Der Kampf des Populismus in den Parasitenstaaten

Erst kürzlich zeigte die österreichische Sozialdemokratie, erneut, einen starken Willen mit der bekannterweise zu großen Teilen rechtsextremen FPÖ zu kollaborieren. Vollkommen neu ist dieses Phänomen nicht. Es gab, zumindest in Österreich, bereits in den 90ern eine rot-blaue Koalition, welche aber nicht lang hielt. Die Differenzen waren augenscheinlich damals noch zu groß. Jedoch, im Burgenland gibt es seit 2015 eine stabile regionale Koalition dieser beiden angeblich so verfeindeten Parteien. Ist sie zwar anfangs harsch kritisiert worden, so ist diese Kritik heute nahezu verschwunden. Hier und da vereinzelte Stimmen, die die „schiere Unverschämtheit“ einer solchen Zusammenarbeit anprangern, aber von einer Massenopposition ist hier keine Spur. „Der Demokratie wegen.“, heißt es, „In einer Demokratie müssen alle Parteien als potentielle Partner herangezogen werden, das gilt auch für die FPÖ.“ Betrachtet man nun diese regionale Situation und die Auswirkungen bisheriger Kritik, nämlich keine, scheint es umso weniger verwunderlich, dass der österreichische Bundeskanzler und Anführer der SPÖ Christian Kern „unter gewissen Umständen“, wie er zu sagen pflegt, einer Koalition mit der FPÖ im Nationalrat zustimmen würde.

Wie allseits bekannt ist auch das alpine, unschuldig wirkende Österreich im Herzen Europas ein Parasitenstaat; abhängig in seiner Wirtschaftslage von der Ausbeutung der Dritten Welt durch die Hauptakteure des Imperialismus, wie beispielsweise der USA oder der BRD. Die wirtschaftliche Verwobenheit Österreichs mit dem Westen ist maßgeblich für seinen Status als solcher Schmarotzerstaat, wenngleich es nicht an vorderster Front für die Bereicherung der Ersten Welt kämpft. Die Bevölkerung Österreichs lebt von den regelmäßigen Abgaben seiner imperialistischen Vormünder, welche vor allem heute das Fundament des österreichischen Lebensstandards ausmachen.

Bei einem primären Widerspruch, welcher sich zwischen der Ersten und Dritten Welt befindet; in einer Welt, in welcher Klassen zu Nationen geworden sind, ist es absolut nicht überraschend, dass es in den zwei gegenüberliegenden Lagern dieses Widerspruches, dem hegemonialen und dem unterdrückten, eine Tendenz zur Zusammenarbeit innerhalb dieser jeweiligen Lager geben kann und muss - deren sekundäre, tertiäre usw. Widersprüche überbrückend. Der prinzipielle Grenzwert, also das Maximum dieser Tendenz, ist eine „perfekte“ Klassenkoalition innerhalb jener Lager; wie man es auch mit der anti-japanischen Koalition der Guomindang und der Kommunistischen Partei Chinas im 2. Chinesisch-Japanischen Krieg sehen konnte, um ein bekannteres Beispiel zu nennen. Scheinen die Interessen der Sozialdemokratie und der vagen bürgerlich-faschistischen Koalition zwar in dogmatischer Klassenanalyse als absolut entgegengesetzt, so sind sie, gegeben durch diesen neuen primären Widerspruch, heute in ihrem Kampfe gegen die Dritten Welt geeint.

Weitere Beispiele dieser aufkommenden Veränderung ist auch in weniger links angesiedelten Parteien, die sich, zumindest historisch, auch gegen den europäischen Rechtsextremismus ausgesprochen hatten, zu finden. So hatte die französische sozial-liberale Partei “La République En Marche” des Emmanuel Macron vor den Parlamentswahlen bzw. vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich stark darauf beharrt, einen pro-europäischen Kurs beizubehalten, was auch weiterhin in der allgemeinen Meinung jener Partei und jenes Politikers verweilt, jedoch mittlerweile schon vor den Parlamentswahlen sehr von dieser Position abwich und sich Sätzen bediente, die von vielen Nachrichtendiensten als “schon euroskeptisch” betitelt wurden.[1] Mechanistisch wird dies als Strategie erklärt, um Wähler der neo-faschistischen Front National umzustimmen, was, angesichts des Ergebnisses, auch Früchte trug.

Sahra Wagenknecht, die Anführerin der traditionell marxistischen Fraktion innerhalb der Linke in Deutschland, hat erkannt, dass Erste-Welt-Linkspolitik auf billigen und opportunistischen Populismus fußen muss, um auch tatsächlich Wahlen zu gewinnen. Wagenknecht meinte, dass die „arme“ deutsche Bevölkerung die Ausgaben für Flüchtende zu tragen haben und, dass eben die „arme“ Bevölkerung von dieser „drakonischen Bestrafung“ befreit werden muss; dass die Feindseligkeit der deutschen „Arbeiterklasse“ gegenüber Flüchtenden vollkommen gerechtfertigt wäre.[2][3] Desweiteren hatte sie vorgeschlagen, dass kriminell geworden Flüchtende ihr Recht auf Asyl und der dazugehörige Status aberkannt werden soll und jene in ihre Heimatländer abgeschoben werden sollen. Verständlicherweise wurde sie dafür in ihrer eigenen Partei harsch kritisiert und von der Alternative für Deutschland gefeiert.

Der unverschleierte Hintergrund ist jedoch, dass Catch-All-Taktiken im europäischen Machtkampf an Wichtigkeit noch weiter gewinnen werden, und, dass ein Wahlsieg in einem beliebigen europäischen Land logischerweise von jener Partei eingefahren werden wird, die als erste, oder als beste Partei diese Taktik anzuwenden vermag. Die Interessen der überwiegenden Mehrheit europäischer Wähler, aus der Arbeiteraristokratie und Petit-Bourgeoisie stammend, sind klar. Diese Interessen und ihre Position in dem immer weiter intensivierenden Widerspruch zum globalen Proletariat in der Dritten Welt, ist es klar, dass wir uns auf weitere solche Entwicklungen in der Zukunft einstellen können. Heute sind diese leichte Euro-Skepsis Macrons oder auch die rot-blaue Koalition im Burgenland zwar nur vereinzelte Manifestationen dieser Tendenz, aber, desto mehr Zeit verstreicht, desto mehr werden abstrus erste-weltistische Parteien, Bewegungen und Koalition aufkommen. Diese Entwicklungen werden dann die konkrete Form globalisierten Klassenkampfes bezeugen und es wird klar sein, dass das nicht nur die angeblichen Machenschaften einer kleinen, verschwörerischen Minderheit sind, wie es die Erste-Welt-Linke heute sieht.

Es ist nun unsere Aufgabe, all diese Veränderungen in der Klassenzusammensetzung der Welt sehend, unsere Position als bekennende internationalistische Kommunisten gründlich zu überdenken. Wir müssen uns darauf besinnen, ein starkes, internationales Lager zu errichten, welches die Erste-Welt-Hegemonie kontern kann und politische Koalitionen einzugehen, die den imperialistischen Umtrieben etwas entgegenzusetzen haben. Anstatt sich mit neoliberalen und sozial-chauvinistischen „Linken“ in der Ersten Welt zusammenzutun, müssen wir darauf abzielen, uns mit den progressiven, revolutionären Kräften in der Dritten Welt zu vereinen. Alle taktischen Überlegungen müssen sich mit dem strategischen Ziel – dem Sieg über den Imperialismus – decken, um am Ende in einer kommunistischen Revolution zu münden.


  1. https://www.rt.com/news/386702-macron-frexit-eu-reform/ ↩︎

  2. http://www.tagesspiegel.de/politik/linke-und-fluechtlinge-aerger-um-sahra-wagenknecht/12833340.html ↩︎

  3. http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-05/linken-parteitag-sahra-wagenknecht-torte-angriff ↩︎