Hallo Community! Ich (w, 27) bin seit zwei Monaten Doktorandin an einer Uni und fühle mich zunehmend unwohl im Umgang mit meinem Doktorvater (m, 55, verheiratet, 4 Kinder).

Angefangen hat alles letztes Jahr auf einem Forschungsschiff. Dort war ich 5 Wochen am arbeiten als Masterstudentin des Profs während dieser die Fahrtleitung gemacht hat. Zu Fahrtbeginn hat er eine Präsentation für alle rund 30 Fahrtteilnehmer gehalten, indem er über sexuelle Übergriffe und Fehlverhalten auf deutschen Forschungsschiffen aufgeklärt hat. Machte auf mich einen sehr vertrauenswürdigen und verantwortungsbewussten Eindruck. Nach ein paar Tagen hat er mich dann eingeteilt, jede Nachtschicht mit ihm alleine zu arbeiten. Dort haben wir uns beim Arbeiten ganz gut verstanden, allerdings wurde es sehr schnell unangenehm und er hat mir jeden Abend sehr lange, persönliche E-Mails geschrieben, indem er sein Herz ausgeschüttet hat und mir geschrieben hat, wie toll er die Zeit mit mir findet. Ich habe mich zunehmend unwohl gefühlt und ausweichend geantwortet, da ich zu starke Angst hatte, eine klare Grenzen zu setzen, da er nach der Ausfahrt meine Masterarbeit bewerten würde und es auf dem Schiff keine Möglichkeit gab, der Situation zu entkommen die nächsten Wochen. Es gab immer wieder subtile Bemerkungen, das ich auch zu ihm auf die Fahrtleiter Kabine kommen könnte, was ich (zum Glück) nie gemacht habe. Im Verlaufe der Fahrt habe ich mich zunehmend isoliert von der Gruppe und zurück gezogen. Ich habe ihn auf seine Familie hingewiesen und er meinte, die sei gerade ganz weit weg und er sei ein freier Mann. Am Ende der Fahrt hat er ungefragt einfach meine Bordrechnung bezahlt und meinen Flug umgebucht.

Zurück an der Uni habe ich leider nicht auf mein schlechtes Bauchgefühl gehört und eine Doktoranden Stelle bei ihm angenommen. Er hat mehrfach versucht, private Treffen außerhalb der Uni zu initiieren. Irgendwann hatte ich genug und habe ihm in einer langen Email erklärt, das wir in einem Machtgefälle stehen und ich nicht denke, dass das in Ordnung für seine Frau ist. Es folgten trotzdem weitere E-Mails privater Natur am Wochenende und der Hinweis, er wurde beruflich und privat nicht trennen. Außerdem schrieb er mir, er möchte mir ein "Lehrbuch" schenken, und hat mir dann einen Roman "the Power of one" überreicht. Alle Autonomie Bestrebungen von mir bei der Arbeit bzw. Arbeiten mit anderen WiMi wurden von ihm durch richtig übler Nachrede unterbunden. Ich kann quasi nur das machen, was innerhalb seiner unmittelbarer Kontrolle ist. Außerdem hat er mir angeboten (leider nur mündlich, kein Beweis), das ich ein fertiges Manuskript von ihm unter meinem Namen veröffentlichten könnte (würde ich natürlich nie tun).

Mein zunehmen schlechtes Gefühl wurde mir auch von zwei anderen ehemaligen Doktorandinnen bestätigt, die ich über LinkedIn kontaktiert habe. Eine erzählte mir von ähnlichen Erfahrungen. Sie habe damals auch versucht bei der Gleichstellungsbeauftragten (eine andere, nicht mehr beauftragt) Beschwerde einzureichen. Das hat der Prof allerdings mitbekommen und sie psychisch so sehr unter Druck gesetzt, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, bevor sie es zum Direktor geschafft hat.

Ich habe mich nun an die Frauenbeauftragten des Fachbereichs gewandt, welche von meinen Erzählungen aus allen Wolken gefallen ist. Alles oben beschriebene kann ich über E-Mails beweisen. Sie hat vorgeschlagen, direkt zum Direktor zu gehen nächste Woche, mit meinen Beweisen und die Vorfall als sexuelle Belästigung anzuzeigen.

Ich habe dem zugestimmt aber habe nun große Angst davor, diesen Schritt zu gehen. Sollte ich mir zusätzlich Rechtsbeistand suchen, sollte die Uni nicht in der Lage sein, etwas zu unternehmen? Kann ich außerdem Anzeige erstatten? Ich fühle mich sehr machtlos in der Situation, dem Prof (auch Co-Direktor) wird vermutlich nichts passieren, maximal das er keine Doktoranden mehr betreuen dürfte. Auch das wäre schön Erfolg, da hinter seinem Verhalten ein Muster zu stecken scheint und es nach mir die nächste Studentin treffen kann. Ich weiß nicht, ob ich es psychisch aushalten würde, in einen Rechtsstreit mit ihm zu gehen und es zu einem "Victim Shaming" kommt.

Danke für eure Unterstützung und Ratschläge.