Hauerit

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Hauerit
Hauerite-627175.jpg
Haueritkristalle in Matrix aus der Destricella Mine, Raddusa, Provinz Catania, Sizilien, Italien
Größe 7,0 cm × 5,0 cm × 2,7 cm
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel MnS2[1][2]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfide und Sulfosalze
System-Nr. nach Strunz
und nach Dana
2.EB.05a (8. Auflage: II/C.05)
02.12.01.09
Kristallographische Daten
Kristallsystem kubisch
Kristallklasse; Symbol kubisch-disdodekaedrisch; 2/m 3[3]
Raumgruppe Pa3 (Nr. 205)Vorlage:Raumgruppe/205[1]
Gitterparameter a = 6,10 Å[1]
Formeleinheiten Z = 4[1]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,436; berechnet: 3,444[4]
Spaltbarkeit vollkommen nach {001}[4]
Bruch; Tenazität uneben bis schwach muschelig; spröde[4]
Farbe rötlichbraun bis bräunlichschwarz;[4] rote innere Reflexionen[5]
Strichfarbe bräunlichrot[4]
Transparenz undurchsichtig bis schwach durchscheinend[4]
Glanz Metallglanz bis Diamantglanz[4]
Kristalloptik
Brechungsindex n = 2,69[5]
Doppelbrechung keine, da optisch isotrop

Hauerit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ mit der chemischen Zusammensetzung MnS2 und damit chemisch gesehen Mangandisulfid.

Hauerit kristallisiert im kubischen Kristallsystem und entwickelt vorwiegend isometrische, oktaedrische Kristalle sowie andere kubische Kombinationen, kommt aber auch in Form kugeliger Mineral-Aggregate vor. Das Mineral ist undurchsichtig, in dünnen Schichten jedoch schwach durchscheinend. Die Oberflächen der rötlichbraunen bis bräunlichschwarzen Kristalle zeigen in frischem Zustand zunächst einem metallischen bis diamantähnlichen, blendeartigen[6] Glanz, laufen allerdings durch Verwitterung allmählich an und werden matt.

Etymologie und Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf der Versammlung der Freunde der Naturwissenschaften im November 1846 berichtete Franz Ritter von Hauer in Vertretung des erkrankten Wilhelm Ritter von Haidinger von der Entdeckung einer neuen Mineralart, für die Haidinger den Namen Hauerit vorgeschlagen hatte. Die für eine vollständige Analyse benötigten Mineralproben wurden vom Kaiserlich-königlichen Hofconcipisten Berghofer zur Verfügung gestellt und stammten aus einem Schwefelbergwerk bei Kalinka, einem Ortsteil von Vígľašská Huta-Kalinka in der Mittelslowakei.[7]

Den Namen Hauerit wählte Haidinger zum einen in Anerkennung um die Verdienste des österreichischen Geologen und Paläontologen Joseph Ritter von Hauer und zum anderen zu Ehren von dessen Sohn Franz für dessen Mithilfe bei der Identifikation des neuen Minerals.[7]

Das Typmaterial des Minerals, insgesamt sechs Proben, wird in der Sammlung des Naturhistorischen Museums Wien unter den Sammlungs-Nr. A.k.894, A.b.6859 und A.x.421 aufbewahrt.[8]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Hauerit zur Mineralklasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort zur Abteilung der „Sulfide mit M : S < 1 : 1“, wo er zusammen mit Aurostibit, Cattierit, Geversit, Laurit, Michenerit, Penroseit, Pyrit, Sperrylith, Trogtalit, Vaesit und Villamanínit die „Pyrit-Reihe“ mit der System-Nr. II/C.05 bildete.

Im Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. II/D.17-60. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Sulfide mit Metall : S,Se,Te < 1 : 1“, wo Hauerit zusammen mit Aurostibit, Cattierit, Changchengit, Dzharkenit, Erlichmanit, Fukuchilit, Geversit, Insizwait, Kruťait, Laurit, Maslovit, Mayingit, Michenerit, Padmait, Penroseit, Pyrit, Sperrylith, Trogtalit, Testibiopalladit, Vaesit und Villamanínit die „Pyrit-Gruppe“ bildet (Stand 2018).[9]

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[10] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hauerit in die allgemeinere Abteilung der „Metallsulfide mit M : S ≤ 1 : 2“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach dem genauen Stoffmengenverhältnis und den in der Verbindung vorherrschenden Metallen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „M : S = 1 : 2, mit Fe, Co, Ni, PGE usw.“ zu finden ist, wo es zusammen mit Aurostibit, Cattierit, Dzharkenit, Erlichmanit, Fukuchilit, Gaotaiit, Geversit, Insizwait, Iridisit, Kruťait, Laurit, Penroseit, Pyrit, Sperrylith, Trogtalit, Vaesit und Villamanínit die „Pyritgruppe“ mit der System-Nr. 2.EB.05a bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Hauerit in die Klasse der „Sulfide und Sulfosalze“ und dort in die Abteilung der „Sulfidminerale“ ein. Hier ist er ebenfalls in der „Pyritgruppe (Isometrisch: Pa3Vorlage:Raumgruppe/205)“ mit der System-Nr. 02.12.01 innerhalb der Unterabteilung „Sulfide – einschließlich Seleniden und Telluriden – mit der Zusammensetzung AmBnXp, mit (m+n) : p = 1 : 2“ zu finden.

Chemismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die idealisierte (theoretische) Zusammensetzung von Hauerit (MnS2) besteht aus 46,14 % Mangan (Mn) und 53,86 % Schwefel (S).[3] In Mineralproben aus der Schwefelgrube Destricella bei Raddusa in der italienischen Region Sizilien konnten allerdings auch Spuren von Eisen und Siliciumdioxid nachgewiesen werden.[4]

Kristallstruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauerit kristallisiert kubisch in der Pyritstruktur in der Raumgruppe Pa3 (Raumgruppen-Nr. 205)Vorlage:Raumgruppe/205 mit dem Gitterparameter a = 6,10 Å sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Morphologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die vorherrschende Kristallform beim Hauerit ist das Oktaeder {111}.[11] Es finden sich aber noch andere kubische Kombinationen wie beispielsweise das Kuboktaeder[12] oder der Oktaederstumpf. Daneben sind auch kugelförmige[4] und stengelige[11] Aggregatformen bekannt.

Physikalische und chemische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit einer Mohshärte von 4 gehört Hauerit zu den mittelharten Mineralen und lässt sich wie das gleich harte Referenzmineral Fluorit leicht mit einem Taschenmesser ritzen. Auffällig an Hauerit ist seine leichte Spaltbarkeit nach dem Würfel {100}. Auf mechanische Belastung reagiert er spröde und bricht mit unregelmäßigen bis schwach muscheligen Bruchflächen.

In einer Glasröhre vor dem Lötrohr erhitzt verflüchtigt sich viel Schwefel und hinterlässt einen grünen Rückstand, die in Säuren löslich ist und dabei Schwefelwasserstoff bildet. Das Erhitzen zusammen mit Soda auf einem Platinblech erzeugt eine Manganreaktion.[7]

Optische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauerit ist im Allgemeinen undurchsichtig (opak) und von dunkel rötlichbrauner bis bräunlichschwarzer Farbe. Die Strichfarbe des Minerals ist von ähnlicher bräunlichroter Farbe. In dünnsten Spaltblättchen ist Hauerit bräunlichrot durchscheinend,[7] was innerhalb der Pyrit-Reihe eine sehr ungewöhnliche Eigenschaft ist.[11] Polierte Flächen erscheinen grauweiß mit sehr hellbrauner Tönung mit roten Innenreflexionen.[4]

Bildung und Fundorte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauerit bildet sich durch Sedimentation in schwefelreichen Tonmineral-Lagerstätten und findet sich meist in Paragenese mit Calcit, Gips, Realgar und gediegen Schwefel.[4]

Als seltene Mineralbildung konnte Hauerit nur an wenigen Orten weltweit nachgewiesen werden, wobei bisher rund 30 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2020).[13] Seine Typlokalität Kalinka, in der bis zu 2,5 cm große Kristalle und Aggregate entdeckt wurden,[14] ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in der Slowakei, da sich ein weiterer Fund in Banská Štiavnica (deutsch Schemnitz) als falsch erwies.

Bekannt aufgrund von außergewöhnlichen Haueritfunden ist vor allem die bereits erwähnte Schwefelgrube Destricella bei Raddusa in Italien, wo gut entwickelte Kristalle von bis zu 5 cm Durchmesser zutage traten. Immerhin bis zu 1,5 große Kristalle fanden sich in verschiedenen Gruben nahe Tarnobrzeg in Polen.[14]

Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist die ehemalige Absetzerhalde des Tagebaus Lichtenberg der Uran-Lagerstätte bei Ronneburg in Thüringen.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in der bulgarischen Oblast Dobritsch, der chinesischen Provinz Hunan, der Präfektur Aomori auf Honshū in Japan, sowie in einigen Regionen der US-amerikanischen Bundesstaaten Louisiana und Texas.[15]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. Haidinger: Hauerit. In: Berichte Über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. Band 7, November 1846, S. 2–3 (rruff.info [PDF; 461 kB; abgerufen am 28. März 2020]).
  • T. Chattopadhyay, H. G. von Schnering, R. F. D. Stansfield, G. J. McIntyre: X-ray and neutron diffraction study of the crystal structure of MnS2. In: Zeitschrift für Kristallographie. Band 199, 1992, S. 13–24 (englisch).
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 252.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hauerite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 103 (englisch).
  2. Malcolm Back, William D. Birch, Michel Blondieau und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: March 2020. (PDF; 1729 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, März 2020, abgerufen am 26. März 2020 (englisch).
  3. a b David Barthelmy: Hauerite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 28. März 2020 (englisch).
  4. a b c d e f g h i j k l Hauerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 62 kB; abgerufen am 27. März 2020]).
  5. a b Hauerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. März 2020 (englisch).
  6. Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 320.
  7. a b c d W. Haidinger: Hauerit. In: Berichte Über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissenschaften in Wien. Band 7, November 1846, S. 2–3 (rruff.info [PDF; 461 kB; abgerufen am 28. März 2020]).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – H. (PDF 81 kB) In: docs.wixstatic.com. Commission on Museums (IMA), 12. Dezember 2018, abgerufen am 28. März 2020.
  9. Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  10. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1816 kB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 26. März 2020 (englisch).
  11. a b c Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 459 (Erstausgabe: 1891).
  12. Bild eines nahezu perfekt ausgebildeten Hauerit-Kuboktaeders. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. März 2020 (englisch).
  13. Localities for Hauerite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. März 2020 (englisch).
  14. a b Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 43.
  15. Fundortliste für Hauerit beim Mineralienatlas und bei Mindat, abgerufen am 27. März 2020.