Söders Insta-Welpe, Clubhouse, Rundfunkbeitrag bar bezahlbar?

1. Widersteht Markus Söders Flauschfell mit Knopfaugen
(uebermedien.de, Lisa Kräher)
Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat auf seinem Instagram-Kanal ein Bild eines Hundewelpen veröffentlicht und damit reichlich Likes und Berichterstattung geerntet. Medien sollten sich nicht als PR-Werkzeuge zur Imagepflege einspannen lassen, findet Lisa Kräher: “Haben die Haustiere von Parteichefs Nachrichtenwert? Ist es generell überhaupt Journalismus, wenn Medien zeigen, was Politiker*innen und andere prominente Personen (womöglich aus Kalkül) in digitalen Netzwerken so posten?”

2. Gute Gründe, die Clubhouse-App (vorerst) zu ignorieren
(upload-magazin.de, Jan Tißler)
Es gebe gute Gründe, die Gesprächs-App Clubhouse vorerst ganz entspannt aus der Ferne zu betrachten, findet Jan Tißler. Der Umgang mit den Daten der Nutzerinnen und Nutzer sei problematisch, die Reichweite durch die Beschränkung auf iPhones begrenzt, die geschäftliche Nutzung und die Aufzeichnung der Talkrunden seien nicht erlaubt. Es lohne sich jedoch trotzdem, die App im Auge zu behalten.

3. Oberste Datenschützerin kritisiert Clubhouse-App
(zeit.de)
Monika Grethel, Vorsitzende der Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern, hat Bedenken, was den Datenschutz bei der neuen Social-Media-App Clubhouse anbelangt: “Die Möglichkeit der Nutzerinnen, dem Dienst Clubhouse Zugriff auf ihre Kontakte zu gewähren und diesem somit Kontaktinformationen von Personen, die selbst nicht Teilnehmende des Dienstes sind, zur Verfügung zu stellen, ist grundsätzlich kritisch zu sehen.”

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4. Junge User nutzen die Videoplattform für politische Statements
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 5:27 Minuten)
Bei dem gegenwärtigen Hype um Clubhouse wird leicht TikTok vergessen, die derzeit am schnellsten wachsende Plattform der Welt. Die beliebte Kurzvideo-App ist ursprünglich ein reines Unterhaltungsmedium, werde jedoch zunehmend für politische Statements genutzt. Der Deutschlandfunk hat mit dem Datenwissenschaftler Juan Carlos Medina Serrano über TikToks Politisierung gesprochen.

5. Verleger äußern sich zurückhaltend zu neuem “Tagesschau”-Angebot
(dwdl.de, Alexander Krei)
Die “Tagesschau” hat ihre Website überarbeitet. Bei dem Relaunch habe man vor allem auf die mobile Nutzung und die Einbindung der Audio- und Videoinhalte abgezielt. Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger wittert gewohnheitsmäßig unliebsame Konkurrenz. Man werde in den Gremien besprechen, ob das neue Angebot gegen Regelungen verstoße: “Sollten Verstöße festgestellt werden, bleibt zunächst der Weg zur im Mai 2019 ins Leben gerufenen Schlichtungsstelle offen.”

6. 17,50 Euro in bar
(taz.de, Christian Rath)
Derzeit ist die Zahlung des Rundfunkbeitrags nur bargeldlos möglich, doch das kann sich unter Umständen bald ändern. Ein Bargeld-Verteidiger hat sich bis zum Bundesverwaltungsgericht hochgeklagt, das wiederum beim Europäischen Gerichtshof nachgefragt hat. Christian Rath, rechtspolitischer Korrespondent der “taz”, erklärt, welche möglichen Ausgänge der Rechtsstreit nehmen kann.

“Bild”-Experte Marcel Reif ist “kein großer Gewaltanhänger”, aber …

In der “Bild TV”-Sendung “Reif ist live”, in der zwischen zwei Gläsern Müllermilch auch über Fußball gesprochen wird, ging es gestern unter anderem um Breel Embolo. Der Stürmer von Bundesligist Borussia Mönchengladbach soll Gast einer (in Corona-Zeiten) illegalen Party mit 23 Personen gewesen sein. Embolo bestreitet das. Er habe sich lediglich in einer angrenzenden Wohnung eines Freundes aufgehalten, so der Fußballer. Die Polizei sagt hingegen, Embolo sei von der Party über ein Dach in diese Wohnung geflüchtet.

“Bild”-Experte Marcel Reif findet, Breel Embolo sollte für den Besuch der Party mal ordentlich verprügelt werden. In seiner “Bild”-Sendung sagt er zu Moderator Walter M. Straten:

Wissen Sie, was mir gefallen würde? Wenn die in der Kabine in Gladbach, und ich könnte mir gut vorstellen, dass das so ist, also zu meiner Zeit, als ich ein bisschen gekickt habe, war das noch so, es gab so eine bestimmte innere Hygiene, um es mal sehr vorsichtig und sehr freundlich auszudrücken, in der Kabine. Also nach dem Motto: Trainer, könnten Sie mal kurz rausgehen? Wir brauchen mal fünf Minuten. Und dann macht man ein bisschen die Musik laut. Und dann wurde demjenigen mitgeteilt mit relativ klaren, auch nonverbalen Mitteln, was geht und was nicht geht.

Und wie reagiert “Bild”-Sportchef Walter M. Straten? Ist er empört, dass Marcel Reif zu Gewalt in der Gladbacher Kabine aufruft? Wundert er sich wenigstens, was Reif da so vorschlägt? Nee. Straten findet’s “spannend”:

Hui, das klingt ja spannend. Nonverbale Mittel. Also Gladbach äh …

Reif unterbricht ihn:

Ja, Körpersprache.

Wieder Straten:

Klassenkeile hat man in der Schule gesagt.

Marcel Reif versucht anschließend noch, seine Aussage wieder etwas einzufangen. Auf einmal geht es nicht mehr um laute Musik in der Kabine und um “nonverbale Mittel”, sondern eher um eine lustige Schneeballschlacht. Ein “großer Gewaltanhänger” sei er ja sowieso nicht, sagt Reif:

Also das könnte ich mir gut vorstellen. Ehrlich gesagt, ich bin kein großer Gewaltanhänger und kein Gewalttäter im Inneren, aber so eine kleine Abreibung, draußen liegt Schnee, so mal richtig einseifen und sagen: “Sag mal, hallo? Hallo, wach? Wie wär’s?” Nicht verkehrt.

Mit Dank an @tobylix für den Hinweis!

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Eine Woche mit Clubhouse, Sparkurs beim “Stern”, Live-Nacht

1. Eine Woche mit Clubhouse: Wohin soll das alles führen?
(rnd.de, Matthias Schwarzer)
“In dem einen Channel singt Philipp Amthor, in dem anderen reden Journalisten mit Rechten – und Thomas Gottschalk schafft es gar nicht erst, sich einzuloggen.” Zumindest in der deutschen Medienwelt wird seit Tagen über die Livetalk-App Clubhouse gesprochen. Matthias Schwarzer blickt angenehm distanziert und ironisch auf das muntere Treiben auf der neuen Plattform: “Zeitweise glich Clubhouse in seinen ersten Tagen einer sehr lauten Schulklasse voller Anwaltskinder. Keiner hatte wirklich etwas zu sagen, aber alle mussten etwas sagen. Die Fomo [fear of missing out] traf sie wie ein Faustschlag – wer jetzt nicht mitdiskutierte war ein Niemand. Und man wartete so sehnsüchtig auf das eine introvertierte Kind mit dem klugen Gedanken, das beim Aufzeigen nicht schnipst.”

2. ZDF zufrieden, ARD zerknirscht: Die Lehren aus der Live-Nacht von Washington
(uebermedien.de, Daniel Bouhs)
Außergewöhnliche Ereignisse wie der Sturm auf das Kapitol ziehen oft eine Diskussion über die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender nach sich. Daniel Bouhs hat sich umgehört, wie zufrieden ARD und ZDF mit ihrer eigenen Leistung sind.

3. Wie die Kapitol-Stürmer mit rechten Live-Videos Geld machen
(deutschlandfunk.de, Sinje Stadtlich, Audio: 4:47 Minuten)
Als am 6. Januar das Kapitol gestürmt wurde, gab es diverse Livestreams vom Geschehen. Einige der Angreifer haben daraus ein lukratives Nebengeschäft gemacht und ihre Bilder auf der rechtsdominierten Plattform DLive angeboten. Einer der Streamer habe mit den Bildern vom Kapitol-Sturm 2.000 Dollar verdient. Er sei mittlerweile festgenommen worden, und man habe seinen Account gelöscht. Was aber nicht heiße, dass nicht andere Rechtsextreme dort weiterstreamen würden.

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4. Social Media tut dem Journalismus einfach nicht gut, alles in allem.
(twitter.com, Jan-Eric Peters)
Der vormalige “Welt”-Chef und jahrzehntelange Springer-Mann Jan-Eric Peters leitet seit Anfang Januar die Geschäfte der “NZZ Deutschland” in Berlin. In einem Thread erklärt er, warum aus seiner Sicht Social Media dem Journalismus nicht gut tue. Sein kurzer Zwischenruf ist auch auf Facebook verfügbar.

5. Starker Journalismus in Zeiten der Krise
(verdi.de, Bärbel Roben & Helma Nehrlich & Karin Wenk)
Beim 34. Journalismustag der Gewerkschaft dju waren diesmal nur wenige Referent:innen im Berliner ver.di-Haus vor Ort. Die Konferenz fand weitgehend digital statt. Wer nicht dabei sein konnte, findet in dem Beitrag einen guten Überblick über die behandelten Themen. Spätestens heute Abend wolle man zusätzlich einen Videomitschnitt der Veranstaltung bei Youtube anbieten.

6. G+J-Betriebsrat fürchtet Imageschaden durch Sparkurs beim “Stern”
(meedia.de, Gregory Lipinski)
Die Sparmaßnahmen beim “Stern” hören nicht auf. Nachdem das Magazin bereits die Politik- und Wirtschaftsredaktion abgeben musste, wolle der Verlag Gruner+Jahr nun auch die Pressedatenbank mit zehn Mitarbeitenden dichtmachen. In einer Stellungnahme des Betriebsrats heißt es: “Der Redaktionsbeirat des Stern hat die Maßnahme in einem Brief an die Chefredaktion aufs Schärfste verurteilt. Auch der Betriebsrat hat die Geschäftsführung eindringlich vor der Umsetzung der Pläne gewarnt. Sie können das Image der Marke Stern beschädigen. Sie erzeugen schon jetzt Negativ-Schlagzeilen über den Stern und Gruner + Jahr. Und sie erzeugen massive Sorgen und Ängste in der Belegschaft – weit über die Stern-Redaktion hinaus.”

Bundespresseförderung, Angriffe auf Journalisten, Leben nach Töpperwien

1. “Wir wissen es nicht”
(journalist.de, Jan Freitag)
Gegen den Branchentrend meldet die “Zeit” wachsende Zahlen. Der “journalist” hat sich mit “Zeit-Online”-Chefredakteur Jochen Wegner über die Gründe unterhalten. Einer davon sei die aktuelle Pandemie: “So zynisch das klingt: Die Corona-Krise hat auch Gutes bewirkt. Sie hat uns etwa gezeigt, wo unsere Zukunft und die des Qualitätsjournalismus liegen könnte. Die gute Entwicklung von Zeit Online hat gewiss mit dem Ansatz zu tun, aktuelle, evidenzbasierte Berichterstattung zu stärken.”

2. Kurs halten lohnt sich
(jungewelt.de, Simon Zeise)
Die “junge Welt” berichtete 2019 über die Behinderung von Betriebsratswahlen bei einem Biolebensmittelhändler, was diesem gar nicht gefiel. Das Unternehmen erwirkte eine einstweilige Verfügung mit der Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 250.000 Euro alternativ Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Die Redaktion blieb bei ihrer Version und legte erfolgreich Widerspruch ein. Die Richter hätten die Klage des Konzerns bis auf einen Punkt abgelehnt: “Als Lehre bleibt: Unrecht darf öffentlich benannt werden. Auf dass sich Arbeiter weiter gegen ihre Ausbeuter zur Wehr setzen.”

3. Politischer Korrespondent in Berlin: Einfach mal in Ruhe zuhören
(rnd.de, Markus Decker)
Markus Decker blickt zurück auf seine vergangenen 20 Jahre als politischer Korrespondent in Berlin. Eine mit Anekdoten gespickte Zeitreise, die auch zeigt, wie sich die Außenwahrnehmung seines Berufsstands geändert hat: “Dass ein Journalist morgens ins Büro geht und wie ein Bäcker oder Metzger ehrlichen Herzens versucht, das Beste zu geben, scheint manchen Bürgern nicht mehr vorstellbar. Derlei Wutbürgerei macht mich gelegentlich zu einem wütenden Korrespondenten. Selbst in jenen linken Kreisen, die Donald Trump für das Allerletzte halten, hat sich die Trump-Vokabel ‘Fake News’ eingebürgert. Wir sind, soweit ich sehen kann, die einzige Berufsgruppe, der bei Fehlern Absicht unterstellt wird.”

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4. Warum die Bundespresseförderung ihre Ziele verfehlen wird – und wie es besser gehen könnte
(meta-magazin.org, Christopher Buschow)
Wer sich zum Pro und Contra der Bundespresseförderung einlesen möchte, dem sei dieser Text empfohlen. Christopher Buschow, Junior-Professor für Medienmanagement an der Uni Weimar, geht auf die wesentlichen Kritikpunkte an der Förderlinie ein und überlegt, wie es besser funktionieren könnte.

5. Arbeiten unter Pressefeinden
(taz.de, Anne Fromm)
Die Anzahl der Angriffe auf Jour­na­lis­ten und Journalistinnen hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Ein Großteil sei von “Querdenker”- und Anti-Corona-Maßnahmen-Demos ausgegangen. Anne Fromm kommentiert: “Es ist schon ein interessanter Gegensatz. Wenn eine taz-Autor*in polemisch in einer Kolumne die Polizei kritisiert, läuft der Bundesinnenminister die Wände hoch und droht mit einer Strafanzeige. Wenn der Presserat die Innenminister bittet, die Polizei zum Schutz der Presse mehr in die Pflicht zu nehmen, passiert: nix. Und das bei 252 Angriffen auf Journalist*innen in einem Jahr.”

6. Da muss man kein Wurstfan sein
(sueddeutsche.de, Holger Gertz)
Holger Gertz erinnert an die Verdienste der jüngst in den Ruhestand getretenen Livereporterin und WDR-2-Sportchefin Sabine Töpperwien: “Wenn also Sabine Töpperwien nicht mehr in der Bundesligakonferenz auftaucht, ist sie trotzdem noch da. Als Pionierin. Sie hat den anderen eine Schneise freigeschlagen, an ihr haben sich die Platzhirsche abreagiert (Otto Rehhagel, seines Zeichens Otto der Große beziehungsweise Rehhakles: ‘Sie haben doch noch nie den Schweiß einer Kabine gerochen.’) Aber sie ist nicht bitter geworden unter dem Druck dieser und anderer Unverschämtheiten. Nicht bitter werden, ist eine große Lebensleistung.”

“taz” überholt “Welt”, Jauch siegt im Clickbait-Prozess, Intendanten-Talk

1. Zeitungs-Auflagen: “Zeit” wächst massiv mit Print und Digital, “taz” überholt “Welt”
(meedia.de, Jens Schröder)
Die aktuellen IVW-Auflagenzahlen haben spektakuläre Ausschläge: Die Wochenzeitung “Zeit” konnte gegen den allgemeinen Abwärtstrend 15 Prozent hinzugewinnen. “Bild” verlor erneut und hat nunmehr die schlechtesten Zahlen seit 1953. Besonders dramatisch fällt das Auflagenminus bei der Tageszeitung “Welt” aus. Dort musste man einen Rückgang von 37 Prozent hinnehmen: “Hier spielt zwar auch die Einstellung der ‘Welt kompakt’ eine Rolle, aber vermutlich nicht die einzige Rolle. Mit nur noch 41.661 Abos und Einzelverkäufen fällt die ‘Welt’ diesmal sogar hinter die ‘taz’ zurück, die dank gesteigerter E-Paper-Abos 1,2% hinzu gewann”, schreibt Jens Schröder.

2. Neues Urheberrecht – Entrechtung oder Befreiungsschlag?
(zeit.de, Heinrich Wefing & Uwe Jean Heuser)
Der “FAZ”-Herausgeber Carsten Knop und der Youtuber Rezo haben sich zum Streitgespräch über die EU-Urheberrechtsreform getroffen, die noch in nationales Recht umgesetzt werden muss. Lesenswert, auch wegen Rezos Direkte-Ansage-Rhetorik: “Du schmeißt ohne Belege mit dicken Kloppern wie ‘Enteignung’ oder ‘Zwangskollektivierung’ durch die Gegend, obwohl Rechte gegenüber heute gestärkt werden.”

3. “Stern” verliert ein Stück Autonomie
(deutschlandfunk.de, Brigitte Baetz, Audio: 3:30 Minuten)
Zukünftig muss der “Stern” ohne eigenes Politik- und Wirtschaftsressort auskommen. Das Verlagshaus Gruner und Jahr hat eine Zentralredaktion eingerichtet, die “Stern”, “Capital” und “Business Punk” mit Inhalten beliefert. Der Journalistik-Professor Frank Lobigs erwartet weitere derartige Konzentrationen: “Das ist der Startschuss dazu, dass man zentrale Themenredaktionen auch in nächster Zeit dann sehen wird bei Gruner und Jahr.”

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4. Großes zu verkünden
(taz.de, Steffen Grimberg)
Der scheidende Intendant des Bayerischen Rundfunks Ulrich Wilhelm hat sich vom eigenen Sender interviewen lassen und musste dabei keine allzu kritischen Fragen befürchten. Ein Beispiel: “Sie haben ja die größte Reform in der Geschichte des Bayerischen Rundfunks angestoßen. Wenn Sie jetzt nach zehn Jahren Bilanz ziehen: Wie erfolgreich waren Sie mit Ihren Mitarbeitern und was hat es Bayern gebracht?” Steffen Grimberg kommentiert: “Ulrich Wilhelm ist ein guter Redner und Überzeuger. Einer, der eigentlich geeignet wäre, das sperrige öffentlich-rechtliche System glaubwürdig rüberzubringen. Dass er so etwas kann, hat er als Regierungssprecher von Angela Merkel bewiesen. Als Intendant und ARD-Vorsitzender hat er das kaum gemacht.”

5. Twitter sperrt chinesische Botschaft in den USA
(spiegel.de)
Twitter hat den Account der chinesischen Botschaft in den USA wegen eines Tweets zum Umgang mit der Minderheit der Uiguren gesperrt. In dem Tweet habe gestanden, uigurische Frauen seien nicht länger “Gebärmaschinen” (“baby making machines”). Für ein besseres Verständnis der Sachlage lohnt ein “Spiegel”-Artikel über vermutete Zwangssterilisierungen in China: “Die chinesische Staatspartei KP unterhält in der Region Xinjiang Internierungslager für die muslimische Minderheit der Uiguren. Dort werden Frauen offenbar zur Sterilisierung und sogar zur Abtreibung gezwungen.” (spiegel.de, Bernhard Zand)

6. Günther Jauch siegt im Clickbait-Prozess gegen “TV Movie”
(dwdl.de, Manuel Weis)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Rechtsstreit zwischen Günter Jauch und der “TV Movie” dem Fernsehmoderator Recht gegeben. Jauch ist gegen die Programmzeitschrift der Bauer Media Group vorgegangen, weil diese sein Bild für ein geschmackloses Clickbait-Posting (“Krebserkrankung”) auf Facebook verwendet hatte. Ein Landgericht hatte Jauch daraufhin 20.000 Euro zugesprochen, was nun vom BGH bestätigt wurde.

Es ist kompliziert, Kaschierte Politwerbung, Streaming boomt

1. Löschstatus – es ist kompliziert
(zeit.de, Lisa Hegemann & Meike Laaff & Jakob von Lindern)
Spätestens nach dem plattformübergreifenden Rauswurf von Donald Trump ist die Diskussion über die Verantwortung von Social-Media-Konzernen in der Öffentlichkeit angelangt: “Üben die Unternehmen nur ihr Hausrecht aus, so wie ein Wirt eben auch einen rüpeligen Gast rauswerfen darf? Greifen sie in die Meinungsfreiheit ein? Oder gar in die Demokratie, weil sie einem Staatsoberhaupt ein wichtiges Sprachrohr nehmen? Oder sehen wir einfach derzeit den Moment, in dem die Plattformen nicht länger so tun können, als stünden sie als unbeteiligte Beobachter am Spielfeldrand?” Die Analyse von “Zeit Online” hat nicht auf alles eine Antwort, stellt aber die richtigen Fragen.

2. YouTube verlängert Sperre von Trumps Nutzerkonto
(spiegel.de)
Aus Furcht vor Anstiftung zu Gewalt hat Youtube Donald Trumps Nutzerkonto für eine weitere Woche gesperrt. Kommentare unter Videos des Kanals seien “weiterhin auf unbestimmte Zeit deaktiviert”. Damit ist Trump der Zugang zu wichtigen Onlineplattformen nach wie vor versperrt: Auch Twitter, Facebook, Snapchat und Twitch haben den Ex-Präsidenten von ihren Plattformen verbannt.

3. Mehr als doppelt so viele Angriffe auf Journalisten
(sueddeutsche.de, Florian Flade & Ronen Steinke)
Die Bundesregierung hat auf Anfrage der Grünen offizielle Zahlen zu Angriffen auf Medienschaffende im Jahr 2020 mitgeteilt. Bundesweit habe es 252 Straftaten “gegen Medien” gegeben. Die Zahl der Vorfälle habe sich damit im Vergleich zu den Vorjahren mehr als verdoppelt.

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4. Heute im Ausverkauf: Journalismus
(republik.ch, Elia Blülle)
Noch vor einem Jahr habe der Schweizer Medienkonzern Ringier beteuert, keine als Journalismus getarnten politischen Anzeigen zu schalten. Nun sei genau das passiert: Der Verlag habe auf seinen Medienportalen Native Ads zur kommenden Abstimmung über das Gesetz zur E-ID, einer elektronischen Identitätskarte, platziert. Elia Blülle kommentiert: “Kaschierte Polit­werbung schädigt die Meinungs­bildung und verfeuert das einzige Kapital, das der sogenannte Qualitäts­journalismus noch hat: das Vertrauen seiner Kundschaft.”

5. Die lokalen Hoffnungsträger
(deutschlandfunk.de, Peter Weissenburger, Audio: 5:07 Minuten)
In den USA genössen die lokalen Zeitungen, Radio- und TV-Stationen noch ein breites Vertrauen in der Bevölkerung. Dies sei Chance und Gefahr zugleich, so Peter Weissenburger im Deutschlandfunk: “Verschwörungsmythen und billige Aufreger werden zur kostengünstigen Alternative zu guten Recherchen.”

6. Netflix vermeldet mehr als 200 Millionen Abonnenten
(wuv.de, dpa)
Netflix hat mittlerweile mehr als 200 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten. Die aktuellen Zahlen hätten die eigene Prognose und die Erwartungen der Analysten deutlich übertroffen: Allein im laufenden (vom Zuhause-Bleiben geprägten) Jahr seien 37 Millionen Abos dazugekommen. Doch auch die anderen Streamingdienste erlebten während der Corona-Pandemie einen Boom. So sieht sich Netflix zunehmend dem Druck der Mitbewerber ausgesetzt.

Inauguration Day, Wir alle sind Bosbach, Steingarts Seemannsgarn

1. Journalisten in Kampfmontur
(sueddeutsche.de, Jürgen Schmieder)
Heute findet in Washington die Amtseinführung des US-Präsidenten Joe Biden statt. Seit Tagen gleicht die Stadt einem Militärstützpunkt mit Straßensperren und Kontrollpunkten. Für den reibungslosen Ablauf der Inauguration sollen rund 25.000 Nationalgardisten sorgen. Journalisten und Journalistinnen würden sich auf das Event wie auf einen Kriegseinsatz vorbereiten samt Schutzausrüstung, kugelsicherer Weste und Bodyguard. Reporterin Katie Miller (“Washington Post”) schreibt dazu auf Twitter: “Ich habe mir gerade einen neuen Wintermantel gekauft, der über die kugelsichere Weste passt, damit ich sicher (und warm) von der Amtseinführung des nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten berichten kann. Wie absurd ist das eigentlich?”

2. Trumps Verbannung von Social Media – Kritiker verkennen Gesetze
(netzpolitik.org, Julia Reda)
Angela Merkel äußerte sich vergangene Woche kritisch zur Twitter-Sperre von Donald Trump und meldete juristische Bedenken an. Darüber ist Julia Reda verwundert: “Diese Aussage ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Denn es gibt sehr wohl einen rechtlichen Rahmen für die Moderation von Inhalten auf Social Media-Plattformen in den USA, an dem sich Twitter und Facebook orientiert haben. Außerdem wäre die Entscheidung in Deutschland, wo das Netzwerkdurchsetzungsgesetz den rechtlichen Rahmen absteckt, vermutlich genauso ausgefallen.” In ihrem Beitrag beschreibt Reda, wie eine zeitgemäße europäische Plattformregulierung aus ihrer Sicht aussehen sollte.

3. “Bild” veröffentlicht keine Rügen des Presserates mehr in der gedruckten Zeitung
(uebermedien.de, Stefan Niggemeier)
Der Verlag Axel Springer hat sich, wie viele andere Medienhäuser, gegenüber dem Presserat verpflichtet, Rügen “in dem jeweils betroffenen Medium aktualitätsnah und in angemessener Form zu publizieren”. Die “Bild”-Redaktion fühlt sich an die Selbstverpflichtung anscheinend nicht gebunden: Bereits seit eineinhalb Jahren habe die gedruckte “Bild” keine der gegen sie ausgesprochenen Rügen veröffentlicht, berichtet “Übermedien”. Einen Grund dafür habe der Verlag auf Nachfrage nicht genannt. Da “Bild” sich so sperrig in Sachen Fehlerkultur gibt, erinnert Medienkritiker Stefan Niggemeier an einige der gerügten Verstöße des Boulevardblatts.

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4. Durch- und weggezappt
(taz.de, Steffen Grimberg)
Die Meldung klingt zunächst positiv: “Das NDR-Medienmagazin ‘Zapp’” baut sein Online- und Social-Media-Angebot aus”. Dahinter steckt jedoch ein rigoroses Sparprogramm. Die Sendung wird zukünftig nicht mehr im Wochenrhythmus, sondern nur noch einmal im Monat im NDR-Fernsehen zu sehen sein. Steffen Grimberg befürchtet negative Folgen durch Etatkürzung und Umstrukturierung: “Was passiert, wenn die garantierte ‘Abwurfstelle’, also die Fachsendung, verloren geht oder drastisch beschnitten wird, konnte man bei der Zeit oder im Spiegel besichtigen. Seitdem hier die Medienseite(n) beziehungsweise die Medienressorts abgeschafft wurden, hat die Zahl der verhandelten Medienthemen massiv abgenommen.”

5. Seemannsgarn von der «Pioneer One»: Wie der Berliner Medienunternehmer Gabor Steingart die Geschichte eines möglichen Parteiwechsels von Friedrich Merz in die Welt setzte
(nzz.ch, Marc Felix Serrao)
Steht CDU-Politiker Friedrich Merz vor einem Wechsel zur FDP, wie der Publizist Gabor Steingart in seinem Newsletter “Morning Briefing” zu wissen glaubte? Keineswegs, wie der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner auf Twitter in einem Statement klarstellt und juristische Schritte gegen die Berichterstattung ankündigt: “Berichte von Gabor Steingart über einen angebotenen Parteiwechsel sind aber (wieder mal) Fake News. Gemeinsam wehren Friedrich Merz und ich mich anwaltlich dagegen.”

6. Endlich wieder loslabern
(zeit.de, Daniel Erk)
Daniel Erk hat sich bei der neuen Plapper-App Clubhouse umgeschaut: “Wenn es einen Ort gibt, dessen Leitspruch ‘Es ist alles gesagt, aber noch nicht von allen’ lautet, dann Clubhouse, dieses nicht enden wollende Stammtischgespräch. Und nicht zufällig ist eines der in Deutschland derzeit erfolgreichsten Formate eine tägliche Lunchrunde im Regierungsviertel. Twitter ist eine Hölle redundanter Diskussionen unter Politikstudierenden und Instagram eine Hölle ewiger Dia-Abende von Menschen mit Modelambitionen. Clubhouse dürfte langfristig die Hölle der Talkshowgesellschaft werden. Schon bald werden wir merken: Wir alle sind Wolfgang Bosbach. Allzeit bereit, halbinformiert zu labern.”

Antwort auf Rundumschlag, Corona-Fake-News im Briefkasten, Clubhouse

1. Wenn Schwarz-Sein zum Makel wird
(volksverpetzer.de, Jasmina Kuhnke)
Vergangene Woche holte Fatina Keilani im “Tagesspiegel” zum Rundumschlag aus: Aus der Mission “Rassismus bekämpfen” hätten einige Personen ein Geschäftsmodell gemacht, “sei es als Buchautorin, Ex-Journalist und Buchautor, Talkshow-Dauergast oder twitternde Vierfachmutter”. Nun melden sich die dort Angesprochenen zu Wort. Die als “twitternde Vierfachmutter” umschriebene Jasmina Kuhnke schreibt in ihrer Antwort: “Die Autorin beweist jedoch ein großes Verständnis für Humor, indem sie Aktivist*innen wie mir vorwirft, vom Kampf gegen Rassismus zu profitieren. Immerhin war keiner ihrer Beiträge bisher auch nur ähnlich erfolgreich, wie der, den sie über uns und unseren Aktivismus schrieb.” Der als “Ex-Journalist und Buchautor” umschriebene Hasnain Kazim antwortet beim “Tagesspiegel”: “Bisher kannte ich den Vorwurf, mein ganzes berufliches Treiben sei nichts als ein Jammern über einen erfundenen, eingebildeten Rassismus, nur aus der rechten Ecke.” Der vermutlich mit der Bezeichnung “Talkshow-Dauergast” gemeinte Stephan Anpalagan hat sich auf Facebook den nötigen Raum für seine Antwort genommen. Sein etwas sarkastisches Resümee: “Der Tagesspiegel verdient sein Geld unter anderem mit Webseitenwerbung, die umso höher ausfällt, je häufiger ein Artikel geklickt wird. Man könnte fast meinen, Rassismus sei ein lohnendes Geschäftsmodell.”

2. Der Trump-Twitter-Komplex: Unbeantwortbare Fragen und einfache Mechanismen
(medienkorrespondenz.de, Christian Bartels)
In Zusammenhang mit dem “Trump-Twitter-Komplex” fragt Christian Bartels: “Sollten Anbieter sogenannter sozialer Medien, bei denen es sich ja um von Profit-Interessen getriebene Konzerne handelt, Vertreter demokratisch gewählter Regierungen einschränken oder sogar stummschalten können? Sollten demokratisch gewählte Regierungen sozialen Medien Regeln geben, die die Meinungsfreiheit und ihre Grenzen klar umreißen, obwohl ja gerade Trump gut verkörpert, dass demokratisch gewählte Regierungen auch nicht immer gut und richtig handeln?” Historische Beispiele gebe es keine. Man könne trotzdem einige Erkenntnisse und Lösungsansätze ableiten.

3. Abseits digitaler Kontrolle: Corona-Fake-News im Briefkasten
(br.de, Julia Ley)
Verschwörungserzählungen werden meist über die Sozialen Medien verbreitet. Kritiker der Corona-Maßnahmen brächten ihre Desinformationen jedoch zunehmend über analoge Medien wie Flyer, Broschüren und Briefe unter die Leute. Julia Ley ist der Frage nachgegangen, warum in diesem Bereich so häufig auf den Desinformations-Übermittler Papier gesetzt wird.

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4. Deutschlandradio kündigt Tarifvertrag
(mmm.verdi.de)
Eigentlich hat das Deutschlandradio einen Tarifvertrag unterzeichnet, doch der wurde nun mittels Sonderkündigungsrecht aufgekündigt. Der vom Sender angegebene Grund: Wegen der Blockade Sachsen-Anhalts bei der Erhöhung des Rundfunkbeitrags würden die nötigen Einnahmen für den laufenden Haushalt fehlen.

5. “Es setzt Gewöhnung ein”
(taz.de, Anne Fromm)
Anne Fromm hat sich mit der ZDF-Moderatorin Petra Gerster über das Thema Gendern unterhalten. Gerster habe sich schon lange mit dem Thema Gleichberechtigung beschäftigt: “Ich bin Feministin seit meinem 14. Lebensjahr und hatte immer die naive Vorstellung, Geschichte verlaufe linear, in Richtung Fortschritt. Den gibt es zweifellos. Heute müssen Frauen nicht mehr, wie in den 70ern, ihren Ehemann fragen, ob sie arbeiten dürfen. Aber im Bundestag sitzen heute weniger Frauen als vor 20 Jahren. Das ist ernüchternd. Wie die Tatsache, dass in unseren Nachrichtenfilmen immer noch viel zu wenige Frauen auftreten.”

6. Was ist Clubhouse und wenn ja, warum?
(indiskretionehrensache.de, Thomas Knüwer)
Medienexperte Thomas Knüwer ist im Clubhouse-Rausch. Über das Soziale Audio-Netzwerk können sich iPhone-Nutzerinnen und -Nutzer zu Livegesprächen zusammenfinden. Knüwer kann der Kommunikations-App viel Positives abgewinnen, endgültig festlegen möchte er sich trotz aller Begeisterung jedoch nicht: “Ist Clubhouse also dauerhaft heißer Scheiß? Wer behauptet, das jetzt schon beurteilen zu können, lügt – oder hat ein Selbstbewusstsein von Trump’schem Ausmaß.”
Weiterer Lesehinweis: Hype-App Clubhouse erstellt Schattenprofile: “Die Social-Media-App Clubhouse setzt auf virales Marketing per Einladung – das klappt nur mit einem schwierigen Verständnis von Datenschutz.” (golem.de, Sebastian Grüner/dpa)

Clubhouse-Hype, Todesanzeigen, Reportageformat “Strg_F”

1. Social-Hype Clubhouse: Die fünf großen Probleme der App
(linkedin.com, Martin Hoffmann)
Ist der Hype um die Soziale Audio-Plattform Clubhouse der Anfang einer neuen Social-Media-Erfolgsgeschichte? Martin Hoffmann ist skeptisch. Seine Kritik: Die Plattform tue zu wenig gegen Hate Speech und sei nicht “divers” und “catchy” genug. Clubhouse sei ein vorübergehendes Phänomen und werde den Sprung in die breite Masse nicht schaffen.
Weiterer Lesehinweis: Dirk von Gehlen erklärt, warum Clubhouse Einladungs-Marketing mittels “Invites” betreibt: “Wegen der Begrenzungs-Mechanik. Sie ist das perfekte Beispiel dafür wie Aufmerksamkeit als zentrale Währung im digitalen Ökosystem verteilt wird. Ob Clubhouse dabei tatsächlich auch ein interessantes Produkt ist? Das kann zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich niemand so richtig beurteilen. Sehr sicher kann man aber lernen, wie man einen Hype anzettelt: Wenn du viel erreichen willst, musst du den Eindruck erwecken, es gebe einen Lieferengpass.”

2. Sieben Ideen, sie zu zähmen
(spiegel.de, Patrick Beuth & Max Hoppenstedt & Marcel Rosenbach)
Die Regulierung Sozialer Netzwerke ist eine oft gehörte Forderung, doch wer soll in der Praxis die Kontrolle übernehmen? Die Politik? Die Polizei? Die Community? Der “Spiegel” liefert sieben mögliche Strategien gegen Online-Extremismus, die wiederum wertvolle Ansätze zum Weiterdenken und Diskutieren liefern.

3. Nah dran
(sueddeutsche.de, Aurelie von Blazekovic)
Das Reportageformat “Strg_F” gehört zur Familie von Funk, dem Jugendangebot von ARD und ZDF. Jeden Dienstag gibt es bei Youtube eine neue Reportage, die Aufrufzahlen liegen in der Regel im sechs- bis siebenstelligen Bereich. Aurelie von Blazekovic hat sich mit Projektleiter Dietmar Schiffermüller im Hamburger Redaktionsbüro beim NDR getroffen und ihn unter anderem zu seinem Umgang mit Empörungswellen befragt.

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4. Seitenweise Totengedenken
(taz.de, Anne Fromm)
Sind die überdurchschnittlich vielen veröffentlichten Todesanzeigen in Tageszeitungen auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, wie sich als erste Vermutung aufdrängen könnte? Anne Fromm hat bei der “Freien Presse” in Chemnitz nachgefragt. Dort bestätigte man eine Häufung derartiger Anzeigen. Ein Zusammenhang mit Corona sei jedoch nicht beweisbar, da der Zeitung die Sterbeursache in den meisten Fällen nicht bekannt sei.

5. Facebook blockiert Veranstaltungen im Umkreis des Kapitols
(faz.net)
Am 20. Januar findet die Amtseinführung des neuen US-Präsidenten Joe Biden statt. Seit Tagen gleicht Washington einem Militärstützpunkt samt Straßensperren und Kontrollpunkten. Rund 15.000 Nationalgardisten würden das Kapitol sichern. In Vorbereitung auf die Inauguration habe Facebook Veranstaltungen im Umkreis des Gebäudes blockiert.

6. Ich war ein Star – macht endlich Schluss!
(tagesspiegel.de, Kurt Sagatz)
Kurt Sagatz hat sich die Dschungel-Ersatz-Show bei RTL angeschaut und stellt als Resümee die Frage: “Wann, wenn nicht jetzt, wäre der richtige Zeitpunkt, das Format sanft entschlafen zu lassen?” Weiterer Lesehinweis: Bei “DWDL” kommentiert Manuel Weis: Ich bin ein Star, gebt mir ein Konzept!

CDU-Parteitag, Blick in die Glaskugel, Unwort “Kampfkandidatur”

1. Wie über eine Wahl berichten, die auf dem Sofa entschieden wird?
(uebermedien.de, Anne Haeming)
Heute und morgen treffen sich 1.001 Delegierte zum 33. Parteitag der CDU. Der Termin wird mit großer Spannung erwartet, denn dort soll entschieden werden, wer neuer Parteichef wird: Friedrich Merz, Norbert Röttgen oder Armin Laschet. Die Berichterstattung über das wichtige Ereignis ist nicht einfach, denn es handelt sich um eine digitale Veranstaltung. Anne Haeming hat sich mit verschiedenen Medienvertreter:innen über die schwierige Versuchsanordnung unterhalten.

2. Darum ist “Kampfkandidatur” der falsche Begriff
(deutschlandfunk.de, Stefan Fries, Audio: 1:50 Minuten)
Und noch einmal zum CDU-Parteitag: Es sollte eigentlich der Idealfall sein, dass bei einer Wahl mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten antreten. Trotzdem ist bei Wahlen oft von einer “Kampfkandidatur” die Rede. Medien sollten diesen Begriff nicht verwenden, findet Stefan Fries beim Deutschlandfunk-“Sprachcheck”: “Sie problematisieren also, dass es jemand wagt, gegen einen als gesetzt geltenden Kandidaten anzutreten. Und bemänteln damit das eigentlich größere Problem, dass Parteigremien manchmal eine echte Wahl verhindern, indem sie nur einen Kandidaten aufstellen. Eine Wahl haben die Wähler dann nämlich nicht.”

3. Datenboulevardjournalismus der taz zu Corona
(datenjournalist.de, Lorenz Matzat)
Datennjournalist Lorenz Matzat kritisiert eine “taz”-Grafik zu einer Corona-Mutation: “Das Boulevardeske an dieser Titelgrafik ist, dass sie – um Alarmismus zu betreiben – eine Datenentwicklung zeigt, ohne sie analytisch in einen Kontext zu stellen.”

Bildblog unterstuetzen

4. Thomas Knüwer rät Medienprofis: Sei ein Büffel!
(kress.de, Thomas Knüwer)
Medienexperte Thomas Knüwer hat seine Glaskugel herausgeholt und schaut in die Medienzukunft des Jahres 2021. Knüwer hat dabei sieben Entwicklungen im Blick: Zoom, Livestreaming, Social Commerce, Twitch, Instant Messaging, Peloton und Podcasts.

5. Shoot the Messenger
(netzpolitik.org, Ingo Dachwitz)
WhatsApp zwingt seinen Nutzern und Nutzerinnen neue Geschäftsbedingungen auf, die in vielerlei Hinsicht bedenklich sind. Ingo Dachwitz kommentiert: “Nach all den Skandalen und all den Versprechen, es in Zukunft besser machen zu wollen, versucht Facebook wieder, uns an der Nase herumzuführen. Statt klarer Kommunikation und echter Transparenz über die Datennutzung setzt uns der Marktführer unverständliches Kauderwelsch und widersprüchliche Angaben vor. Der Konzern geht davon aus, dass die Nutzer:innen die Bedingungen schon schlucken werden, auch ohne sie zu verstehen.” Wer den Artikel liest, dürfte nicht umhinkommen, eine der dort genannten Alternativen zu installieren.

6. Happy Birthday, Reparierer
(taz.de, Steffen Grimberg)
Das medienkritische Online-Magazin “Übermedien” feiert sein fünfjähriges Bestehen – und von überall kommen Glückwünsche (hiermit natürlich auch von uns). Steffen Grimberg, Medienredakteur der “taz”, schließt sich den Glückwünschen an: “Mensch, ihr seid schon fünf. Wehe, ihr werdet neunmalklug und ernst, wenn ihr nächstes Jahr in die Schule kommt. In diesem Sinne: Reingehauen!”

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BILDblog-Klassiker

Diagnose: untervögelt

Heute werden wir mal ein bisschen intimer. Also, liebe Leser: Haben Sie eigentlich genug Sex?

Wir fragen deshalb, weil Bild.de neulich folgende Schreckensnachricht aufgedeckt hat:

Es kommt vor, dass man länger keinen Sex hat – und es einem gar nicht auffällt.

Ob Sie selbst zur Genug-Sex-Fraktion gehören oder ob Sie es doch “mal wieder so richtig nötig haben” (Bild.de), können Sie im selben Artikel schnell mal überprüfen. Dort wurden nämlich (mit Unterstützung der “B.Z.”) “13 Anzeichen für einen akuten Sex-Mangel” zusammengestellt.

Darunter finden sich dann so originelle Punkte wie:

Sie ordnen Ihre Pornosammlung nach cineastischen Gesichtspunkten.

Oder:

Sie fahren häufiger Fahrrad als sonst, weil sich das so schön anfühlt.

Nun ja.

Interessant ist jedoch, dass gerade die Leute von Bild.de von Zeit zu Zeit genau jene Symptome zeigen, die in dem Artikel beschrieben werden. Hier eine kleine Gegenüberstellung.

Sex-Mangel-Anzeichen Nr. 4: Sie finden sogar Zeichentrickfiguren erregend.

Bild.de vom 17. Dezember 2009:
Blauhaarige Beauty in sexy Dessous - Marge Simpson strippt für Playboy

Im Innenteil des Magazins sollen heiße Dessous-Bilder von der Hausfrau und dreifachen Mutter mit der blauen Turmfrisur befinden. Sicher ist: Die gelbhäutige Lady wird einfach nicht älter!

Bild.de vom 3. und 23. Dezember 2007:
Sexy Kalender 2008 - Superheldinnen im Nackteinsatz

Werfen Sie einen Blick unter die Kampfanzüge weiblicher Comic-Legenden wie Lara Croft oder Superwoman – ganz exklusiv, versteht sich. So verführerisch haben wir die Starlets noch nie gesehen.

Sex-Mangel-Anzeichen-Nr. 5: Sie kichern jedes Mal, wenn jemand Penis sagt.

Bild.de vom 8. November 2012:

Krasser Penis-Versprecher bei Anne Will
Der “köstliche Versprecher” (O-Ton des Bild.de-Videos): In der Talkshow hatte ein Gast “Phallussieg” statt “Pyrrhussieg” gesagt. Hihi.

Sex-Mangel-Anzeichen-Nr. 1: Sie nennen Sex Geschlechtsverkehr oder sprechen vom Kopulieren.

Bild.de vom 18. Oktober 2011:

Anschließend kopulieren Gastgeber und Gäste mit den schönen Sammlerinnen, bis der Papst die ausdauerndsten Herren mit Ehrenpreisen belohnt.

Bild.de vom 3. Juni 2010 und 11. Mai 2011:

 Kopulieren setzt Endorphine frei, also Glückshormone.

Bild.de vom 16. November 2009:

Die Prostituierten suchen quasi im Konzertsaal ihre Freier, um dann in den oberen Etagen, wahrscheinlich weit weniger taktvoll, zu kopulieren.

Sex-Mangel-Anzeichen Nr. 7: Sie sehen im Supermarkt keine Gurken, sondern pflanzliche Sextoys.

Bild.de vom 4. März 2008:

Kennen Sie dieses Kribbeln an der Gemüsetheke? Diesen winzigen Moment der Verlegenheit beim Anblick von Stangen-Sellerie, Kürbis, Aubergine? So manches erinnert in seiner Form doch stark an das beste Stück des Mannes.

Bild.de vom 17. August 2010:
Schniedlwurzel - BILD-Leser Dirk Philippi (39, Saarwellingen) zog diese Karotte aus der Erde

Fragt sich also, wer es hier tatsächlich “mal wieder so richtig nötig” hat.

Bild  

Von Quälgeistern und Diktatoren: Der Trainer und der “Bild”-Reporter

Gertjan Verbeek, Trainer des VfL Bochum, hat so seine Probleme mit Joachim Droll, Reporter bei der “Bild”-Zeitung. In einer Pressekonferenz im September bezeichnete Verbeek Droll und dessen Kollegen bei “Bild” als “Arschlocher”; Anfang dieser Woche teilte der VfL Bochum mit, dass man auf Fragen von Droll nicht mehr antworten werde, weil man sich seit Jahren über seine Arbeitsweise ärgere.

Am Montag war Verbeek in der niederländischen Fußball-TV-Sendung “Voetbal Inside” zu Gast. Dort war unter anderem auch seine Beziehung zu “Bild”-Mann Joachim Droll Thema (ab Minute 4:13; allerdings nur mit niederländischer IP abrufbar).

Moderator Wilfred Genee leitet die Frage eines Zuschauers an Verbeek weiter (die niederländischen Passagen haben wir übersetzt*):

Genee: Hast du noch Rache genommen, Gertjan, noch ein paar deutsche Journalisten angeschnauzt, fragt sich Wouter van Lunen aus Maastricht. Freitag gab’s mal wieder eine Gelegenheit.

Verbeek: Ihr wart sicher mit einem Kamerateam da?

Genee: Ja, wir waren mit einem Kamerateam da.

Verbeek: Dann muss ich aufpassen, was ich sage.

Genee: Ja, unbedingt.

Verbeek:Ich glaube schon, dass ich was gesagt habe.

Genee: Endlich wieder gewonnen, nach sieben Spielen endlich mal wieder ein Sieg, dann kann man sich mal richtig gehen lassen, würde ich sagen.

Verbeek: Ja. Darum geht’s eigentlich nicht, es gewissermaßen mal allen zu zeigen oder so.

Zum Hintergrund: Ein Kamerateam von “Voetbal Inside” war am vergangenen Freitag in Bochum und hat dort nach der Zweitligapartie zwischen dem VfL und dem SC Paderborn sowohl Droll als auch Verbeek zum jeweils anderen befragt.

Bevor der daraus entstandene Einspielfilm kommt, erzählt Moderator Genee aber erstmal von seinen Joachim-Droll-Erfahrungen:

Genee: Joachim Droll, er hat mich neulich auch angerufen, ein äußerst freundlicher Mann am Telefon, äußerst freundlich.

Verbeek: Zu dir schon.

Genee: Ihr könnt nicht so miteinander.

Verbeek: Ja, das kann man so sagen.

Genee: Er ist von “Bild” — und lasst es uns eben anschauen und rekapitulieren, was letzten Freitag alles passiert ist. Es begann damit …

Der Einspieler beginnt mit Verbeeks “Arschlocher”-Aussage. Am Freitag in Bochum wollte der “Voetbal Inside”-Interviewer dann von Joachim Droll wissen, wie die Beziehung von ihm und Verbeek nun ausschaue:

Interviewer: How is your relationship with Mister Verbeek now?

Droll: Which relationship? I think it’s not possible for a journalist to get a relationship to him.

Schnitt zu Verbeek:

Interviewer: Er wird dir in jedem Fall nichts zu Weihnachten schenken, hat er gesagt.

Verbeek: Nee, aber er bekommt auch nichts von mir. Ich denke, dass er demnächst in Bochum abgelöst wird, und dann bekommen wir einen neuen Reporter. Da bin ich sehr glücklich mit.

Droll: I talked to him five months ago about that it’s very important to have a good relationship to a team and not to be a dictator.

Verbeek: Dass muss Herr Droll gerade sagen.

Interviewer an Droll: You think he is a bit of a dictator?

Droll: A little bit, yes. I think he is a little bit, he’s doing so, yes, yes.

Verbeek: Herr Droll muss sich selbst einen Schnurrbart wachsen lassen, dann ähnelt er jemandem.

Schnitt zurück ins Studio, das Publikum lacht über Verbeeks Hitler-Anspielung.

Genee: Das werden sie in Deutschland senden, das ist dir natürlich klar.

Der frühere Profifußballer und heutige Journalist Johan Derksen, der regelmäßig als Gast bei “Voetbal Inside” ist, schaltet sich ein:

Derksen: Ich finde, er ist ein freundlicher Mann.

Genee: Ich hatte ihn am Telefon, und er probiert ständig, einem etwas in den Mund zu legen. Er fragte stets: Aber eigentlich ist Verbeek doch ein sehr schwieriger Typ, jemand, der eigentlich überhaupt nicht nett ist? Und ich sagte dann: Eigentlich ist er ein netter Typ. Und Droll sagte dann: Weißt du das sicher? Er tut doch eigentlich sehr seltsame Sachen. Ich fragt ihn dann nach einem Beispiel. Und er sagte dann: Das weiß du doch selbst. Er machte die ganze Zeit so weiter, aber das klappte dann nicht so, wie er wollte. So eine Art Mensch ist es, weißt du.

Verbeek: Ja.

Genee: Er nervt immer weiter.

Verbeek: Ja, er nervt immer weiter.

Derksen: Für seinen Chef ist er dann vielleicht der Richtige..

Verbeek: Das weiß ich nicht. Im Moment ist es so, dass er in Bochum keine Informationen mehr bekommt. Und das scheint mir für einen Journalisten schon wichtig.

Derksen: Aber das ist auch gefährlich, dass Bochum so etwas tut. Denn dann beginnen sie oft, im Privatleben zu suchen.

Verbeek: Ich habe privat nichts zu verbergen.

Derksen: Ja, du nicht. Aber da werden sicher welche sein, die dunkle Seiten haben.

Verbeek: Ja, sicher. Aber hierbei geht es um mich. Er kann von mir aus suchen, was er will.

Genee: Du sitzt ja jetzt öffentlich mit deiner Freundin auf der Tribüne. Da ist jetzt also nichts mehr, was an die Öffentlichkeit kommen könnte. Du sagst also: Ja, lass ihn mal machen.

Derksen: Sind die Fotos schon in “Bild” veröffentlicht?

Verbeek: Es ist völlig sinnlos, es diesem Mann recht zu machen. Wenn ich sehe, was er in den letzten vier Wochen so geschrieben hat — ja, lass ihn mal schreiben, was er will. Aber dann muss er mich nichts mehr fragen.

Genee: Werdet ihr noch ein gutes Gespräch führen, jetzt kurz vor Weihnachten?

Verbeek: Das haben wir schon drei- oder viermal probiert. Der Mann ist ein Wiederholungstäter. Da hört es dann auf.

Derksen: Aber hast du nicht so eine Einstellung: Das ist mir doch egal, da stehe ich drüber, das ist mir egal was sie schreiben?

Verbeek: Ja, das habe ich auch. Deshalb rede ich persönlich auch seit ungefähr vier Wochen nicht mehr mit ihm. Und jetzt hat sich der Verein dem angeschlossen. Er hört zwar zu, aber er macht dann, was er will. Das darf er auch. Aber warum soll ich mich dann noch fragen lassen? Lass ihn mal tun, was er will.

Derksen: Aber in der Pressekonferenz, wenn er was fragt, gibst du ihm dann keine Antwort?

Verbeek: Nein, ihm ist mitgeteilt worden, dass er keine Fragen mehr stellen soll, weil wir seine Fragen nicht mehr beantworten.

Derksen: Das wäre doch mal ein Gast hier für den Tisch.

Zum Ende äußert sich noch der frühere Fußballer René van der Gijp, der ebenfalls als Experte mit am Tisch sitzt:

van der Gijp: Weißt du, was muss man in der Schule nicht alles ertragen, wenn man ›Droll‹ mit Nachnamen heißt? Der Mann ist einfach zehn Jahre lang gemobbt worden. Und dann wird da so was draus: ein kleiner Quälgeist.

“drol” kann im Niederländischen für vieles stehen. Meistens bedeutet es “Scheiße”.

Vielen Dank an den Hinweisgeber und an nach-holland.de für die Übersetzung !

*Nachtrag, 18. Dezember: Ein Leser hat uns darauf hingewiesen, dass unsere erste Übersetzung ein paar Ungenauigkeiten und Fehler enthielt. Daher haben wir die Übersetzung an einigen Stellen ausgebessert und in der Überschrift aus “Blutsaugern” “Quälgeister” gemacht.

Mit Dank an Christopher B.!

Sandsäcke, Silvesternacht, Kristallkugel

1. Sandsäcke gegen pseudo-psychologisches Blabla
(schräglage.org, Peter Teuschel)
Auf der rechtslastigen Seite “Tichys Einblick” erschien ein Artikel, der für breites Entsetzen und Empörung sorgte. Die “psychopathologisch gestörten grün-linken Gutmenschen”, so die Schmähung des Autors, seien Kranke, mit denen man nicht reden solle. Auf Twitter kündigten daraufhin viele Nutzer an, ihre Xing-Mitgliedschaften zu kündigen (Roland Tichy ist dort Herausgeber der News). Mittlerweile ist der Artikel auf dem Tichy-Portal zwar gelöscht, wegen der Brisanz des Vorgangs lohnt dennoch ein Blick in die Erwiderung von Peter Teuschel. Und auch Blogger stefanolix hat sich den Beitrag näher angeschaut und stellt am Ende die Frage: “Wie kann ein Mann so viele wunderbare Fachgebiete (inklusive Philosophie und Ethik!) studieren und dann so eine Scheiße schreiben?”

2. „Wir wissen nichts. Alles ist möglich“
(taz.de, Malte Göbel)
“Herr Kachelmann, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie im Spiegel lesen, dass dem Noch-Herausgeber der Bild-Gruppe Kai Diekmann von einer Springer-Mitarbeiterin vorgeworfen wird, sie im Sommer beim Baden belästigt zu haben?” Die “taz” hat mit dem Meteorologen Jörg Kachelmann über die Causa Diekmann gesprochen.

3. Warum wir über Racial Profiling reden müssen
(internet-law.de, Thomas Stadler)
Der Jurist Thomas Stadler hat sich mit den Kontrollen der Kölner Polizei in der Silvesternacht beschäftigt. “Das Verhalten der Kölner Polizei rüttelt an den Grundfesten unserer Verfassung. Wenn wir den Gleichheitssatz unseres Grundgesetzes ernst nehmen, dürfen wir derartige polizeiliche Maßnahmen nicht dulden.” Auch der Jurist Heinrich Schmitz findet bei den Kolumnisten, dass Fragen zum Verhalten der Polizei erlaubt seien.

4. Bunte-Nachbarschaft.de: „Man konnte Wahrheit und Lüge kaum noch unterscheiden“
(flurfunk-dresden.de)
Anfang 2015 startete Jan Pötzscher einen Nachbarschaftsblog, ein “Tagebuch über meine persönlichen Erfahrungen zum Vorhaben der Einrichtung eines Asylbewerberheims, zu den Diskussionen mit Politik und Behörden und dem Für und Wider der Unterbringung von Asylbewerbern – so wertfrei und objektiv wie möglich!” Im Interview mit “Flurfunk” berichtet er über seine Erfahrungen, die Reaktion der Nachbarn, Höhe- und Tiefpunkte und zieht eine persönliche Bilanz.

5. Drei Jahre Moscow Times – sowas wie ein Fazit
(kscheib.de, Katrin Scheib)
Fünf Jahre will Journalistin Katrin Scheib in Moskau arbeiten. Die ersten drei Jahre hat sie bei der “Moscow Times” verbracht. Nun zieht sie ein Zwischenfazit, das neugierig auf das Weiter macht. Aber auch der Blick zurück lohnt: Auf ihrem Blog gibt es viele interessante Beiträge über ihr Leben als Journalistin in Russland.

6. Was Social-Media-Experten von 2017 erwarten
(joca.me, Jörgen Camrath)
Jörgen Camrath hat Social-Media-Experten um einen Blick in die Kristallkugel gebeten und sie gefragt, was uns im neuen Jahr in Bezug auf die sozialen Medien erwartet. Die Antworten gehen erfreulicherweise oft über die üblichen Allgemeinplätze hinaus. Und einer der Befragten hat das Ganze etwas getrollt. Aber auch das liest sich ganz nett.

Weggang, Doppelstrategie, Abwehrzentrum

1. Tichy & Co: Warum es legitim ist, Unternehmen zu einer politischen Positionierung zu zwingen
(metronaut.de, Mikael in den Fahrt)
Roland Tichy, auf dessen Portal ein Autor “grün-linke Gutmenschen” als “geistig-psychisch krank” bezeichnet hatte, gibt seinen Posten als Herausgeber von XING News ab. Ursache waren vor allem der lautstarke Twitter-Protest und die vielen Kündigungsankündigungen. Nun gibt es kritische Stimmen wie die von Fefe, die sich gegen eine “Existenzvernichtung als Mittel des politischen Diskurses” wenden. War es also legitim, wenn Menschen von Unternehmen wie Xing eine politische Positionierung einfordern? Eine ähnliche Frage stellt sich Johnny Haeusler bei Wired: “War die „Abstimmung mit den Konten“ hilfreich?”

2. Zuckerbrot und Twitter
(tagesspiegel.de, Thomas Seibert)
Donald Trump fährt in Sachen Öffentlichkeitsarbeit eine Doppelstrategie: Wichtige Stellungnahmen posaunt er über Twitter direkt an seine rund 19 Millionen Follower raus. Und nur, wenn es ihm ausdrücklich passt, redet er mit Zeitungen und Fernsehen. Die Presse hätte noch kein Konzept gefunden, wie sie mit dieser Doppelstrategie umgehen soll, schreibt Thomas Seibert im “Tagesspiegel”. Die Vorteile von Trumps Vorgehens lägen auf der Hand: Auf Twitter braucht sich der zukünftige US-Präsident keinen kritischen Fragen zu stellen.

3. Der Rockstar-Finanzminister
(de.ejo-online.eu, Dominik Speck)
Dominik Speck hat sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit die Berichterstattung über den ehemaligen griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis in deutschen und französischen Qualitätszeitungen angeschaut. Varoufakis galt während seiner kurzen Amtsperiode von Januar bis Juli 2015 als eine Art “Rockstar Finanzminister” und erlangte zusätzliche Berühmtheit durch die Causa Stinkefinger.

4. Von ganz links nach ganz rechts
(blog.zeit.de, Jürgen P. Lang)
Im Störungsmelder-Blog der “Zeit” und ihren Partnern schreiben Autoren aus allen Regionen Deutschlands über Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus. Im aktuellen Beitrag von Jürgen P. Lang geht es um Jürgen Elsässer, den Chefredakteur des rechtspopulistischen Monatsmagazins “Compact”. Der Autor diskutiert gleich zu Beginn Elsässers politische Wandlung, die so überraschend dann doch nicht sei: “Wer die Rechts-Links-Brille beiseitelegt, wird allerdings erkennen, dass Elsässers Vita mehr Brücken als Brüche aufweist. Im Kern war er schon immer Nationalist.”

5. Her mit der Wahrheit!
(mdr.de)
In Tschechien hat man 20 Mitarbeiter des Innenministeriums zu einem sogenannten “Abwehrzentrum” zusammengefasst, in dem Falschmeldungen in sozialen Netzwerken aufgedeckt, gekennzeichnet und entkräftet werden sollen. Doch das Projekt ist umstritten. Tschechiens Präsident Miloš Zeman sagte in seiner Weihnachtsansprache: “Wir brauchen keine Zensur, keine Ideenpolizei, wir brauchen kein Amt für Presse und Information, solange wir in einem freien, demokratischen Staat leben wollen.”

6. Jetzt geht’s rund
(sueddeutsche.de, Hans Hoff)
Entertainer Thomas Gottschalk feiert sein Radio-Comeback: Einmal im Monat drei Stunden bei Bayern 1. Eine “Radio-Sendung, in der er vor allem seinen Ruf als größte Ich-AG Deutschlands pflegt”, so Hans Hoff in seiner Kritik.

Kurz korrigiert (509)

Es gibt einiges zu korrigieren seit der vergangenen Ausgabe. Fangen wir also am besten direkt an …

***

… und zwar mit “Björn Böhning”, der gar nicht Björn Böhning ist. Heute in der Berlin/Brandenburg-Ausgabe der “Bild”-Zeitung:

Ausriss Bild-Zeitung - Björn Böhning (39), Chef der Senatskanzlei, steht am Kofferband und wartet

Die Person, die “am Kofferband” steht und “wartet”, ist nicht Böhning, sondern “Tagesspiegel”-Redakteur Sidney Gennies. Beide hatten Berlins Bürgermeister Michael Müller in die Partnerstadt Los Angeles begleitet — Böhning in seiner Rolle als Chef der Berliner Senatskanzlei, Gennies als Journalist.

***

Auch mit USA-Bezug, allerdings ein etwas anderes Metier:

Screenshot Bild.de - Vor den Augen seiner Kinder - Wrestling-Irrer springt wieder vom Zehn-Meter-Käfig

Über den Ausdruck “Wrestling-Irrer” lässt sich sicher streiten, schließlich handelt es sich um Shane McMahon, der nicht nur professioneller Wrestler ist, sondern auch der Sohn des “WWE”-Eigentümers Vince McMahon, und dem einigermaßen klar sein dürfte, was er da so macht. Eindeutiger ist die Sache beim angeblichen “10-Meter-Käfig”, der beim sogenannten “Hell in a Cell”-Match traditionell 20 Fuß hoch ist, was umgerechnet etwas mehr als sechs Meter sind. Deswegen sprechen die meisten Redaktionen auch von “20 feet” beziehungsweise einer “Sechs-Meter-Bruchlandung”. Nur bei Bild.de kommen noch mal vier Meter obendrauf.

***

Zehn Jahre obendrauf gab’s für France Gall, von der “WAZ”:

Ausriss WAZ - Heute vor 80 Jahren (1947) wurde France Gall geboren.

Wir haben mehrmals nachgerechnet und kommen zu dem Schluss: Entweder handelt es sich um eine Meldung vom 9. Oktober 2027, oder die “WAZ”-Redaktion hat Schwierigkeiten mit Zahlen. Die französische Sängerin France Gall wurde gestern jedenfalls 70 Jahre alt.

***

Apropos “WAZ”: Die heißt laut sportbild.de nicht mehr “Westdeutsche Allgemeine Zeitung”, sondern “Westfälische Allgemeine Zeit”:

Screenshot sportbild.de - Wer wird neuer Trainer bei den Bayern? Seit dem Rauswurf von Carlo Ancelotti brodelt die Gerüchteküche. Jetzt kommt ein neuer Name ins Spiel: Laut der WAZ (Westfälische Allgemeine Zeit) wird auch Louis van Gaal (66) als neuer Coach im Umfeld des Rekordmeisters diskutiert.

***

Aber zurück zum Jahreszahlen-Durcheinander. So eines hat auch Bild.de hinbekommen — bei dieser Geschichte:

Screenshot Bild.de - Nur null zu null gegen Peru - Messi und Argentinien vor WM-Aus

Heute Nacht entscheidet sich, ob die argentinische Nationalmannschaft und Lionel Messi bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland dabei sind. Bild.de schreibt dazu:

Dennoch ist die Quali aus argentinischer Sicht bisher eine einzige Enttäuschung!

Und es droht ein doppeltes Drama: Argentinien wäre zum ersten Mal seit 47 Jahren nicht bei einer WM-Endrunde dabei.

Da die Fußball-WM nicht alle 3,917 Jahre stattfindet, sondern alle vier Jahre, wäre Argentinien zum ersten Mal seit 48 Jahren “nicht bei einer WM-Endrunde dabei.”

***

Ebenfalls Fußball, ebenfalls ein einfacher Rechenvorgang, den Bild.de nicht hinbekommt. Nachdem FC-Bayern-Stürmer Thomas Müller gegen den FSV Mainz 05 getroffen hatte, schrieb die Redaktion:

Überragend: Es ist der 200. Scorer-Punkt in Müllers Bundesliga-Karriere (87 Tore, 103 Vorlagen) — und das in nur 261 Spielen!

Tatsächlich hat Müller bisher 97 Bundesliga-Tore geschossen. Die 200 Scorer-Punkte stimmen also — vorausgesetzt die 103 Vorlagen, die Bild.de nennt, sind korrekt. Andere Statistiken sagen allerdings, dass Müller seltener Vorlagengeber in der Bundesliga war.

***

Und zum Abschluss noch eine falsche Bild.de-Rechnung. Zu den Gehältern in der ARD schreibt das Portal:

Angeführt wird die Liste von WDR-Intendant Tom Buhrow. Sein Verdienst: 399 000 Euro im 2016 — umgerechnet auf 12 Monate wären das 33 333 Euro!

Nein.

Mit Dank an Peter H., Peter S., Daniel P., Marco F., Lothar Z., Pippo, @BoehningB und @JuergenKuehner, für die Hinweise!