Wenn man heute eine Modezeitschrift aufschlägt, eine Platte hört, ins Theater geht, verfolgt sie einen auf Schritt und Tritt: die RAF, allerdings als sinnentleertes Symbol, das Radikalität und Dissidenz verspricht. In Tussy de Luxe ist eine RAF-Fotostrecke zu sehen, Jan Delay rappt über die "Söhne Stammheims", in Fernseh-Talkshows dürfen Ex-Gefangene über ihr schlechtes Gewissen referieren (die das nicht tun wollen, werden nicht eingeladen), und die Öffentlichkeit genießt den Schauer: Ein Leben aus Abenteuer und Aufsässigkeit fast wie bei Bonnie & Clyde. So wie die schwarze US-Feministin Angela Davis einst zur 'Moderevolutionärin' stilisiert wurde, die den Afro salonfähig gemacht habe, so repräsentiert nun die RAF die vermeintliche Anti-Establishment-Revolte.

Dass Zeichen des 'Undergrounds' in den Mainstream integriert und popkulturell verwertet werden, ist kein neues Phänomen, aber darauf reduzieren lässt sich die trostlose Entwicklung nicht. Hier wird nicht einfach nur vereinnahmt. Die Verwendung der RAF-Symbolik als 'Radical Chic' bzw. das Fortbestehen eines konsequenzlosen "abstrakten Radikalismus" (Theweleit) hat seine Ursache auch darin, dass die politische Debatte mit und über die RAF immer unterbelichtet war. Die Auseinandersetzung wurde nur als Austausch moralischer Bekenntnisse geführt. Auf der einen Seite: "Das ist Mord", auf der anderen: "Wer nicht für uns ist, unterstützt das System". Eine Entpolitisierung, die von verschiedenen Seiten gleichermaßen betrieben worden ist: vom Staat, der jede Debatte mit der RAF und den Gefangenen kriminalisierte und die legale Linke immer wieder zu Distanzierungs- und Unterwerfungsgesten zwang, von den Institutionenmarschierern, denen die Kompromisslosigkeit der RAF als schlechtes Gewissen im Nacken saß, und nicht zuletzt von den RAFlerInnen selbst, die für sich beanspruchten, als einzige "wirklich zu kämpfen", und sich dies in schon fast inquisitorischen Ritualen gegenseitig immer wieder vergewisserten. Die RAF wollte die Diskussion nicht, die von anderen (Leuten aus dem 2. Juni oder später der RZ z. B.) durchaus angeregt wurde. Die Gruppe stilisierte ein politisches Problem, das Abflauen der Revolte von 67ff, zu einer Frage nach der individuellen Entschlossenheit und unterband damit grundsätzliche Frage. Klaus Theweleit hat in "Ghosts" diese menschlich-politische Selbstverstümmelung der frühen RAF beschrieben - in einem etwas arroganten Ton, aber nichtsdestotrotz treffend.

Ein Ende der Politikverweigerung setzte erst 1989/90 ein, als einige politische Gefangene den Kontakt zu AktivistInnen aus Gewerkschaften, Kirchen und Basisgruppen suchten und Fragen ansprachen, die bis dahin tabu gewesen waren: die militärische Eskalationslogik der RAF, die soziale Prozesse ausblendete, den unsäglichen Avantgardismus der Gruppe, die bizarre Verengung ihrer Politik auf einen abstrakten Antiimperialismus und die Gefangenenfrage. Doch der Aufbruch dauerte nur kurz. Als die RAF im Untergrund, eine Kleinstgruppe von zehn, vielleicht auch nur fünf Menschen, die zum Schreckgespenst einer ganzen Gesellschaft aufgebaut worden war, direkt mit politischen Gruppen ins Gespräch kommen wollte, schlug die Staatsmacht zu. Bei einem Treffen mit dem VS-Spitzel Steinmetz im Sommer 1993 wurde der RAF-Aktivist Wolfgang Grams auf den Gleisen in Bad Kleinen von der GSG-9 exekutiert, Birgit Hogefeld festgenommen. Die Debatte endete, bevor sie richtig begonnen hatte. Was danach folgte, war dürftig: Ex-Gefangene verteidigten die historische Berechtigung des bewaffneten Kampfs, KritikerInnen verwiesen auf die Attentatsopfer, die meisten forderten Versöhnung und verklärten den bewaffneten Kampf zur rein menschlichen Tragödie.

"Zeichen setzen", "Märchen erzählen", Gespenster beschreiben

Nun ist die RAF in Literatur, Film und Kunst mehr Thema denn je, doch politisch wird so gut wie gar nichts mehr gesagt. 4 Beispiele:

1) Im April ist in der Berliner Kulturbrauerei die Ausstellung freiheit jetzt zu sehen: Arbeiten von 24 KünstlerInnen, die Solidarität beweisen wollen. "Ein menschliches Zeichen, das wir setzen", erklärt Thomas Richter, einer der Mitinitiatoren, der jungen welt. So hilflos wie der Satz klingt, irrt man auch durch die Ausstellungsräume. Es gibt Agitationskunst im klassischen Sinne: Mariele Bergmann lässt eine schwarz-rot-goldene Bundeshenne mit Gartenzwerg-Schoßhund als Prostituierte über die Firmenlogos der deutschen Großindustrie stöckeln, Joachim John nennt seine leidenden Gestalten vor einer Berglandschaft "Freiheit in den Anden", und Ronald Paris zeigt ein Soweto-Straßenkampf-Gemälde. Von der Hamburger Fotografin Marily Stroux, die sich ansonsten v. a. mit Porträts beschäftigt, werden ausgerechnet zwei nichtssagende Fotos mit Parolenlyrik aus der Hamburger Hafenstraße gezeigt, während nebenan eine Video-Installation von Jakobine Engel über den Bildschirm flimmert, die insofern auffällt, als sie immerhin nicht auf einfache Eins-zu-eins-Kunst beschränkt. Nach zehn Minuten weiß man: Das einzige Konzept hier ist, dass es keines gibt. Die ausgestellte Kunst hat die Funktion, einer politischen Forderung Nachdruck zu verleihen. Das ist nicht besonders nach vorne weisend, wäre aber in Anbetracht der trostlosen Situation der Gefangenen legitim, wenn man wenigstens das Gefühl hätte, es würde tatsächlich etwas vertreten werden. Doch offensichtlich wissen die AusstellungsmacherInnen auch nicht mehr als so mancher Rapper: Die Verhältnisse sind nicht gut, die Gefangenen müssen raus. Man macht Propaganda, weiß aber nicht so richtig wofür. Politischer Minimalismus.

2) Für Leander Scholz existieren solche Probleme nicht. Scholz weiß, was er will: berühmt werden, das Gesicht mit dazugehöriger Tolle in Kameras halten und sich irgendwie im Kulturbetrieb distinguieren. Sein Roman "Rosenfest" (Hanser Verlag), erzählt die Geschichte von Andreas Baader und Gudrun Ensslin, zumindest behauptet Scholz das. Von der Erschießung Ohnsorgs über ein paar fetzige Andreas-fickt-die-Mädels-Szenen schnurstracks in den Untergrund. "Mit dem Roman der untoten RAF ist vielleicht auch ein Bann aufgehoben und ein Märchen zu Ende erzählt", schwadronniert Scholz, und man kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Wenn es einen Literaturpreis für dumme Eitelkeit gäbe, Scholz müsste ihn gewinnen. Im Grunde genommen erzählt der Bonner Autor nämlich, worüber er immer erzählt. Schon 1998 beim Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt trieb er Zuschauer und Jury mit seinen erotisch sein wollenden Betrachtungen an den Rand der Verzweiflung: Leanders Held und die Begierde für die Frau, das Rehlein. In "Rosenfest" knüpft er daran an. Andreas Baader schlägt die hysterische Gudrun Ensslin, die ihn natürlich trotzdem liebt, man kennt ja die Frauen, der erste Kuss, Gudrun verlässt Georg, Georg ist ratlos, Andreas fickt Peggy: "Mit einem Schubs gegen ihre Brust hat Andreas sie zum Torkeln gebracht. Zwei Schritte hält sie noch das Gleichgewicht, dann fällt sie nach hinten in das hochgewachsene Gras. Sie will sich mit den Händen aufrichten, dreht sich nach vorne (...), da sitzt Andreas schon rücklings auf ihren Beinen, hat einen Arm gepackt, den er gleich zur Bewegungslosigkeit verdreht. (...) Mit der anderen Hand schlägt Andreas ihr die Schenkel auseinader. Sie wehrt sich nicht und wird weich. Dann spürt sie eine angenehme Kühle am Puls des geknickten Armes. Sie bewegt ihn vorsichtig, streckt ihn unter leichten Schmerzen. Er ist frei, die Beine auch." Ein Mann und seine die Frauen verführende Animalität: Hier standen King Kong und Clint Eastwood Pate.

Sicher ist es legitim, dass Leander Scholz eine fiktive Baader-Ensslin-Geschichte schreibt. Und es gibt auch keinen Grund, warum RAFler keine Kotzbrocken sein dürften. Das Problem ist eher, dass Scholz ein Thema gesucht hat, zu dem er keinen Zugang besitzt. Er weiß nichts über die Motive der 67er-ff-Linken, er interessiert sich auch gar nicht für sie und er kann sich demzufolge auch nicht in seine Protagonisten hineinversetzen. Was übrig bleibt, ist ein Buch über Scholz selbst, das ein reichlich trostloses Bild von ihm zeichnet. (Scholz ist King-Kong plus Clint Eastwood). Die RAF ist da nicht mehr als das Signal, mit dem eine langweilige Geschichte dramatisiert werden werden soll und sich Scholz für einen Augenblick aus der eigenen Erlebnistristesse befreit. Warum sollte uns das interessieren?

3) In Christian Petzolds "Innere Sicherheit" geht es durchdachter zu. Ein Film über eine Kleinfamilie im Untergrund: Jeanne, ein 15-jähriges Mädchen, und ihre Eltern Clara und Hans, zwei Übriggebliebene der RAF. Man ist in Portugal, seit Mitte der 80er Jahre auf der Flucht, und schließlich passiert, was man immer befürchtete. Die Tarnung fliegt auf, das Gelddepot wird von Einbrechern ausgeräumt, die Familie muss fliehen. Man bittet alte Bekannte in Deutschland um Unterstützung, aber diese wollen oder können nicht helfen. Schließlich bleibt nur ein Banküberfall.
Im Mittelpunkt steht dabei nicht die Geschichte der Eltern, sondern Jeannes, die ein ganz normales Leben führen will. Unter den Bedingungen der Flucht wird ihr das unmöglich gemacht: wechselnde Aufenthaltsorte, kein Geld, möglichst wenig Kontakte mit der Außenwelt. Als sie sich schließlich verliebt, eskaliert der Streit mit den Eltern.

Christian Petzold hat gesagt, dass es sei ihm bei Innere Sicherheit um "Mikropolitik" gegangen sei: eine fiktionale Familie, die wie ein geschlossener Raum funktioniert und deren Konflikte widerspiegeln, was zwischen vielen linken Eltern und ihren Kindern geschieht - emanzipatorischer Anspruch, Außendruck und autoritäre Lösungen, in denen sich gesellschaftliche Verhältnisse reproduzieren. Da verhören Eltern ihre Tochter, als wären sie Polizeibeamte, spüren ihr Versteck auf, unterbinden ihr Drängen nach Freiheit. Das ist mit genauem Blick beobachtet, von Julia Hammer, Barbara Auer und Richy Müller auch überzeugend umgesetzt, und trotzdem hat man den Eindruck, dass die Sache nicht wirklich funktioniert. Petzold wollte, wie er selbst sagt, keinen Film über die RAF drehen, und so tauchen die politischen Hintergründe bei ihm nur noch als Schatten der Vergangenheit auf. Auf den ersten Blick scheint das plausibel, immerhin wird die Geschichte aus Jeannes Sicht erzählt. Doch bemerkenswerterweise streut Petzold - obwohl er ja keinen Film über die RAF machen wollte - deutliche Anspielungen auf die RAF ein: das Buch Moby Dick, die Waffen- und Gelddepots, der VS-ler Benz. Fiktional sein, aber doch der Fiktion nicht trauen. Sicher: Petzold gehört auf keinen Fall zu den Chic-Idioten, die Che Guevara für den Sänger von rage against the machine und Andreas Baader für einen Schauspieler der Nouvelle Vague halten, er verzichtet vollständig auf radikale Attitüden und ästhetisiert den Untergrund nie. Dennoch wird man den Eindruck nicht los, dass auch er den Stoff 'RAF' genutzt hat, um seine eigentliche Geschichte, die Jeannes, dramatisch-bedeutungsvoll aufzuladen. Eine inkonsequente Fusion von Familien- und RAF-Story, bei der es zudem mehrmals ordentlich holpert: Warum sollte ein Pärchen, das ein Kind haben will, weiterhin bewaffnet im Untergrund herumspringen, anstatt sich ans Ende der Welt abzusetzen und einfach darauf zu setzen, dass man vergessen wird? Warum sollte dieses Pärchen ausgerechnet in der eigenen Wohnung Waffen verstecken? Und: Glaubt Petzold wirklich, dass man nach 15 Jahren Illegalität - ohne Aktionen - immer noch so gehetzt durchs Leben hechelt wie die Helden der "Inneren Sicherheit"?

4) Der Dokumentarfilm "Black Box BRD" von Andres Veiel, der am 31. Mai in den Kinos anläuft, beginnt mit zwei Toten: Es geht um den Anschlag auf den Bankier Alfred Herrhausen und die Erschießung Wolfgang Grams' dreieinhalb Jahre später in Bad Kleinen. Die Lebenswege der beiden Personen werden - ineinander verzahnt - von Freunden, Kollegen und Familienangehörigen rekonstruiert. Bizarrerweise wird dabei eine Geschichte erzählt, die Veiels Ausgangsthese teilweise aufhebt. Am Anfang des Films steht die menschliche Seite des Kampfes Staat-RAF: Wiesbaden, Bad Kleinen, zwei Tote, zwei trauernde Familien, zwei Tragödien. Der X-Verleih, der sich um "Black Box BRD" kümmert, weist deswegen auch gern auf die Sensibilität des Films hin. Doch was einem dann vorgeführt wird, sind "nicht nur Menschen, die sich bis heute verständnislos gegenüberstehen", wie es in den Texten zum Film heißt, sondern Bilder überraschend antagonistischer Verhältnisse. Auf der einen Seite die Zeugen Herrhausens: die Chefetage der Deutschen Bank, Herrhausens Ehefrau, die für die CDU im hessischen Landtag sitzt, Helmut Kohl. Sie werden gezeigt vor den Insignien ihrer Macht. Bombastische Bankgebäude, hochherrschaftliche Häuser, die Villenviertel des Rhein-Main-Gebiets. Auf der anderen das Umfeld Wolfgang Grams': eine kleinbürgerliche, rührend-hilflose Familie (keineswegs idealisiert: Grams' Vater war bei der Waffen-SS), Freunde, die (ob aus politischer Überzeugung oder Unvermögen ist egal) keine Karriere gemacht haben, ehemalige Gefangene, die von ihrer Zwangsernährung berichten. Dazwischen Episoden aus dem Leben der beiden: Die Nazi-Eliteschule Napola, der ungebändigte Aufstiegswille eines werdenden Cheffunktionärs, die Herrenabende im Freundeskreis Herrhausens. Auf der anderen Seite: Bilder des Vietnam-Kriegs, Zivildienst, von der Polizei zertrümmerte WGs, der Bunker von Stammheim. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man fast auf den Gedanken kommen, Veiel habe, "ganz sensibel", den Standpunkt Grams' rechtfertigen wollen. Manchmal weiß das Kunstwerk ja mehr als der Autor.

Um dann jedoch nicht in falschen Verdacht zu geraten, beteiligt sich Veiel gegen Ende des Films noch einmal an der Mythenbildung im Fall Herrhausen. Dessen Probleme innerhalb der Bank werden zum zentralen Moment. Der Bankier sprach sich Ende der 80er Jahre für einen teilweisen Schuldenerlass für Dritt-Weltstaaten aus und strebte gleichzeitig die Modernisierung der Deutschen Bank an. An dieser Stelle wird Pater Augustinus, ein Freund Herrhausens, zur moralischen Instanz von "Black Box BRD". Der banker, erklärt der Pope, sei sich der sozialen Tragweite seines Amts bewusst geworden. Wie seltsam, dass das gezeigte Material diese Darstellung keineswegs stützt. Der mexikanische Staatspräsident Miguel de la Madrid berichtet nämlich, wie er Herrhausen Ende der 80er Jahre klar gemacht habe, dass "ein toter Schuldner den Gläubigern nichts nutze". In Anbetracht dessen, dass das Finanzsystem nach der lateinamerikanischen Schuldenkrise vor einem Zusammenbruch stand, war der beschränkte Schuldenerlass durchaus eine vernünftige Strategie im Sinne der Konzerne. Und beim zweiten strittigen Punkt, dem Umbau der Deutschen Bank, strebte Herrhausen keineswegs soziale Verbesserungen für die Angestellten an, sondern wollte sein Unternehmen 'fit machen' für den Wettbewerb gegen US-amerikanische und japanische Konkurrenten.

Dass solche Entscheidungen nicht das Ergebnis persönlichen (Fehl-) Verhaltens sind, steht außer Frage. Aber darum geht es ja gerade, das ist es, was eine politische Herangehensweise an das Thema auszeichnen würde und was im Augenblick anscheinend niemand mehr wissen will: Die individuellen Akteure sind nur sehr bedingt Lenker der Geschichte (was im übrigen ein viel entscheidenderes Argument gegen die Anschläge der RAF wäre als die andauernden Hinweise darauf, dass selbstverständlich auch Morde an Bankiers / Rüstungsmanagern Morde sind). Kapitalistische Verhältnisse strukturieren das Handeln der Einzelnen. Und deswegen macht es auch wenig Sinn, den Konflikt Staat-RAF immer wieder auf die Ebene des individuellen Leids herunter zu deklinieren. Herrhausen hat (ob mit oder ohne moralische Bedenken, ist belanglos), Politik zugunsten seines Konzerns gemacht, und dieser wiederum hat natürlich davon profitiert, dass es heute in Lateinamerika praktisch kein öffentliches Gesundheitssystem mehr gibt. Wenn es also um die Gewaltfrage geht, könnte man auf eine Notiz Theweleits über Ulrike Meinhof zurückgreifen. Talkshow: "Gedanke beim Zuhören: High Class macht eben Terrorismus, wenns anders nicht läuft; wie die Industriellen, die machen Großterrorismus und Krieg, aber legal; die Leute fragen sie nie."

Es ist schon absurd: Einerseits spürt man allerortens die Faszination für das Phänomen RAF, aber andererseits will niemand die immer noch wenig geklärten Fragen aufwerfen, die mit diesem Phänomen zu tun haben. Die Kunst hat Politikverbot, man will nicht in Agitprop verfallen und Diskurse abbilden. Aber darum würde es auch gar nicht gehen. Eine politische Auseinandersetzung mit der Geschichte der RAF müsste sich keineswegs darauf beschränken, Worthülsen zu wiederholen. Man könnte wie bei Theweleit die Abschließungs- und Selbstvergewisserungsprozesse "des Kollektivs RAF" untersuchen, Fragen über Emanzipationsbewegungen und Organisation stellen, sich überlegen, warum das dump Soldatische im politischen Kampf eine 'linke' Renaissance erleben konnte, und das wiederum in Beziehung zu Verhältnissen setzen, die die Gewaltfrage immer noch jeden Tag eindeutig beantworten ... indem sie sie nämlich bejahen.
Wer so viel politische Auseinandersetzung nicht will, muss sie nicht führen. Aber er / sie sollte dann auch nicht so tun, als würde er / sie über die RAF sprechen.

Raul Zelik

 

 

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Kopfbild Freddy Sanchez Caballero / Kolumbien