Interview mit Guido Speckmann (nd-aktuell) über "Wir Untoten des Kapitals", das Mittlere bei Brecht und darüber, was die Linke vom feministischen Care-Begriff lernen könnte
Essay | ISBN: 978-3-518-12746-9 | 328 Seiten | erschienen Juni 2020 | 18 € | lieferbar | edition suhrkamp
Das Untote scheint sich unserer Gesellschaft zu bemächtigen – »seelenlose Städte«, ein Wirtschaftsmodell, das gutes Leben mehr zerstört als ermöglicht, die Rückkehr der faschistischen Monster. Raul Zelik fragt, wie diese Entwicklungen zusammenhängen und wie sie sich stoppen lassen. Bei dieser Suche wendet er sich einer weiteren Untoten zu, die einfach nicht sterben will: der sozialistischen Idee.
Die USA, die EU, aber auch viele Venezolaner*innen blasen zum Sturz der Regierung Maduro. Tatsächlich ist die ökonomische Krise in dem südamerikanischen Land unerträglich geworden. Doch aus dem Blick gerät, dass auch die Opposition das strukturelle Problem des Landes ignoriert: die Abhängigkeit vom Öl und die "Rentenökonomie" von Staat und Gesellschaft.
Bei Neue Halberg Guss wurde in Leipzig und Saarbrücken im Sommer mehr als 40 Tage lang gestreikt. Im September wurde die Arbeit erneut niedergelegt. Im Interview spricht der Organizer und Gewerkschaftssekretär Michael Knopp (IG Metall Saarbrücken) über Organisierung, Streiken, Solidarität und den Kampf gegen rechts. Besonders interessiert hat uns auch die grundsätzliche Frage, warum Arbeitskämpfe so wichtig sind, um die Verbreitung rassistischer und nationalistischer Ideen zu stoppen.
Zum 200. Geburtstag von Karl Marx wird auf allen Kanälen wieder einmal nach der Aktualität seines Werks gefragt. In meinem Text mache ich vier Aspekte stark:
i) für einen materialistic turn, ii) Gesellschaft von unten denken, iii) eine Wissenschaft der Krisen, iv) die wahre Welt der Warenwelt.
Aus dem Buch: Lucas / Pfriem / Thomasberger (Hg.):
"Auf der Suche nach dem Ökonomischen"
(Metropolis-Verlag)
En estas semanas, siempre se escuchan las mismas tesis: los catalanes no quieren compartir, el gobierno Puigdemonte es irresponsable, ¿no sería mucho mejor una reforma democrática de toda España? … Aquí mis 13 FAQs sobre el conflicto catalán.
Erzählungen aus 20 Jahren: Von Kettenraucherinnen, die als Fluchthelfer reüssieren, Jugendlichen, die sich falsch verlieben, einem Schriftsteller, der als Phantom im Untergrund lebt, Abiturkurden aus Iserlohn, die sich unverhofft einen Namen als Vorstadt-Gangster machen. Zeliks Geschichten sind Grenzgänger-Storys über Menschen, die nicht genau wissen, wo sie hingehören. Melancholische, aber immer auch ironische Erzählungen über Reisen, Fremdheit, Migration und widerlegbare Vorurteile.
»Bei Zelik wird die Bastardisierung der Sprache zur Strategie gegen das Diktat der Spaßgesellschaft.«
Ulrich Noller, TAZ
Alex, Mitte dreißig, kehrt im Rahmen eines Forschungsprojekts ins Baskenland zurück, wo er früher regelmäßig seine Ferien verbrachte. Nach seiner Ankunft erfährt er, dass auch sein alter Freund Zubieta zurückgekehrt ist, der nach einer Gefangenenbefreiung Mitte der achtziger Jahre im Untergrund lebt. Als Alex eine Nachricht von Zubieta zugespielt wird, ist er hin- und hergerissen. Die beiden verbindet eine tiefe Freundschaft, doch das Risiko, sich mit Zubieta zu treffen, ist groß. Der Freund gehört zu den meistgesuchten Terroristen Europas. Schließlich ringt Alex sich durch und begleitet Zubieta auf eine Reise über die iberische Halbinsel – eine 1000 Kilometer lange Fahrt zwischen Angst und Zweifeln. Ein Buch über Europa und das Wesen von Identität, Gewalt und Politik, das mit Elementen des Kriminalromans von einer außergewöhnlichen Freundschaft erzählt.
»Man kann diesen Roman nach der Lektüre nicht gleich weglegen. Seine nachdenkliche, deeskalierende Erzählweise ist ein wohltuendes Antidot gegen die aufgeheizten Terrorismusdiskurse unserer Tage.«
Beatrix Langner, Neue Zürcher Zeitung
Mario lebt recht zufrieden in einer WG am alten Mauerstreifen in Berlin. Doch dann wird es plötzlich unerwartet voll in der Küche. Wohnungslose rumänische Bauarbeiter, die seit Monaten vergeblich auf ihren Lohn warten, erhalten Asylrecht in der Wohngemeinschaft. Da die fettigen Pfannengerichte und das »Kusturica-Geklimper« Mario schon bald auf die Nerven zu gehen beginnen, fasst er einen folgenreichen Beschluss: Er wird den Gästen zur Seite springen und die Löhne für sie eintreiben.
Zeliks Roman – inspiriert von einem mit Detlev Buck geschriebenen Drehbuch – ist nicht nur eine höchst unterhaltsame Geschichte über Liebe und Anarchie, sondern auch ein scharfes Porträt der Berliner Republik von unten.
»Wie Raul Zelik den Leser durch das Berlin von heute führt, Geschichten findet, Pointen, Witze, Grausamkeiten, und wie er all die Geschichten zu einer großen zusammenbindet, zu einem echten Roman von hier und heute, das ist großartig.«
Volker Weidermann, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
Flacoloco, Elektrotechniker in Medellín, hat Probleme: Seine mysteriösen Auftraggeber geben sich wortkarg. Die Jugendlichen im Viertel, mit denen er nach Feierabend Stücke von Dario Fo probt, stehen mehr auf Telenovelas als auf »Theater der Unterdrückten«. Die von ihm angebetete Luisa, genannt La Negra, will von einer Liebesbeziehung nichts wissen. Und zu allem Überfluss jagen die Mörder seiner Mutter auch ihn. Auf wahren Begebenheiten beruhend erzählt dieser Roman vom Krieg in Kolumbien – zwischen brutaler Gewalt und grenzenlosem Optimismus.
»Ein grandioser Roman ... ein großartiges Thrillerdebüt.«
Tobias Gohlis, DIE ZEIT
Musik, Rumhängen, Basketball, Filme und gelegentliche Jobs. Das ist der Alltag einer Gruppe von Jugendlichen aus Familien unterschiedlicher Nationalitäten. Gegen den Rassismus, den sie täglich erfahren, setzen sie sich zur Wehr. Als es bei einer ihrer Aktionen gegen Mitglieder einer rechtsradikalen Partei zu Tumult und Messerstecherei kommt, in deren Folge ein Parteifunktionär stirbt, ist der lässige Sommer im Kiez abrupt zu Ende. Gefängnis und Flucht werfen bedrohliche Schatten, einige aus dem Freundeskreis werden verhaftet, andere unter Mordverdacht mit Haftbefehl gesucht. Zurückhaltend, aber mit genauem Blick erzählt Raul Zelik von den Ereignissen, die Anfang der neunziger Jahre als Kaindl-Fall bekannt geworden sind.
»Zelik brother, willkommen an der Front. Der Kampf geht weiter: gegen die Meute!«
Feridun Zaimoglu
Las movilizaciones del 15M y el ascenso de Podemos han sacudido a la sociedad española. El colapso económico ha llevado a una repolitización frenética y sorprendente de nuestro país. Pero la crisis española no se debe exclusivamente a las altas tasas de desempleo, al incremento dramático de los desahucios o a la corrupción política. El país se encuentra hundido también en una profunda crisis constitucional y territorial, heredada de la Transición y consecuencia de la falta de una ruptura democrática con el régimen franquista. Con la perspectiva externa de un buen conocedor de los múltiples conflictos subterráneos del Estado español, Raul Zelik desarrolla una versión heterodoxa de la historia reciente de España.
Este estudio que es fruto de más de una década de investigaciones de campo, examina detenidamente los vínculos entre crisis del Estado, economía ilegal y violencia extrema en Colombia. Un libro que busca aportar tanto al análisis de la actualidad colombiana como a la memoria histórica de cinco décadas de conflicto armado.
Con una actualización sobre el desarrollo del neoparamiliarismo desde 2010.
Publicado por la fundación Friedrich Ebert, el Instituto Goethe y Siglo de Hombre Editores.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit leben wir in einem echten Weltsystem: dem Kapitalismus. Er ist dabei, sich zu Tode zu siegen. Der Ausstieg aus der heißlaufenden Maschine Kapitalismus stellt eine gewaltige Herausforderung dar. Auf der Suche nach gesellschaftlichen Alternativen kommen wir um die Frage nach dem Gemeineigentum nicht herum.
Nach den Berlin-Wahlen ist wieder viel von rot-rot-grünenKoalitionen die Rede. Es gehe um realistische Perspektiven, heißt es, die Linke müsse Hoffnung auf Veränderung wecken. Das Argument würde schon einleuchten – wäre es denn richtig. Das Problem ist nämlich, dass Mitte-Links-Regierungen in den vergangenen 30 Jahren eigentlich nirgends in Europa linke Reformpolitik gemacht haben. Im Gegenteil – sie haben die Gesellschaft in wichtigen Fragen nach rechts verschoben.
Das stimmt nicht nur für die rotgrüne Koalition in Deutschland, die die ersten Kriegseinsätze der Bundeswehr ermöglichte und den Sozialstaat mit Hartz-IV und Riester-Rente demontierte.
In Theoriezirkeln und Theatern werden die gesellschaftlichen Verhältnisse auf höchstem Niveau kritisiert – die über den Kapitalismus hinausreichende Perspektive kann fast schon als gesetzt gelten. Doch selten hat diese Radikalität etwas mit dem zu tun, was organisierte Linke und Bewegungen in ihrer Praxis machen. Selbst für diejenigen, die sich mit Theorie beschäftigen und politisch aktiv sind, fallen die beiden Bereiche oft weit auseinander.
Die in dieser Flugschrift versammelten Essays sind Versuche, diese Kluft zu überbrücken. Ihnen liegt die Frage zugrunde, was radikale Theorie zu den politischen Auseinandersetzungen der Gegenwart an Problembewusstsein und Antworten beisteuern kann. Sie gehen von der These aus, dass wir uns in den gesellschaftlichen Konflikten der Gegenwart souveräner bewegen würden, wenn wir uns daran erinnerten, was ein offener Marxismus und andere herrschaftskritische Theorien an Wissen erarbeitet haben. Sie sind auch dem Anliegen verpflichtet, kritische Theorien wieder als radikale Interventionen erkennbar zu machen.
Zur Verlagsseite: VSA: Verlag
Wie sehr der Neoliberalismus nicht nur „von oben“, sondern auch aus der Gesellschaft heraus produziert wird, hat sich seit 2008 nicht zuletzt daran gezeigt, wie wenig über Alternativen zum Kapitalismus gesprochen wurde. Obwohl das globale Kreditsystem fast kollabierte, scheint etwas Anderes als der Kapitalismus auch heute undenkbar. Selbst in der Linken geht es eher um Korrekturen als um Alternativen. Thomas Piketty mahnt eine bessere Verteilung der Vermögen an, Axel Honneth plädiert mit Gemeinplätzen für eine soziale Bürgergesellschaft, Mark Terkessidis lobt Kooperation und Eigenverantwortung in Projekten – auch unter neoliberalen Vorzeichen. Eine Debatte, die dem fragilen Zustand des Kapitalismus angemessen wäre, ist das alles nicht.
Zwei Jahre, nachdem Ada Colau von der Bewegung gegen Zwangsräumungen PAH (Plataforma de Afectados por la Hipoteca) zur „demokratischen Revolution“ aufrief, und ein Jahr nach der Wahl der früheren Hausbesetzerin zur Bürgermeisterin der Millionenstadt bietet Barcelona das bekannte Bild. Touristenhorden wälzen sich auch außerhalb der Saison durch das Barri Gòtic, das Altstadtviertel in der Nähe des Rathauses. Backpacker überprüfen per Smartphone ihren Weg zur AirBnb-Unterkunft. Auf den Ramblas preisen – legale wie illegale – Verkäufer chinesische Souvenirs an: Trikots, Postkarten, Plastikkitsch.
Wer die innerparteilichen Auseinandersetzungen in der LINKEN bislang einigermaßen zu verstehen glaubte, sieht sich in diesen Tagen eines Besseren lehrt. Parteilinke, die bisher v.a. für ihren Widerstand gegen falsche Kompromisse bekannt waren, pochen auf Realpolitik. Offene Grenzen seien unrealistisch, so sagen sie, wenn man nicht gleichzeitig den Kollaps des Sozialstaats in Kauf nehmen wolle. Ohne Umverteilung auf Kosten der Reichen werde die Zuwanderung nämlich die öffentlichen Haushalte überlasten und die Lebensverhältnisse der Unterschicht noch weiter verschlechtern.
Als Rainald Goetz 2013 seinen Roman „Johann Holtrop“ veröffentlichte, bemängelte so mancher Kritiker, die Personen seien ohne jedes Mitgefühl geschildert worden. Von „einer eintönigen Abscheu-Inszenierung“, war beispielsweise bei Volker Weidermann die Rede, einer „Giftzwergprosa“, durch die man nichts über die inneren Konflikte erfahre. Dabei war das vermutlich das Abgefahrene an dem Roman: das empathielose System totaler ökonomischer Herrschaft wurde nicht von irgendwelchen emotionalen Unterhaltungselementen zugekleistert. Über die Film-Trilogie „Mitten in Deutschland“, die die Geschichte der rassistischen Terrororganisation NSU nachzeichnet, lässt sich nichts Vergleichbares sagen. Hier wird aus allen Rohren gemenschelt – so als dürfe dem Fernsehpublikum die radikale Empathielosigkeit des Rassismus auf keinen Fall zugemutet werden.
Seit Mai 2015 wird die katalanische Hauptstadt von der linken Bürger/innen-Liste Barcelona En Comú regiert. Bürgermeisterin ist Ada Colau, Aktivistin der PAH (Bewegung gegen Zwangsräumungen) und ehemalige Hausbesetzerin. Ihr Stellvertreter, der argentinischstämmige Verfassungsrechtler Gerardo Pisarello, spricht im Interview über linke Stadtregierungen, das Netzwerk „Rebellische Städte“ und die Möglichkeiten radikaler Veränderung.
Für Bedenkenträger ist die Varoufakis-Initiative „Democracy in Europe-Movement“ (DiEM25), die am Dienstag in der Berliner Volksbühne vorgestellt wurde, ein gefundenes Fressen. Der linksliberale Publizist Albrecht von Lucke spottete, bei Varoufakis werde 12 Euro Eintritt für die Revolution verlangt. Und Feuilletonisten kritisierten die Werbeästhetik und die weichgespülte Erneuerungsrhetorik des Theaterabends.
Nachdem sich die Unabhängigkeitsparteien Junts Pel Sí und Candidatura d’Unitat Popular (CUP) Anfang Januar, nur zwei Stunden vor Ablauf der gesetzlich vorgeschriebenen Frist, doch noch auf die Wahl eines Ministerpräsidenten verständigen konnten, treibt Katalonien nun ernsthaft seine Loslösung von Spanien voran. Die Linke im spanischen Staat ist über diesen Prozess tief zerstritten. Während in Madrid die Einschätzung vorherrscht, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen zu einer Ethnisierung sozialer Konflikte führen werden, sind viele Linke in den Regionen davon überzeugt, dass der Unabhängigkeitsprozess die Tür für soziale und demokratische Veränderungen weit aufstoßen kann.
Bei den spanischen Parlamentswahlen hat sich die bereits während der Platzbesetzungen der 15M-Bewegung im Jahr 2011 beobachtete Entwicklung weiter fortgesetzt: Die Parteien, die das politische System seit dem Ende der Franco-Diktatur 1976 beherrschten, haben massiv an Glaubwürdigkeit eingebüßt und sind regelrecht implodiert. So kommen die rechtskonservative PP (Partido Popular) und die sozialdemokratische PSOE (Partido Socialista Obrero Español) zusammen nur noch auf 50%.
Rezension von Nick Srnicek / Alex Williams' "Inventing the Future. Postcapitalism and a World without Work" (Verso)
Im Kulturbertrieb geht es bekanntlich nicht anders zu als sonst irgendwo auf dem Markt: Wichtiger als der Inhalt eines Produkts ist seine Vermarktung. Kein Erfolg ohne passendes Label. Beim „Akzelerationismus“, der sich als „neuere politischen Philosophie“ begreift und vom Mainstream-Feuilleton mit einiger Aufmerksamkeit bedacht worden ist, hat man den Eindruck, es mit einem solchen Marketing-Label zu tun zu haben. Seine Kernthese lautet, dass wir in Anbetracht der Krise ein neues, großes Zukunftsversprechen benötigen und diese Zukunft nur aus der beherzten Affirmation des technischen Fortschritts erwachsen kann.
In den vergangenen Jahren haben so unterschiedliche TheoretikerInnen wie Slavoj Zizek, Jacques Rancière, David Harvey, Chantal Mouffe und Toni Negri auf sehr ähnliche Weise betont, der Kampf um Demokratie sei zentraler Bestandteil eines neuen linken Projekts. Die alte These des Sozialdemokraten Eduard Bernstein, wonach „Demokratie Mittel und Zweck zugleich“ sei, nämlich ein „Mittel zur Erkämpfung des Sozialismus“, aber auch „die Form seiner Verwirklichung“, scheint durch den Zusammenbruch des Ostblocks bestätigt.
Über nichts können sich Linke heutzutage so trefflich zerstreiten wie über die Frage nach den globalen Machtverhältnissen. Während die einen in Anbetracht des islamistischen Terrors der Ansicht sind, „der Westen“ habe vielleicht doch eine ganz positive, weil irgendwie zivilisatorische Funktion, halten die anderen an liebgewonnenen Analysen fest und sehen die Weltpolitik ausschließlich von den Verschwörungen Amerikas bestimmt. Offensichtlich herrscht große Ratlosigkeit darüber, wer wie im globalen Kapitalismus eigentlich herrscht: die USA, supranationale Institutionen wie der IWF oder doch eher subjektlos „das Kapital“?
Teil II einer losen, auf 5 Folgen angelegten Aufsatzreihe zur Kapitalismuskritik.
75 Prozent der Deutschen sind laut „Wirtschaftswoche“ der Ansicht, der Kapitalismus müsste stärker politisch reguliert werden. In Frankreich sieht man noch klarer: Dort sind 43 Prozent der Ansicht, der Kapitalismus sei am Ende, ein neues System müsse her. Doch auch wenn die Hegemonie des Weltsystems bröckelt, artikuliert sich – auch im 7. Jahr der globalen Krise – vergleichbar wenig Widerstand. Das liegt nicht nur daran, dass im Kapitalismus im Unterschied zu anderen Herrschaftsformen niemand die unmittelbare Verantwortung für die Verhältnisse zu tragen, weil sich die Aneignung wie von selbst organisiert. Es hat auch damit zu tun, dass der neoliberale Kapitalismus die gesellschaftliche Grundlage zersetzt, die überhaupt etwas infrage stellen könnte: das Soziale an sich, die gemeinschaftliche Zuversicht, dass etwas Anderes möglich ist und gewagt werden könnte. Wir gleichen einem Depressiven, für den die Gegenwart grau, aber die Zukunft noch farbloser ist. In dieser Hinsicht wäre die Zeit eigentlich reif für einen Antikapitalismus, der vom sozialpsychischen Erleben der Zustände ausgeht.
Teil I einer losen, auf 5 Folgen angelegten Aufsatzreihe zur Kapitalismuskritik
Während der „Islamische Staat“ im Irak und Syrien vorrückt und seine Macht durch immer abgestumpftere Gewalthandlungen zu zementieren versucht, schreiben europäische Intellektuelle an einer Verteidigungslinie. Wie schon nach den Anschlägen im September 2001 errichten sie diese entlang der Erzählung „Zivilisation“ vs. „Barbarei“. Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter beispielsweise schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, das triebhafte „Böse“ sei für das fundamentalistische Grauen verantwortlich. Sprich: Es ist der nicht ausreichend kulturalisierte, zu wenig durch moderne Staatlichkeit regulierte, animalische Mensch, der hier killt.
Betaversion einer losen, auf 5 Folgen angelegten Aufsatzreihe zur Kapitalismuskritik.
Vier Jahrzehnte nach Einführung der Demokratie steuert Spanien auf eine schwere Staatskrise zu. Seit Beginn des europäischen »Rettungsprogramms« 2011 haben sich die öffentlichen Schulden verdreifacht. Und wie überall in Südeuropa hat sich die soziale Lage dramatisch verschärft.25% der Bevölkerung sind arbeitslos, eine Million Menschen haben ihre Wohnung verloren, Löhne und Sozialleistungen wurden drastisch zusammengestrichen. Doch es rührt sich auch Widerstand. In Katalonien fordert die Mehrheit der Bevölkerung einen Bruch mit Madrid und eine demokratische Neugründung des Landes. Die »Empörten« des 15M haben seit 2011 immer wieder die Plätze und Straßen gefüllt. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2015 waren alternative Kandidaturen überaus erfolgreich. Und nicht zuletzt scheint auch die 2014 gegründete linke Bürgerbewegung PODEMOS das politische Establishment herauszufordern.
Zur Verlagsseite von Bertz & Fischer.
Design zersetzer. freie grafik / Berlin
Programmierung, Umsetzung G@HServices Berlin V.V.S.
Kopfbild Freddy Sanchez Caballero / Kolumbien