Exil

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Exil (Begriffsklärung) aufgeführt.

Der Begriff Exil (lateinisch Exilium, zu ex(s)ul = in der Fremde weilend, verbannt) bezeichnet die Abwesenheit eines Menschen oder einer Volksgruppe aus der eigenen Heimat, die aufgrund von Ausweisung, Verbannung, Vertreibung, Ausbürgerung, Zwangsumsiedlung, religiöser oder politischer Verfolgung sowie unerträglicher Verhältnisse im Heimatland mit anschließender Auswanderung hervorgerufen wurde. Das Exil ist daher meist durch Einschränkungen der freien Entfaltung des Individuums oder einer Bedrohung in der Heimat begründet. Im Gegensatz zur Deportation finden am neu gewählten Zielort jedoch keine weiteren Freiheitsbeschränkungen durch den für das Exil verantwortlichen Staat statt. Da das Exil typischerweise auf Unfreiwilligkeit beruht, empfinden Exilanten ihren Zustand meist als unerwünscht und bedrückend. Sie streben daher in der Regel eine baldige Rückkehr ins Heimatland an, sobald der ursprüngliche Grund für den Gang ins Exil beseitigt ist, etwa durch einen Regierungswechsel.

Geschichtliche Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits im Altertum existierten Formen des Zwangexils. Nebukadnezar II. ließ die Israeliten im babylonischen Exil in Babylonien ansiedeln, doch wurden gleiche Praktiken auch in Assyrien oft angewendet. Hintergrund dieser Aktionen war die Absicht, eine politische Beruhigung in aufständischen Gebieten dadurch herzustellen, dass die einheimische Bevölkerung entweder mit fremden Kulturen vermischt oder Teile der ansässigen Einwohner in entfernte Gebiete exiliert wurden.

Im antiken Rom hatte der römische Senat die Macht, das Exil auf Einzelpersonen, Familien oder sogar ganze Gebiete auszurufen. Ein berühmter Römer im Exil war der Dichter Ovid. Er wurde gezwungen, Rom zu verlassen und in die Stadt Tomis am Schwarzen Meer zu ziehen, dem heutigen Constanța. Dort schrieb er sein berühmtes Werk Tristia über seine Empfindungen im Exil. Weitere berühmte, zumindest zeitweilige Exilanten sind z. B. Du Fu, Dante Alighieri und Napoléon Bonaparte.

Während der Zeit des Nationalsozialismus gingen schon in den ersten Jahren nach 1933 viele Juden, sowie ein erheblicher Teil der deutschen Künstler und Intellektuellen ins Exil, wie etwa die Schriftsteller Thomas Mann, Klaus Mann und Anna Seghers. Auch Albert Einstein und zahlreiche andere jüdischstämmige Wissenschaftler emigrierten. Zunächst wurden häufig benachbarte Länder wie die Niederlande und Frankreich als Exil gewählt. Nachdem viele dieser Länder zu Beginn des Zweiten Weltkriegs von Deutschland besetzt wurden, mussten die Exilanten erneut fliehen, viele gingen in die USA. Dabei entstand auch eine eigene Exilliteratur, etwa der Roman Der Vulkan von Klaus Mann, der die deutsche Exilantenszene in Paris beschreibt, oder Das siebte Kreuz von Anna Seghers.

Einen bedeutenden Exodus erlebte auch Argentinien nach der Machtübernahme der Militärdiktatur 1976, die im Zuge der „Terrorismusbekämpfung“ einen selbsterklärten „Schmutzigen Krieg“ gegen linksgerichtete Personen führte. Dabei wurden bis zu 30.000 Menschen ermordet, die zum Großteil spurlos „verschwanden“ und als Desaparecidos bekannt wurden. Ähnliches war bereits 1973 nach dem Putsch in Chile durch Augusto Pinochet geschehen, nach dem ein erheblicher Teil der staatlich verfolgten Chilenen in der DDR, aber auch in Westdeutschland eine Zuflucht fand. Die chilenische Regierung revanchierte sich dafür Anfang der 1990er Jahre, als Margot und Erich Honecker dort nach dem Wende in der DDR aufgenommen wurden.

Seit der US-geführten Invasion des Irak 2003 und der anschließenden Besetzung des Landes hat sich die Lage der irakischen Christen massiv verschlechtert, was zu einer massenhaften Abwanderung ins Exil in den Nachbarländern geführt hat. Seit 2005 zunehmende Kämpfe zwischen Schiiten, Sunniten und Kurden sowie der islamistische Terrorismus machen die Lage der Christen immer bedrohlicher.[1] Im Jahr 2010 lebten von zuvor mehreren Millionen Christen nur noch 600.000 im Irak.[2] Etwa 1,5 Millionen flüchteten insgesamt in den 10 Jahren ins Exil nach Syrien bzw. Jordanien.[3] Viele andere flohen in die Nachbarländer Türkei und Libanon, nach Europa oder in die USA. Manche Beobachter gehen sogar von einem drohenden Ende der fast 2000-jährigen Geschichte der Christen auf dem Gebiet des heutigen Irak aus.[1]

Exilformen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Plural-Begriffe Exulanten und Exilierte (Singular Exulant/Exilierter) bezeichnen Menschen, die sich im Exil befinden, wobei die Form Exilierte für ein staatlich angeordnetes Exil verwendet wird. Die Umschreibungen werden auch in Zusammenhang mit Nationalitätsbezeichnungen verwendet, beispielsweise Exiliraner, Exilrusse oder Exilkubaner. Der Dalai Lama ist derzeit einer der weltweit bekannten Exulanten. Die Begriffe Exilant/Exilanten sind dagegen neue Wortschöpfungen, die sich aus der lateinischen Bezeichnung exsilium ableiten, obwohl, vom lateinischen Ausdruck ausgehend, die gebräuchliche Form exul verwendet wird.

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, können Exilanten unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag politisches Asyl bekommen, das heißt einen rechtlichen Status, der einer Aufenthaltserlaubnis entspricht und rechtlich davor schützt, in die Heimat abgeschoben und den obengenannten Fluchtgründen ausgeliefert zu werden. In Großbritannien sind Bürger aus Commonwealth-Ländern aufenthaltsrechtlich den Einheimischen (Briten) gleichgestellt, weshalb sich dort für Exilanten aus diesen Ländern ein politisches Asyl erübrigt.

Es kann die Situation eintreten, dass eine Person, die sich über lange Zeit hinweg, womöglich sogar das ganze Leben lang, legal in einem Land aufgehalten hat, jedoch Staatsbürger eines anderen Landes ist, aus unterschiedlichen Gründen in ihr offizielles Heimatland abgeschoben wird, obwohl sie keinerlei Beziehungen (mehr) zu diesem Land hat und möglicherweise nicht einmal die Sprache dieses Landes spricht. So gab es auch in der BRD Fälle, in denen Strafgefangene, die keine deutsche Staatsbürgerschaft besaßen, nach Verbüßung ihrer Haftstrafe in ihr ihnen völlig fremdes Heimatland ausgewiesen wurden, obwohl sie in Deutschland geboren oder als Kleinkinder nach Deutschland eingewandert sind und Deutschland als ihre Heimat ansehen. Auch derartige Situationen können als Exil bezeichnet werden.[4]

Eine Alternative zum Exil, besonders in der Zeit des Nationalsozialismus, ist die innere Emigration.

Freiwilliges Exil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Auswanderung wird manchmal als freiwilliges Exil bezeichnet.

Zwangsexil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur Zeit des Nationalsozialismus konnten viele Juden nur durch das Exil dem Holocaust entkommen. Der Weg führte sie zunächst vorzugsweise in die Nachbarländer. Große Exilgemeinden von aus Deutschland geflohenen Juden bildeten sich in Istanbul, São Paulo, New York, London, Shanghai, Buenos Aires und Israel. Zum Teil pflegten sie dort über Jahrzehnte untereinander Kontakte.

Landesverweisung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aquae et ignis interdictio (lat. Untersagung der Gemeinschaft von Feuer und Wasser) war im Römischen Reich eine Form der Landesverweisung, die damit verbunden war, dass der Betroffene für vogelfrei erklärt und sein Besitz konfisziert wurde (vgl. Ächtung).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Wiktionary: Exil – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b die tageszeitung: Christen im Irak: Die Tage sind gezählt
  2. Otmar Oehring: Zur gegenwärtigen Situation der Christen im Nahen Osten. KAS-Auslandsinformationen, 4/2010
  3. CIA World Fact Book: CIA World Factbook Informationen über den Irak
  4. Ausländische Strafgefangene werden nach Verbüßung ihrer Haft in ihre Heimat abgeschoben. Doch die meisten Ausländer sind Inländer. Sie sind in der bundesdeutschen Gesellschaft zu Kriminellen geworden: Fremder Paß – doppelte Strafe. In: zeit.de. 17. September 1993, abgerufen am 2. Dezember 2014.