Mike Davis

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Mike Davis

Mike Davis (* 1946 in Fontana, Kalifornien) ist ein US-amerikanischer Sozialkommentator, Soziologe und Historiker.

Sein Hauptinteresse galt lange Zeit der Untersuchung der Gesellschaftsstrukturen und der urbanen Entwicklung in seiner Heimat Südkalifornien. International bekannt geworden ist er 1990 mit seinem Bestseller City of Quartz, einer Sozialgeschichte von Los Angeles. Er prägte den Begriff Los Angeles School of Urbanism und wurde dieser zugerechnet,[1] äußerte sich ihr gegenüber aber auch kritisch. Seine jüngeren Veröffentlichungen beschäftigen sich mit der Entstehung von Slums und vergessenen großen Hungersnöten, die er nicht als solche bezeichnet, sondern als Völkermord und in Verbindung mit El Niño-Ereignissen. So schreibt er in seinem Buch Late Victorian Holocaust, wie während der 1870er und 1890er Jahre in nur vordergründig klimabedingten Katastrophen bis zu sechzig Millionen Menschen starben.[2][3]

Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Jahr 1946 wurde Mike Davis in Fontana, einem Vorort von Los Angeles, geboren. Im Alter von 16 Jahren unterbrach er zunächst die High School, um als Arbeiter in einer Fleischfabrik zum Unterhalt seiner Familie beizutragen.

Anfang der 1960er Jahre studierte er kurze Zeit am Reed College in Oregon, wurde Mitglied der Students for a Democratic Society (SDS), trat der Kommunistischen Partei bei und leitete deren Buchladen in Los Angeles. In den folgenden vier Jahren arbeitete er als LKW-Fahrer an der Westküste, bis er sich entschied, seine akademische Ausbildung an der University of California, Los Angeles (UCLA) fortzusetzen. Neben Geschichte und Wirtschaft an der University of California, studierte er irische Geschichte in London, Edinburgh und Belfast und setzte sich dort für die nordirische Unabhängigkeit ein.

In den 1970ern erwarb er an der UCLA den Titel des Bachelor und des Master in Geschichte. Er bekam ein MacArthur-Stipendium 1998 und war ein Fellow am Getty Center.

Davis lehrte zunächst an der Stony Brook University und seit 2002 am Department of History an der University of California, Irvine. Zurzeit ist er Professor im Department of Creative Writing an der University of California, Riverside. Er schreibt u. a. für die britische Monatszeitung Socialist Review, das Organ der britischen Socialist Workers Party.

Davis schrieb 1990 City of Quartz. Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles, das heute als Klassiker der Stadtsoziologie gilt. Zuletzt erschien von ihm in deutscher Sprache Eine Geschichte der Autobombe (2007).

Im Dezember 2008 wurde Mike Davis mit dem in jenem Jahr erstmals verliehenen Kulturpreis der Münchener Universitätsgesellschaft ausgezeichnet.[4]

Davis ist Mitglied der irischen Socialist Workers Party. Er lebt mit seiner Familie in San Diego, Kalifornien.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bücher (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Phoenix im Sturzflug. Zur politischen Ökonomie der Vereinigten Staaten in den achtziger Jahren. Rotbuch-Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-88022-315-7. (Prisoners of the American Dream, 1986.)
  • City of Quartz. Ausgrabungen der Zukunft in Los Angeles und neuere Aufsätze. Verlag Schwarze Risse, Berlin 1994, ISBN 3-924737-23-1. Verlag Assoziation A, Berlin 2006, ISBN 978-3-935936-37-8. (City of Quartz. Excavating the Future in Los Angeles, 1990.)[5]
  • Casino Zombies und andere Fabeln aus dem Neon-Westen der USA. Verlag Schwarze Risse, Berlin 1999, ISBN 3-924737-44-4.[6]
  • Ökologie der Angst. Los Angeles und das Leben mit der Katastrophe. Kunstmann, München 1999, ISBN 3888972256. Piper-Sachbuch, 2004, ISBN 349223819X. (Ecology of Fear. Los Angeles and the Imagination of Disaster. 1999).[7]
  • Die Geburt der Dritten Welt. Hungerkatastrophen und Massenvernichtung im imperialistischen Zeitalter. Assoziation A, Berlin 2004, ISBN 3-935936-43-5. (Late Victorian Holocausts: El Niño Famines and the Making of the Third World. 2001.)
  • Vogelgrippe. Zur gesellschaftlichen Produktion von Epidemien. Assoziation A, Berlin 2005, ISBN 3-935936-42-7. (The Monster at Our Door: The Global Threat of Avian Flu. 2005)
  • Crossing the Border. Migration und Klassenkampf in der US-amerikanischen Geschichte. (mit Justin Akers Chacón) Assoziation A, Berlin 2007, ISBN 978-3-935936-59-0. (No One Is Illegal: Fighting Racism and State Violence on the U.S.-Mexico Border, 2006.)
  • Eine Geschichte der Autobombe. Assoziation A, Berlin 2007, ISBN 978-3-935936-58-3. (Buda’s Wagon: A Brief History of the Car Bomb, 2007.)
  • Beitrag in: Das Raumschiff Erde hat keinen Notausgang. Energie und Politik im Anthropozän. Suhrkamp, Berlin 2011, DNB 1011122200

Artikel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 2003: Umzingelt von einer unfehlbaren Armee Das Pentagon arbeitet an der Abschaffung des Zufalls. – In: Die Zeit, 10. April 2003.
  • 2003: Weißer Hass und dunkle Träume In Arnold Schwarzenegger haben die kalifornischen Bürger den Helden ihrer Machtfantasien gefunden. – In: Die Zeit, 16. Oktober 2003.
  • 2006: Nach der Sintflut die Spekulanten Vor einem Jahr zerstörte der Hurrikan Katrina New Orleans. – In: Die Zeit, 24. August 2006.
  • 2006: Die Große Mauer des Kapitals Wie die Armen der Welt brutal von den reichen Ländern ausgegrenzt werden. – In: Die Zeit, 12. Oktober 2006.
  • 2007: Ganz normales Wetter Extreme Trockenheit, Winderosion und Waldbrände prägen längst das Landschaftsbild im Südwesten der USA. – In: Die Zeit, 15. März 2007.
  • 2008: Wer wird die Arche bauen? Das Gebot zur Utopie im Zeitalter der Katastrophen. – Essay und Rede an der Universität München am 8. Dezember 2008.[9]
  • 2011: 10 Gebote für die Revolte Die Neujahrsrede eines amerikanischen Protestveteranen an die Jungen. – In: Die Zeit, 29. Dezember 2011.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Michael Dear: Los Angeles and the Chicago School: Invitation to a Debate. In: City & Community. Band 1, Nr. 1, 2002, S. 5–32, doi:10.1111/1540-6040.00002.
  2. George Monbiot: How Britain Denies its Holocausts. In: The Guardian. 27. Dezember 2005
  3. Perlentaucher.de: Rezensionen von "Die Geburt der Dritten Welt", abgerufen am 27. November 2017.
  4. Ludwig-Maximilians-Universität München: Urbanist Professor Mike Davis erhält Kulturpreis der Münchener Universitätsgesellschaft. 8. Dezember 2008
  5. Davis 1990/2006 – Zusammenfassung (Memento vom 24. Dezember 2004 im Internet Archive) von Armin Medosch in Telepolis, 13. Februar 1996.
  6. Davis 1999a – Zusammenstellung von Aufsätzen, die zwischen 1992 und 1999 in verschiedenen US-amerikanischen Zeitungen erschienen sind.
  7. Davis 1999b – Ökologie der Angst, Rezension von A. Remler – in Telepolis, 5. Oktober 1999.
  8. Davis 2006 – Rezension von C. Parnreiter – zu Planet der Slums im Fachforum H-Soz-Kult.
  9. Davis 2008 (Arche) – auch im Buch 2011: Das Raumschiff Erde hat keinen Notausgang.