Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Pest und Cholera - das Virus und die Reaktion.
Ihr könnt die Zeitung im Bahnhofsbuchhandel kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.
Außerdem ist sie wie alle Ausgaben seit 3/2011 auch als PDF-Download verfügbar.
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Anlässlich der Bombardierung Magdeburgs zum Ende des Zweiten Weltkriegs marschierten zahlreiche Nazis – wie in jedem Jahr – ohne Einschränkungen der Polizei und Stadtverwaltung durch Magdeburg. Der Gegenprotest wurde bewusst kriminalisiert. Hundertschaften der Polizei schlugen Demonstrierende krankenhausreif und behinderten die Pressearbeit. Auch die antifaschistische Vorabend-Demo hatte mit zahlreicher Repression zu kämpfen.
Begonnen hat der antifaschistische Protest gegen das faschistische Gedenken an die Zerstörung Magdeburgs bereits am 15. Januar. Ein breites Bündnis antifaschistischer Gruppen rief unter dem Motto „Pappesatt“ zur Demo durch Magdeburg auf. Die Repressionsbehörden hatten kurz zuvor die Demo – unter dem Vorwand der Corona-Pandemie – verboten und nur eine stationäre Kundgebung zugelassen. Auch eine Eilklage, die das Bündnis vor dem Verwaltungsgericht erhob, wurde zurückgewiesen. Die Polizei tat derweil alles, um die Kundgebung und ihre Forderungen zu kriminalisieren.
Hundertschaften aus Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen sowie der Bundespolizei fuhren ein Großaufgebot auf. Über 50 Einsatzfahrzeuge begleiteten den friedlichen Protest und spiegelten ein martialisches Abbild staatlicher Gewalt wider. Spontane Spaziergänge der Antifaschist*innen wurden durch die Polizei – ganz im Gegensatz zu rechten Querdenker*innen-Aufmärschen – früh gestoppt.
Am 10.02.2021 ab 08.30 Uhr wird das Landgericht Heidelberg über ein Urteil befinden, das 2018 bundesweit Aufsehen erregte: Der Antifaschist Michael Csaszkóczy war zu 20 Tagessätzen verurteilt worden, weil er sich nicht freiwillig aus einer öffentlichen Veranstaltung der AfD in der Heidelberger Stadtbücherei entfernte, die zudem in deren Hilde-Domin-Saal stattfand.
Das Gericht hatte Michael damals zwar recht gegeben, dass die AfD ihn nicht einfach so aus ihrer öffentlichen Veranstaltung hatte ausschließen können, zumal von ihm tatsächlich keine Störung oder sonstige Gefahr ausging. Die Polizei habe ihn aber dennoch ausschließen können, denn er sei nach deren Einschätzung „Rädelsführer“ gewesen. Deshalb seien die üblichen gesetzlichen Regelungen weitgehend außer Kraft, und Michael hätte sich der sozusagen durch die Polizei überbrachten Aufforderung der AfD fügen müssen, statt sich aus dem öffentlichen Gebäude tragen zu lassen. Und daraus ergebe sich die Strafwürdigkeit – für, jedenfalls rechtslogisch, drei Wochen Gefängnis.
Das bundesweite Aufsehen infolge des Urteils resultierte nicht nur aus der Fragwürdigkeit dieser offensichtlich von recht blindem Verfolgungswillen getragenen Argumentation. Es stellte sich nämlich heraus, dass die Richterin, die das Urteil verfasst hatte, Schwiegertochter von Albrecht Glaser ist, dem AfD-Bundestagsabgeordneten, der wegen seiner rabiaten antiislamischen Positionen 2017 bei der Wahl zum Bundestags-Vizepräsident durchgefallen war.
Liebe Genoss*innen,
die Geschäftsstelle ist nach dem verdienten Weihnachtsurlaub ab dem 11. Januar wieder wie gewohnt zu erreichen!
Beim heutigen Gerichtstermin wurde Isyan Konak aus Hamburg wieder auf freien Fuß gesetzt. Sie war am 03. Januar bei der Einreise am Sabiha Gökçen Flughafen in Istanbul festgenommen worden. Sie war gemeinsam mit ihrer Mutter in die Türkei gereist, um dort ihren Urlaub zu verbringen.
Der 25jährigen Krankenpflegerin wird aufgrund eines Postings auf der Plattform Facebook „Terrorpropaganda in sozialen Netzwerken“ vorgeworfen.
Konak wurde im Gegensatz zu zahlreichen anderen bekannten Fällen aus der BRD ohne Auflagen aus dem Gewahrsam entlassen.
„Direkt zu Beginn des neuen Jahres zeigt das AKP/MHP-Regime, dass es auch weiterhin die Meinungsfreiheit mit Füßen treten will. Wir freuen uns, dass Isyan Konak nach einem Tag wieder freigelassen wurde. Es sollte jedoch nicht vergessen werden, dass rund 60 Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft wegen ähnlicher angeblicher ‚Vergehen‘ in der Türkei inhaftiert sind, viele andere befinden sich im Hausarrest und dürfen das Land nicht verlassen. Wir sind solidarisch mit dem Betroffenen und fordern ihre unverzügliche Freilassung sowie die Möglichkeit zur ungehinderten Rückkehr in die BRD.“, fordert Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
„Die Revision wird als unbegründet zurückgewiesen.“ Mit diesen Worten erteilte das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) der Münchner Staatsanwaltschaft und dem Staatsschutz heute Vormittag eine Klatsche. Mit dieser Entscheidung im Revisionsverfahren endet vorerst die seit über drei Jahren andauernde Verfolgung derjenigen, die aus Solidarität öffentlich die Fahnen der kurdischen Volks- und Frauenverteidigungseinheiten YPG/YPJ (Yekîneyên Parastina Gel / Yekîneyên Parastina Jin) zeigen.
Antirepressionskampagne der Roten Hilfe e. V.
2018 startete die Rote Hilfe e. V. eine Antirepressions-Kampagne mit dem Titel „Solidarität Sichtbar machen„.
Die Initiative war nötig, da zahllose Aktivist*innen in ganz Bayern willkürlich kriminalisiert wurden, nachdem sie Fahnen der YPG und YPJ auf die Straße trugen oder Bilder davon in den sozialen Netzwerken teilten. Spezialeinheiten der bayerischen Polizei stürmten Demonstrationen, brachen Wohnungstüren auf, beschlagnahmten Computer und Handys und verschickten Anklageschriften wegen des Zeigens verbotener Symbole. Mit der Kampagne schuf die Rote Hilfe Öffentlichkeit für die Thematik und konnte zahlreiche Betroffene finanziell unterstützen.
Die Rodung im Dannenröder Wald wurde mit einem massiven und brutalen Polizeieinsatz durchgesetzt. Im Verlauf der fünfwöchigen Räumung sorgte der Polizeieinsatz für mehrere Schwerverletzte und gefährdete Menschenleben durch durchgeschnittene Sicherungsseile und Rodungen in direkter Nähe zu Menschen. Am 15. November durchschnitt ein Polizeibeamter ein Sicherungsseil, so dass eine Frau mehr als vier Meter in die Tiefe stürzte. Knapp eine Woche später trampelte eine Polizeieinheit so lange auf einem Seil herum, bis eine Aktivistin aus sechs Metern abstürzte. Die Polizei verursachte weitere Abstürze, die dank der Eigensicherung der Aktivist*innen und viel Glück keine Schwerverletzten und Toten forderten. In dem Einsatz verwendete die Polizei auch Taser, deren Einsatz schon auf dem Boden lebensgefährlich, in großen Höhen aber unverantwortlich ist.
Bei der Räumung agierte die Polizei mit äußerster Brutalität. Bei der Räumung einer Blockade am 20. November wurde ein Aktivist bewusstlos geschlagen und schwer verletzt. Immer wieder verhinderte die Polizei den Zugang von Sanitäter*innen zu den Verletzten und erschwerte regelmäßig die Berichterstattung der Presse und die politische und zivilgesellschaftliche Beobachtung. Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) spricht von 33 Fällen von Einschränkungen in der Pressearbeit und vier körperlichen Angriffen und Schlägen gegen Journalist*innen. Eine kirchliche Beobachterin wurde bei einem Polizeieinsatz so schwer verletzt, dass sie sich ins Krankenhaus begeben musste. Bei Minustemperaturen wurde darüber hinaus mehrmals ein Wasserwerfer gegen Aktivist*innen und Umstehende eingesetzt.
Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe: Pest und Cholera - das Virus und die Reaktion.
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Das Amtsgericht Duisburg hat in einem Beschluss vom 13. November 2020 den Antrag der örtlichen Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz aus rechtlichen Gründen abgelehnt.
Einer Angeschuldigten hatte sie vorgeworfen, während einer Versammlung am 9. Oktober 2019 in Duisburg „für mehrere Minuten“ eine Fahne mit dem Symbol der kurdisch-nordsyrischen Volksverteidigungskräfte YPG geschwenkt zu haben. Zudem habe sie in unmittelbarer Nähe anderer Personen mit YPG-Fahnen „zwei Mal hintereinander“ die Parole „PKK“ gerufen, um auf diese Weise die Verbindung zwischen YPG und PKK herzustellen.
Anlass der Versammlung war der Einmarsch der Türkei in Syrien und hatte das Motto „Efrîn soll leben – Türkei raus aus Rojava“.
Ihr Verteidiger, Rechtsanwalt Yener Sözen, hatte in dem Verfahren vorgetragen, dass das Zeigen der YPG-Fahne erlaubt sei und das Skandieren der Parole „PKK“ keinen Verstoß gegen das Vereinsgesetz darstelle. Auch das Gericht vertrat die Auffassung, dass das der Angeschuldigten vorgeworfene Handeln keinen Straftatbestand erfülle. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn es sich bei der Fahne mit dem YPG-Symbol um das Kennzeichen eines verbotenen Vereins gehandelt hätte.
Die Verfahren im sog. Rondenbarg-Komplex sind nicht nur ein weiterer Höhepunkt in der massiven Repressionswelle gegen G20-Gegner*innen, die auch dreieinhalb Jahre nach dem Gipfel in Hamburg im Juli 2017 weiter ungebrochen ist. sondern mit insgesamt über 80 Angeklagten der größte Mammutprozess gegen Linke seit Jahrzehnten.
Am 3. Dezember 2020 beginnt nun der Pilotprozess gegen die fünf jüngsten Angeklagten, die bei den G20-Protesten noch minderjährig waren. Über viele Monate hinweg müssen die Heranwachsenden nun wöchentlich nach Hamburg zu ihren Prozessterminen pendeln, was eine ungeheure Belastung für die fünf Betroffenen darstellt. Die eigentlichen Ereignisse geben wahrlich keinen Anlass zu einem so aufgeblähten Prozess. Etwa 200 Demonstrant*innen, die auf dem Weg zu Blockadeaktionen waren, wurden am Morgen des 7. Juli 2017 in der Straße Rondenbarg in Hamburg-Bahrenfeld ohne Vorwarnung von einer BFE-Einheit angegriffen.
Bei diesem brutalen Polizeieinsatz wurden zahlreiche Aktivist*innen verletzt, elf von ihnen so schwer, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten und bleibende Schäden davontrugen. Um die mediale und politische Debatte über diesen staatlichen Angriff, der auf Videos dokumentiert ist, in andere Bahnen zu lenken, setzte die Polizei von Anfang an auf massive Kriminalisierung der dort festgenommenen Gipfelgegner*innen, die tagelang in der Gefangenensammelstelle inhaftiert wurden. Der italienische Aktivist Fabio wurde sogar fünf Monate in Untersuchungshaft genommen und wegen seiner Beteiligung am Protestzug im Rondenbarg angeklagt – bis der Prozess im Februar 2018 platzte. Dennoch lässt die Hamburger Justiz in ihrem Verfolgungseifer nicht locker und richtet sich nun zunächst gegen die fünf jüngsten Aktivist*innen. Das juristische Konstrukt sieht nicht vor, individuelle strafbare Handlungen nachzuweisen oder den einzelnen Beschuldigten konkrete Straftaten zuzuordnen. Allein ihre Anwesenheit bei der Versammlung reiche aus, um ein gemeinsames Tathandeln zu unterstellen, was für eine Verurteilung ausreiche.
Straftaten einzelner Teilnehmer*innen könnten so allen vor Ort befindlichen Personen zugeschrieben werden. Sollte sich diese Rechtsauffassung durchsetzen, würde künftig jede Teilnahme an einer Demonstration ein enormes Kriminalisierungsrisiko bedeuten. Da die ursprünglich geplanten Großprozesse mit bis zu 19 Angeklagten sich als logistisch nicht durchführbar erwiesen, will das Landgericht Hamburg zunächst an diesen fünf Aktivist*innen exemplarisch die Beweisführung und Konstruktion der Vorwürfe durchexerzieren, die nach dem Willen der Staatsanwaltschaft auch in möglichen späteren Verfahren gegen ihre Genoss*innen angewandt werden sollen.
Die bewusste Auswahl der jüngsten Angeklagten hat für die Justiz den Vorteil, dass die unbequeme kritische Öffentlichkeit und solidarische Unterstützer*innen von der Verhandlung ausgeschlossen werden. Doch Solidarität lässt sich nicht aussperren: mit einem dezentralen Aktionstag am 28. November trugen Tausende ihre Unterstützung für die fünf Aktivist*innen auf die Straße. Unter anderem in Berlin, Hamburg, München und Köln, aber auch in zahlreichen kleineren Städten wie Braunschweig, Freiburg, Heidelberg, Kiel, Marburg, Münster, Regensburg und Stuttgart fanden im Rahmen der Solidaritätskampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ Kundgebungen und Demonstrationen statt, die den Angeklagten zeigen, dass sie nicht allein sind.In weiteren Städten gab es Transparentaktionen und Veranstaltungen zum Thema. Am 5. Dezember wird eine bundesweite Demonstration in Hamburg folgen.