Sein Stern erstrahlte, als er noch ein Kind war, es folgte ein kometenhafter Aufstieg, heute ist Justin Bieber der größte Popstar des Universums. Er ist der aktuell meistgehörte Musiker, er hat den knallbunten Dada-TikTok-Zeitgeist perfekt verstanden und vor Kurzem sein fünftes Nummer-eins-Album veröffentlicht.
Mit nur 25 Jahren sagt er Sätze wie „es ist viel passiert, ich bin verheiratet und habe einen Schnurrbart“, was ihn und James Corden, in dessen Show er jenen Satz sagte, laut auflachen ließ.
Sieben Kapitel, inklusive Fast-Abstürzen und besonders hohen Höhenflügen, die das Phänomen Justin Bieber erklären.
1. Youtuber-Mama sei Dank
Als Justin Bieber zwölf Jahre alt ist, nimmt er an einem lokalen Musikwettbewerb seiner Heimatstadt Stratford, Ontario teil. 31.000 Einwohner, kanadische Provinz, Bieber wird Zweiter. Seine Mutter lädt ein Video des Auftritts bei YouTube hoch, noch heute ist das Video auf Biebers Kanal zu finden: Wackeliges Bild, 4:3-Format, veröffentlicht am 19. Januar 2007.
Ursprünglich nur für Freunde und Verwandte gedacht, entdeckt der Musiklabelmanager Scooter Braun durch Zufall Biebers Interpretation des R’-n’-B-Songs „So Sick“ von Ne-Yo (der wundersame Algorithmus der YouTube-Seitenleiste). Bieber, inzwischen 13, wird von Braun nach Atlanta eingeladen, um Demo-Aufnahmen zu machen, dort trifft er auf den Musiker Usher, damals ein Weltstar. Eine Woche später hat Bieber einen Plattenvertrag und legt einen Raketen-Karrierestart hin.
2. Aus Kind mach Teenie-Idol
Während die erste Single „One Time“ schon in die Top-20 der US-Charts klettert, macht es sich das Label zur Aufgabe, aus dem Knaben, der noch nicht einmal im Stimmbruch ist, eine Marke zu schaffen. Usher stellt Bieber ein Team aus Stylisten und Coaches an die Seite, die ihm einen Look überstülpen.
Eine Mischung aus zuckersüßem Mädchenschwarm und Gangster: Baseballmütze, Kapuzenpullover, Dog-Tags und knallige Sneaker. Auch seinen Sprachstil passt er an. „Wassup man, how you doin?“ oder „It’s like, you know, whateva“, soll „street credibility“ suggerieren. Der Bieberkopf – tief in die Stirn hängender Pony, dazu Zahnpastalächeln – wird die bekannteste Frisur seit den Beatles.
3. Klick-Milliardär
Mit riesigen Engelsflügeln schwebt der völlig in Weiß gekleidete Justin Bieber begleitet von Feuerwerk durch die Arena. Ein Cyborg, der vom Himmel fällt. Von September 2012 an startete so jede seiner Shows auf der „Believe“-Worldtour. 162 Konzerte in 42 Ländern, vor insgesamt 1,7 Millionen Zuschauern. Mit 18 Jahren ist Justin Bieber der größte Popstar der Welt. Mathelehrer sollten es mit Justin Bieber versuchen, um störrische Pubertierende für Zahlen zu begeistern, denn „Biebs“ in Ziffern ist schier unglaublich.
Unter den 100 meistgesehenen Videos auf YouTube befinden sich vier seiner Songs, das erfolgreichste, „Sorry“, hat 3.249.060.735 Aufrufe. Als sein erstes Album „My World 2.0“ an der Spitze der US-Charts steht, ist Bieber gerade 16 geworden. Mit über 64 Millionen monatlichen Streams auf Spotify ist er der meistgehörte Musiker der Welt und mehr Twitter-Follower als Justin Bieber hat nur Barack Obama.
4. Buffen, Ballern, Bieber
2013 taucht ein Bild auf, das Justin Bieber beim Konsum von Marihuana zeigt. Der Beginn einer schwierigen Phase, in der lange Zeit nicht klar ist, ob ihn ein ähnliches Schicksal wie Britney Spears ereilt, deren Karriere sich von ihren Eskapaden nie ganz erholt hat. In seiner gerade erschienen YouTube-Doku-Serie „Justin Bieber: Seasons“, hat er seinen Drogenproblemen eine eigene Folge gewidmet. Den ersten Joint habe er mit 13 geraucht, zwischenzeitlich sei er morgens aufgestanden und habe sich direkt eine Ecstasy-Pille eingeworfen, erzählt er.
Als der damals 20-Jährige 2014 in Los Angeles betrunken am Steuer erwischt wird, unterschreiben 270.000 Amerikaner eine Petition mit dem Ziel, den Kanadier des Landes zu verweisen. Bis 2015 wirkt es, als hole er seine Pubertät nach, allerdings als millionenschwerer Weltstar. In Brasilien wird er morgens von seinen Bodyguards aus einem Bordell gezogen, In den USA steht er vor Gericht, weil er das Haus seines Nachbarn mit rohen Eiern beworfen hat, vom Hotel-Balkon aus bespuckt er seine Fans. Heute ist Bieber clean und geläutert.
Als er in einem Radio-Interview auf Newcomerin Billie Eilish angesprochen wird, bricht er in Tränen aus: „Ich lasse sie machen, was sie will, aber wenn sie mich brauchen sollte, bin ich immer für sie da.“ In Eilishs Raketenstart erkennt Bieber Parallelen zu seinem eigenen Karrierebeginn – und auch in ihren Krisen.
5. Auf Dicke Hose machen
Über Ästhetik lässt sich bekanntlich streiten, so auch über die Tattoos des Musikers. Er hat so gut wie kein Klischee-Motiv ausgelassen: Notenschlüssel, römische Zahlen, Flügel im Nacken, ein Kreuz auf dem Schlüsselbein, Indianerkopf, Schwalben am Hals. Trotzdem ist er seit 2015 Model für Calvin Klein, inklusive Spekulationen über Photoshop-Muskeln und eine künstlich ausgestopfte Boxershort.
6. Selena? Hailey!
Seine langjährige On-off-Freundin Selena Gomez hat Justin Bieber als Engel-Tattoo auf dem Unterarm verewigt – und dann doch verlassen. Sie tröstete sich mit einem erfolgreichen Break-up-Album. Geheiratet hat er das Model Hailey Baldwin. Ihre Hochzeit im September 2018 war nach Meghan und Harry quasi die zweite royale Trauung des Jahres.
Die offizielle Party folgte ein Jahr später, inklusive Brautkleid von Megadesigner Virgil Abloh. Auf die Schleppe hatte er in seinen typischen Anführungszeichen den Satz „Till Death Do Us Part“ gedruckt, „bis dass der Tod uns scheidet“.
7. Smileys und Pornobalken
Aus dem braunen Wuschel-Pony ist inzwischen eine blond gebleichte Struwwel-Frisur geworden. Oversize-T-Shirts und Hoodies ziert meist ein riesiger Smiley (das Logo seines eigenen Labels Drew House), was noch immer gewöhnungsbedürftig ist. Zwischenzeitlich polarisierte er mit einem leicht räudigen Schnurrbart, den er schnell wieder abrasierte. Justin Bieber bleibt vorerst das erfolgreichste Kind der Welt.
Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.
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