“Warum sind Kunstwerke von Frauen weniger wert“. Gut dass sich STRG_F dem Sexismus der Kunstwelt widmet, schade dass sie in neoklassischen kulturökonomischen Zirkelschlüssen ergehen und die naheliegende Antwort, dass die Kunstwelt vielleicht einfach noch ein starkes Sexismusproblem hat umschiffen, unter anderem mit Formulierungen wie ab Minute 17:00: “Der Kunstmarkt ist irgendwie so ein Teufelskreis”, “Die Sammler sagen aber dann, naja ich kann ja nur das kaufen was auf den Messen ausgestellt wird oder in Galerien hängt”, “Dann gibt’s ja noch die Kunstausstellungen, die beinflussen den Faktor, der Faktor beeinflusst wieder den Wert.“ Warum sind Kunstwerke von Frauen weniger wert? | STRG_F
Zu diesem “Faktor” kommen wir gleich nochmal. Der anti-feministische Backlash in den Kommentaren unter dieser Doku ist ekelhaft und borniert, aber an den Schlusssätzen der Doku zeigt sich dass das gestellte Rätsel (Warum sind Kunstwerke von Frauen weniger wert) unangetastet bleibt. Der Kunstmarkt ist kein Teufelskreis. Der Teufelskreis ist viel größer, die gesamte Produktion, Vermittlung und Zirkulation von Werken ist männlich dominiert, wie in der Doku gezeigt wird, lange institutionell fundiert und bis heute sich haltend. Zwei Punkte kommen leider nicht zur Sprache, erstens wie hegemoniale Männlichkeit und die Idee der Kunst verzahnt sind (männlicher Geniekult, male Gaze, etc.) und zweitens dass wir es mit symbolischen Gütern zu tun haben, an deren Wertbildung zahlreiche Instanzen mitwirken (Universitäten, Labore, etc.). Auch warum es zum Beispiel mehr Sammler als Sammlerinnen gibt, das wird gar nicht erwähnt, der Fokus müsste hierzu nicht nur größer sein als der Kunstmarkt oder die Kunstwelt, sondern müsste Geschlecht und Klasse in größerem Rahmen einbeziehen. So wie hier der Fokus auf den Kunstmarkt (als Teufelskreis) gelegt wird, verschiebt sich der Fokus aber sogar weg von der Reproduktion von Sexismus in der Kunstwelt.
Der Ausgangspunkt ist ein kulturökonomisches Paper: “In the secondary art market, artists play no active role. This allows us to isolate cultural influences on the demand for female artists’ work from supply-side factors. Using 1.5 million auction transactions in 45 countries, we document a 47.6% gender discount in auction prices for paintings.“ Adams/Kräussl/Navone/Verwijmeren (2018). Kulturelle Einflüsse (wie Sexismus), drücken in so einer Perspektive die Preise. Das motiviert die Reporterinnen aber nicht danach zu suchen wie die Kunstwelt den Sexismus reproduziert, sondern eigentlich nur nachzuweisen, dass er sich statistisch abbildet. Solche zirkulären Schleifen sind der kulturökonomischen Methode innerlich, die ihr Gegenstück in Aussagen zur Wert-Gleichung eines Kunstwerks hat, dessen Preis sich angeblich aus Breite+Höhe*kulturökonomischer Wert (vermutlich laut Artfacts Ranking) berechnet. Des Rätsels Lösung (Warum sind Kunstwerke von Frauen weniger wert) ist aber eher: sie kosten weniger, weil die Sammler weniger für sie zahlen wollen. Das wollen sie aber nicht weil sie weniger ausgestellt werden, sondern wegen einem grassierenden Sexismus in der Kunstwelt, der Frauen weniger Kunstfähigkeit zuschreibt. Das wäre die Erklärung für die Auktionspreise, oder wir suchen den geringeren Wert, dann müssen wir aber kulturökonomische Einflusstheorien hinter uns lassen und Kunst, Wissenschaft, Sammeln in ihrem Sexismus und in ihrer Ökonomie ansehen.