfach nur ihren Namen hin- schreiben, Acab beispielsweise, einen türkischen Vornamen. Offensichtlich ist es einigen türkischen Jugendlichen ein Bedürfnis, nur ja die Vorurteile zu verstärken und Öl in das von Sarrazin entfachte Feuer zu gießen.
Acab, der einzige türkische Vorname, der weltweit an Hauswände, Bahnwaggons und Stromkästen gesprüht wird? Meistens in Großbuchstaben (“ACAB”) und manchmal mit Punkten dazwischen (“A.C.A.B.”)?

Natürlich nicht: “A.C.A.B.” ist die Kurzform von “All cops are bastards” (“Alle Bullen sind Bastarde”) und in dieser Form seit mehr als 30 Jahren in Gebrauch. Wer sich auch nur minimal für Graffiti interessiert, weiß das.

Das Öl im Feuer stammt also eher von der “Nürnberger Zeitung” und dem Vorurteil ihres Autors.

Aus dem Online-Auftritt der “NZ” ist der Artikel inzwischen verschwunden.

Mit Dank an Daniel F.

Nachtrag, 10. März: Die “Nürnberger Zeitung” hat sich für den Fehler entschuldigt und eine Korrektur veröffentlicht.

Spaß-Rassismus, Kiosk-Forschung, Keylogger vor Gericht

1. Wer beendet den Murmeltiertag?
(faz.net, Michael Hanfeld)
Michael Hanfeld fühlt sich bei der Debatte um den Rundfunkbeitrag an den Murmeltiertag erinnert. “Es wiederholt sich immer alles, jeden Satz haben wir schon viele Male gehört, jede Entscheidung genau so und nicht anders gewärtigt: Die öffentlich-rechtlichen Sender beklagen, sie hätten zu wenig Geld und brauchten dringend eine Erhöhung der Abgabe. Die Experten der Gebührenkommission Kef rechnen nach, stellen fest, dass dem nicht so ist und schlagen vor, wie hoch der Monatsbeitrag sein soll. Die Ministerpräsidenten schauen sich das Ganze an und folgen der Empfehlung in der Regel beziehungsweise folgen ihr jetzt – wie zu erwarten – nicht, weil das unangenehme Folgen haben könnte.”

2. Spähaktion landet vor Gericht
(taz.de, Sebastian Erb & Martin Kaul)
Der Fall um den in der “taz”-Redaktion eingesetzten Keylogger soll nun juristisch aufgearbeitet werden: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat gegen den früheren “taz”-Redakteur Sebastian Heiser Anklage erhoben. Der Vorwurf: Heiser soll zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 17. Februar 2015 an verschiedenen Rechnern innerhalb der “taz”-Redaktion mit einem sogenannten Keylogger Daten abgefangen haben. Ob der Angeklagte vor Gericht erscheinen wird, ist jedoch fraglich. Er hatte sich nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn in ein asiatisches Land abgesetzt, mit dem Deutschland kein Auslieferungsabkommen hat.

3. Nach Trump: Dieser Absturz wird heftig werden
(dwdl.de, Hans Hoff)
Hans Hoff sieht in seiner neuesten Kolumne eine große Medienkrise auf uns zukommen, sollte Trump die US-Wahlen verlieren: “Gedanken muss man sich auch machen um die Entsorgung der ganzen schlechten Wortspiele. Wenn das Trumpeltier auf dem Trumpelpfad mit Pauken und Trumpeten untergegangen ist, müssen die Konstruktionen ja irgendwo hin. Gibt es schon ein Endlager für Trump-Witze? Mit einer Sonderabteilung für Frisurenwitze? Lagern möglicherweise in der Asse die Trump-Haupthaargags dann gleich neben denen über Angela Merkels verstorbenen Friseur?”

4. Warum ich über den Schwarzen Mann als böse Überraschung nicht lachen kann
(uebermedien.de, Ali Schwarzer)
Samstagabend lief im Ersten die Unterhaltungssendung “Verstehen Sie Spaß?”, ein Showklassiker, der seit den Achtziger Jahren vor allem durch Bemühtheit und Muffigkeit auffällt. Vor der Ausstrahlung war bekannt geworden, dass Moderator Guido Cantz den Schweizer Talkshowmoderator Röbi Koller mit einem “Streich” der etwas seltsamen Art überrascht hat: Er war als klischeehaft verkleideter Schwarz-Afrikaner mit dunklem Make-up, Schlauchlippen und starkem Akzent aufgetreten. Dies hatte im Vorfeld für Unruhe gesorgt, doch die kritischen Stimmen haben den Sender nicht davon abgehalten, die umstrittene Sequenz auszustrahlen. Ali Schwarzer schreibt auf “Übermedien”, warum er über den Schwarzen Mann als böse Überraschung nicht lachen kann.

5. Hamburger Landgericht will “Schmähkritik”-Affäre klären
(horizont.net)
In der Auseinandersetzung um das Böhmermannsche “Schmähgedicht” hat der türkische Präsident Erdogan Anfang Oktober eine juristische Schlappe erlitten: Die Staatsanwaltschaft Mainz hat die Ermittlungen gegen Böhmermann eingestellt, eine Beschwerde Erdogans wies die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz als unbegründet zurück. Nun wird sich ab Mittwoch das Landgericht Hamburg mit der Sache befassen. Dort liegt noch eine Klage des Präsidenten als Privatmann vor, die zum Ziel hat, das Gedicht in Gänze zu verbieten.

6. Entdeckt (62): Nackte, Tote und ein kiffendes Stinktier – 20 Hefte aus den USA
(kioskforscher.wordpress.com, Markus Böhm)
“Kioskforscher” Markus Böhm hat seinen New-York-Trip genutzt, sich in Zeitschriftenläden nach skurrilen Magazinen umzuschauen. Seine Ausbeute: 20 Hefte, die sich um Zielgruppen wie Kiffer, Wildpinkler und Nudisten bemühen. Gleich zu Beginn seiner Umschau widmet er sich “Going Natural”, einem Magazin, bei dem sogar die Autoren nackt sind und das erwartungsgemäß freikörperzentriert ausfällt. “Auf den Rest des Heftes verteilen sich Nachrichten („Veteranen behandeln posttraumatische Belastungsstörung mit Nudismus“), Ausflugstipps („Neues FKK-Restaurant in London“) und ein Kreuzworträtsel („Offizieller FKK-Strand in Florida“ mit acht Buchstaben?), drumherum berichten Nudisten über ihre Sorgen und Erfahrungen.”

Justizia live, Bedrohter Gronkh, Fake-News über RT-Deutsch

1. Bundesgerichte: Parlament erlaubt Live-Streaming von Urteilsverkündungen
(heise.de, Stefan Krempl)
In seltener Einigkeit wurde der Gesetzesentwurf der Bundesregierung von den Fraktionen beschlossen: Urteilsverkündungen der obersten Bundesgerichte dürfen bald über Internet und Fernsehen übertragen werden. Und auch für mündliche Verhandlungen gelten demnächst neue Regeln. Generell solle es auch zulässig werden, Tonaufnahmen mündlicher Verhandlungen in einen Arbeitsraum direkt vor Ort für Medienvertreter zu übertragen.

2. „Wenn Deniz schreibt, lebt er in einer anderen Welt“
(welt.de, Hilal Köse)
Die türkische Zeitung „Cumhuriyet“ hat mit Dilek Mayatürk Yücel gesprochen, die seit April mit dem in der Türkei inhaftierten Denis Yücel verheiratet ist. Im Interview geht es um die Haftbedingungen, aber auch um Gefühle. So endet das Gespräch mit einem Liebesgedicht und den an Denis Yücel gerichteten Worten: „Ich liebe dich sehr. Ich küsse deinen Edelmut. Und bitte, rauch nicht so viel, okay?“

3. Viele nutzen soziale Medien, vertrauen ihnen aber nicht
(de.ejo-online.eu, David Levy)
In den meisten Ländern vertrauen die Nutzer weiterhin klassischen Nachrichtenmedien mehr als den sozialen Medien. Zu diesem Ergebnis ist jedenfalls der sechste „Digital News Report“ gekommen, der auf einer Online-Befragung von 70.000 Mediennutzern in 36 Ländern basiert.

4. Medienanstalt droht mit Verfahren gegen Gronkh
(golem.de)
Die Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen scheint Ernst zu machen: Nach Peter Smits („Pietsmiet TV“) wurde nun auch Erik “Gronkh” Range aufgefordert, eine Rundfunklizenz vorzulegen. Die Begründung: Da es sich um eine regelmäßige Sendung mit mehr als 500 Zuschauern handele, sei eine entsprechende Zulassung nötig. Gronkhs Anwalt hat einen Antrag auf “rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit” gestellt, den die Medienanstalt vorerst abgelehnt hat. Pikanter Nebenaspekt: Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung von NRW sei vereinbart worden, dafür zu sorgen, dass Streamer künftig keine Rundfunklizenz mehr benötigen. Die Umsetzung könne jedoch Jahre dauern.

5. Als ich versehentlich Fake-News über Russia Today Deutschland (RT-Deutsch) verbreitet habe…
(politicaldatascience.blogspot.de, Simon Hegelich)
In einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ hieß es, eine Studie würde belegen, dass „Russia Today Deutsch“ (RT-Deutsch) auf Facebook die einflussreichste deutsche Nachrichtenseite sei. Der Autor der Studie, Prof. Simon Hegelich von der TU München, reagiert darauf („Unsinn“) und erklärt, wie es zu der Falschmeldung gekommen ist.

6. “Überall war Helmut Kohl”
(deutschlandfunk.de, Silke Burmester)
Nach dem Tod von Helmut Kohl fühlte sich Kolumnistin Silke Burmester in einer “Kohl-Matrix” gefangen. Wohin sie auch sah, liefen Sondersendungen, Live-Schalten und Dokumentationen. „Es scheint mittlerweile egal, was da kommt, ob ein Unwetter, ein Terrorangriff oder der erwartbare Tod einer Persönlichkeit. Man unterscheidet nicht mehr, ob das Ereignis eine Relevanz für die Gegenwart hat oder ob es allein eine emotionale Bedeutung hat – alles wird genutzt, um zur Ergötzung der eigenen, sender-immanenten Eitelkeit den Apparat in Bewegung zu halten.“

Leipziger Lauschangriff, Klebers Antifeminismus, Fake-egal der AfD

1. Großer Lauschangriff in Leipzig: Gespräche mit Journalisten abgehört
(lvz.de)
Drei Jahre ließ die Dresdner Generalstaatsanwaltschaft in Leipzig nach einer kriminellen Vereinigung in der linken Szene und beim Fußballklub “Chemie Leipzig” suchen. Bei dem “großen Lauschangriff” wurden annähernd 60.000 Gespräche und SMS von den Ermittlern registriert und ausgewertet. Die 24.000 Seiten mit Gesprächsprotokollen füllen 41 Aktenordner. Bei der letztlich erfolglosen Aktion sei auch auch die Pressefreiheit auf der Strecke geblieben: Wie die Generalstaatsanwaltschaft jetzt schriftlich bestätigt habe, hätten die Beamten auch monatelang Gespräche mit einem Journalisten der “Leipziger Volkszeitung” abgehört.

2. Fake? Egal! “Es geht um die Message”
(faktenfinder.tagesschau.de, Kristin Becker)
Auf Twitter wird ein angebliches Bild der Antifa verbreitet. Darauf eine junge Frau mit einem Stein in der gehobenen Hand. Im Hintergrund ein mit Graffiti und Plakaten versehenes Gebäude. Dazu der Spruch “Flora bleibt! Besetzte Häuser erkämpfen und verteidigen!” und ein Logo mit der Aufschrift “Antifaschistische Aktion”. Der Tweet samt Bild wird von vielen geteilt, darunter auch von der “AfD”. Das Bild ist jedoch ein Fake. Bei der als angebliche Antifa-Kämpferin abgebildeten Person handelt es sich um die Vorsitzende der Jungen Union Hamburgs. Doch die “AfD” sieht es nicht so eng mit der Wahrheit: “Wenn die Message stimmt, ist uns eigentlich egal, woher das Ganze kommt oder wie es erstellt wurde. Dann ist es auch nicht so tragisch, dass es Fake ist.”

3. Zeigt nicht auf den dicken Mann!
(causa.tagesspiegel.de, Heinrich Schmitz)
Seit Tagen trifft man in den sozialen Netzwerken auf das Foto eines Mannes mit beachtlicher Körperfülle, dessen schwarzes T-Shirt die Worte „Nationalstolz kann man nicht zerbrechen“ zeigt, aufgenommen beim Neonazi-Konzert in Themar. Spott und Häme ergießen sich über den Mann, der so gar nicht dem Idealbild der Herrenrasse entspricht. Rechtsanwalt und Kolumnist Heinrich Schmitz hält das Verbreiten des Bilds nicht nur für rechtlich bedenklich, sondern sieht darin auch eine “eklige Tendenz”.

4. Antifeminismus im heute-journal: Claus Kleber interviewt Maria Furtwängler
(filmloewin.de)
Das feministische Frauenmagazin “Filmlöwin” beschäftigt sich mit dem Interview von “heute-journal”-Moderator Claus Kleber mit Maria Furtwängler. Thema des Gesprächs war das Geschlechterungleichgewicht bei Film und Fernsehen. Nachdem es bei “Spiegel Online” bereits einen kritischen Beitrag gab, analysiert die “Filmlöwin” Wortlaut und Sprache des Interviews und kommt zum Schluss: “In meinen Augen gibt es nämlich keinen besseren Beweis für den drängenden Handlungsbedarf als den Verlauf dieses Gesprächs, die polemische Rhetorik, die antifeministischen Scheinargumente und die Respektlosigkeit des Interviewers.”

5. Springer-Verlag macht Werbung für Yücels Gefängnis
(deutschlandfunk.de, Silke Burmester)
Silke Burmester nimmt sich im “Deutschlandfunk” das Medium “Zeitungsbeilage” vor (speziell die türkische “Jubelbeilage” in “Zeit” und “FAZ” sowie das türkische “Reise-Extra” in der “Welt”). Sie hält diese Art von Beilagen für doppelt problematisch: “Zum einen weichen sie für uns Journalisten die Trennlinie zwischen Journalismus und PR auf, denn es sind oft dieselben Personen, die einerseits über die Themen berichten, andererseits die Jubeltexte schreiben. Zum anderen führen sie die von den Zeitungen angestrebte Haltung ad absurdum, wenn sie ihren Leserinnen und Lesern völlig frei von jeglicher Kritik etwa die Diktatoren-Staaten in den schönsten Farben darlegen.”

6. Nina George: (M)ein Brief an die Branche – und an Lufthansa und Amazon-Audible
(buchmarkt.de, Nina George)
Versetzen Sie sich kurz in die Lage einer Schriftstellerin, die von der Lufthansa und dem Hörbuchanbieter “Audible” (einer hundertprozentigen “Amazon”-Tochter) angeschrieben wird: Über einen Zeitraum von einem halben Jahr will man den etwa 35 Millionen Flugpassagieren Ihr Hörbuch im Bord-Entertainment-System anbieten! Jubelnd wollen sie schon zum Sekt greifen, doch da sehen Sie, dass man Ihnen dafür eine Komplettpauschale von gerade mal Euro 150 anbietet. Genau das hat gerade die international bekannte Schriftstellerin Nina George erlebt. Pech für “Lufthansa” und “Audible”, dass Nina George nicht nur Präsidiumsmitglied des PEN-Zentrums Deutschland, VS-Bundesvorstandsmitglied, Gründerin der Initiative Fairer Buchmarkt und VG-Wort-Verwaltungsrätin ist, sondern eine im besten Sinne des Wortes streitlustige Person ist, die ein paar passende Worte dafür bereithält.

US-Netzparteilichkeit, Schlapphut-Niederlage, WDR-Liebeskummer

1. Schwarzer Tag fürs Internet: USA demolieren Netzneutralität
(netzpolitik.org, Tomas Rudl)
Bislang galt in den USA die Netzneutralität, die sicherstellte, dass Netzbetreiber weder den Zugang zu legalen Inhalten drosseln oder blockieren noch “Überholspuren” einrichten konnten. Damit ist es nun vorbei: Die “FCC” (“Federal Communications Commission”) hat die Netzneutralitätsregeln abgeschafft. Tomas Rudl kritisiert die Entscheidung: “Das Internet droht, jedenfalls in den USA, zu einem Produkt zu verkümmern, das eher dem Kabel-TV gleicht als dem bisherigen, offenen Netzwerk. In Anbetracht der erheblichen Marktkonzentration im Telekommunikationssektor, die US-Nutzern jetzt schon nur wenige Auswahlmöglichkeiten lässt, sind das keine guten Aussichten.”

2. Wegweisendes Urteil gegen den BND
(reporter-ohne-grenzen.de)
Das Bundesverwaltungsgericht gab einer Klage der “Reporter ohne Grenzen” statt: Ab sofort darf der Bundesnachrichtendienst (BND) keine Verbindungsdaten aus Telefongesprächen der Organisation in seinem Metadaten-Analysesystem “VerAS” speichern. Auf Seiten der “Reporter ohne Grenzen” zeigt man sich hocherfreut: “Das Urteil ist ein historischer Erfolg für Reporter ohne Grenzen, weil es uns gelungen ist, dem BND Grenzen aufzuzeigen. Gleichzeitig stärkt es unsere Arbeit, denn verfolgte Journalisten aus autoritären Staaten wie Usbekistan oder China müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Kommunikation mit uns vertraulich bleibt.”

3. WDR-Redakteure enttäuscht: Wo ist Buhrows Liebe hin?
(uebermedien.de, Boris Rosenkranz)
Nachdem WDR-Intendant Tom Buhrow angekündigt hat, auf Wunsch der Verleger das Textangebot runterzufahren, rumort es im Sender. Die Redakteursvertretung beklage insbesondere den Kommunikationsstil und fühle sich schlecht informiert. Für zusätzliche Empörung sorge eine kursierende Mail, die Zeichenbegrenzungen vorgibt und bei Überschreitung mit “persönlichen Konsequenzen” droht.

4. Storify macht dicht und löscht alles
(schmalenstroer.net)
“Storify” ist ein vielgenutztes Tool, mit dem man Beiträge aus Sozialen Medien sammeln und zu einer Geschichte bündeln kann. Doch damit ist bald Schluss: Der Dienst wird in wenigen Monaten abgeschaltet. Für Michael Schmalenstroer der Anlass, den Einsatz derartiger Dienste grundsätzlich in Frage zu stellen: “Statt einem Storify hätte man auch ein normales Blog mit eingebundenen Tweets nutzen können. Dann ist man nicht von einem Dienstleister abhängig, der je nach wirtschaftlicher Lage den Dienst einfach einstellt. Wer seinen Krams selbst hostet und darauf aufpasst, wird keine bösen Überraschungen erleben. Gebt nicht die Kontrolle über eure Inhalte ab, denn kein Anbieter hat sich dieses Vertrauen verdient!”

5. Position beziehen — Nicht nur, aber auch auf der Buchmesse
(verlagegegenrechts.wordpress.com)
Auf der Leipziger Buchmesse werden erneut das “Compact Magazin” und die “Junge Freiheit” anzutreffen sein: “Compact”-Chef Jürgen Elsässer habe davon gesprochen, dass er die Leipziger Buchmesse “für die Meinungsfreiheit zurückerobern” wolle. Die Initiative #verlagegegenrechts will den Auftritt der Rechten nicht unwidersprochen lassen: “Wir werden unsere Ablehnung rechter Ideologien sichtbar machen. Wir werden mit möglichst vielen Menschen in den Dialog treten und eine Veranstaltungsreihe an verschiedenen Orten auf der Messe und in Leipzig präsentieren. Wir werden uns dem medialen Aufmarsch der Rechten entgegenstellen. Ohne ihnen eine Bühne zu bieten.”

6. Jahresrückblick 2017
(trends.google.de)
Wonach haben die Deutschen 2017 gesucht? Google führt im Jahresrückblick die wichtigsten Suchbegriffe auf und verrät, welche Was-, Wo- und Warum-Fragen die Deutschen am häufigsten gestellt haben. In den Top-Platzierungen Fragen wie: “Was ist ein Schuppentier?”, “Warum ist Butter so teuer geworden?” und “Wo befindet sich der Hubraum?”

Letztendlich Wurscht, Keine Nazibilder, Altersfeststellung

1. So. Jetzt wisst ihr mal, mit wem ihr es hier zu tun habt.
(facebook.com, Judith Liere)
Jens Jessen, der ehemalige Ressortleiter des Feuilletons der Wochenzeitung „Die Zeit“ hat sich in einer Titelstory bei seinem alten Arbeitgeber über die #Metoo-Debatte ausgetobt. Jessen geht es um den „bedrohten Mann“ und den „Triumph des totalitären Feminismus“.
Die von ihm namentlich erwähnte Journalistenkollegin Judith Liere hat sich mit einer Facebook-Gegenrede zu Wort gemeldet, die all die Wirrheit und Absurdität der Jessenschen Vorwürfe in einer Art Zitatensammlung vereint. (Der Hintergrund: Jessen hatte sich anscheinend an Judith Lieres „Stern“-Artikel zur #MeToo-Debatte gestört. Einem Beitrag aus dem Februar, der immer noch lesenswert ist.)


In der „taz“ findet Patricia Hecht deutliche Worte über Jessen : „Alles was er schreibt, wurde schon tausendmal vom Patriarchat ausgekotzt.“
Bei “Gender Equality Media” hat sich die “totalitäre Feministin” Penelope Kemekenidou direkt an den “Zeit”-Autor gewandt (“Lieber Jens, ich glaube kaum dass ich das mal sagen muss, aber: Sei mal nicht so hysterisch.”)
Auch die Kollegen des „Zeit“-Ablegers für junge Leser „Ze.tt“ gehen auf Abstand. Jessen deute die Anliegen der Debatte grundlegend falsch und inszeniere einen Geschlechterkampf zwischen Mann und Frau.
„Vice“ hat auf seine eigene Art reagiert und veröffentlicht einen „ultimativen Artikel-Generator für empörte weiße Männer“.
Die beste Realsatire liefert jedoch Autor Jens Jessen selbst. In einem schon jetzt legendären dreiminütigen Radio-Interview stammelt, haspelt, ächzt, kichert und schwafelt er sich durch das Gespräch, dass man an einen misslungenen Loriot-Sketch glaubt. 
Und findet Worte, die seine Gedankenwelt ganz gut zusammenfassen: „Natürlich können Sie auch sagen: Es ist mir Wurscht. Letztendlich ist es vielleicht auch Wurscht.“

2. Facebook: Datenabgriff von 87 Millionen Nutzern ist nur Spitze des Eisberges
(netzpolitik.org, Markus Beckedahl)
Nach Angaben von Facebook sollen bis zu 87 Millionen vom Datenabgriff von „Cambridge Analytica“ und Co. betroffen sein. Das sei aber nur die Spitze des Eisberges, wie Markus Beckedahl auf „Netzpolitik.org“ schreibt. Das Unternehmen hätte erklärt, dass durch ähnliche Datenabgriffe wohl fast alle zwei Milliarden Nutzer betroffen sein können. Beckedahl kommentiert: „Währenddessen ist in der öffentlichen Debatte zumindest der CDU/CSU-Teil der Bundesregierung abgetaucht. Dort arbeitet man im Hintergrund daran, schärfere Regeln gegen Tracking und Datenmissbrauch im Rahmen der ePrivacy-Verordnung auf EU-Ebene zu verhindern. Die Bundesdatenschutzbeauftragte bereitet sich offensichtlich schon auf ihren Ruhestand vor.“
Weiterer Lesetipp: Die FAQ zum Facebook-Skandal (faktenfinder.tagesschau.de, Dennis Horn)

3. Hussein K.-Prozess: Fake News von einer journalistischen Instanz
(augsburger-allgemeine.de, Philipp Kinne)
Die bekannte Gerichtsreporterin und Starjournalistin Gisela Friedrichsen hat für die „Welt“ über den Fall des verurteilten Mörders Hussein K. berichtet. Dort sei es auch um das Verfahren zur Altersfeststellung gegangen sein, dessen Kosten Friedrichsen mit zwei Millionen Euro bezifferte. Die „Augsburger Allgemeine“ konnte sich derart hohe Kosten schwer vorstellen und hat bei der Staatsanwaltschaft Freiburg nachgefragt. Diese nennt als Gesamtkosten für die Altersfeststellung einen Betrag von etwa 6.000 Euro.
 Philipp Kinne kritisiert den Umgang der „Welt“ mit dem Fehler: „In der Richtigstellung zum Friedrichsen-Artikel ist mittlerweile zu lesen, „diese konkrete Summe“ sei „nicht zu belegen“ – als ob es sich um eine kleine Abweichung gehandelt habe statt um eine völlig fantastische Zahl – die im Internet und der öffentlichen Debatte längst ein Eigenleben führt.“

4. Auch Nazigegner dürfen keine Nazibilder posten
(lawblog.de, Udo Vetter)
Aus Protest gegen die Agentur für Arbeit veröffentlichte ein Blogger ein Bild Heinrich Himmlers in SS-Uniform mit Hakenkreuzarmband. Das durfte er nicht, befand jetzt auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), vor den der Blogger gezogen war. Eine innere Distanz zum Nationalsozialismus rechtfertige es in Deutschland nicht, die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu veröffentlichen.

5. Baum-Maßnahme
(sueddeutsche.de, Cathrin Kahlweit)
Die BBC entschuldigt sich für eine Inszenierung innerhalb einer Papua-Neuginea-Reportage aus dem Jahr 2011. Cathrin Kahlweit sieht darin ein mögliches Ablenkungsmanöver von Ärger an anderer Stelle: „Seit bekannt wurde, dass die BBC einigen männlichen Stars mehr Gage zahlt als weiblichen, ist der Sender in der Defensive. Hier ist die Fehlerkultur wenig ausgeprägt: Man habe nicht gegen Gesetze verstoßen, heißt es lapidar.“

6. “Scheißer von Heuchelheim” gefasst
(hessenschau.de)
Mit “Scheißer von Heuchelheim gefasst“ überschreibt die „Hessenschau“ einen der wichtigsten Kriminalfälle der letzten Zeit. Der „Spiegel“ titelt mit “Kotleger von Heuchelheim” aufgeflogen etwas vornehmer. Geradezu begeistert schlagzeilt hingegen der „Rhein-Main Extra Tipp“: “Opa kackt über ein Jahr auf Bürgersteige in Gemeinde – und andere mache es ihm nach“ (hier nicht verlinkt, aus hygienischen Gründen).

Friedenspreis, BAMF-Hintergründe, Uploadfilter

1. “Die Rechte ist keine unterdrückte Minderheit”
(deutschlandfunkkultur.de, René Aguigah, Audio, 53:36 Minuten)
Das Ehepaar Aleida und Jan Assmann erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die Kulturwissenschaftler beschäftigten sich mit dem Vermächtnis alter Hochkulturen (Jan Assmann ist Ägyptologe) und ziehen daraus Schlüsse auf unser derzeitiges gesellschaftliches Miteinander. „Deutschlandfunk Kultur“ hat sich Ende März mit den beiden Wissenschaftlern unterhalten. In dem etwa einstündigen Gespräch geht es um den Opferbegriff, das kulturelle Gedächtnis, Erinnerungskultur, die neue Rechte und die angeblich beschränkten Freiheiten rechter Meinungsmacher.
Weiterer Hör- und Lesetipp: Den zweiten Teil des Gesprächs können Sie hier nachlesen und nachhören. (deutschlandfunkkultur.de, René Aguigah, Audio 52,58 Minuten)

2. Welche Vorwürfe haben sich erhärtet?
(faktenfinder.tagesschau.de, Patrick Gensing)
Die Vorwürfe im Rahmen der sogenannten BAMF-Affäre wiegen schwer: Tausenden von Asylbewerbern sollen unrechtmäßig Asylbescheide ausgestellt worden sein, von bandenmäßiger Kriminalität und Bestechung ist die Rede. Die Oppositionsparteien AfD und FDP fordern gar einen Untersuchungsausschuss. Patrick Gensing vom „Faktenfinder“ der „ARD“ hat sich den Vorgang näher angeschaut. Die Vorwürfe sind keineswegs so eindeutig wie vielfach dargestellt.
Weiterer Lesetipp: „Zweifel am Revisionsbericht: Falsche Vorwürfe gegen das Bremer BAMF“ (tagesschau.de)

3. Das ist der ARD-Plan für ein Gegenstück zu Facebook und YouTube
(wuv.de)
Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm träumt weiterhin von einer länderübergreifenden, digitalen Plattform von Sendern und Verlagen als Gegengewicht zu Youtube und Facebook: “Deutschland und Frankreich sollten die Initiatoren sein, die das Projekt voranbringen, wie einst Airbus als europäische Antwort auf Boeing. Das ist ein Vorhaben, das zu unseren europäischen Werten passt. Eine solche Plattform würde die kulturelle Selbstbehauptung Europas besser sichern.”

4. Und dann weint Dennis Rodman
(sueddeutsche.de, Johannes Kuhn & Beate Wild)
In der Gipfel-Berichterstattung amerikanischer Nachrichtensender verschwimmen die Grenzen von Analyse, Propaganda und Reality-TV, so Johannes Kuhn und Beate Wild in der „SZ“. Dies beträfe nicht nur Sender wie das Trump-freundliche „Fox News“, sondern auch seriösere Kanäle wie „MSNBC“ und „CNN“. Das traurige Fazit: „Politik ist im Amerika von 2018 eine neue Spielart des Reality-TV, doch Donald Trump ist nicht allein dafür verantwortlich.“

5. So können Medien über Verbrechen wie den Mord an Susanna berichten, ohne populistische Arschlöcher zu sein
(vice.com, Rebecca Baden)
Rebecca Baden kritisiert bei „Vice“ die populistische und reißerische Berichterstattung zum Mord an der 14-jährigen Susanna: „Journalisten und Journalistinnen schaffen mit ihrer Arbeit ein Stück weit Realität. Manche nutzen diese verantwortungsvoll, um Betroffenen und Angehörigen eine Stimme zu geben. Andere heizen damit die Stimmung auf – und wundern sich dann, dass die AfD im Bundestag sitzt.“

6. Rette Dein Internet!
(youtube.com, Manniac)
Der Animator und Comedian „Manniac“ hat einen Zwei-Minuten-Clip zur EU-Urheberrechtsreform produziert. Sein Hauptkritikpunkt sind die sogenannten Uploadfilter, die eine Veröffentlichung von urheberrechtlich geschütztem Material verhindern sollen. „Die Folge kann sein, dass es nahezu unmöglich wird, kreativ mit Film- oder Games-Bildern zu arbeiten, oder auch einfach Memes zu teilen.“, so Manniac. „Bitte helft mit, das zu verhindern. Schreibt die Europa-Abgeordneten an und bittet sie, gegen Artikel 13 zu stimmen!“

AfD-Ehemaligentreffen, Trauermarsch und Terrormarsch, Strichmenschen

Das gesellschaftliche Klima scheint rauer, die politischen Fronten verhärteter zu werden. Das bekommen auch die Medien zu spüren, die immer öfter zum Zielobjekt von Ablehnung und Hass werden. Die Vorkommnisse auf den rechtsgerichteten Kundgebungen in Chemnitz zeichnen ein besorgniserregendes Bild. Manche sprechen gar von einer Zäsur. Hier eine Sonderausgabe unserer “6 vor 9”, welche ausschließlich von den jüngsten Entwicklungen in Chemnitz handelt. Die reguläre “6 vor 9”-Ausgabe von heute findest Du hier.

1. “Noch nie so viel Hass auf Medien erlebt”
(tagesschau.de, Dominik Lauck)
Bei den rechtsgerichteten Kundgebungen in Chemnitz kam es immer wieder zu Angriffen auf Journalisten. Reporter wurden nicht nur bepöbelt und bedroht, sondern auch tätlich angegriffen. Dominik Lauck lässt auf tagesschau.de Medienvertreter und ihre Chefredakteure zu Wort kommen. Der den Reportern entgegenschlagende Hass ist mehr als besorgniserregend. “T-Online”-Chef Florian Harms wandte sich mit einem Tweet an die sächsische Polizei: “Unfassbar. @PolizeiSachsen warum schaffen Sie es nicht, Journalisten wie unseren Reporter vor diesem Mob zu schützen? Was muss denn noch passieren, damit ihr solche Lagen in den Griff bekommt?”
Weiterer Lesehinweis: Auf Facebook hat die Initiative “Gegen die AfD” ebenfalls Material und Stimmen zusammengetragen und befindet: “Dieser sogenannte “Trauermarsch” ist ein Terrormarsch gewesen! Und zwar Terror von Rechtsextremen.”

2. Aufstieg der AfD: “Die Mitte muss auf die Barrikaden gehen”
(zeitgeist.rp-online.de, Merlin Bartel)
Beim Campfire-Festival, einer Veranstaltung für Journalismus und digitale Zukunft, diskutierte die Publizistin Liane Bednarz mit Michael Bröcker, Chefredakteur der “Rheinischen Post”, und “Correctiv”-Geschäftsführer David Schraven über das Thema “Rückkehr zum Vertrauen: Verantwortung der Medien für den Aufstieg der AfD”. Dabei geht es um Fragen wie: Was hat zum Erfolg der AfD geführt? Welche Maßnahmen helfen gegen rechten Hass? Wo liegen die Ursprünge für den AfD-Erfolg? Und kennen Journalisten noch die Sorgen der Bürger?
Hörtipp: Beim “Polik Betreuung”-Podcast von Jenny Günther ist die AfD-Aussteigerin Franziska Schreiber zu Gast. Schreiber war 2013 in die Partei eingetreten und hatte dort eine steile Karriere gemacht, die sie bis in den Bundesvorstand führte. Eine Woche vor der Bundestagswahl verkündete sie öffentlichkeitswirksam ihren Austritt. Über ihre Zeit bei der AfD schrieb sie ein vielbeachtetes Buch. Im Podcast geht es natürlich um ihre Zeit bei der AfD, die Strategie der Partei (“Die AfD als Feigenblatt für ein Neonazi-Bündnis”), aber auch um die generelle Entwicklung der Demokratie.

3. Zimperlich sind die, die am Schreibtisch bleiben
(spiegel.de, Raphael Thelen)
“Spiegel”-Redakteur Jan Fleischhauer hatte in seiner Kolumne Journalisten, die über Angriffe durch Rechtsradikale auf Demos klagen, als “zimperlich” bezeichnet. Raphael Thelen hat eine Replik auf Fleischhauer verfasst, die mit zahlreichen konkreten Beispielen aufwartet und der Empfehlung an Fleischhauer, “seine behagliche Münchner Doppelhaushälfte mal zu verlassen.”
Weiterer Lesehinweis: Vielleicht interessiert sich “Spiegel”-Kolumnist Jan Fleischhauer ja auch noch für den Beitrag “Journalisten als Zielscheibe” seiner “Spiegel Online”-Kollegen: “Der Hass gegen die Presse war bei der Demonstration am Samstag in Chemnitz beispiellos, berichten Reporter. Journalisten wurden bepöbelt, am Filmen gehindert und mitunter sogar verletzt.”

4. Barley lässt nach Chemnitz-Protesten rechte Netzwerke überprüfen
(welt.de)
Justizministerin Katarina Barley will aufklären lassen, welche Organisationen hinter der Mobilisierung rechter Gewalttäter bei den Protesten in Sachsen stehen. Rechtsradikale dürften nicht die Gesellschaft unterwandern.
Parallel wirft Außenminister Maas seinen deutschen Mitbürgern Bequemlichkeit im Kampf gegen Rassismus vor: “Wir müssen vom Sofa hochkommen und den Mund aufmachen.” (rp-online.de) Man möchte antworten: “Nur zu, Herr Maas. Nur zu.”

5. Die rechten Rosenkavaliere: Wie sich die AfD in Chemnitz inszenierte
(stern.de, Florian Schillat)
Zunächst hatten AfD-Funktionäre noch vollmundig getönt, dass man mit der islam- und fremdenfeindlichen Pegida nicht zusammen demonstrieren werde (“Ein Schulterschluss mit Pegida findet nicht statt”, so Frank Hansel, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD). Dieser Vorsatz hat nicht lange gehalten: Auf dem Flyer zum Chemnitzer Schweigemarsch prangten stolz beide Logos. Florian Schillat ordnet bei Stern.de die unheilige Allianz ein und erklärt die Hintergründe.

6. Strichmenschen gegen den Hass
(zeit.de, Linda Fischer)
Der Künstler “Krieg und Freitag” ist für seine witzigen Strichmännchen auf Twitter bekannt. Nach den Ausschreitungen in Chemnitz startete er eine Spendenkampagne: Für jede fünf Euro, die gespendet werden, malt er eine Figur. Zunächst waren “nur” 5000 Euro anvisiert, jetzt liegen bereits mehr als 16.000 Euro im Spendentopf.

Blick auf den Osten, Frauen in der Fotografie, Gniffkes Brief an Maaßen

1. Deutschland, noch kein einig Medienland
(deutschlandfunk.de, Henning Hübert)
“Deutschlandradio”-Intendant Stefan Raue bedauert das regionale Ungleichgewicht bei den Schwerpunkten medialer Berichterstattung. Er könne nachvollziehen, dass Ostdeutsche das Gefühl haben, nur dann in den bundesweiten Medien vorzukommen, wenn es um Rechtsextremismus, Kriminalität und Arbeitslosigkeit gehe. In Sachen Chemnitz-Berichterstattung fehlt ihm der Blick auf das Positive: Die Stadt habe eine reiche Kulturlandschaft, Bürgergeist und Engagement. Raues Appell: “Es wäre ganz gut, wenn die Reporter und Reporterinnen häufiger mal in Chemnitz wären, wenn’s nicht knallt”.
Weiterer Lesehinweis: Ostdeutsche müssen sich “für alles” rechtfertigen: “Vor dem Einheitsfeiertag sieht Thüringens Ministerpräsident Ramelow Probleme zwischen alten und neuen Bundesländern. Der Umgang untereinander sei “verheerend”, Ostdeutsche erlebten täglich Schmähungen.” (spiegel.de)

2. Frauen in der Fotografie
(kwerfeldein.de, Katja Kemnitz)
Kamerahersteller Olympus arbeitet beim “Xplorers-Projekt” mit verschiedenen Foto-Influencern zusammen. Unter den 18 FotografInnen befindet sich jedoch nur eine einzige Frau. Liegt es daran, dass das Geschlechterverhältnis in diesem Segment bei “wahrscheinlich 1:100” liegt, wie von einem Fotografen behauptet? Wohl kaum: Der Frauenanteil in Fotografie-Ausbildung und Studium liegt meist bei mehr als 50 Prozent. Die Fotografin Katja Kemnitz macht Vorschläge, wie sich die Sichtbarkeit von Frauen in der Fotografie verbessern ließe.

3. Falschmeldung zu belgischem Atomkraftwerk
(faktenfinder.tagesschau.de, Wolfgang Wichmann)
Unbekannte haben den Internetauftritt des belgischen Senders RTL Info nachgebaut und dort eine Falschmeldung über eine angebliche Explosion im Atomkraftwerk Tihange veröffentlicht — illustriert mit einem bekannten Bild aus dem Netz, das eine Atomexplosion zeigt.

4. Unsere Sprache ist weniger diskriminierend geworden.
(planet-interview.de, Kaspar Heinrich)
Der Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch beschäftigt sich mit diskriminierender Sprache, Sprachpolitik und dem politischen Gebrauch und Missbrauch von Sprache. Dieses Jahr erschien sein Buch “Eine Frage der Moral: Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen”. Im Interview spricht Stefanowitsch über Gendersternchen, das N-Wort, klamaukige Talkshows, amtliche Rechtschreibung und Korrekturen in Pippi-Langstrumpf-Büchern.

5. Tagesschau-Chef Gniffke wirft Verfassungsschützer Maaßen vor, im Bundestag die Unwahrheit gesagt zu haben
(buzzfeed.com, Marcus Engert)

Der Chefredakteur der “Tagesschau”, Kai Gniffke, hat sich per Brief an Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und die Obleute im Innenausschuss gewandt. Maaßens Äußerungen seien geeignet, den “Ruf der Tagesschau zu beschädigen”, und bestimmte Behauptungen Maaßens seien “wahrheitswidrig”. “BuzzFeed News” hat den Brief in Faksimileform veröffentlicht und inhaltlich eingeordnet.

6. Fake Views: Die Ausstellung „Lust der Täuschung“ in der Kunsthalle München
(blog.gwup.net, Bernd Harder)
Bei der Ausstellung “Lust der Täuschung” in der Kunsthalle München geht es um “Fake Views”. Doch im Gegensatz zu den “Fake News” ist hier der Erfolg geglückt, wenn nach der Täuschung die “Ent-Täuschung” kommt.