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Vernetzte Welt
Krieg um Aufmerksamkeit

von Chris J. Anderson
Fünf Milliarden Menschen stehen kurz davor, online zu gehen. Das Internet etabliert sich als entscheidender Machtfaktor – die Frage, wer dabei gewinnt, bleibt nach wie vor offen.
Mit dem Smartphone navigieren wir durch die Welt. Aber wer lenkt uns dabei? (Bild: Valentyn Ogirenko / Reuters)

Mit dem Smartphone navigieren wir durch die Welt. Aber wer lenkt uns dabei? (Bild: Valentyn Ogirenko / Reuters)

Unser Planet entwickelt ein eigenes Gehirn. Dieser Prozess beschleunigt sich, und das Projekt wird die Zukunft der Menschen und vieler anderer Arten bestimmen.

Die wichtigsten Unternehmen der Internet- und Weltraumtechnologie und noch einiger anderer Bereiche bestätigen Investitionen von mehreren Milliarden Dollar, um innerhalb von zehn Jahren ein kostengünstiges Breitband-Internet für jeden Quadratmeter der Erdoberfläche bereitzustellen. Sie bauen die Eisenbahnschienen und Autobahnen des 21. Jahrhunderts – aber im globalen Massstab und mit atemberaubendem Tempo.

Ein gigantisches Experiment

Fünf Milliarden Menschen stehen kurz davor, online zu gehen, grösstenteils mithilfe von Smartphones, die weniger als 50 Dollar kosten. Und im Unterschied zu den zwei Milliarden, die ihnen vorangegangen sind, werden ihre ersten Erfahrungen mit dem Internet wahrscheinlich nicht schwerfällige Texte sein, sondern hochauflösende Videos und eine schnelle Verbindung mit allem, was ihre Vorstellungskraft fesselt.

Das ist ein Gesellschaftsexperiment ohne Vorläufer in der Geschichte. Die meisten von uns haben ihre Internetgewohnheiten nach Jahren des Umgangs mit Zeitungen, Büchern, Radios und Fernsehen entwickelt. Viele von jenen, die bald online gehen werden, sind gegenwärtig noch Analphabeten. Wer wird ihre Aufmerksamkeit gewinnen, und welche Konsequenzen wird das haben? Social Media, Wikipedia, Pornos in der jeweiligen Landessprache? Videospiele? Aufdringliche Werbeavancen? Regierungspropaganda? Süchtig machende Zerstreuungen? Kostenlose Bildung? Gespräche mit Mentoren in anderen Ländern, ermöglicht durch maschinelle Übersetzungen in Echtzeit?

Man kann sich das durchaus als ein schönes Szenario vorstellen, gemäss dem zum ersten Mal in der Geschichte jeder Mensch freien Zugang zu den grössten Lehrern der Welt in seiner eigenen Sprache erhält; Menschen entdecken Werkzeuge und Konzepte, um Armut und Engstirnigkeit zu entkommen; wachsende Transparenz zwingt Regierungen und Unternehmen zu besserem Handeln; die Welt beginnt, von Milliarden neuer kluger Köpfe zu profitieren, die in der Lage sind, einen Beitrag zu unserer gemeinsamen Zukunft zu leisten; die globale Vernetzung fängt an, das Stammesdenken abzulösen.

Das kann hässlich werden

Damit all dies jedoch überhaupt eine Chance hat, müssen wir uns vorbereiten auf den Einsatz im grössten Krieg um Aufmerksamkeit aller Zeiten. Jeder globale Betrieb, jede Regierung und jede Ideologie hat ein grosses Eigeninteresse in diesem Spiel. Das Ergebnis könnte viele verschiedene Formen annehmen, von denen einige hässlich sind.

Das Besondere und gleichfalls Wesentliche ist dabei die Tatsache, dass wir einen Plan haben. Fest steht, dass wir die Erde nicht physisch verkabeln müssen. Satelliten, möglicherweise unterstützt von Drohnen und Ballons, sind dabei, diese Aufgabe viel schneller zu erledigen. Wir können sicher sein, dass uns eine massive Umwandlung bevorsteht. Wir sollten gut darauf vorbereitet sein.

Chris J. Anderson ist Kurator der TED Talks. Der obige Aufsatz wurde für www.edge.org verfasst und wird kommendes Jahr in einem Sammelband beim S.-Fischer-Verlag erscheinen. Aus dem Englischen von Jürgen Schröder.

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