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Mar 2, 2001

bericht: "Nothilfe: Zwangsmassnahme statt Grundrecht"

2011-03-02
[en]
Eine Anfang Februar lancierte Kampagne kritisiert das Nothilfe-Regime für abgewiesene Asylsuchende hart. Es sei menschenunwürdig und verletze die Grundrechte der Betroffenen. Das Recht auf Hilfe in der Not ist längst zu einem migrationspolitischen Instrument verkommen.

„Die Nothilfe ist keine Hilfe,“ sagt Ahmed (Name geändert). Der junge Palästinenser muss es wissen. Sein Asylgesuch wurde abgelehnt und er landete in der Nothilfe. In Basel, wo Ahmed seit mehreren Jahren lebt, erhalten NothilfebezügerInnen 12 Franken pro Tag. Schlafen können sie in der Notschlafstelle, welche tagsüber geschlossen bleibt. Ahmed musste sich wöchentlich bei der Fremdenpolizei melden. „Jedes Mal fürchtete ich, verhaftet zu werden und wieder in Ausschaffungshaft zu landen,“ sagt er. Seit rund einem Jahr meldet er sich nicht mehr: „Wenn du die ganze Zeit Angst hast, reicht es dir irgendwann. Also verzichtest du auf das Geld, um in Ruhe gelassen zu werden.“ Für Ahmed ist klar: Die Nothilfe ist ein Instrument der Behörden um ihn unter Druck zu setzen und ihn „kaputt zu machen.“

Gegenwärtig beziehen in der Schweiz rund 5800 Personen Nothilfe. Diese ist nicht etwa eine nette Gefälligkeit des Staates, sondern ein verfassungsmässig garantiertes Recht. Ein Bundesgerichtsurteil von 2005 besagt zudem, dass der Nothilfebezug nicht an unzumutbare oder schikanöse Bedingungen geknüpft sein darf. Die für die Ausrichtung der Nothilfe zuständigen Kantone haben sich in den vergangenen Jahren jedoch einen regelrechten Verschärfungs-Wettbewerb geliefert. Ein neuer Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH) unterstreicht, dass die Kantone versuchen, „NothilfebezügerInnen mit möglichst abschreckenden Massnahmen, die nicht selten die Grundrechte der Betroffenen tangieren, zur freiwilligen Ausreise zu bewegen.“ Beispiele für solche Massnahmen sind etwa willkürliche Verhaftungen, Präsenzkontrollen oder der Zwang zum wöchentlichen Wechsel der Unterkunft.

Für Susanne Bolz von der SFH ist klar: „Das Recht auf Unterstützung in Notlagen wurde für migrationspolitische Massnahmen zweckentfremdet.“ Die Politisierung dieses Grundrechts und die gezielte Prekarisierung der Betroffenen haben die SFH, Amnesty International, Solidarité sans Frontières und die Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht dazu bewogen, eine nationale Sensibilisierungskampagne zu starten und die Realität der Nothilfe aufzuzeigen. Auf ihrer kollektiven Plattform fordern die Organisationen jedoch bloss eine „grundsätzliche Überprüfung des Nothilfesystems“ und nicht etwa eine Abkehr davon.

Bisschen mager, denn die Kampagne geht mit dem Regime hart ins Gericht. So sagt etwa Susanne Bolz, das gesamte Nothilfesystem sei „höchst problematisch, da Personen per Gesetz prekarisiert und in ein System gedrängt werden, welches ihre Menschenwürde und ihre Grundrechte in vielen Fällen nicht wahrt.“ Als „schlicht gescheitert“ beurteilt indes Moreno Casasola, Generalsekretär von Solidarité sans frontières (Sosf) das Nothilfe-Regime und betont: „Für Sosf kann die einzige Lösung nunmehr sein, dass man in einem sofortigen ersten Schritt den Sozialhilfestopp aufhebt.“ Dann solle man weiterschauen, so Casasola.

In unserem neusten Film erklärt derweil ein Nothilfebezüger, wie er mit 8.60 Fr. pro Tag überlebt. Er kauft sich damit meist billiges Toastbrot, Fruchtsaft, Milch und etwas Früchte. „Wenn ich etwa Seife oder eine Zahnbürste kaufen muss, bleibt weniger für Essen übrig,“ sagt Ken (Name geändert). Seinen täglichen Migros-Gutschein könne er nicht einfach irgendwie ausgeben: „Du musst einen Plan haben und dir gewisse Dinge vorenthalten.“ Ken lebte jahrelang in Notunterkünften im Kanton Zürich, zuletzt im „Bunker“ von Uster, einer (unterirdischen) Zivilschutzanlage. „Wenn du hier jahrelang lebst, schadet dir das psychisch und physisch,“ sagt Ken. Für Sosf's Casasola ist daher klar: „Das Nothilfe-Regime macht, was es ist: krank. Und Krankheiten müssen bekämpft werden.“

Dieser Bericht wurde einem unserer AktivistInnen verfasst und in der Berner Monatszeitschrift megafon abgedruckt.

bericht: "nothilfe: zwangsmassnahme statt grundrecht"

2011-03-02
[en]
eine anfang februar lancierte kampagne kritisiert das nothilfe-regime für abgewiesene asylsuchende hart. es sei menschenunwürdig und verletze die grundrechte der betroffenen. das recht auf hilfe in der not ist längst zu einem migrationspolitischen instrument verkommen. (...) [weiterlesen]

Jun 28, 2000

video: "papierlose besetzung"

2010-06-28
[en] [es] [it] [fr]
am 26. juni haben rund 300 migrantInnen und unterstützerInnen in bern die "kleine schanze", einen park nahe des bundeshauses, besetzt. sie protestieren damit gegen die unmenschliche asyl- und migrationspolitik der schweiz und verlangen die kollektive regularisierung aller hiesigen sans-papiers.

im unterschied zu anderen europäischen staaten lehnt die schweiz eine regularisierung der schätzungsweise 100.000-200.000 papierlosen im land ab. durch eine extrem harsche und restriktive asyl- und migrationspolitik versucht sich die schweiz für migrantInnen möglichst 'unattraktiv' zu machen und glaubt sich so vor ihnen 'schützen' zu können.

der 8-minütige kurzfilm gibt einen kurzen einblick in die besetzungsaktion. migrantInnen und unterstützerInnen äussern sich zu ihren anliegen und forderungen.

der kurzdoku kann hier heruntergeladen und hier auf youtube angeschaut werden.

Mar 31, 2000

bericht: "Tod eines Asylsuchenden stellt Zwangsausschaffungen in Frage"

2010-03-31
[en] [es]
Menschenrechtsorganisationen fordern eine unabhängige Untersuchung zum Tod eines nigerianischen Asylsuchenden während seiner Deportation. Manche fordern einen gänzlichen Verzicht auf Zwangsausschaffungen.

Der sechste Sonderflug des Jahres 2010, mit dem am Abend des 17. März 16 Nigerianer hätten abgeschoben werden sollen, verließ den Boden nie. Unter den Ausschaffungshäftlingen war der 29-jährige Alex Uzowulu*, dessen Asylgesuch abgelehnt worden war. Gemäß der Kantonspolizei Zürich weigerte sich Uzowulu das Flugzeug zu besteigen und "konnte nur unter Anwendung von Gewalt gefesselt werden." Über seinen Kopf wurde eine Art Helm gestülpt. Die Polizei erklärte, dass er im Anschluss "plötzlich gesundheitliche Probleme" zeigte. Darauf seien seine Fesseln gelöst worden, aber Reanimationsversuche scheiterten.

Der Direktor des Bundesamts für Migration (BfM), Alard du Boys-Reymond, war während der Ausschaffung zufällig vor Ort. Gegenüber dem Schweizer Fernsehen sagte er, die Polizei habe "das sehr professionell gehandhabt." Augenzeugen werfen den Beamten allerdings Brutalität vor und beschuldigen sie, sich "wie Tiere" aufgeführt zu haben. Nach Uzowulus Tod stoppte das BfM Deportationsflüge bis auf Weiteres.

Uzowulu ist bereits der dritte Todesfall innerhalb von elf Jahren im Zusammenhang mit Zwangsausschaffungen durch die Schweiz. 1999 erstickte ein palästinensischer Asylsuchender nachdem er gefesselt und mit Klebeband geknebelt wurde. Zwei Jahre später starb ein Asylsuchender in Ausschaffungshaft, als er von Polizisten auf den Boden gedrückt wurde.

Eine erste Autopsie durch das Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich ergab keine klaren Aufschlüsse über die Ursachen von Uzowulus Tod. Die Behörden gaben zu, der Nigerianer sei vor der Abschiebung während einigen Tagen im Hungerstreik gewesen. Mithäftlinge behaupten aber, der junge Mann habe für viel längere Zeit das Essen verweigert.

Du Boys-Reymond sagte, es sei nicht wichtig, ob der Ausschaffungshäftling zuvor im Hungerstreik war. Wichtig sei, dass er vor der Abschiebung als gesund erklärt wurde. Generell sollte es "so sein, dass nur gesunde Personen ausgeschafft werden," hielt er fest. Christoph Hugenschmidt, Sprecher der Menschenrechtsgruppe augenauf, bezichtigt du Boys-Reymond der Heuchlerei. "Wir haben dutzende Fälle dokumentiert, in denen Kranke oder ungesunde Personen deportiert wurden," sagt er.

In ihrer Pressemitteilung schrieb die Kantonspolizei Zürich, Uzowulu sei "polizeilich wegen Drogenhandels verzeichnet" gewesen. Hugenschmidt ist entrüstet: "Was soll das bedeuten? Er wurde nie wegen Drogenhandels verurteilt!" Der Menschenrechtsaktivist beschuldigt die Polizei des Rufmords und der Diffamierung zwecks Legitimierung des Todes des Nigerianers.

In der Stadt Zürich und vor dem Ausschaffungsgefängnis fanden seit Uzowulus Tod mehrere Demonstrationen statt. Als 150 Personen eine Kundgebung vor dem Abschiebegefängnis am Flughafen Zürich abhielten, wurden sie von Häftlingen über einen Hungerstreik informiert. Das Amt für Justizvollzug ließ verlauten, dass höchstens zehn Häftlinge hungerten. Die Insassen des Gefängnisses riefen aber aus ihren Zellenfenstern, dass mittlerweile Dutzende im Hungerstreik seien.

Cristina Anglet vom Solinetz in Zürich besucht die Inhaftierten im Flughafengefängnis regelmäßig. Die Schweiz, welche bislang die Schengen-Normen nicht vollständig umgesetzt hat, kann abgewiesene Asylsuchende für bis zu zwei Jahre einsperren. Anglet sagt, dass sicher mehr als zehn Personen im Hungerstreik gewesen seien: "Auf dem vierten Stock, wo vor allem AfrikanerInnen einsitzen, wiesen praktisch alle das Essen zurück. Zusätzlich hungerten einige Leute auf der zweiten Etage."

Hugenschmidt sagt, im zweiten Stock hätten neun Personen das Essen unangetastet zurückgegeben. Das Gefängnis beherbergt gegenwärtig 93 Häftlinge. Hugenschmidt ist entsetzt darüber, dass die Behörden den Hungerstreik herunterzuspielen versuchten. "Jemand ist eventuell gerade an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben. Dann – einige Tage später – kam es erneut zu Essensverweigerungen. Und die Behörden versuchten es zu negieren!" Am 29. März gab das zürcherische Amt für Justizvollzug bekannt, der Hungerstreik sei zu Ende.

Verschiedene Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und mehrere linke und grüne Kantonalparteien verlangen eine unabhängige Untersuchung von Uzowulus Tod. Balthasar Glättli ist Geschäftsführer von Solidarité sans frontières (Sosf). Die Organisation setzt sich für die Anliegen und Rechte von Flüchtlingen ein. Glättli würde es lieber sehen, wenn eine internationale Institution wie der UNO-Ausschuss gegen Folter ermitteln würde. "Die Staatsanwaltschaft ist dafür die falsche Stelle, weil sie viel zu enge Beziehungen zur Polizei unterhält."

Als Schengen-Staat muss die Schweiz die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union umsetzen. Diese beinhaltet die Einrichtung eines Systems zur Überwachung von Zwangsausschaffungen bis im Frühling 2011. Amnesty International verlangt, dass keine Abschiebungen ohne Begleitung durch unabhängige Beobachtungspersonen mehr durchgeführt werden.

Glättli bleibt demgegenüber skeptisch: "Überwachung macht nur Sinn, wenn die BeobachterInnen während des ganzen Prozesses anwesend sein können. Besser wäre, wenn Ausschaffungshäftlinge von Anwälten begleitet würden, welche sie juristisch repräsentieren und verteidigen könnten." Das grundsätzliche Problem sei damit aber nicht gelöst, sagt Glättli. Er fordert einen gänzlichen Verzicht auf Zwangsabschiebungen.

Glättli sagt, dass Häftlinge während Zwangsausschaffungen oft gefesselt würden. "Damit nehmen die Behörden bewusst in Kauf, dass Menschen sterben." Sosf ist der Meinung, dass "das Recht auf körperliche Unversehrtheit und der Schutz vor im schlimmsten Fall tödlichen Zwangsmassnahmen [...] in jedem Fall höher gewichtet werden [müssen] als der Wunsch der Schweiz, Personen von ihrem Territorium zu entfernen."

*UPDATE: Über die Identität des verstorbenen Nigerianers herrscht Unklarheit. 'Alex Uzowulu' ist wohl nicht sein richtiger Name. Es scheint, dass der 29-Jährige einen falschen Namen benutzte. Gemäss Recherchen der African Mirror Foundation lautet sein richtiger Name Joseph Ndukaku Chiakwa.

Dieser Bericht wurde von Ray Smith verfasst. Die englische Originalversion des Beitrags wurde hier von IPS Inter Press Service veröffentlicht.

Jan 8, 2000

bericht: "Polizei räumt 'Sans-Papiers'-Schule"

2010-01-08
[en]
Zürichs Stadtpolizei räumte und demolierte am vergangenen Donnerstag eine selbstverwaltete Schule, in der illegalisierte MigrantInnen Sprachkurse besuchten. Derweil schickt die Schweizer Regierung erneut einen Entwurf zur Revision des Asylgesetzes in die Vernehmlassung.

Am Donnerstagmorgen stürmten etwa dreißig PolizistInnen, die Hälfte von ihnen in Kampfmontur, die Autonome Schule Zürich (ASZ). Anwesende Personen und protestierende UnterstützerInnen wurden teilweise mit Pfefferspray auf Distanz gehalten, während Beamte der Stadtpolizei Zürich vorhandenes Material wie Nachschlagewerke, Schulbücher und technische Utensilien beschlagnahmten. Der Pavillon, in dem sich die Schule befand, wurde teilweise beschädigt. Selbst die Fenster wurden entfernt, um das Gebäude unbenutzbar zu machen.

Die ASZ startete ihren Betrieb im ehemaligen Schulhaus Allenmoos II in einem Außenquartier Zürichs letzten April, als AktivistInnen den leerstehenden Pavillon besetzten. Die autonome Schule baute auf Selbstverwaltung. Kurse konnten gratis offeriert und besucht werden. Das Angebot war dementsprechend breit und reichte von Open-Source-Computerkursen bis zu Workshops zu Solarenergie.

Die wohl größte Gruppe, welche die ASZ nutzte, war der Verein 'Bildung für alle', welcher vor einem knappen Jahr von MigrantInnen und AktivistInnen aus antirassistischen Kreisen gegründet wurde, um abgewiesene Asylsuchende zu unterstützen. Das Projekt versteht sich als Widerstand gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Unterdrückung.

Der Lehrer Ruedi Salzmann war Zeuge des Polizeieinsatzes und zeigt sich überrascht: „Wir rechneten damit, bis im Sommer bleiben zu können.“ Tatsächlich hat Zürichs Stadtrat Ende November festgehalten, er dulde die Besetzung und rechne mit deren Ende im Sommer 2010, da dann der Baubeginn für den geplanten Kinderhort sei. Getrieben von finanziellen Überlegungen argumentierte der Stadtrat damals: „Eine Räumung der Liegenschaft zöge erneute Besetzungen nach sich. Sie zu verhindern, würde kostenintensive Sicherungen erfordern.“

Michael Raissig, ein Aktivist des 'Bleiberecht-Kollektivs' sagt, in Zürich würden Räumungen von besetzten Häusern gewöhnlich angekündigt und ein Termin bekannt gegeben. Er sagt, unzählige Freiwillige hätten viel Zeit und Arbeit in das Projekt gesteckt und gesteht: „Es ist ein harter Schlag ins Genick, wenn innerhalb eines Tages plötzlich alles kaputt gemacht wird.“

In der Schweiz leben zwischen 100.000 und 200.000 sogenannte 'Sans-Papiers', papierlose MigrantInnen. Während der letzten paar Jahre hat das kleine Land mit knapp 8 Millionen EinwohnerInnen seine Asylpolitik wiederholt verschärft. Laut dem Bundesamt für Migration stellten vergangenes Jahr rund 16.000 Menschen einen Antrag auf Asyl und etwa 5.000 abgewiesene Personen „reisten aus“ oder wurden „zurückgeführt,“ sprich: deportiert.

Im September 2006 wurde eine mit massiven Verschärfungen gespickte Revision des Asylgesetzes mit 68-Prozent Ja-Stimmen angenommen. Neben anderen Punkten beinhaltete die Revision Änderungen in den Bedingungen, welche zu einem sogenannten 'NEE', einem 'Nichteintretensentscheid' führen: Auf Asylgesuche sollte künftig nur noch eingetreten werden, wenn der Antragsteller ein gültiges Ausweisdokument wie beispielsweise einen Reisepass vorweisen kann. Während manche MigrantInnen zwar absichtlich keine Identitätspapiere auf sich tragen, flüchteten andere vor repressiven Regimen in ihren Herkunftsländern, deren Behörden ihnen aus politischen Gründen gar nie Reisedokumente ausstellten.

Ende Dezember eröffnete der Bundesrat das Vernehmlassungsverfahren für eine erneute Revision der Asylgesetzgebung. Er gestand ein, dass die harten Bestimmungen für ein Nichteintreten nicht wie erhofft bewirkten, dass markant mehr Asylsuchende an den Empfangsstellen mit gültigen Reisedokumenten auftauchten. 2009 legten bloß 29 Prozent der AntragstellerInnen valide Identitätspapiere vor – nur drei Prozent mehr als noch 2006.

Die harten Kriterien in der Asylgesetzgebung haben viele MigrantInnen in die Illegalität gedrängt, da auf ihre Anträge gar nicht erst eingetreten wurde oder diese im regulären Verfahren abgelehnt wurden. Der Sans-Papiers-Lehrer Ruedi Salzmann bemerkt, für die Schweizer Behörden existierten Asylsuchende ab dem Moment nicht mehr, in dem sie einen negativen Entscheid erhalten. „Tatsache ist aber, dass sie trotzdem noch da sind,“ sagt Salzmann. „Durch unsere Schule wurden sie wieder sicht- und hörbarer.“

Bah Saidou, selbst papierlos, war ebenfalls ein Lehrer an der ASZ. Aufgrund seiner guten Sprachkenntnisse unterrichtete er andere MigrantInnen in den Grundlagen der deutschen Sprache. Er ist entsetzt ob der polizeilichen Räumung. Keinen Ort mehr zu haben wo man unterrichten und lernen könne habe schlimme Konsequenzen für ihn und seine Genossen, da der Sprachkurs ihr Leben und ihre Integration in die Gesellschaft vereinfacht habe. „Die meisten von uns leben in Notunterkünften und haben keinen Zugang zu Bildung,“ sagt Saidou und ergänzt: „Die autonome Schule war für viele von uns die einzige Möglichkeit etwas zu lernen.“

Zürichs Stadtpolizei begründet die Räumung mit einer unsicheren, von den BesetzerInnen illegal verlegten Stromleitung. Mario Cortesi, Sprecher der Stadtpolizei behauptet, die Räumung sei aus Sicherheitsgründen erfolgt. Ein Hauswart einer nahen Schule erlitt im Dezember einen Stromschlag, als er mit einer mangelhaft isolierten Stelle an der Leitung in Kontakt kam. Die BesetzerInnen argumentieren derweil, die Stadt habe ihnen nach dem Vorfall wiederholt eine provisorische Leitung zugesichert, aber das städtische Elektrizitätswerk habe sich geweigert, das benötigte Material zur Verfügung zu stellen. Deshalb habe man sich wiederum selbst geholfen und erneut eine – diesmal einwandfreie – Leitung gelegt.

Die AktivistInnen vermuten, dass der Räumungsgrund an den Haaren herbei gezogen worden sei. „Die Begründung mit dem angezapften Strom war wohl nur ein Vorwand um die Schule zu räumen, die unliebsame Eigeninitiative der Sans-Papiers loszuwerden und gleichzeitig der BesetzerInnen-Szene eins auszuwischen,“ sagt der Aktivist Michael Raissig. Sein Kollege Saidou assistiert, falls das Problem wirklich bloß technischer Art gewesen sei, so hätte man doch miteinander diskutieren und gemeinsam eine Lösung suchen können. „Aber es kann doch nicht sein, dass man gleich das Schulhaus räumt und all unser Material abtransportiert,“ schimpft er.

Die neusten Vorschläge für die neuerliche Revision des Schweizer Asylgesetzes folgen derselben Linie wie die Räumungsaktion der Stadtpolizei Zürich. In einem Versuch, Kritiker zu beschwichtigen schlägt das Bundesamt für Migration vor, künftig auch auf einen Asylantrag einzutreten, auch wenn ein Antragsteller keine gültigen Identitätspapiere vorlegt. Allerdings beabsichtigt die Revision, die Beschwerdefrist für negative Entscheide im materiellen Verfahren auf die Hälfte, nämlich 15 Tage, zu senken. Zum Vergleich: In verwaltungsrechtlichen Verfahren ist eine Beschwerdefrist von 30 Tagen die Regel.

Die Räumung der ASZ sowie die entworfene Revision des Asylgesetzes illustrieren einmal mehr die kontinuierliche, repressive Politik der Schweiz gegenüber Asylsuchenden und papierlosen MigrantInnen. Man tut als existierten diese und ihr Problem nicht und vermeidet es tunlichst, nach praktikablen Lösungen zu suchen welche die Würde und Bedürfnisse der MigrantInnen respektieren.

Michael Raissig sagt, das Projekt 'Bildung für Alle' sei nicht gestorben, auch wenn mit der Räumung klargemacht worden sei, dass ein solches Projekt in der Schweiz nicht erwünscht sei. Ruedi Salzmann fügt an, der Trägerverein diskutiere künftige Schritte. Er betont, es gäbe einen Konsens, jetzt erst recht weiterzumachen: „Wir suchen neue Räume und sind auch bereit, an öffentlichen Orten Schule zu veranstalten.“

Dieser Bericht wurde von Ray Smith verfasst. Die englische Originalversion des Beitrags wurde hier von IPS Inter Press Service veröffentlicht.

bericht: "polizei räumt 'sans-papiers'-schule"

2010-01-08
[en]
zürichs stadtpolizei räumte und demolierte am vergangenen donnerstag eine selbstverwaltete schule, in der illegalisierte migrantInnen sprachkurse besuchten. derweil schickt die schweizer regierung erneut einen entwurf zur revision des asylgesetzes in die vernehmlassung. (...) [weiterlesen]

Apr 8, 1999

video: "sans-papiers protestieren für ausweise"

2009-04-08
[en]
am dienstag, 7. april 2009, zogen mehr als 100 sans-papiers und unterstützerInnen lautstark vom flüchtlingscafé "refugees welcome" zum zürcher sozial- und migrationsamt. sie forderten gültige identitätspapiere und protestierten gegen den ausweisentzug.

auf beiden ämtern hinterliessen die sans-papiers einen protestbrief, worin sie offizielle ausweisdokumente fordern. manche betroffene verfügen bloss über ein papierchen ihrer jeweiligen notunterkunft. der besitz eines solchen zettels schützt aber nicht vor polizeilicher repression. auch können damit auf der post keine eingeschriebenen briefe abgeholt oder in der bibliothek bücher ausgeliehen werden.

die demonstrantInnen wiesen darauf hin, dass seit der kirchenbesetzung im winter 2008/09 systematische polizeikontrollen im umfeld von notunterkünften zugenommen haben. im anschluss an die besetzung untersagte das zürcher migrationsamt den betreiberInnen der notunterkünfte auch das ausstellen der ausweispapierchen. insbesondere flüchtlinge, die wöchentlich ihre notunterkunft wechseln müssen, verfügen seither über gar keine identitätspapiere mehr.

die sans-papiers argumentierten, dass sie auf diese weise gezielt der repression preisgegeben werden. sie wehrten sich gegen ihre zermürbung und kriminalisierung durch die behörden. weder im sozial- noch im migrationsamt wollten die verantwortlichen den brief persönlich entgegennehmen.

der 10-minütige kurzfilm dokumentiert die demonstration und betroffene erklären die hintergründe des protestes.
er kann hier (.mpeg/329mb) und hier (.mov/121mb) heruntergeladen werden. zudem kann er hier direkt auf youtube oder weiter unten angeschaut werden.

Mar 10, 1999

video: "bleiberecht jetzt!"

2009-03-10
[en] [es] [it] [fr]
am 19. dezember 2008 besetzten rund 150 sans-papiers und solidarische aktivistInnen für mehr als zwei wochen die predigerkirche in zürich. sie forderten eine humane umsetzung der gesetzlich verankerten härtefallregelung, die aufhebung des arbeitsverbotes für abgewiesene asylsuchende sowie die regularisierung des aufenthaltsstatus aller papierlosen.

in den jahren 2007 und 2008 traten verschiedene verschärfungen im schweizer asylrecht in kraft. so können nun alle abgewiesenen asylsuchenden von der sozialhilfe ausgeschlossen werden. sie haben bloss noch anspruch auf nothilfe. für deren umsetzung, umfang und form sind die kantone zuständig. im kanton zürich müssen betroffene personen mit nur 60 franken pro woche in form von gutscheinen der supermarktkette migros auskommen. manche sind sogar gezwungen, die notunterkunft wöchentlich zu wechseln.

auch in der härtefallpolitik kennt zürich keine gnade. die härtefallregelung erlaubt es illegalisierten menschen, die seit mindestens fünf jahren in der schweiz leben und sich "besonders erfolgreich integriert" haben, ein gesuch für eine aufenthaltsbewilligung zu stellen. die kantonalen migrationsbehörden prüfen die gesuche und können sie ans bundesamt für migration (BfM) weiterleiten. der kanton zürich allerdings stellt äusserst hohe anforderungen an die härtefallkriterien und hat im jahr 2008 kein einziges gesuch ans BfM weitergeleitet.

im rahmen der kampagne "bleiberecht für alle" wurde bereits im winter 2007 eine zürcher kirche kurzzeitig besetzt. im vergangenen jahr kam es zu zahlreichen protestaktionen. da sich aber an der asylpolitik des kantons zürich nichts änderte, entschlossen sich die aktivistInnen ende 2008 zur besetzung der predigerkirche. ein ausführlicher hintergrundartikel zur kirchenbesetzung findet sich hier.

der film dokumentiert die kirchenbesetzung und gibt betroffenen sans-papiers und aktivistInnen des bleiberecht-kollektivs zürich das wort. diese erklären die vorhandenen probleme, ihre anliegen und verschiedene aspekte der besetzung im detail. sie äussern sich zum gespräch mit dem zürcher migrationsamt und beurteilen die politischen ergebnisse.

der 30-minütige film ist das resultat einer zusammenarbeit diverser video-aktivistInnen von a-films, bleiberecht bern, bleiberecht zürich und solidarité sans frontières.
er kann hier (.mpeg/706mb) und hier (.mov/356mb) heruntergeladen werden. zudem kann er hier (teil 1/2/3) direkt auf youtube oder weiter unten angeschaut werden.

teil 1:


teil 2:


teil 3:

vidéo: "droit de rester immédiat!"

2009-03-10
[en] [de] [es] [it]
le 19 décembre 2008, 150 sans-papiers et un groupe d'activistes solidaires ont occupés plus de deux semaines l'église "prediger" à zurich. ils revendiquaient une mise en pratique plus humaine des réglementations des cas de rigueur, le retrait de l'interdiction du travail pour les personnes avec un demande d'asile rejetée ainsi que la régularisation du permis de séjour pour tous les sans-papiers.

depuis l'année 2007, plusieurs durcissements de lois, concernant le droit d'asile suisse, sont entrés en vigueur. ainsi tous les demandeurs d'asiles rejetés peuvent être exclus de l'aide sociale. ils n'ont plus que le droit à une aide d'urgence. les cantons sont responsables pour l'application, l'ampleur ainsi que la forme. les personnes concernées dans le canton de zurich doivent se débrouiller avec 60 francs suisse par semaine, distribués en forme de bon d'achat du supermarché migros. certaines sont mêmes obligées de changer de foyer chaque semaine.

aucune grâce n'est faite concernant la politique des cas de rigueur à zurich. la réglementation des cas de rigueur permet aux personnes faites-illégales, séjournant depuis au moins cinq ans en suisse et qui se sont "très bien intégrées", de faire une demande d'autorisation de séjour. les instances officielles du département de migration de chaque canton vérifient les dossiers et peuvent les transmettre à l'office fédéral des migrations (ODM). le canton zurich est très exigeant en ce qui concerne les critères de règlementation de cas de rigueur et n'a transmis en 2008 aucun dossier au ODM.

dans le cadre de la campagne "bleiberecht für alle!" ("droit de rester pour tou-te-s!") une église à zurich a déjà été occupée en 2007. l'année dernière il y a eu de nombreuses actions de protestations. mais comme la politique d'asile du canton de zurich n'a pas changé, les activistes ont pris la décision d'occuper l'aglise prediger fin 2008.

le film retrace l'occupation de l'église et donne la parole aux sans-papiers ainsi qu'aux activistes du comité bleiberecht de zurich. ceux-ci expliquent les problèmes existants, leurs souhaits et différents aspects et détails de l'occupation. ils commentent les discussions menées avec le bureau de migration du canton zurich et portent un jugement sur les résultats politiques.

le film d'une durée de 30 minutes est le résultat d'un travail commun, réalisé par divers vidéos-activistes de a-films, bleiberecht berne, bleiberecht zurich et solidarité sans frontières.
vous pouvez télécharger le film ici (.mpeg/706mb) et ici (.mov/358mb). vous pouvez aussi le visionner ici (partie 1/2/3) sur youtube ou sur le lien suivant.

partie 1:


partie 2:


partie 3:

Jan 11, 1999

video: "medienkonferenz in der besetzten kirche"

2009-01-11
[en] [fr]
am 29. dezember 2008 luden die besetzerInnen der predigerkirche in zürich zur pressekonferenz. mehrere vertreterInnen der sans-papiers machten dabei auf ihre prekäre lage im kanton zürich und auf ihre politischen forderungen aufmerksam.

der 9-minütige film gibt auszüge aus der pressekonferenz wieder. er kann hier (.mpeg/302mb) und hier (.mov/111mb) heruntergeladen werden. ebenso kann er hier auf youtube oder untenan angeschaut werden.

mehr infos zur besetzung gibt es auf der website des bleiberecht-kollektivs zürich.

video: "conférence de presse dans l’église squattée"

2009-01-11
[en] [de]
le 29 décembre 2008, les squatteurs de l’église "prediger" à zürich, suisse, ont invité les médias à une conférence de presse. plusieurs délégations de sans-papiers parlent de leur situation de précarité dans le canton de zürich et expliquent leurs demandes politiques.

le film de 9 minutes est une sélection de la conférence de presse. vous pouvez télécharger le film ici (.mpeg/302mb) et ici (.mov/111mb). vous pouvez aussi le visionner ici sur youtube ou sur le lien suivant.

vous trouvez plus d'information sur le squat au site web du bleiberecht-kollektiv zürich ou sur le site web du mouvement droit de rester.

Jan 7, 1999

video: "stimmen aus der kirche st. jakob"

2009-01-07
[en] [fr]
am sonntag, 4. januar 2009 zogen die besetzerInnen der predigerkirche in zürich auf einladung weiter in die kirche st. jakob. damit waren auch die von regierungsrat hollenstein gestellten bedingungen für ein gespräch erfüllt worden. am montag, 5. januar empfing hollenstein schliesslich eine delegation der sans-papiers zum gespräch.

im kurzfilm geben zwei migranten ihrer enttäuschung über die mageren zusagen des regierungsrats ausdruck, erklären nochmals ihre problemlage und äussern sich dazu, wie es weiter gehen soll.

der 8-minütige film kann hier (.mpeg/249mb) und hier (.mov/94mb) heruntergeladen werden. ebenso kann er hier auf youtube oder untenan angeschaut werden.

mehr infos zur besetzung gibt es auf der website des bleiberecht-kollektivs zürich.

vidéo: "voix de l'église st. jakob"

2009-01-07
[en] [de]
samedi 4 janvier, les squatters ont quitté l'église "prediger" à zürich, sur invitation de l'église "st. jakob". en changeant d'église, les conditions posées par le gouvernement officiel hollestein ont été remplies. lundi 5 janvier, mr. hollenstein a reçu une délégation de sans-papiers pour un dialogue.

dans ce court métrage, deux émigrants partagent leurs déceptions vis à vis des maigres promesses faites par le gouvernement, encore une fois ils expliquent leur situation problématique et racontent ce qu'il devrait se passer prochainement.

vous pouvez télécharger le film ici (.mpeg/249mb) et ici (.mov/94mb). vous pouvez aussi le visionner ici sur youtube ou sur le lien suivant.

vous trouvez plus d'information sur le squat au site web du bleiberecht-kollektiv zürich ou sur le site web du mouvement droit de rester.

Jan 5, 1999

video: "demonstration 'bleiberecht für alle'"

2009-01-05
[en] [es] [fr]
am 3. Januar 2009 protestierten rund 2000 leute mit den kirchenbesetzerInnen gegen die asylpolitik der schweiz und vor allem des kantons zürich.

der kurzfilm bietet einige impressionen von der demo.

der 3-minütige video kann hier (.mpeg/103mb) und hier (.mov/38mb) heruntergeladen werden. ebenso kann er hier auf youtube oder untenan angeschaut werden.

mehr infos zur besetzung gibt es auf der website des bleiberecht-kollektivs zürich.

video: "demostración 'derecho a quedarnos para todos'"

2009-01-05
[en] [de] [fr]
el 3 de enero de 2009, sobre 2000 personas protestaron junto con los ocupantes ilegales de la iglesia en contra de la política de asilo de suiza, específicamente del cantón de zurich.

el cortometraje proporciona algunas impresiones de la marcha.

este video de 3 minutos de duración puede ser descargado aquí (.mpeg/103mb) y aquí (.mov/38mb) en alta calidad. además, puede ser visto aquí en youtube o también:

vidéo: "manifestation 'le droit de rester pour tous'"

2009-01-05
[en] [de] [es]
le 3 janvier 2009, environ 2000 personnes ont manifesté avec les squatteurs de l'église contre la politique d'asile de la suisse et spécifiquement du canton de zürich.

ce court métrage offre quelques impressions de la marche.

vous pouvez télécharger le film ici (.mpeg/103mb) et ici (.mov/38mb). vous pouvez aussi le visionner ici sur youtube ou sur le lien suivant.

vous trouvez plus d'information sur le squat au site web du bleiberecht-kollektiv zürich ou sur le site web du mouvement droit de rester.

Jan 4, 1999

video: "stimmen aus der besetzten kirche (3)"

2009-01-04
[en] [fr]
vor der demonstration und dem umzug in die kirche st. jakob geben sich die besetzerInnen des predigerkirche in zürich noch immer kämpferisch. der druck seitens der medien und der kirche nehmen derweil stetig zu und rufe nach dem abzug der flüchtlinge werden lauter.

im kurzfilm sprechen drei migranten aus guinea-bissau, iran und irak sowie eine aktivistin des lokalen bleiberecht-kollektivs über die gegenwärtige lage und probleme und geben einen einblick in ihre kollektiven organisationsmechanismen.

der 10-minütige film kann hier (.mpeg/321mb) und hier (.mov/124mb) heruntergeladen werden. ebenso kann er hier auf youtube oder untenan angeschaut werden.

mehr infos zur besetzung gibt es auf der website des bleiberecht-kollektivs zürich.