Leistungsschutzrechte – oder neue Biotope und Reservate für bedrohte Verleger?

In der NZZ plädierte der Schaffhausener Verleger Norbert Neininger für ein neues Leistungsschutzrecht und knüpft damit an eine umstrittene Debatte zum scheinbaren Widerspruch von offenem Zugang und der Ertragssicherung von Medienverlagen in Deutschland an. Dabei schreckt er auch vor absurden Gleichstellungen von Google mit der Online-Enzyklopädie Wikipedia nicht zurück, der er schnöde „Vermehrung von Marktanteilen“ unterstellt. Das Neininger-Plädoyer fordert zum Widerspruch heraus.

Wolf Ludwig, freier Medienjournalist und Vorsitzender der europäischen Nutzervertretung bei ICANN, hat einen Widerspruch geschrieben zum Neiniger Plädoyer. Sein Widerspruch ist als PDF verfügbar.
Der Artikel von Norbert Neininger ist online in der NZZ und ein Nachtrag von Rainer Stadler in der NZZ ebenfalls.

SFEM Tage Präsentation und Reports

Das Thema der SFEM-Tagung 2008 war open educational resources (OER). In diesem Zusammhang hat CC Schweiz einen Workshop zu Urheberrecht und Creative Commons durchgeführt.

Die Slideshow:

Weitere Reports gibt es in Form von Podcasts auf der Webseite von educationalmedia.

Ein offener Brief vom Internet zum Tag des Geistigen Eigentums

Vor zwei Tagen wurde einmal mehr der «Welttag des geistigen Eigentums» ausgerufen. Zu diese Anlass hat der Bundesverband Musikindustrie einen offenen Brief an Angela Merkel gerichtet, der in verschiedenen Zeitungen als ganzseitige Anzeige veröffentlicht wurde. Der Brief ist von einigen teilweise prominenten Künstlern unterzeichnet worden. In einem Videobeitrag hat die Bundeskanzlerin darauf reagiert und versprochen, in Zukunft noch restriktiver gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgehen zu wollen. Grammatisch nicht ganz überzeugend, fordert sie in dieser Rede eine internationale Lösung im Kampf gegen die «Raubkopierer»:

Bestimmte Dinge können wir national alleine nicht lösen. Deshalb muessen wir dies im internationalen Rahmen machen, denn das Herunterladen von Computern ist eine Sache, die nationale Grenzen nicht schützen können.

Als Reaktion auf den offenen Brief der Musikindustrie hat nun gestern Pavel vom CCC einen offenen Brief vom Internet zum Tag des Geistigen Eigentums verfasst, von dem ich hier gerne den Anfang zitieren möchte. Den kompletten Brief gibt es als PDF von Pavel oder auf dem Blog von Tim Pritlove.

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

gestern war der Tag des des geistigen Eigentums, und sie haben einen Brief von einhundert selbstlosen Kulturschaffenden erhalten, die aufgrund der unmoralischen Nutzung des Internets in Sorge sind, dass der Nachwuchs demnächst für sein Geld dauerhaft hart zu arbeiten gezwungen sein könnte und niemand mehr mit einem einzigen Supererfolg für alle Zeiten ausgesorgt haben wird.

Kulturschaffende waren bereits im vorigen Jahrhundert durch das Aufkommen von Kompaktkassetten, Videorecordern, Photokopiergeräten und CD-Brennern vom Ruin bedroht. Als plötzlich jedermann Kopien und Mitschnitte von Rundfunksendungen anfertigen konnte und diese an seine ganzen Freunde verschenkte, hat das die Kultur zwar beflügelt, aber das konnte ja niemand wissen. Das darf sich nicht wiederholen. Diesmal muss der Fortschritt aufgehalten werden…

ISO will ODF und OOXML «harmonisieren»

Die ISO/IEC-Arbeitsgruppe SC 34 hat auf ihrer Sitzung in Oslo nicht nur das Microsoft-Dateiformat OOXML zum Standard erhoben, sondern auch gleich beschlossen, es mit der Konkurrenz ODF unter einen Hut zu bringen. Auf lange Sicht stellt man sich drei Arbeitsgruppen vor, von denen zwei die beiden Formate betreuen und die dritte sich um die “Interoperabilität/Harmonisierung” der beiden kümmert.

Mehr dazu auf heise online und in der aktuellen c’t.

Wissensgesellschaft – ein Verschleierungsbegriff?

Wissensgesellschaft – ein Verschleierungsbegriff?

Das jüngste Projekt der Digitalen Allmend hat abgehoben. Zu viert haben wir am 27. November die Lesegruppe Wissensgesellschaft gestartet. So eine Gesprächsrunde zu entwickeln ist eine Herausforderung. Leute mit verschiedenen Hintergründen sollen sich intensiv einbringen und gleichzeitig einen anspruchsvollen Text im Auge behalten. Das ist ganz gut gelungen.

Die Vorteile des Textes von Gemperle / Streckeisen (1) zeigten sich darin, dass niemand von der Position der Autoren begeistert war und der Text aber anregende Schlaglichter auf Entstehung und Vertreter des Konzepts von Wissensgesellschaft wirft. Hier einige der Punkte, um die sich unsere Diskussion gedreht hat.

Kann die Durchdringung mit IT-Technologie als Indikator für die Wissensgesellschaft angesehen werden? Die Autoren meinen nein und kritisieren eine Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (seco). In der Diskussion wurde bemerkt, dass die Autoren an keiner Stelle nachweisen, dass die kritisierte Studie übertriebene Schlussfolgerungen in Richtung Wissensgesellschaft zieht.

Im Abschnitt zum sozialwissenschaftlichen Post-Syndrom wurden die Ausführungen zu den fünfziger und sechziger Jahren als interessant taxiert. Da wird etwa Daniel Bells „The Coming of the Post-Industrial Society“ vorgestellt. Eher enttäuschte Äusserungen hat es zu den neueren Autoren gegeben, die ziemlich verkürzt „in die Pfanne gehauen“ werden.

Wo Gemperle / Streckeisen (andere) linke Positionen kritisieren, machen sie ihr Anliegen dann ziemlich klar. Jede Verwendung von Begriffen wie Informations- oder Wissensgesellschaft scheint für sie „einer kritischen Analyse der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Wege zu stehen“ (S. 25). In der Diskussion haben wir aber mehrmals festgestellt, dass die Autoren selber auch einer von ihnen kritisierten pauschalisierenden und abstrakten Betrachtung verhaftet bleiben.

Ein lebhaftes Gespräch hat sich um die Frage entwickelt, wie weit Leitvorstellung und Strukturwandel der Wissensgesellschaft direkt zur Ausgrenzung von sozial Schwächeren führt, die nicht mit der Leichtigkeit des smarten Mittelstands agieren können.

In der Diskussion ist auch der Wunsch laut geworden, Grundbegriffe wie Information oder Wissen zumindest ein Stück weit zu klären. Das ist nun zu einem Eintrag in der nice to read Liste geworden, wir suchen einen geeigneten Text dazu. Weiter auf der Liste sind ein Kapitel zu Castells Netzwerkgesellschaft in (2) und ein Text zu Creative Commens (3). Weiter geht’s im Januar.

Urs

1) „Einleitung zur Diskussion ¸ber die Wissensgessellschaft.“ in: Gemperle, M.; Streckeisen, P. (Hrsg.): Ein neues Zeitalter des Wissens? Kritische Beiträge zur Diskussion über die Wissensgesellschaft. Zürich: Seismo, 2007. 280 S.
2) Jochen Steinbicker. Zur Theorie der Informationsgesellschaft: ein Vergleich der Ansätze von Peter Drucker, Daniel Bell und Manuel Castells.
3) „Uses of Creative Commons Licenses“. http://jcmc.indiana.edu/vol13/issue1/kim.html

Knowledge Ecology

Knowledge Ecology International” hat sein eigenes Journal gegründet, welches, wenig überraschend, “Knowledge Ecology Journal” heisst. In seiner ersten Ausgabe fragt es den renomierten Rechtswissenschaftler James Boyle (Duke University) um seine Definition des Begriffs und seine Antwort trifft recht gut, was wir hier versuchen:

So for me, the knowledge ecology is the network of issues around innovation, access to knowledge, distributed creativity and so on — a network with interconnections we still understand only dimly. The reason to focus on the knowledge ecology, is to get beyond a 2 dimensional debate of intellectual property issues, conducted solely in legal terms — to bring in alternative ideas about innovation, both big and small, to focus on claims of distributional justice, to make distinctions between types of normative claims and knowledge goods. Above all its aim is to do for the world of knowledge, what ecological awareness did to assumptions about development and industrialization. By that I mean that it is important for us to reconsider the simple religion of maximalism, that the answer to every question is to create more intellectual property rights. Just as the environmentalists taught us about the contributions of the ecology to human health, and the need for sustainable development, so we have to develop a more sophisticated sense of the balance between intellectual property rights and the public domain, to understand that it is the interaction between the realm of the free and the realm of the protected that produces innovation, not one of them alone.

Weblogs-Bilder-Zeitschriften

In letzter Zeit werden immer häufiger Fälle publik, in welchen kommerzielle Newsprodukte, Bilder aus Weblogs ungefragt und ohne Quellenangabe eins zu eins übernehmen und publizieren. Illustrativ seien nachfolgend zwei Beispiele aufgeführt.

Fall 1 “heute”Fall 2 “20min”

Paradigmenwechsel?

Interessanterweise war es ursprünglich eher umgekehrt. Immer wieder bedienten sich Bloggers bei Online-Zeitungen und übernahmen die Bilder oder Texte eins zu eins. Zumeist waren sich diese privaten Hobbyjournalisten – insbesondere in den Anfängen der Bloggerszene – allerdings über die Rechtslage nicht richtig im Klaren.

Das Rechtsbewusstsein der “Laien” in Sachen “Urheberrecht”, hat sich aber – nicht zuletzt wegen der medial omnipräsenten Dauerdebatte über die sog “Piraterie” – radikal verändert.

Man darf davon ausgehen, dass die überwiegende Mehrheit der Bloggers nicht nur darüber informiert, was sie nicht tun dürfen, sondern darüber hinaus ganz genau wissen, dass sie selber Urheber ihrer Texte und Bilder sind.

Es erstaunt, dass sich gewisse “professionelle Journalisten” immer weniger um die Rechtslage kümmern, währenddessen ausgerechnet die “Hobbyliga” immer sorgfältiger vorgeht.

Creative Commons Lizenzen – Misstverständnisse

In diesem Zusammenhang fällt zudem auf, dass insbesondere die Creative Commonse Lizenzen teilweise missverstanden bzw. immer wieder weitgehend falsch verstanden werden:

Zitat

weil infamy bekanntlich nicht der Creative-Commons-Lizenz untersteht, sondern absolut urheberrechtsgebührenpflichtig ist

Es sei an dieser Stelle festgehalten, dass Creative Commons (CC) keineswegs eine Lizenz für das freie Kopieren darstellt und daher vorab auf die CC_FAQ Deutsch oder CC_FAQ Englisch verwiesen.

Das CC-Lizenz Modell stellt dem Urheber modulartig verschiedene Lizenzen zur verfügungen. Der Urheber kann hierbei auswählen, ob

  1. die kommerzielle Nutzung seines Werkes erlaubt sein soll oder nicht,
  2. sein Werk nur identisch (1:1) übernommen oder ob es auch verändewert werden darf und
  3. wenn es verändert werden darf, ob das neue Werk unter der gleichen Lizenz publiziert werden muss oder nicht.

Unabhängig davon, welche Variante der Urheber aussucht, bleibt das Recht auf Namensnennung immer bestehen.

29.9.2007 – 3. Wikipediatag 2007 in Bern

Die freie Enzyklopädie Wikipedia gehört zu den zehn beliebtesten Diensten im Internet. Immer mehr Menschen nutzen deren Inhalte. Der Verein Wikimedia CH veranstaltet am 29. September 2007 in der Aula der Pädagogischen Hochschule PHBern den dritten Wikipediatag in der Schweiz.

Die Veranstaltung richtet sich an Wissensarbeitende wie Dozierende, Bibliothekarinnen, Archivare, Journalisten und Studierende. Sie bietet einen Einblick in gemachte Erfahrungen, Arbeitsweisen und Potentiale der Wikipedia. Mit Wikisource, Wikimedia Commons und Antbase werden ausserdem drei weitere Projekte des offenen Wissens vorgestellt.

Ausgewiesene Expertinnen und Experten garantieren für ein spannendes Programm: Dr. Donat Agosti (Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern), Dr. Peter Haber (Universität Basel), Jan Hodel (Fachhochschule Nordwestschweiz), Dr. Marco Jorio (Chefredakteur des Historischen Lexikons der Schweiz), Michail Jungierek (Wikimedia Deutschland, Hamburg), Delphine Ménard (Wikimedia Foundation, Frankfurt a.M.), Dr. Emanuel Meyer (Eidgenössisches Institut für geistiges Eigentum) und Irmgard Wiesner (Administratorin bei Wikipedia).

In zusätzlichen Workshops können Teilnehmende unter Anleitung in der Wikipedia und in Wikisource selber editieren.

Der Wikipediatag wird organisiert von Wikimedia CH, mit freundlicher Unterstützung der PHBern und in Kooperation mit der Digitalen Allmend.

Logo Wikimedia CHWeitere Infos und detailliertes Program unter: http://www.wikipediatag.ch

Flyer und Plakat

Ort: Aula PHBern, Gertrud-Wokerstrasse 5, Bern

Zeit: 10:00 – 18:30

Eintritt ist frei

Mo 16.07.07 – Mitgliedertreff Digitale Allmend

Am Montag 16.7.07 um 19:00 findet das nächste Treffen der Digitalen Allmend statt. Am Treffen werden wir über anstehende Punkte diskutieren und auch über vergangene Aktionen berichten. Themen sind u.a. Creative Commons Schweiz, Blog, Urheberrechtsrevision, Aktivitäten der Digitalen Allmend etc. Interessierte Personen sind herzlich an die Sitzung eingeladen.

Zeit: 19:00

Ort: SNM HGKZ, 1. Stock, Silhquai 131, 8005 Zürich

Interview Volker Grassmuck – Freier Zugang, CC, Verwertungsgesellschaften…

KulturTV hat ein weiteres Interview vom Tweakfest im Sammelkasten der Digitalen Allmend veröffentlicht. Das Interview wurde in zwei Teilen veröffentlicht.

Im ersten Teil geht es um eine kurze Zusammenfassung seines Referats am Tweakfest, eine kurze Geschichte der Weitergabe von Wissen und Kultur, sowie Creative Commons.

In zweiten Teil geht es um Verwertungsgesellschaften und Freie Lizenzen. Volker schildert die Idee einer Verwertungsgesellschaft 2.0 für den Onlinebereich. Danach folgt ein Blick auf DRM und die Urheberrechtsrevision in der Schweiz, gefolgt von einigen Ideen zu Creative Common Schweiz.