TikTok belastet, Papierknappheit, Sinnlose Sendelizenzen?

1. Geleakte Mitschnitte belasten TikTok
(netzpolitik.org, Sebastian Meineck & Alexander Fanta)
Das in China ansässige Unternehmen Bytedance, das die Social-Media-Videoportal TikTok betreibt, behauptet, unabhängig von den politischen Einflüssen des autoritären Regimes zu agieren. Doch “Buzzfeed News” vorliegende Informationen legen andere Schlüsse nah: “Für die Recherche hat Buzzfeed News geleakte Aufzeichnungen interner Meetings ausgewertet. Insgesamt gehe es um 14 Aussagen von neun verschiedenen TikTok-Angestellten. Demnach hat ein Mitglied der TikTok-Sicherheitsabteilung im September 2021 gesagt, China sehe ‘alles’. Eine andere Person habe von einem ‘Master Admin’ in Beijing gesprochen. Er habe ‘Zugang zu allem’.”

2. Sommer, Sonne, Spaß – und Waldbrände?
(deutschlandfunk.de, Michael Meyer, Audio: 5:23 Minuten)
Medien reagieren auf eine Hitzewelle oft mit positiv besetzten Bildern aus Freibädern, Parks und Eisdielen, selbst wenn es um Klimawandel und negative Folgen geht, beobachtet der Deutschlandfunk. Dass Nachrichtenredaktionen Hitzewellen visuell durchaus anders darstellen können, beweise zum Beispiel das niederländische “Algemeen Dagblad”: “Die Redaktion zeigte eine junge Familie, die an einem sonnigen Tag nicht für ein Eis Schlange steht, sondern zu Hause vor einem Ventilator – die Familie sah nicht sonderlich glücklich dabei aus.”

3. Mehr Druck auf Print: Probleme und Chancen
(blog.medientage.de, Petra Schwegler)
Beim European Publishing Congress in Wien zeigte sich Burda-Vorstand Philipp Welte besorgt über die anhaltende Papierknappheit: “Viele Verlage wissen bis heute nicht, auf welchem Papier sie im dritten oder vierten Quartal ihre Zeitschriften drucken sollen.” Welte gehe davon aus, dass auf dem deutschen Markt jedes dritte gedruckte Medienangebot gefährdet sei, berichtet Petra Schwegler von dem Kongress.

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4. Kritik an Sozialpartnerschaft
(taz.de, Peter Nowak)
Die Gewerkschaftszeitung “Express” (Untertitel: “Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschafts­arbeit”) feiert ihr 60-jähriges Bestehen. In der neuen Arbeitswelt bleiben ihre Grundsätze hochaktuell, findet Peter Nowak.

5. Die Sendelizenz hat ihren Sinn verloren
(tagesspiegel.de, Hans Hege)
Anlässlich des 30. Geburtstags der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) kommentiert der einstige maab-Direktor Hans Hege: “Die frühere Sendelizenz, mit der Zuweisung knapper und damals besonders einflussreicher Kapazitäten verbunden, hat ihren Sinn verloren. Es gibt keinen sachlichen Grund mehr, warum audiovisuelle Medien eine Lizenz brauchen, statt wie schon lange bei der Presse und im Internet auf Lizenzfreiheit zu setzen. Eine Ausnahme ist noch UKW, aber in der Perspektive wird der Fernsehturm im Wesentlichen ein Baudenkmal und Aussichtspunkt sein.”

6. Neues vom Bildbetextungsbeauftragten: Bundeskanzler Scholzli
(noemix.wordpress.com, Michael Nöhrig)
Michael Nöhrig ist ratlos: “Wieso heißt der deutsche Bundeskanzler in Bildbetextungen eigentlich immer Olaf Scholzli?”

“European Newsroom”, Dokukratie, Kliemanns Wutrede

1. Wie dpa mit fragwürdigen Medien auf dem Balkan kooperiert
(netzpolitik.org, Alexander Fanta)
16 europäische Nachrichtenagenturen richten derzeit ein gemeinsames Büro in Brüssel ein, den “European Newsroom”. Eingefädelt habe das Großprojekt der dpa-Geschäftsführer Peter Kropsch. Was die Qualität der Inhalte steigern und zu “Kostensynergien” führen soll, wird von Experten und Expertinnen kritisiert, denn das Geld für den Newsroom stammt aus dem Budget der EU-Kommission für Öffentlichkeitsarbeit.

2. Wir präsentieren: Dokukratie
(fragdenstaat.de, Arne Semsrott & Stefan Wehrmeyer)
“Dokukratie”, das neue Recherchetool von “FragDenStaat” macht unter anderem Kleine Anfragen, Gutachten und Dokumente aus Untersuchungsausschüssen zentral durchsuchbar. “Dokukratie besteht aus zwei zentralen Elementen: Eine Website, über das alle Menschen zentral auf die gesammelten Dokumente zugreifen können, sowie ein offener Scraping-Hub, auf dem die Dokumente gesammelt werden.”

3. Warum ich nicht in die Ukraine gegangen bin
(journalist.de, Carsten Stormer)
Der freie Kriegsreporter Carsten Stormer fühlt sich schuldig, nicht in die Ukraine gereist zu sein. In früheren Zeiten sei er ohne Auftrag losgezogen, um vor Ort nach Geschichten zu suchen. Jetzt ahne er jedoch, was dabei herauskommen würde: “In der Ukraine würde ich bestenfalls nur an der Oberfläche kratzen. Für eine Berichterstattung, die Tiefe und Nähe erzeugt, Wissen und Kontext vermittelt, eine Entwicklung aufzeigt, fehlen mir schlicht die Mittel. Große internationale Medien stellen ihren Korrespondenten Sicherheitsberater zur Seite, meist Ex-Militärs, die die Gefahrenlage einschätzen, die Risiken abwägen können und zur Not eine Recherche abbrechen. Man muss einen Fahrer mit Ortskenntnis anstellen, einen Übersetzer bezahlen. Lokale Produzenten, die helfen, Geschichten zu finden, Gegend und Menschen kennen, die Landessprache beherrschen, Benzin, Lebensmittel und eine Übernachtungsmöglichkeit klarmachen. Das gesamte Team muss mit schusssicheren Westen und Helmen ausgestattet sein. Das alles kostet sehr viel Geld.”

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4. Russischer Dissident versteigert Nobelpreis-Medaille für Rekordpreis
(zeit.de)
Der russische Journalist und Putin-Kritiker Dmitri Muratow ist Mitgründer der mittlerweile zwangseingestellten Zeitung “Nowaja Gaseta” und Inhaber einer Nobelpreismedaille. Diese ließ er nun zugunsten ukrainischer Flüchtlingskinder versteigern. Der Erlös brach alle Rekorde: “Bei einer Auktion in New York erzielte die goldene Medaille einen Erlös von 103,5 Millionen Dollar – rund 98,5 Millionen Euro. Noch nie ist eine Nobelpreismedaille auch nur annähernd für eine solche hohe Summe versteigert worden.”

5. Birte Meier wechselt zu RTL
(sueddeutsche.de, Verena Mayer)
Birte Meier, langjährige Redakteurin des ZDF-Magazins “Frontal21”, wechselt mit den ebenfalls von “Frontal21” kommenden Manka Heise und Christian Esser zu RTL und wird dort nach Senderangaben eine “Investigativ-Unit” aufbauen. Meier hatte 2015 das ZDF wegen Lohnungleichheit verklagt. Das Verfahren lief über mehrere Instanzen, wurde jedoch abgewiesen. Dagegen wehre sich Meier nun vor dem Bundesverfassungsgericht.

6. Fynn Kliemann kritisiert “woke linke Szene”
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Der in die Kritik geratene Influencer Fynn Kliemann gab sich zwischenzeitlich reuig, holt nun aber zum Gegenangriff aus. In einer Wutrede auf Instagram beklagt er sich über “Teile der woken, linken Szene” und sieht sich im Zentrum düsterer Machenschaften: “Ich verstehe schon, ihr habt mich mit öffentlichen Geldern groß gemacht, dann habe ich nicht gespurt und genau mit den gleichen Geldern soll ich jetzt zerstört werden.”
Weiterer Lesetipp: Derweil treten neue Vorwürfe gegen Kliemann zutage: “Fynn Kliemann versteigerte digitale Kunstwerke für mehr als 200.000 Euro. Aber weil er sich nach Kontraste-Recherchen nicht an seine eigenen Auktionsbedingungen hielt, könnten ihm Schadensersatzforderungen drohen.” (tagesschau.de, Daniel Laufer)

Umgang mit Assange, Biotop in der Potse, Text-zu-Quatsch-Generatoren

1. Auslieferung: Warum sich Medien so schwer mit Julian Assange tun
(freitag.de, Wolfgang Michal)
Wikileaks-Gründer Julian Assange soll tatsächlich in die USA ausgeliefert werden. Eine Nachricht, die bei den großen Leitmedien in Deutschland auf erstaunlich wenig Interesse getroffen sei, wie Wolfgang Michal findet: “Warum engagieren sich die Presseverlage, die eine Zeit lang von Wikileaks profitierten und sich in Assanges Weltruhm sonnten, so wenig für ihren ehemaligen Partner? Was hält die ‘vierte Gewalt’ davon ab, ein Zeichen eindeutiger Solidarität zu setzen?”

2. Nannen-Preis heißt jetzt “Stern”
(faz.net)
Ein Rechercheteam des öffentlich-rechtlichen Jugendportals “funk” veröffentlichte im Mai ein Video, das sich mit Henri Nannen beschäftigt, dem Gründer, langjährigen Herausgeber und Chefredakteur des Magazins “Stern”. Dabei ging es insbesondere um Nannens Rolle in der Nazizeit. Wenige Tage später reagierte der aktuelle “Stern”-Chefredakteur mit einer Stellungnahme und versprach: “Wir werden der Sache auf den Grund gehen!” Nun hat das Hamburger Verlagshaus Gruner + Jahr, zu dem der “Stern” gehört, mitgeteilt, den Nannen-Preis diese Woche als “Stern Preis” zu verleihen – um “die Debatte um Henri Nannens Vergangenheit zu entschärfen”.

3. Böhmermann, Kebekus und der Siegeszug der Public Impact Comedy
(dwdl.de, Peer Schader)
“Der vom Feuilleton einst gefürchtete ‘Hedonismus des Oberflächlichen’ ist (teilweise) durch eine Art Public Impact Comedy ersetzt worden, die Entertainment vorgaukelt – aber Hintergrund und Aufklärung transportiert.” In seiner neuen “DWDL”-Kolumne beschäftigt sich Peer Schader mit “Comedy, die jenseits ihres Unterhaltungsanspruchs fest an die eigene Wirkung glaubt”.

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4. Das Biotop in der Potse
(tagesspiegel.de, Rüdiger Schaper)
Das Berliner Stadtmagazin “tip” feiert dieses Jahr seinen 50. Geburtstag. Rüdiger Schaper war dort in den 1980er- und 1990er-Jahren Redakteur und freier Autor und erinnert sich zurück: “Berüchtigt waren die Produktionswochenenden. Der Umfang des Hefts lag bei 280 Seiten, und die Druckvorlagen mussten sonntags über die Transitautobahn auf den Weg nach Westdeutschland gebracht werden, wie das in jenen Jahren hieß. Layout und Alkohol, Schlussredaktion und Bier waren Synonyme. Das war im Tageszeitungsbetrieb damals nicht anders. Es wurde getrunken, geraucht und früh gestorben. Der Alkoholismus hat in der ‘Tip’-Belegschaft seine Opfer gefordert.”

5. Sollte Herkunft in TV und Radio hörbarer sein?
(deutschlandfunk.de, Pia Behme, Audio: 33:36 Minuten)
Muss es immer Hochdeutsch sein? Oder darf regionale Herkunft in TV und Radio hörbar sein? Sollten Medien mehr Dialekt zulassen? Oder geht das zu Lasten der Verständlichkeit? Darüber sprechen ein Deutschlandfunk-Hörer, der Linguist Jannis Androutsopoulos, Christoph Wittelsbürger vom Deutschlandfunk-Sprecherensemble und Pia Behme aus der Dlf-Medienredaktion.

6. Die Text-zu-Quatsch-Generatoren
(spiegel.de, Jörg Breithut)
Auf Twitter begegnen einem seit einigen Tagen künstlich generierte Neun-Bild-Kacheln mit allerlei surrealen Szenen, beispielsweise Darth Vader beim Rasenmähen. Jörg Breithut ordnet den Trend und die technologische Einwicklung dahinter ein. Die KI-Modelle seien mehr als reine Spaßmaschinen. Für Laien werde es immer leichter, Foto-Fakes zu erstellen, so ein von ihm befragter Informatikprofessor.

KW 24/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

***

1. Kriegsreporter Christoph Reuter
(youtube.com, Jung & Naiv, Tilo Jung, Video: 3:23:40 Stunden)
Christoph Reuter ist seit 2011 Auslandsreporter für den “Spiegel”. Er hat in den vergangenen Jahren aus den unterschiedlichsten Krisenregionen und Kampfgebieten wie Syrien, Afghanistan und der Ukraine berichtet. Im Gespräch mit Tilo Jung geht es um Reuters Werdegang, das Kriegsreporterdasein und die Frage, warum die Erinnerung an seine halbjährige Beschäftigung mit der deutschen Innenpolitik bei Reuter immer noch Grusel auslöst.

2. “Bauerfeind + Kuttner”: Podcasts, die nur labern wollen
(ohrensessel.podigee.io, Carina & Sandro Schroeder, Audio: 1:16:53 Stunden)
In der aktuellen Ausgabe vom Podcast-Podcast “Ohrensessel” geht es um das neue Gesprächsformat von Katrin Bauerfeind und Sarah Kuttner. Dabei arbeiten Carina und Sandro Schroeder einige allgemeine Phänomene heraus, die über den konkreten besprochenen Podcast hinausgehen: Vor- und Nachteile von Promi-Podcasts, die Tücken marketinggesteuerter Zweckgemeinschaften und die Probleme, die mit selbstgesprochener Werbung in Podcasts einhergehen.
Weiterer Hörtipp: Katrin Bauerfeind und Sarah Kuttner sind aktuell auch bei “Hotel Matze” zu hören.

3. Haltungsfragen – können Journalist*innen völlig neutral sein?
(youtube.com, re:publica, Pune Djalilevand, Video: 1:04:32 Stunden)
In wieweit darf beziehungsweise muss Haltung im Journalismus eine Rolle spielen? Darüber diskutierten auf der re:publica Marieke Reimann (Zweite Chefredakteurin des SWR), Matthias Deiß (stellvertretender Leiter des ARD-Hauptstadtstudios), Daniel Drepper (“Acting head of investigations” beim Rechercheverbund von NDR, WDR und “SZ”) sowie Ann-Katrin Müller aus dem Hauptstadtbüro des “Spiegel”.

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4. Warum Follower für Social-Media-Journalismus zahlen wollen und Werbungtreibende nicht
(horizont.net, Eva-Maria Schmidt, Audio: 35:21 Minuten)
Der Fernsehjournalist Daniel Bröckerhoff ist vielen noch als eines der beiden Gesichter des ZDF-Nachrichtenmagazins “heute+” bekannt. Inzwischen moderiert er unter anderem das Nachrichtenmagazin “NDR Info 21:45”. Er betreibt aber auch erfolgreich einige Social-Media-Kanäle – und darum geht es vornehmlich in der aktuellen Folge von “Newsfluence”, dem Podcast von “Horizont”. Tipp: Am Ende des Gesprächs verrät Bröckerhoff, mit welchen Tools er tagtäglich arbeitet.

5. Was wird nun aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Frankreich?
(uebermedien.de, Holger Klein, Audio: 16:03 Minuten)
Der französische Präsident Emmanuel Macron will die Rundfunkgebühr abschaffen, die jährlich immerhin etwa drei Milliarden Euro in die Kassen der öffentlich-rechtlichen TV- und Radiosender des Landes spült. Wie ist das einzuordnen? Was hat Macron vor? Und wie unterscheidet sich das französische vom deutschen Rundfunkmodell? Darüber spricht Holger Klein im mit dem Publizisten und Frankreich-Kenner Nils Minkmar.

6. Böhmannsland – in voller Länge
(zdf.de, ZDF Magazin Royale, Video: 27:59 Minuten)
Über längere Zeit haben Satiriker Jan Böhmermann und dessen Team vom “ZDF Magazin Royale” kurze Videos veröffentlicht, in denen sie das Leben im “Kliemannsland” nachgestellt haben, der Wirkungsstätte des Influencers Fynn Kliemann. Zum Abschied gibt es das “Böhmannsland” in einem Zusammenschnitt in voller Länge.

“Unerträgliche Tyrannei”, Neue Kriegs-Rhetorik, Kulturgut Kölsch?

1. Rügen für die Kollegen
(sueddeutsche.de)
Der Deutsche Presserat hat wegen Verstößen gegen ethische Standards im Journalismus sieben Rügen ausgesprochen. Dabei geht es unter anderem um eine Suizidberichterstattung (“Tagesspiegel”), die Verletzung des Opferschutzes (“Bild”) und fehlerhafte Gesundheitstipps (“Hörzu” und “Gong”).

2. Verfassungsgericht stärkt Pressefreiheit
(reporter-ohne-grenzen.de)
Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass sich Journalistinnen und Journalisten nicht strafbar machen, wenn sie geleakte Daten entgegennehmen. Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, freut sich: “Die Ausführungen der Kammer haben Signalwirkung und stellen klar, dass der Datenhehlerei-Paragraf nicht so ausgelegt werden darf, dass dadurch wichtige Teile der Arbeit investigativer Journalistinnen und Reporter sowie ihrer Informantinnen und Helfer kriminalisiert werden.”

3. Hoppla, die “Bild” ist zu links
(tagesspiegel.de, Joachim Huber)
Die Journalistin Judith Sevinç Basad hat nach eigenen Angaben bei “Bild” gekündigt und ihre Beweggründe in einem wütenden, offenen Brief geschildert. Der Axel-Springer-Konzern sei ihrer Ansicht nach “vor der unerträglichen Tyrannei der woken Aktivisten eingeknickt”. “Bild”-Chefredakteur Johannes Boie gibt ihr auf Twitter höhnisch Recht: “Stimmt, Judith, wir sind jetzt links!”

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4. Neue Kriegs-Rhetorik der Medien: Lob der Kriegsmüden
(freitag.de, Hans Huett)
Beim “Freitag” kritisiert Hans Huett die Kriegsrhetorik mancher Medienleute: “Der Mut an den Fronten aber unterscheidet sich von dem Fern-Mut des Kommentators. Er schlüpft rhetorisch in die Robe des Richters, befehligt aber kein Standgericht und verfügt über kein Fallbeil, auch kein Erschießungskommando, tut aber mit seinen Worten so, als sei das der Fall. Hoppla!”

5. Fehler in der tagesschau am 13. Juni 2022
(blog.tagesschau.de, Marcus Bornheim)
Am 13. Juni ist der 20-Uhr-“Tagesschau” in ihrer Berichterstattung über den Ukraine-Krieg ein Fehler unterlaufen. Dort wurde von einem russischen Angriff auf einen Markt in Donezk gesprochen, obwohl es sich um einen ukrainischen Artillerie-Angriff auf die von pro-russischen Separatisten besetzte Region gehandelt habe. Im Blog der “Tagesschau” äußerst sich ARD-aktuell-Chefredakteur Marcus Bornheim: “Uns ist der Fehler in der Abnahme des Beitrags nicht aufgefallen, das ärgert uns sehr und wir bedauern das, denn es entspricht nicht der sonst gebotenen journalistischen Sorgfalt in unsere Berichterstattung.”

6. Ein glorifiziertes Kulturgut
(deutschlandfunk.de, Pia Behme & Antje Allroggen, Audio: 6:17 Minuten)
Das Kölner Boulevard-Anzeigenblatt “Express – die Woche” lobt in einem aktuellen Artikel die angeblich gesundheitsfördernden Wirkungen des Kölsch-Konsums. Für den Deutschlandfunk ein Anlass, sich anzuschauen, wie über Alkohol in Medien berichtet wird. Laut Suchttherapeutin Stefanie Bötsch handele es sich bei Alkohol um ein glorifiziertes Kulturgut: “Die Schattenseiten werden in Serien und Filmen selten dargestellt.”

Nachrichtenmüde?, Unprofessioneller Interviewabbruch, Suchtmittel Tiktok

1. Müde von der Kriegsberichterstattung
(deutschlandfunk.de, Pia Behme)
Sascha Hölig vom Hans-Bredow-Institut für Medienforschung ist mitverantwortlich für den “Digital News Report 2022”, der den Deutschen ein tendenziell rückläufiges Nachrichteninteresse attestiert. Im Deutschlandfunk äußert sich Hölig zu den Gründen dieser Entwicklung: “Wir sehen schon seit mehreren Jahren, dass das starke Interesse an Nachrichten geringfügig abnimmt. Tendenziell sehen wir, dass Menschen eine gewisse Erschöpfung verspüren. Durch die Menge an Nachrichten und auch, weil sie in der Regel durchaus zu schlechter Laune führen.”

2. “Kroos war unprofessionell”
(journalist.de, Michael Schaffrath)
Der Kommunikationswissenschaftler Michael Schaffrath hat kein Verständnis für das Verhalten des Fußballers Toni Kroos, der sich im Anschluss an das Champions-League-Finale über die “Scheißfragen” des ZDF-Reportes Nils Kaben aufregte: “Aus dem kausalen Zusammenhang zwischen eigenem Salär und TV-Übertragungen lässt sich durchaus ableiten, dass es zum Jobprofil eines Profis gehören sollte, Live-Interviews zu geben und dabei kritische Fragen on air auszuhalten. Im Sinne der eigenen Vermarktung, aber auch mit Blick auf das Image des arbeitgebenden Vereins müsste der Interview-Abbruch von Kroos als Affront eingestuft werden – und nicht die journalistisch gebotenen Fragen von Kaben.”

3. TikTok: Mit diesen Tricks raubt die App unsere Zeit
(youtube.com, Zapp Medienmagazin – Daniel Frevel, Video: 11:17 Minuten)
Einem Bericht der Analysefirma data.ai zufolge sollen deutsche User und Userinnen mehr als 45 Minuten am Tag bei TikTok verbringen – und damit mehr Zeit als auf jeder anderen Social App. Das Medienmagazin “Zapp” hat Fragen: Woher kommt die Faszination für TikTok? Was passiert im Gehirn, wenn wir zum nächsten Video weiterswipen? Und mit welchen Tricks arbeitet das Unternehmen?

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4. Appell an Außenministerin Baerbock zur Freilassung von Julian Assange
(whistleblower-net.de)
Das “Whistleblower-Netzwerk” bittet Außenministerin Annalena Baerbock in einem offenen Brief, sich für die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange einzusetzen: “Tragen Sie dazu bei, dass Meinungs- und Informationsfreiheit weder in seinem Fall noch bei dem anstehenden Gesetzesvorhaben auf der Strecke bleiben und Transparenz als Grundkonstante unserer Demokratie gestärkt wird.”

5. Ermittlungen gegen Influencer Kliemann
(tagesschau.de)
Wie die “Tagesschau” berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Stade Ermittlungen gegen den Influencer Fynn Kliemann aufgenommen. Hintergrund sind Enthüllungen des Satirikers Jan Böhmermann über fragwürdige Maskengeschäfte.

6. Es geht voran!
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
Bei Sky heißt es plötzlich “Wow”, bei Facebook “Meta” und die “Abendschau” des rbb wird zur “RBB24 Abendschau”. Markus Ehrenberg hat sich angeschaut, wie Medienmarken in letzter Zeit versuchen, mit neuen Namen ein neues Image aufzubauen.

Fellners “Datenschutzbedenken”, Kein Tiefpunkt, Politischer Maulheld

1. Belästigung bei Fellner: Gericht segnet heimliche Aufnahmen ab
(kurier.at, Nina Oberbucher)
Dem österreichischen Medienunternehmer Wolfgang Fellner (“oe24”) wurde von einer ehemaligen Mitarbeiterin sexuelle Belästigung vorgeworfen. Fellner stritt dies ab. Ungünstig für ihn, dass die Mitarbeiterin vor Gericht als Beweis heimlich angefertigte Tonaufnahmen vorlegen konnte. Daraufhin ging Fellner gegen sie zivilrechtlich vor – auch wegen “Datenschutzbedenken”. Dies wurde nun vom Gericht abgeschmettert. Auf Twitter bezeichnet Opferanwalt Michael Rami das Urteil als “juristischen Meilenstein”. Es lohnt sich, den ganzen Twitter-Thread zu lesen, denn Rami erklärt und ordnet dort den Fall nicht nur aus seiner Sicht ein, sondern deutet auch an, dass es keineswegs der einzige Belästigungsfall bei Fellner gewesen sein könnte.
Weiterer Lesetipp: Fellners Medienkonzern “oe24” hat sich anscheinend ohne Rücksprache und Vergütung bei Videomaterial des Journalisten Michael Bonvalet bedient und dabei sogar das eingebettete Wasserzeichen überblendet. Dagegen geht Bonvalet nun gerichtlich vor, wie er bei Twitter schreibt: “Irgendwer musste Ö24 also mal auf die Finger klopfen und dafür sorgen, dass sie nicht weiter Bilder und Videos klauen.”

2. Das ist der “Journalismus” in Wissenschaftsjournalismus
(wissenschaftskommunikation.de, Marcus Anhäuser)
Die Corona-Wissenschaftler Hendrik Streeck und Jonas Schmidt-Chanasit ärgerten sich kürzlich öffentlich über die Berichterstattung der “Süddeutschen Zeitung”. Dort hatte die Wissenschaftsjournalistin und langjährige “SZ”-Redakteurin Christina Berndt die Arbeit des Corona-Sachverständigenausschusses kritisiert (nur mit Abo lesbar) und dazu den Entwurf eines Arbeitsberichts herangezogen. Marcus Anhäuser kommentiert: “Wissenschaftsjournalismus ist nicht der verlängerte Kommunikationsarm von Wissenschaft und Forschung. Auch wenn das viele in Wissenschaft und Forschung immer noch nicht wirklich begriffen haben. Der Artikel in der SZ ist kein ‘Tiefpunkt’ der Wissenschaftskommunikation, sondern ein Beispiel für ureigenstes Handwerk im Wissenschaftsjournalismus.”

3. Wie Roger Köppel eine wichtige EU-Abstimmung vergeigt
(tagesanzeiger.ch)
Roger Köppel ist nicht nur Chefredakteur und Verleger des rechtskonservativen und wirtschaftsliberalen Schweizer Wochenmagazins “Die Weltwoche”, sondern auch Mitglied im Schweizer Nationalrat. Eine Tätigkeit, die er gelegentlich vernachlässige, wie Markus Häflinger in seiner “Glosse über einen politischen Maulhelden” schreibt: “Statt im Nationalrat eine Milliardenzahlung an Brüssel zu verhindern, verbringt der SVP-Nationalrat seine Zeit lieber in Dresden.”

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4. Interest in news is down in the vast majority of countries
(twitter.com, Reuters Institute, englisch)
Das Interesse an Nachrichten sei in der überwiegenden Mehrheit der untersuchten Länder gesunken, berichtet das Reuters Institute for the Study of Journalism und zeigt dazu bei Twitter erschreckende Zahlen. Die Lage in Deutschland wird dort mit einem Rückgang von 74 auf 57 Prozentpunkte in den vergangenen sieben Jahren noch als “eher stabil” bezeichnet. Der Twitter-Thread des Reuters Institute ist eine Zusammenfassung des deutlich ausführlicheren “Digital News Report 2022” (ebenfalls auf Englisch).

5. Wie weit sind wir mit DAB+?
(tagesspiegel.de, Markus Ehrenberg)
“Über 300 Radioprogramme sind über DAB+ verfügbar. Gut 100 davon werden nur digital ausgestrahlt. Warum der Umstieg von UKW zu DAB immer wichtiger wird” – Markus Ehrenberg beschreibt den aktuellen Stand der Hörfunk-Digitalisierung und prognostiziert, wie es weitergehen könnte.

6. Für Bücherfans, direkt ins Postfach
(deutschlandfunkkultur.de, Stefan Mesch, Audio: 9:58 Minuten)
Wer sich für Literatur interessiert, kann mittlerweile auf eine Vielzahl interessanter Newsletter zurückgreifen. Der Journalist Stefan Mesch hat sich durchs Angebot gelesen und gibt Empfehlungen, welche Newsletter sich lohnen.

Chatkontrolle, Bewegung bei Bewegtbild, Harald Schmidt

1. Behörden entdecken zwei Leichen
(spiegel.de)
Seit über einer Woche werden der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenen–Experten Bruno Pereira vermisst. Die beiden Männer sind zuvor für eine Recherche über Gewalt gegen Indigene ins brasilianische Amazonasgebiet aufgebrochen. Nun haben die brasiliansichen Behörden zwei Leichen entdeckt. Dass es sich dabei um Phillips und Pereira handelt, wurde bislang nicht von der Polizei bestätigt.

2. Warum die Chatkontrolle verhindert werden muss
(youtube.com, re:publica, Elina Eickstädt & Viktor Schlüter, Video: 8:00 Minuten)
“Die EU-Kommission möchte alle Kommunikation auf der Suche nach möglichen Mißbrauchsdarstellungen von Kindern durchleuchten lassen. Das kann das Ende der vertraulichen Kommunikation in ganz Europa bedeuten. Damit das nicht passiert, müssen wir uns verbünden.” Elina Eickstädt und Viktor Schlüter erklären in ihrem Vortrag bei der re:publica verständlich und nachvollziehbar, warum die von der EU-Kommission geplante Chatkontrolle nicht zielführend, sondern gefährlich ist.

3. Neue Jagd auf Journalisten
(djv.de, Hendrik Zörner)
Der Deutsche Journalisten-Verband zeigt sich besorgt über neue Drangsalierungen kritischer Journalistinnen und Journalisten durch die türkische Regierung und fordert die sofortige Freilassung der zahlreichen inhaftierten Medienschaffenden: “Die Bundesregierung muss dem türkischen Präsidenten klar machen, dass die Jagd auf Journalisten kein Kavaliersdelikt ist.”

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4. Viel Bewegung im Bewegtbild-Markt
(blog.medientage.de, Petra Schwegler)
Bei den Streaming-Anbietern hat das große Umsortieren begonnen. Petra Schwegler hat sich den Markt genauer angeschaut und stellt eine neue Phase des Wettbewerbs fest: “Die großen Marken passen unter Wettbewerbsdruck ihre Plattformen und Angebote an, die Werbefinanzierung wird angeschoben und die Handelnden im Segment werden positioniert.”

5. Sommer-Reihe: “Maus”-Schwerpunkt zum Klimaschutz
(dwdl.de, Alexander Krei)
Was im Erwachsenen-Programm der Öffentlich-Rechtlichen nach Ansicht vieler Kritiker zu kurz kommt, übernimmt nun eine Maus: die Klimaschutz-Berichterstattung. Ab dem 24. Juli soll es im Rahmen der “Sendung mit der Maus” einen wöchentlichen Klima-Schwerpunkt geben. Die Sendungen werden im Ersten und im Kika zu sehen sein.

6. Harald Schmidt: Wenn ich in Berlin zu tun habe, übernachte ich in Hannover
(berliner-zeitung.de, Max Florian Kühlem)
Max Florian Kühlem hat sich mit dem ehemaligen Late-Night-Talker Harald Schmidt in Köln ins Café gesetzt und mit ihm über Berlin, Sahra Wagenknecht und das “Robert-Habeck-Modul” gesprochen. Dabei geht es auch um Schmidts Sicht auf die Medien und seine medialen Provokationen.

#MeToo-Recherchen, Comeback der Showtreppe, “Fernsehgarten”

1. Juliane Löffler: #MeToo Recherchen
(youtube.com, Juliane Löffler, Video: 26:29 Minuten)
Investigativjournalistin Juliane Löffler hat viel zum Themenkomplex #MeToo recherchiert. Im Zuge dieser Recherchen seien ihr verschiedene, stets neu auftretende Hürden und Probleme aufgefallen. In acht Punkten fasst Löffler zusammen, warum es auch im Jahr 2022 schwierig sei, öffentlich über #MeToo zu sprechen und zu berichten. Äußerst sehenswert und lehrreich!

2. “Für mich fühlt sich das nicht verrückt an”
(andreaslesch.substack.com)
“Fast sein ganzes Berufsleben lang hat Marko Schumacher als Sportredakteur für die Stuttgarter Zeitung gearbeitet. Er berichtete vor allem über die Fußball-Nationalmannschaft und den VfB Stuttgart. Er war ein erstklassiger Schreiber – und ein sehr sympathischer Kollege. Wir haben einige Welt- und Europameisterschaften zusammen als Reporter erlebt. Und jetzt? Ist er 50, hat seinen Job gekündigt und macht mit seiner Frau Elke ein Café auf.” Andreas Lesch mit einem lesenswerten Gespräch über einen Abschied aus dem Mediengeschäft samt beruflichem Neuanfang.

3. Kriegsberichterstattung: “Der Diskurs ist derzeit total verengt”
(freitag.de, Philipp Fess)
Medienpädagogin Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung kritisiert den Umstand, dass sich manche Redaktionen, Journalistinnen und Journalisten oder Medienverbände zu Kriegszeiten auf eine Seite schlagen: “Ich bin erschüttert, wenn sich Journalistenverbände mit gelb-blauen Fahnen schmücken. Nicht, weil Solidarität mit denen, die in der Ukraine leiden, nicht angebracht ist – ich selbst habe gleich nach Kriegsbeginn angeboten, Menschen bei mir aufzunehmen. Aber Journalisten sind keine NGOs, sondern Leute, die alles ausleuchten müssen, ohne voreingenommen zu sein.”

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4. Unterstützung für Exilmedien
(verdi.de)
“Die Zeit”, “Zeit Online” und die Handelsblatt Media Group wollen die unabhängigen russischen Exilmedien “Meduza” und “7×7” sowie zusammen mit dem “Tagesspiegel” das ukrainische Medienhaus NV unterstützen. Weitere Informationen dazu in der Pressemitteilung der “Zeit”-Verlagsgruppe.

5. Showeinlage beim “Fernsehgarten” verärgert Zuschauer
(t-online.de)
Die ZDF-Sendung “Fernsehgarten” steht wegen unnötiger Umwelt- und Klimabelastungen in der Kritik. Zunächst monierten Zuschauerinnen und Zuschauer, dass Moderatorin Andrea Kiewel zu jeder Sendung von Tel Aviv nach Mainz und anschließend wieder zurück geflogen werde. Nun habe man während der Sendung als Showeinlage fünf Flugzeuge Botschaften in den Himmel schreiben lassen.

6. Comeback der Showtreppe: Das schönste Möbel der TV-Unterhaltung
(dwdl.de, Peer Schader)
Peer Schader freut sich über die Rückkehr eines Fernsehstudio-Klassikers: “Jetzt feiert die Showtreppe endlich ein Comeback in deutschen TV-Studios! Und das wird ja wohl auch allerhöchste Zeit. Weil kein anderes Möbelstück so sehr vom Glamour der Bewegtbildunterhaltung kündet wie sie.”

KW 23/22: Hör- und Gucktipps zum Wochenende

Hurra, endlich Wochenende – und damit mehr Zeit zum Hören und Sehen! In unserer Samstagsausgabe präsentieren wir Euch eine Auswahl empfehlenswerter Filme und Podcasts mit Medienbezug. Viel Spaß bei Erkenntnisgewinn und Unterhaltung!

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1. Klimakrise: Das lange Warten auf den Journalismus
(youtube.com, re:publica, Wolfgang Blau, Video: 24:12 Minuten)
Wolfgang Blau ist Mitgründer des neuen “Oxford Climate Journalism Network” und setzt sich dafür ein, dass Medien ihre Berichterstattung zur Klimakrise verbessern. In seinem Vortrag auf der re:publica erklärt der frühere “Zeit-Online”-Chefredakteur anhand praktischer Vorschläge und Beispiele, was Redaktionen und Medienschaffende dafür konkret tun können.

2. Medienmachende als Marke
(youtube.com, re:publica, Richard Gutjahr, Video: 45:59 Minuten)
Und noch ein Beitrag von der re:publica: Richard Gutjahr hat sich dort mit drei Personen aus der Medienbranche unterhalten, die es geschafft haben, sich als Marke zu etablieren: Eva Schulz, Tilo Jung und Iris Gavric. Wie sind die drei so erfolgreich geworden? Und sind sie selbst die Marke oder deren Formate?

3. Linus Neumann – Chatkontrolle oder digitale Notwehr?
(ardaudiothek.de, Jagoda Marinić, Audio: 1:49:15 Stunden)
Bei “Freiheit Deluxe”, einem Podcast des Hessischen Rundfunks und des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, begrüßt Jagoda Marinić den Digital- und Netzpolitik-Experten Linus Neumann vom Chaos Computer Club. In dem Gespräch geht es unter anderem um Nerds und Hacker, die umstrittenen Pläne zur Chatkontrolle, die Vorzüge des dezentralen Netzwerks Mastodon und die Frage, wie die Internetplattformen unsere Freiheit unterlaufen.

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4. Strategiespirale mit Jan Schulte-Kellinghaus
(dennishorn.de, Audio: 47:05 Minuten)
Nach Stationen beim ZDF und NDR ist Jan Schulte-Kellinghaus nun als Programmdirektor des rbb tätig. Dennis Horn spricht mit ihm über “Boomer und Digitalkompetenz, alte und neue Erfolgskriterien und die Herausforderung, Dinge wegzulassen”. Den Medienwandel erlebt Schulte-Kellinghaus unmittelbar in der eigenen Familie: “Was mich am meisten beeinflusst hat, ist das Mediennutzungsverhalten meiner Tochter. Die ist 19 Jahre alt, und die guckt keine Filme mehr mit uns, die guckt auch kein Fernsehen mehr. Die hört auch kein Radio, obwohl wir sehr viel dafür getan haben, dass sie es tut.”

5. Das False-Balance-Dilemma
(youtube.com, Medientage Mitteldeutschland, Video: 59:50 Minuten)
Was können Redaktionen, Journalistinnen und Journalisten tun, um das Problem der False Balance zu überwinden und gleichzeitig ihrem journalistischen Handwerk gerecht zu werden? Wo liegt die Grenze zwischen Fakten und Meinung? Darüber diskutieren Jochen Bittner (Co-Leiter des Ressorts Streit bei der “Zeit”), Klaus Brinkbäumer (MDR-Programmdirektor), Kirsten von Hutten (Sprecherin des Deutschen Presserats) und Maren Urner (Professorin für Medienpsychologie an der HMKW Köln).

6. Schottergärten im Visier: Wenn Kies und Co. die Natur verdrängen
(youtube.com, Der Spiegel – Nicola Goethe & Miriam Carbe, Video: 31:37 Minuten)
Bei Facebook und Instagram, nun ja, erfreuen sich jeweils mehr als 100.000 Fans an den “Gärten des Grauens”. Damit sind Schottergärten von besonderer Trost- und Grünlosigkeit gemeint. Das Satire-Projekt hat einen ernsten Hintergrund, wie in dem Film von “Spiegel TV” schnell klar wird.

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BILDblog-Klassiker

Der Tod und die Titten

Carolin W. ist gestorben. Big-Brother-Fans und “Bild”-Leser kannten die 23-jährige Amateur-Pornodarstellerin wohl eher unter ihrem Künstlernamen “Sexy Cora”. Es ist nicht wichtig, ob sie letztendlich nach der fünften (“Mopo”) oder sechsten (“Bild”) Brust-OP gestorben ist, aber ein Blick auf den Umgang der Boulevardmedien mit operierten Frauen könnte sich lohnen:

2009 berichtete Bild.de erstmals über die wahlweise als “Porno Cora”, “Sexy Cora” oder einfach nur “Cora (Oberweite 70F, Maße 96-59-89)” betitelte Hamburgerin, weil sie an einem Tag gleich drei Mal in eine Polizeikontrolle geraten war.

Das nächste Mal rückte Cora in den Mittelpunkt, als sie im Januar 2010 in den “Big Brother”-Container zog. Die Sabberproduktion in der Redaktion, die jede Nacktduschszene bis ins kleinste Detail journalistisch begleitete, dürfte auf einem Allzeithoch gestanden haben. Es folgen einige Auszüge aus der Berichterstattung bei Bild.de:

14.1.2010:

Erotikdarstellerin sexy Cora (22) wird zum menschlichen Busenhalter! (…) Auf ihre Kurven scheint sie mächtig stolz (…)

28.1.2010:

Passt, wackelt und hat wenig Luft: Sexy Cora freut sich über ihre Busenbommel

29.1.2010:

Sexy Cora (22) duscht gleich mit drei Männern und strippt danach (…) als hätte noch niemand ihre Körbchengröße 75F ohne BH gesehen!

9.3.2010:

Sexy Cora (20) hat am Dienstag um 17.02 Uhr das “Big Brother”-Haus verlassen. NACKT-DUSCHEN, KURVEN GUCKEN, KUSCHELN – AUS UND VORBEI!

Die Frage, für wen sich Frauen wie “Sexy Cora” eigentlich immer wieder unters Messer legen, scheint Bild.de nicht ernsthaft zu beschäftigen. Dabei ist es nicht auszuschließen, dass die positiven und sicher auch karrierefördernden Reaktionen der Boulevardmedien eine Rolle gespielt haben, als Cora sich zu einem weiteren Eingriff entschloss — übrigens obwohl ihr der Leiter der Klinik, in der die vorherigen Eingriffe durchgeführt wurden, im Vorfeld davon abgeraten hatte (“es war anatomisch einfach das Maximum erreicht”). Wie wenig sich etwa “Bild” und Bild.de um Ursache und Wirkung scheren, zeigt sich dann auch darin, dass die Berichte vom Koma über die Feststellung von Hirnschäden bis hin zum Tod konsequent weiter mit Tittenbildern und anderem Unfug garniert sind — als gäbe es nichts Geileres, als sich auf eine Komabraut mit Hirnschäden einen von der Palme zu wedeln:

13.1.2011:

‘Sexy

Bonusmaterial: Videos Sexy Cora auf Malle – BB-Blondine zieht am Ballermann blank, Nie mehr Big Brother! – Sexy Cora freut sich über ihre Freiheit (Nacktfußball), Ratgeber Bauch, Busen, Nase -Welche Beauty-OPs zahlt die Kasse?, Bild erklärt – Alles über die Brustvergrößerung, Das wussten Sie nicht! – 33 Pralle Fakten über Brüste

13.1.2011:

Jetzt spricht der Busen-Arzt von sexy Cora!

Bonusmaterial: Wie bei vorherigem Artikel + 14-teilige Titten-Klickstrecke “Big Brother machte sie bekannt – Sexy Cora in Bildern”

14.1.2011:

Staatsanwalt ermittelt gegen Busen-Arzt von sexy Cora

Bonusmaterial: Wie bei vorherigem Artikel, statt 14-teiliger Titten-Klickstrecke 16-teilige Titten-Klickstrecke “Big Brother machte sie bekannt – Sexy Cora in Bildern”

16.1.2011:

Wird sexy Cora heute aus dem Koma geholt?

Bonusmaterial: 66-teilige Titten-Klickstrecke “Big Brother machte sie bekannt – Sexy Cora in Bildern”

18.1.2011:

Coras Hirn nach Busen-OP für immer geschädigt

Bonusmaterial: 66-teilige Titten-Klickstrecke “Big Brother machte sie bekannt – Sexy Cora in Bildern”, Ratgeber Bauch, Busen, Nase -Welche Beauty-OPs zahlt die Kasse?, Bild erklärt – Alles über die Brustvergrößerung, Das wussten Sie nicht! – 33 Pralle Fakten über Brüste

20.1.2011:

"Big Brother"-Star Cora tot: Kurz vor der OP flüsterte sie ihrem Mann ins Ohr: "Ich will ein Kind von dir"

Bonusmaterial: Trauervideo, in dem “Sexy Cora” unter anderem nackt beim Fußballspielen gezeigt wird, 4-teilige Titten-Klickstrecke “”Big Brother”-Star Cora in Bildern”, Ratgeber Bauch, Busen, Nase -Welche Beauty-OPs zahlt die Kasse?, Bild erklärt – Alles über die Brustvergrößerung, Das wussten Sie nicht! – 33 Pralle Fakten über Brüste. Dazu besteht natürlich jederzeit die Möglichkeit, den Hinterbliebenen in den Kommentaren sein Beileid auszudrücken.

Um in “Bild” mit Würde zu sterben, muss man wohl der Hund von Kolumnist Norbert Körzdörfer sein:

Bild-Hund Ruby liegt im Sterben

PS: Coras Alter schwankt bei “Bild” schon immer um zwei Jahre hin und her. Glaubt man ihrem Wikipedia-Eintrag, so war “Sexy Cora” zum Zeitpunkt ihres Todes 23 Jahre alt.

Mit Dank an die zahlreichen Hinweisgeber!

Bild  

Wer stoppt diesen Irrsinn?

Die Geschichte kennt mittlerweile jeder Opa: Als sie via Facebook zu ihrer Geburtstagsfeier einladen wollte, legte die damals 15-jährige Thessa aus Hamburg versehentlich eine “öffentliche Veranstaltung” an — und mehr als 14.000 Leute sagten zu. Obwohl ich Facebook recht intensiv nutze, hätte ich von der Einladung womöglich nie etwas mitbekommen, bis die Medien anfingen, darüber zu berichten. Und diese Berichte wiederum Verbreitung bei Facebook fanden.

Letztlich kamen rund 1.600 Besucher nach Hamburg-Bramfeld, wo ein privater Sicherheitsdienst, rund 100 Polizisten inklusive Reiterstaffel und etliche Kamerateams auf sie warteten. Es kam zu Sachbeschädigungen, elf Personen mussten in Polizeigewahrsam. Der Pressesprecher der Hamburger Polizei sagte dem NDR-Medienmagazin “Zapp”, die Polizei gehe davon aus, dass die intensive Medienberichterstattung “das Ganze etwas angeheizt” habe.

Seit diesem Vorfall zirkulieren angeblich vermehrt (absichtliche) Einladungen zu unangemeldeten Großveranstaltungen in sozialen Netzwerken — und die Medien, die nichts aus ihrer Handlangerschaft gelernt haben, trommeln fröhlich weiter dafür.

Das hässliche Gesicht von Facebook. Wer stoppt diesen Irrsinn?

So berichtete “Bild” in NRW gestern über den “Irrsinn”, der sich in Wuppertal ereignet hatte, als am vergangenen Freitag rund 800 Menschen zu einer per Facebook angekündigten Flashmobparty im Stadtteil Ronsdorf aufliefen. Direkt nach der Bilanz der Polizei (“41 Festnahmen, 16 Verletzte”), schreibt “Bild” bedeutungsschwer:

Und die nächste Party ist im Internet schon ausgerufen.

Und nicht nur im Internet, denn “Bild” nennt das genaue Datum, die genaue Uhrzeit und den genauen Ort für die geplante Party, sowie sicherheitshalber auch noch den Titel, unter dem man die Veranstaltung bei Facebook finden kann. Statt der 900 User, von denen “Bild” gestern schrieb, haben derzeit schon mehr als 1.600 ihr Kommen angekündigt.

Eine Sprecherin der Stadt Wuppertal bezeichnete die mediale Berichterstattung im Vorfeld als “kontraproduktiv”. Die Medien, zu denen nicht nur “Bild”, sondern auch Radio- und Fernsehstationen gehörten, würden “indirekt extreme Werbung” für die Veranstaltung machen, eine “zurückhaltendere Berichterstattung wäre wünschenswert”.

Doch auch heute berichtet “Bild” in der NRW-Ausgabe über die “Facebook-Party-Randale” in Wuppertal und zeigt dabei einen Screenshot von der Veranstaltungsseite auf Facebook, damit auch der dümmste User sichergehen kann, dass er nicht bei der falschen geplanten (inzwischen von der Stadt untersagten) Party zusagt.

Und wer nicht den weiten Weg nach Wuppertal auf sich nehmen will, für den hat “Bild” noch andere … äh: Veranstaltungstipps. Für zwei weitere geplante Flashmobs (von denen einer tendenziell eher harmlos ist) in Gelsenkirchen und Marl nennt die Zeitung die Termine und die genauen Veranstaltungsorte.

Verstörung, Ernüchterung, Aufheiterung

1. Die schrecklich-nette Homophobie der „Zeit“
(nollendorfblog.de, Johannes Kram)
In der “Zeit” konnte man letzte Woche einen auch im Kontext verstörenden Satz lesen: “Homophobie ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die enormen Emanzipationsgewinne der Schwulen und Lesben.” Nollendorfblogger Johannes Kram ordnet das Geschriebene ein (“Dieser Satz ist ein Hammer.”) und führt aus, warum ihm die seit Jahren weiterschreitende Martensteinisierung der “Zeit” nicht gefällt.

2. Ernüchterung bei lokalen Online-Zeitungen
(ndr.de, Charlotte Horn)
In den letzten Jahren haben freie Journalisten und Blogger eigene Stadtteilzeitschriften und Regionalmagazine fürs Netz entwickelt. Viel Geld, Zeit und Liebe wurde verwendet, doch nun macht sich Ernüchterung breit: Der Zuspruch ist groß, aber es fehlt schlicht an Einnahmen.

3. Frankfurter Allgemeine bringt das Premiummagazin „Frankfurter Allgemeine Quarterly“ an den Kiosk
(verlag.faz.net)
Die “FAZ” kündigt in einer Pressemitteilung ein neues Magazin an, das den “analytischen Scharfsinn und den intellektuellen Anspruch der F.A.Z. mit Opulenz, Sinnlichkeit und Eleganz verbindet”. Das Magazin “richtet sich an kluge, vielseitig interessierte und einkommensstarke Leserinnen und Leser, die auf hohem Niveau informiert und unterhalten werden möchten.” Nun ja, zumindest “einkommensstark” kann man bislang bestätigen: Das Heft soll 12 Euro kosten.

4. Von mächtigen Politikern und Vaterlandsverrätern: Pressefreiheit in Nordeuropa
(de.ejo-online.eu, Clemens Bomsdorf)
Island belegt auf dem Demokratieindex der Zeitschrift “The Economist” den dritten Platz. Seit einiger Zeit nimmt die Politik aber immer mehr Einfluss auf die Medien, berichtet Clemens Bomsdorf. Aktuellstes Beispiel sei der Vorstoß des Premiers Gunnlaugsson, die Ausstrahlung eines Interviews, in der er auf seine Panama-Konten angesprochen wurde, zu verhindern. Doch der Vorstoß missglückte und das Interview hätte Gunnlaugsson letztlich zum Rücktritt gezwungen. Am 25. Juni werde in Island nun ein neuer Präsident gewählt. Der Artikel berichtet, wie es derzeit um die isländische Medienlandschaft bestellt ist.

5. Justizminister wollen Whistleblower schützen
(journalist.de, Monika Lungmus)
Die Justizminister der Bundesländer apellierten auf ihrer Konferenz an die Bundesregierung, das Thema “Whistleblower” wie angekündigt noch in dieser Legislaturperiode aufzugreifen und entsprechende Schutzregeln einzuführen. Angesichts der gesellschaftlichen Bedeutung von frühzeitigen Hinweisen auf Missstände in Unternehmen, Behörden und Organisationen und im Hinblick auf internationale Vorgaben solle die Bundesregierung prüfen, “ob der Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern einer gesetzlichen Regelung bedarf”. Das Land Brandenburg habe darauf hingewiesen, dass es für Whistleblower wegen der derzeit fehlenden gesetzlichen Regelung keine Rechtssicherheit gäbe. Sie könnten nur im Nachhinein durch Arbeitsgerichte feststellen lassen, ob ihr Handeln rechtmäßig war.

6. Komik in der Depression
(sueddeutsche.de, Matthias Kolb)
Auf der Suche nach einem neuen Podcast? Vielleicht geben Sie dem englischsprachigen “Trumpcast” eine Chance, in dem jede Woche über die neuesten Wunderlichkeiten von Präsidentschaftsbewerber Donald Trump berichtet wird. Ohne dass es bislang zu Racheaktionen des Geschmähten gekommen sei, wie “SZ”-Autor Matthias Kolb anmerkt.

Stimmungsmache, Meinungsmache, Videomache

1. Ein Spektakel der Medien
(de.ejo-online.eu, Stephan Russ-Mohl)
An verschiedenen Stellen wurde den britischen Medien der Vorwurf gemacht, bei der Entscheidung über den Brexit Stimmung gemacht und sich zum Teil der Leave-Fraktion gemacht zu haben. Auch Journalismus-Professor Stephan Russ-Mohl findet kritische Worte über die Rolle der Medien im Vereinigten Königreich. Diese hätten ihre Macht missbraucht, Ausnahmen wie “Guardian”, “Financial Times”, “Economist” und die “BBC” hätten dem offenbar zu wenig entgegenzusetzen.

2. A!122 – Claus Klebers “Silicon Valley”
(aufwachen-podcast.de, Stefan Schulz & Tilo Jung & Jörg Wagner)
Vor einigen Tagen lief im ZDF die Claus-Kleber-Doku „Schöne neue Welt – Wie Silicon Valley unsere Zukunft bestimmt“ (Link zum Film in der ZDF-Mediathek.) Die aufwändig produzierte Dokumentation erhielt viel Lob, z.B. von der “FAZ”. Doch es gab auch Kritik. Im Aufwachen-Podcast haben Stefan Schulz (Buchautor “Redaktionsschluss”), Tilo Jung (Youtubekanal “Jung und Naiv”) und Medienmagazin-Macher Jörg Wagner zwei Stunden über den Film gestritten. Gut investierte Hörzeit, um sich eine eigene Meinung zu Film und Gesamtthematik zu bilden.

3. Investigativer Journalismus, Teil 3: Eine kritische Betrachtung
(fachjournalist.de, Ann-Kathrin Lindemann)
Im dritten Teil der Artikelserie über investigativen Journalismus werden Probleme und Grenzen des Genres behandelt. Es geht dabei um ethische Gesichtspunkte wie z.B. die Gefahr einer Instrumentalisierung durch Dritte. Im Ausblick geht es schließlich um das leidige Thema Finanzen und das Für und Wider der Finanzierungsalternative Crowdfunding.

4. „Ich bin kein Fotoroboter“
(freitag.de, Hendrik Hassel)
Christoph Bangert arbeitet als Fotograf in Krisengebieten, unter anderem für internationale Zeitungen wie die “New York Times”. Von seinen Reisen in Kriegsberichte bringt er jedes Mal Bilder zurück, die von keiner Zeitung gedruckt wurden. Vor zwei Jahren hat er einige der das Leiden und Sterben im Krieg dokumentierenden Bilder im Band “War Porn” zusammengefasst. Nun ist sein neues Buch “Hello Camel” erschienen, bei dem es vor allem um die Absurdität des Krieges geht.

5. Live, exklusiv und unterhaltend: Was wir von Happy Snapping für Snapchat lernen können
(zeitgeist.rp-online.de, Henning Bulka)
Online-Redakteur und Snapchat-Fan Philipp Steuer hat in Hamburg mit drei Mitstreitern ein Event zum Thema organisiert, das mit 200 Besuchern aus allen Nähten platzte. Inhaltlich ging es um die Frage, wie der Instant-Messaging-Dienst bei der journalistischen Arbeit eingesetzt werden kann. Der Social-Media-Redakteur bei “RP Online” Henning Bulkau hat zusammengefasst, was er aus der Veranstaltung für sich an Erkenntnissen mitgenommen hat.

6. Wie ein “Handelsblatt”-Reporter die Weltdienste narrt: Agenturen ziehen “Fake”-Bild zum Brexit zurück
(kress.de, Bülend Ürük)
Der Handelsblatt-Korrespondent Mathias Brüggmann rühmt sich auf der Webseite des “Handelsblatt” mit einer Undercover-Aktion. Er habe sich mit Union-Jack-Papphütchen, Papierfähnchen und “Vote to leave”-Sticker ausgestattet, auf die Wahlparty der rechtskonservativen Brexit-Befürworter Ukip begeben. Um möglichst dicht an die Ukip-Führung heranzukommen, wie er sagt. Brüggmann wird von großen Nachrichtenagenturen als Brexitbefürworter abfotografiert, die Fotos gehen zunächst um die Welt, werden jedoch nach Bekanntwerden des Schwindels wieder gelöscht. Bülend Ürük von “kress.de” steht der Aktion skeptisch gegenüber und fragt: “Was wollte der deutsche Journalist erreichen?”

Psychometrik-Dystopie, Political Correctness, Mario-Barth-Analyse

1. Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt
(dasmagazin.ch, Mikael Krogerus & Hannes Grassegger)
Ein Artikel, der sich wie eine Mischung aus dystopischem Roman, Krimi und Medienkritik liest und für viel Gesprächsstoff sorgt: Der Psychologe Michal Kosinski ist ein führender Experte für Psychometrik, einen datengetriebenen Nebenzweig der Psychologie. Kosinski hat eine Methode entwickelt, um Menschen anhand ihres Verhaltens auf Facebook minutiös zu analysieren. Diese Methode soll maßgeblich dazu beigetragen haben, Trumps Onlinewahlkampf und die Brexit-Kampagne zu befeuern bzw. die Entscheidung herbeizuführen. Dies ging jedoch nicht von Forscher Kosinski aus, sondern wurde für viel Geld von einer geheimnisvollen Big-Data-Firma namens “Cambridge Analytica” gesteuert.
Die Geschichte ruft an vielen Stellen allerdings Kritik hervor. Jens Scholz fragt: Hat ein Big Data Psychogramm Trump wirklich den Sieg gebracht? Dennis Horn hat eine ganz ähnliche Frage: Hat wirklich der große Big-Data-Zauber Trump zum Präsidenten gemacht? Auch Scienceblogger Lars Fischer ist (bereits 2013) skeptisch: Persönlichkeitseigenschaften mit Facebook-Likes vorhersagen? Echt jetzt? Und Mathias Richel kommentiert dazu: Nach Cambridge Analytica: Vom kleinen Big Data deutscher Parteien.

2. Wieder die Political Correctness!
(coffeeandtv.de, Lukas Heinser)
„Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!” Lukas Heinser schreibt über die sogenannte “Political Correctness”, die heutzutage angeblich an so vielem schuld sein soll. Für die zunehmende Verrohung bietet Heinser eine interessante Erklärung: “Ich vertrete schon länger die Theorie, dass Simon Cowell, Juror und Produzent bei ‘American Idol’, ‘X Factor’ und ‘Britain’s Got Talent’, und sein deutsches Pendant Dieter Bohlen einen Stein ins Rollen gebracht haben, der am Ende Donald Trump mit einem Erdrutsch (hier stimmt die Formulierung ausnahmsweise mal, wenn man darunter eine Bewegung großer Gesteinsmassen in Folge von Niederschlägen versteht, die mit sehr viel Schmutz und Dreck einhergeht) ins Weiße Haus gebracht hat: Da saßen im Fernsehen (und Trumps Popularität begann ja erst so richtig mit ‘The Apprentice’) diese weißen Männer in den besten Jahren, die Dinge sagten, die andere weiße Männer in den besten Jahren sich nicht (‘mehr’) zu sagen trauten. Roger Willemsen, Dieter Bohlen — so hat jeder seine Role Models.”

3. Eurosport muss die Distanz zum Sport wahren
(sueddeutsche.de, Holger Gertz)
Die Öffentlich-Rechtlichen haben den Kampf um die Olympia-Rechte verloren: Ab 2018 überträgt im Fernsehen, im Netz und auf den mobilen Endgeräten der private Spartensender “Eurosport”, eine Tochter des US-Broadcasters “Discovery”. Holger Gertz ist skeptisch: “Dass Sportkenner dort arbeiten, bezweifelt niemand, aber um ein komplexes Phänomen wie Olympia zu verstehen, um den Sport also ernst zu nehmen, braucht man Kenntnisse in Juristerei und Medizin, inzwischen auch in der Wirkkraft von Propaganda, und in politischen Zusammenhängen sowieso.”

4. Was Schauspieler verdienen: Viel Ehre, aber wenig Lohn
(abendblatt.de, Peter Wenig)
Eine Studie der Uni Münster mit dem Titel “Viel Ehre, aber kaum Verdienst” hat Ernüchterndes zu Tage gefördert: Zwei Drittel der Schauspieler in Deutschland verdienen weniger als 30.000 Euro im Jahr. Viele arbeiten nur wenige Monate sozialversicherungspflichtig und müssen für die Zeiten ohne Engagement auf andere Einnahmequellen oder Hartz IV zurückgreifen. Peter Wenig hat hinter die Kulissen des Schauspielerberufs geschaut und einen lesenswerten Beitrag verfasst, in dem die verschiedenen Seiten zu Wort kommen.

5. Hier lacht das Volk
(zeit.de, David Hugendick)
“Zeit”-Redakteur David Hugendick hat sich eine Show von Mario Barth angesehen und Comedian nebst Publikum analysiert. Der Beitrag lebt von vielen guten Beobachtungen: “Bei Mario Barth lacht man mit dem sogenannten gesunden Menschenverstand. Man lacht sich in die kollektive Regression: Es ist das Gelächter der Erleichterung darüber, dass Geschlechterbeziehungen vielleicht doch gar nicht so kompliziert sind, wie es Frauenbeauftragte und Universitätsprofessoren (die ja auch “sogar studiert” haben) andauernd herumerzählen. Und die Welt ist plötzlich wieder so handlich klein, dass sie sogar auf einem Hemd von Camp David Platz hätte.”

6. Schluss mit lustig: Lasst Sarah und Pietro in Ruhe
(dwdl.de, Hans Hoff)
“Lasst Sarah und Pietro in Ruhe”, sagt Hans Hoff und wendet sich mit seiner Kritik nicht nur an den Boulevard, sondern auch an TV-Witzbold Böhmermann: “Wieso ist es so lustig, immer noch Witze über Sarah und Pietro zu machen? Wieso nimmt Jan Böhmermann sie immer dann hoch, wenn ihm sonst nichts mehr einzufallen scheint? Ist das nicht genau der Jan Böhmermann, der sich kürzlich erst darüber echauffierte, dass RTL bei ‘Schwiegertochter gesucht’ Menschen zur Schau stellt und schamlos ihr Wollen ausbeutet? Wie passt das zusammen? Man kann doch nicht ernsthaft das eine verurteilen und dann in einem ähnlich gelagerten Fall Witz saugen aus der offensichtlichen Unfähigkeit von Personen, die Tragweite ihres Tuns zu überblicken. Witze über Sarah und Pietro sind nicht mehr lustig. Vor allem nicht, wenn sie gehäuft vorkommen. Sie funktionieren nur noch als billige Selbstvergewisserung der eigenen Überheblichkeit.”

200-Mio-Diebstahl, Schleichwerbungs-Cabrio, Guardian auf Sparkurs

1. Gespaltene Erlöse, seltsame Geschäfte
(sueddeutsche.de, Klaus Ott)
“ARD” und “ZDF” und weitere öffentlich-rechtliche Anstalten betreiben in München das Institut für Rundfunktechnik (IRT). Zweck der Einrichtung ist die Vermarktung von Erfindungen, Patenten und Lizenzrechten. Einem IRT-Patentanwalt ist es offenbar gelungen, bei der Vermarktung von wertvollen MPEG-Rechten über Jahre hinweg 200 Millionen Euro in die eigene Tasche zu wirtschaften. Nun beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft München I mit dem Wirtschaftskrimi.

2. Schleichwerbung bei RTL. Medienanstalt ermahnt Sender.
(fair-radio.net, Sandra Müller)
Der Radiosender “RTL 104.6” hat in einem Gewinnspiel über Wochen Schleichwerbung für einen Autohersteller gemacht. Daraufhin hat sich “fair radio” mit einer Beschwerde an die Medienanstalt Berlin-Brandenburg gewandt, welche den Sender nun ermahnt hat. Bei “fair radio” sieht man die Sache mit gemischten Gefühlen: Einerseits freut man sich über die relativ schnelle Reaktion, andererseits sei der zweite Kritikpunkt am Gewinnspiel außen vor geblieben. Man halte das missverständliche Gewinnversprechen ebenfalls für beanstandungswürdig. Und dieses sei von der Medienanstalt nicht gerügt worden.

3. 20 Prozent wegschneiden
(taz.de, Ralf Sotschek)
Bei der britischen linksliberalen Tageszeitung “Guardian” gibt es weitere Einschnitte, denn die letzten beiden Geschäftsjahre haben dem Blatt trotz Sparkurs deftige Verluste beschert. In den letzten 12 Jahren sank die Auflage von 380.000 auf 160.000. Eine Weboffensive sorgte zwar dafür, dass der Online-“Guardian” zu den drei meistgelesenen englischsprachige Zeitungen der Welt gehört. Doch die freiwilligen Beiträge der Online-Leser reichen nicht, um das Unternehmen in die Gewinnzone zu führen. Nun will man bei der Printausgabe vom „Berliner Format“ auf das kleinere „Tabloid“-Format umsteigen, um Papier und Druckkosten zu sparen.

4. Wieviel Fernsehen darf Youtube?
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Der “Tagesspiegel” hat mit Dokumentarfilmer Stephan Lamby (letzter Film: ” Nervöse Republik – Ein Jahr Deutschland”) über seine Haltung zu Youtube gesprochen: “Ich ärgere mich, wenn ein Youtube-Nutzer ohne jedes Recht und ohne Absprache in einen Film Werbung davor- und dazwischenschaltet, um Geld mit unserer Arbeit zu verdienen. Die Budgets gerade bei Fernsehproduktionen stehen nach wie vor unter Druck, die Autoren bekommen häufig ohnehin nicht das, was sie bekommen sollten. Das ist es etwas Anderes, als wenn jemand etwas auf Youtube veröffentlicht, um es nach der TV-Ausstrahlung der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Das kann in Einzelfällen eine lässliche Sünde sein, die kommerzielle Nutzung ohne Genehmigung ist es hingegen nicht.”

5. „Warum vertuscht ihr denn diesen Skandal?“
(falter.at, Florian Klenk)
Florian Klenk erklärt, warum beim “Falter” im Fall eines tödlichen Bootsunfalls nicht über den Namen eines prominenten Beschuldigten gesprochen wird: “Wir beachten den Identitätsschutz des Mediengesetzes und sehen kein öffentliches Interesse darin, den Mann, der kein öffentliches Amt mehr bekleidet, nach dem Drama auch noch an den Medienpranger zu ketten.” Mit Vertuschung habe das nichts zu tun, sondern mit Verantwortung und Persönlichkeitsschutz auch gegenüber Beschuldigten. Das unterscheide Journalismus von der “Meute im Netz”.

6. Olli Dittrich feat. Jan Böhmermann – “Life In The Streets (Journalism!)”
(youtube.com, Olli Dittrich & Jan Böhmermann)
“Die Journalisten der Welt riskieren täglich ihr Leben, arbeiten eingepfercht in Käfighaltung für einen Hungerlohn – und werden dafür auch noch verachtet. Es ist an der Zeit, dass diesem geächteten Berufsstand endlich ein musikalisches Denkmal gesetzt wird!”

Autobombe, “Amazon” und Weinstein, Amtsenthebung

1. Journalistin mit Autobombe getötet
(tagesschau.de, Jan-Christoph Kitzle)
Die Investigativ-Journalistin Daphne Caruana hat an den “Malta Files” gearbeitet und wollte nachweisen, dass EU-Konzerne mit Hilfe des Inselstaats in großem Stil Steuern hinterziehen. Nun ist sie in ihrem Auto umgebracht worden. Mit einer Bombe, die im Fahrzeug versteckt war.

2. “Spiegel”-Korrespondent Hasnain Kazim über die Entwicklung der Türkei: “Damit habe ich nicht gerechnet”
(kress.de, Frank Hauke-Steller)
“Spiegel”-Korrespondent Hasnain Kazim hat vor anderthalb Jahren auf Druck des Erdogan-Regimes seine Korrespondententätigkeit in Istanbul beendet. Nun hat er das Buch “Krisenstaat Türkei” veröffentlicht, eine Analyse, die er mit seinen ganz persönlichen Erfahrungen mischt. Im „Kress“-Interview geht es um die Entwicklungen der letzten Jahre. Kazim ist überrascht, wie rasant die Türkei sich gewandelt hat: „Ich habe mit Veränderungen gerechnet, aber nicht in dieser Dramatik. Dass Erdogan es gelingt, mit brutaler Härte Kritik dauerhaft zu unterdrücken und dass er danach trotzdem noch Wahlen gewinnt, und zwar eindeutig, damit habe ich nicht gerechnet.“

3. “Deutsches Fernsehen war schon immer Qualitätsfernsehen”
(dwdl.de, Thomas Lückerath)
Bei der „MIPCOM“-Messe in Cannes fädeln 14.000 Teilnehmer Deals über neue Filme, Fernsehserien und sonstige digitale Inhalte für alle möglichen Plattformen ein. Thomas Lückerath hat sich mit den Geschäftsführern der „Film- und Medienstiftung NRW“ und des „Medienboard Berlin-Brandenburg“ über den Stellenwert der Messe und die Attraktivität des deutschen Fernsehens unterhalten.

4. Amazon kippt Weinstein-Serie
(wuv.de, Susanne Herrmann)
Der Missbrauchsskandal um den Hollywood-Produzent Harvey Weinstein hat weitere Konsequenzen. “Amazon” stoppte ein Serienprojekt, das mit Weinsteins Firma „The Weinstein Company“ gemeinsam produziert werden sollte. Das Budget lag bei 160 Millionen Dollar. Allein die Drehbuchentwürfe kosteten 40 Millionen. Ende voriger Woche hatte “Amazon” den eigenen Studiochef Roy Price suspendiert, weil auch gegen ihn Vorwürfe wegen sexueller Belästigung erhoben worden waren. Währenddessen löste Schauspielerin Alyssa Milano eine Twitter-Welle aus. Unter dem Hashtag #MeToo forderte sie Opfer von sexuellen Belästigungen oder sexueller Gewalt, sich bei Twitter kurz zu Wort zu melden.

5. Ab jetzt nur noch neutral
(taz.de, Carolina Schwarz)
Die „New York Times“ hat ihre neuen Richtlinien für den Umgang mit Sozialen Medien veröffentlicht. Sie richten sich an alle Journalisten des Hauses und umfassen 16 Punkte. Die Journalisten werden darin zu einem unparteiischen, unvoreingenommenen und verantwortungsvollen Umgang aufgefordert. Auch private Accounts seien betroffen, denn auch private Äußerungen würden auf das Medium zurückfallen. Carolina Schwarz kritisiert das Vorgehen. Durch die Social-Media-Regeln der New York Times werde eine Objektivität vorgegaukelt, die es so gar nicht geben könne.

6. Wie Hustler-Verleger Larry Flynt Donald Trump abservieren will
(horizont.net, Marco Saal)
Larry Flynt, der Verleger des Erotik-Magazins “Hustler” hat eine ganzseitige Anzeige in der “Washington Post” geschaltet. Der Inhalt: Ein Plädoyer für die Amtsenthebung Donald Trumps und eine ganze Reihe von Argumenten für das sogenannte Impeachment-Verfahren. Überschrieben ist der Text mit einer Ausschreibung der besonderen Art: “10 Millionen Dollar für Informationen, die zur Amtsenthebung von Donald J. Trump führen”.

Eingeknickt, Briefmarken für Dummies, Endlosschleife

1. Weniger Text, mehr Bild
(taz.de, Daniel Bouhs)
ZDF und WDR haben offenbar auf die Kritik des Verleger-Chefs Mathias Döpfner reagiert und schränken den Textanteil auf ihren Startseiten ein. Daniel Bouhs wirft einen Blick auf das Thema, bei dem sich ein immer deutlicherer Riss durch die Öffentlich-Rechtlichen zeige — zwischen Textanhängern und Textvermeidern. Im Frühjahr könnte es zu einem neuerlichen Showdown kommen. Dann wollen die Ministerpräsidenten neue Spielregeln beschließen.

2. Der Facebook-Jahresrückblick 2017
(de.newsroom.fb.com)
Facebook betrachtet in seinem Jahresrückblick die “Momente des Jahres, die Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt bewegt und bei denen sie sich gegenseitig unterstützt haben”. Diese Momente zeichnen sich durch eine recht unterschiedliche inhaltliche Tiefe aus: Auf den ersten drei Plätzen rangieren der G20-Gipfel, der Tod von “Linkin Park”-Sänger Chester Bennington und das Programmupdate für “Final Fantasy XV” … Ein weiterer Teil des Jahresrückblicks: der sogenannte “Safety Check” und Spendenaktionen.

3. Wir brauchen eine Algorithmen-Ethik – Interview mit Konrad Lischka
(dirkvongehlen.de)
Konrad Lischka beschäftigt sich im Projekt “Algorithmenethik” mit den gesellschaftlichen Folgen algorithmischer Entscheidungsfindung. Im Mailinterview mit Dirk von Gehlen spricht er darüber, ob Algorithmen gut oder böse sind, woher das schlechte Image rührt und warum wir eine Ethik für Algorithmen brauchen.

4. BILD-Zeitung: Geschäft mit Briefmarken für Dummies
(spiesser-alfons.de)
“Spießer Alfons” ist über eine “Bild”-Aktion gestolpert. Das Blatt bietet seinen Lesern unter der Überschrift “Anpfiff für das Briefmarken-Wunder von Bern” 11.111 “exklusive” Briefmarkenbögen an. Die Exklusivität ist jedoch relativ, denn jeder kann sich derlei Privatdrucke von der Post herstellen lassen. Außerdem ist der Spaß nicht billig: Für den Gesamtportowert von 7,70 Euro seien 24,99 Euro für die “Bild”-Version fällig.

5. Stille Post
(sueddeutsche.de, Julian Hans)
In Russland lastet auf den traditionellen Medien ein großer Druck. Julian Hans berichtet auf Süddeutsche.de von einer alternativen, aber nicht unumstrittenen Informationsquelle: Dem Messengerdienst “Telegram”. Das Whatsapp-ähnliche Programm bietet Kanäle, über die Nachrichten, Gerüchte und Falschmeldungen verbreitet werden. Der riesige Erfolg der Chat-Nachrichten sei nicht verwunderlich: Je stärker die traditionellen und inzwischen auch die Sozialen Medien in Russland unter Druck geraten, desto beliebter würden derlei Schlupflöcher.

6. 600.000 Gefangene
(couchblog.de, Nico Brünjes)
Nico Brünjes fragt sich in der heutigen Ausgabe des “Rantventskalenders”, wie es sein kann, dass sich immer noch 600.000 Leute in der virtuellen Parallelwelt von “Second Life” tummeln: “Man muss sich natürlich ernsthaft fragen: was machen die da? Möglicherweise ist dort ja die Zeit stehen geblieben, Trump, Klimawandel, Koalitionsverhandlungen, alles kein Thema in Second Life. Nur 600.000 Leute die sich gegenseitig dabei stalken, wie sie in einer Endlosschleife gegen einen virtuellen Laternenpfahl laufen.”

Wörterbuch der Hetze, Tele 5 und der Youtube-Abschieds-Diss, Abofalle NYT

1. Dem Verschwinden entgehen
(blogs.taz.de, Andreas Bull)
Die Auflage der gedruckten “taz” ist derzeit erschreckend niedrig: Die Rede ist von gerade einmal 26.500 Abos zu regulären Preisen. Geschäftsführer Andreas Bull erklärt im “taz Hausblog”, warum er trotz dieser Zahlen keinen Grund für Panik sieht.

2. Tele 5 kehrt Youtube mit bitterbösem Diss-Rap den Rücken
(horizont.net, David Hein)
Tele-5-Boss Kai Blasberg kehrt Youtube den Rücken und lässt alle sender-eigenen Inhalte bei der Videoplattform löschen. Alle bis auf einen bitterbösen Abschiedsgruß in Form eines Musikvideos … In einem Sprechpart (ab Minute 3:00) erklärt Blasberg dem Netzwerk seine Beweggründe, die er mit allerlei Rapper-Freundlichkeiten anreichert: “Bist Du doch, Badewanne des Rechtsbruchs, ein Meer der Schändlichkeit und des Verrats, die Pissnelke unter allen elektronischen Medienwegen.”

3. Deutsch-Rechts/Rechts-Deutsch
(spiegel.de, Sascha Lobo)
Rechte und Rechtsextreme bedienen sich eines besonderen Empörungsvokabulars, das gelegentlich nicht auf Anhieb zu verstehen ist. Sascha Lobo erklärt im Übersetzungsleitfaden “Deutsch-Rechts/Rechts-Deutsch” die wichtigsten Begriffe. Es geht dabei auch um Hetzvokabeln wie “Goldstücke”, “Remigration” und “Umvolkung”.

4. Auslandsberichterstattung: “Den Satz ‘Davon habe ich keine Ahnung’ braucht man gar nicht erst in den Mund zu nehmen”
(fachjournalist.de, Ulrike Bremm)
Im Interview mit dem “Fachjournalist” erzählt der Auslandskorrespondent Christian F. Trippe über seinen Alltag, welche Voraussetzungen man für den Job mitbringen sollte und wie es um die Zukunft seiner Zunft bestellt ist. Trippe empfindet seine Auslandsjahre als Bereicherung. Schwierig werde es jedoch gelegentlich bei der Rückkehr: “Zurückgehen ist schwerer als rausgehen. Du musst dich wieder einfädeln, du selbst hast dich verändert, die handelnden Personen und die Redaktionsstrukturen haben sich verändert. Das ist eine Herausforderung. Du bist quasi ein Redakteur mit Migrationshintergrund.”

5. Erzählt mir nix über großartigen Journalismus
(facebook.com, Michael Praetorius)
Der Publizist Michael Praetorius ist vom Umgang der “New York Times” mit ihren Lesern und Leserinnen enttäuscht. Der Abschluss eines Abos der vielgerühmten überregionalen Tageszeitung sei online binnen weniger Sekunden vonstatten gegangen. Die Hürden bei einer Kündigung seien jedoch ungleich höher. Diese erfordert nämlich den umständlichen Anruf bei einer Hotline und das persönliche Aussprechen der Kündigung. “Das ist kein sehr hohes Vertrauen in ein gutes Produkt. Wichtigste Kennzahl digitaler Geschäftsmodelle ist das Wissen darüber, ob Nutzer oft und gerne wiederkommen. Dazu gehört auch das Verständnis, dass man einen Dienst jederzeit kündigen oder pausieren kann. So zerstört man Kundenvertrauen. Erzählt mir nicht, dass man mit Digitaljournalismus kein Geld verdient, solange Verlage nicht die Basics verstehen.”

6. John Oliver zertrümmert den Wiedergutmach-Werbespot von Facebook
(rollingstone.de)
In einer groß angelegten Werbe-Kampagne will Facebook verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen und sich von den Fehlern der Vergangenheit reinwaschen, unter anderem auch über ein Mea-Culpa-Filmchen. Der Satiriker John Oliver hat den Facebook-Spot für seine Late-Night-Show “Last Week Tonight” nachproduziert.

Gerichtlich verboten, Lustig entmündigt, Verlorengegangen

1. AfD-Mitarbeiter lässt Pressebericht verbieten
(deutschlandfunk.de, Thomas Wagner)
Die Stuttgarter Wochenzeitung “Kontext” hatte von Chat-Protokollen eines Mitarbeiters der baden-württembergischen AfD-Landtagsfraktion berichtet, der sich dort rassistisch geäußert haben soll. Dagegen wehrte sich der AfD-Mitarbeiter und beantragte beim Verwaltungsgericht eine Eilentscheidung auf Unterlassung. Begründung: Er sei gar nicht der Urheber des umstrittenen Chatprotokolls. Das Gericht entschied, dass “Kontext” zunächst nicht mehr über das Protokoll in Zusammenhang mit dem Mitarbeiter der AfD-Landtagsfraktion berichten darf. Die Wochenzeitung will nun in einem weiteren Verfahren die Echtheit der Chatprotokolle und die Autorenschaft des AfD-Mitarbeiters beweisen.

2. FDP-Politikerin “im Redaktionsablauf verlorengegangen”
(dwdl.de, Alexander Krei)
Das “heute journal” (ZDF) beschäftigte sich Ende letzter Woche in einem Beitrag mit dem Armutsrisiko bei Alleinerziehenden. Dort wurde als Beispiel eine 29-jährige Ex-Personalberaterin vorgestellt. Was verschwiegen wurde: Die Frau kandidiert für die FDP im Stimmkreis München-Mitte bei der bayerischen Landtagswahl. Dies sei “im Redaktionsablauf verlorengegangen”.

3. Der Mann, der behauptet, Hillary Clinton sei eine Kindermörderin
(sueddeutsche.de, Alan Cassidy)
Der ultrarechte Amerikaner und “Infowars”-Gründer Alex Jones verbreitet über diverse TV- und Radiosendungen allerlei wüste Verschwörungstheorien und Hetze. Bisher nutzte er dazu auch Soziale Netzwerke wie Facebook oder Youtube sowie Podcast- und Streaming-Plattformen wie Apples iTunes oder Spotify. Da in den USA die Meinungsfreiheit sehr weit ausgelegt wird (und Jones wahrscheinlich ein guter Traffic-Lieferant ist), ließen ihn die Technologiekonzerne einige Zeit gewähren, doch das ändert sich nun.

4. Wann dürfen Polizisten zu Hackern werden?
(spiegel.de, Patrick Beuth)
Seit ungefähr einem Jahr dürfen Strafverfolger in Deutschland heimlich in Computer und Smartphones eindringen, um Überwachungssoftware zu installieren. Dies wirft einige rechtliche Fragen auf und erzeugt Kritik. Gleich drei Organisationen wollen sich deshalb an das Verfassungsgericht wenden: Der Verein Digitalcourage, die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) sowie mehrere FDP-Politiker. Zu den Beschwerdeführern der GFF gehören die Journalisten Hajo Seppelt und Can Dündar, die davon ausgehen, immer wieder Ziel von Angriffen mit Überwachungssoftware zu sein.

5. Scheinriesen vor der Kamera
(faz.net, Hans Hütt)
Hans Hütt hat sich die letzten Sommerinterviews von ARD und ZDF angeschaut, und was er da gesehen hat, gefällt ihm gar nicht. Das Format sei zur Masche verkommen, das die entscheidenden Fragen umschiffe: “Das braucht niemand. Da kann man es auch gleich lassen.”

6. Rentner lustig entmündigt
(taz.de, Jean-Philipp Baeck)
Einige Medien berichteten mehr oder weniger launig über die beiden aus dem Altersheim “ausgebüxten” Männer, die das Wacken-Festival besuchen wollten und von der Polizei zurückeskortiert wurden. Jean-Philipp Baeck hinterfragt die dahinterstehende Denkweise und hat sich auch bei Polizei, Juristen und Medizinern umgehört.