Die Saison neonazistischer Groß-Konzerte wurde 2018 mit dem „Schild & Schwert-Festival“ in Ostritz (Sachsen) eingeläutet. An BesucherInnenzahlen wie im Juli 2017 in Themar konnte jedoch nicht angeknüpft werden. Woran das liegen könnte und warum RechtsRock dennoch ein verbindendes Element der rechten Szene bleibt, wird nachfolgend skizziert.
Momentaufnahme und Tendenzen im rechten Konzert-Geschehen
Seit der weitgehend störungsfreien Durchführung des „Rock gegen Überfremdung II“ am 15. Juli 2017 in Themar haben extrem rechte Großveranstaltungen Hochkonjunktur. Als politische Kundgebung angemeldet, ist es den Behörden bisher nicht gelungen, diese zu unterbinden. Selbst Umweltschutzgesetze und restriktive Auflagenbescheide verfehlten ihre Wirkung. Stattdessen produzierte man Publicity für die Neonazis und Häme gegen die lokale Zivilgesellschaft.
Unterschiede
Angefangen bei den TeilnehmerInnenzahlen, sind zwischen den Events deutliche Unterschiede erkennbar. Während sich rund 6.000 Neonazis zum „Rock gegen Überfremdung II“ einfanden, zog das „Rock für Identität“ Ende Juli 2017 in Themar „nur“ 1.000 Neonazis an. 1.300 Personen nahmen im Oktober 2017 am „Rock gegen Links“ teil und das im April 2018 durchgeführte „Schild & Schwert-Festival“ in Ostritz kann auf maximal 1.500 BesucherInnen zurückblicken. Die kürzlich im Juni veranstalteten „Tage der nationalen Bewegung“ in Themar zogen am zweiten Veranstaltungstag wiederum knapp 2.300 Neonazis an.
Auf den Konzerten fanden sich dabei Neonazis aus allen Altersklassen ein. Für die Jüngeren bedeutet der öffentliche Charakter vor allem eine einfache Handhabe. Tickets können im Vorverkauf erworben werden, Veränderungen im Line-Up lassen sich bequem über die sozialen Netzwerke verfolgen. Dazu kommt, dass es keiner starken Anbindung an die organisierte Szene bedarf, um an Konzerten wie in Themar teilnehmen zu können. Gleichzeitig ist dies sicher auch ein Grund für die rege Teilnahme älterer Neonazis. Meist im familiären Alltag eingebunden sind diese Events eine unkomplizierte Möglichkeit, Teil der Neonazi-Szene zu bleiben, ohne etwas dafür tun zu müssen. Sicher, Ausflüge zu angemeldeten Konzerten ziehen immer Personalien-Feststellungen, Auflagen und nicht zuletzt ein enormes Presseaufgebot mit sich, doch für Neonazis, die noch nicht oder nicht mehr stark an die Szene angebunden sind, spielt das offensichtlich keine Rolle.
Für Journalist_innen bot sich auf allen Events ein ähnliches Bild: Oft unbekannte Neonazis, einheitlich gekleidet in Tommy Frencks „Druck 18“-Verkaufsschlager, den „Division-Füge-hier-dein-Bundesland-ein“-T-Shirts. In Ostritz hätte man meinen können, die TeilnehmerInnen wollten die Aufmerksamkeit zuspitzen, indem Klamotten präsentiert wurden, die hart an der Grenze zum Strafbaren waren. Dadurch wurde teilweise erreicht, dass die berichtenden großen Formate ihr im Vorfeld gezeichnetes Bild eines „ultimativen Nazi-Festes an Hitlers Geburtstag“ bestätigt bekamen. Dass Veranstalter Thorsten Heise ähnlich ultimativ mobilisierte und viele Medien dies übernahmen, sollte unbedingt von kritischen Journalist_innen reflektiert werden. Höhepunkt der Selbstdarstellung war schließlich die Pressekonferenz am ersten Tag des Events, der bis zu zwanzig Journalist_innen beiwohnten. Damit bot man Heise eine Bühne, auf der er sich als wortgewandter, biederer Konzertveranstalter darstellen konnte. Die Erkenntnis, dass das zweitägige Festival vor allem als Treffpunkt des in Deutschland verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerkes und dessen bewaffnetem Arm „Combat 18“ genutzt wurde, ging dabei im Getümmel unter.