Gastbeitrag von Silke Stöckle – Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung
In Deutschland ist Schwangerschaftsabbruch über das Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und die entsprechenden Paragrafen 218 und 219. stammen teilweise wortwörtlich noch aus der Weimarer Republik oder aus der Nazizeit. Im November letzten Jahres wurde die Ärztin Kristina Hänel vom Amtsgericht Gießen zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt, weil sie gegen den aus dem Jahr 1933 stammenden Paragrafen 219a StGB verstoßen hat. Der Paragraf verbietet Ärzt*innen das Verbreiten von Informationen darüber, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Gemäß Paragraf 219a wird es als Werbung zum eigenen Vermögensvorteil gewertet, wenn – wie im Fall Hänel – auf der Webseite der Arztpraxis Schwangerschaftsabbruch als Leistung aufgelistet wird und die Details zu Methoden und Risiken in einem sachlichen PDF-Dokument zur Verfügung gestellt werden.
Ein Gutes hat die Sache. Zwar wurde Kristina Hänel wie viele andere Ärzt*innen zuvor von einem radikalen Abtreibungsgegner angezeigt, sie aber weigerte sich, die Information von ihrer Webseite zu nehmen. Sie entschied auch, in die Berufung zu gehen und machte so die Öffentlichkeit auf die skandalöse Situation, in die die deutsche Rechtsprechung Ärzt*innen und ungewollt Schwangere bringt, aufmerksam.
Nur so ist das Thema Schwangerschaftsabbruch in Deutschland, nachdem es über Jahre kaum eine gesellschaftliche Debatte darüber gab, wieder auf der politischen Agenda gelandet. Vordergründig geht es dabei erst einmal um das Informationsverbot. Doch in der öffentlich geführten Diskussion wird schnell klar, dass es hier um mehr geht: nämlich darum, grundsätzlich die repressive Regelung des Schwangerschaftsabbruchs in Deutschland infrage zu stellen. Es wird wieder öffentlich die Frage aufgeworfen, ob das Thema überhaupt ins Strafgesetzbuch gehört und nicht nur Paragraf 219a, sondern gleich der gesamte Paragraf 218 gestrichen werden sollte. Continue reading “Unglaublich, dass wir dafür immer noch auf die Straße gehen müssen! Weg mit § 218! Weg mit § 219a!”