[Artikelserie zu anarchistischen und libertären Perspektiven auf Selbstorganisierung und kapitalistische Krisenverwaltung in Griechenland 7/7] „No Gold. No Masters.“

Am vorletzten Tag unseres Aufenthaltes in Thessaloniki fuhren wir weit hinaus – genauer gesagt in das Dorf Megali Panagia auf Chalkidiki. Viele auswärtige Menschen verbinden die Halbinsel im Norden Griechenlands mit Sandstränden und ruhigen Wanderwegen. Doch seit einigen Jahren ist Chalkidiki von schwerwiegenden Veränderungen bedroht. Das Kapital ist in Goldgräber-Stimmung, wodurch nicht nur weite Teile der vielfältigen Ökologie vor der Zerstörung stehen. Schuld daran sind zahlreiche Goldminen, die das kanadische Unternehmen „Eldorado Gold Cooperation“ in Zusammenarbeit mit dem griechischen Unternehmen „Hellenic Gold“ auf Chalkikidi plant oder bereits realisiert hat. Seit Jahren leisten Aktivist*innen aus sozialen und ökologischen Zusammenhängen gegen diese Pläne Widerstand und konnten viele Bewohner*innen in die Kämpfe einbinden. [1]

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Raus aus der Anonymität!

– Ein Beitrag zur Debatte über Anonymität und linksradikales Aussschlussgeklüngel

Hallo, darf ich mich vorstellen? Ich heiße Hendrik Keusch und ich bin linksradikal. Mein Name ist echt. Ich habe nicht darum gebeten, dass die Redaktion meinen Namen ändert oder mich Anna Arthur genannt, oder mir ein anderes sofort als solches zu erkennendes Pseudonym gegeben. Warum aber ist das eigentlich so ungewöhnlich im linksradikalen (post-)autonomen Milieu: Die meisten meiner linken Freunde haben bei Facebook, so sie denn überhaupt einen Account haben, nicht ihren richtigen Namen angegeben. Die linksradikale Frankfurter Gruppe Antifa Kritik und Klassenkampf warnt vor der „Ausforschung“ durch den Exzellenzcluster ,,Die Herausbildung normativer Ordnungen“ an der Goethe-Universität [1]. Fast jede linke Demo besteht unabhängig von Aktionskonsens und Thema zu einem nennenswerten Teil aus Menschen, die wohl ohne Blackblockoutfit nicht mehr aus dem Haus gehen. Und wer als szeneunkundige Person mal nach Strukturen, Personen oder danach wie das alles miteinander zusammenhängt fragt, wird wenn nicht der Spitzelei so doch zumindest einer gefährlichen Fahrlässigkeit beschuldigt.

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Wir brauchen eine Diskussion über die Karriereplanung der linken Studis

Wer kennt das nicht: Leute, die früher besetzte Häuser mitorganisiert, in konspirativen Antifa-Gruppen gearbeitet und Aufrufe zur Abschaffung von Staat und Kapital geschrieben haben, „gehen über ins Berufsleben“ und üben mit einem Mal an der Uni, in NGOs oder in Kulturinstitutionen eine Tätigkeit aus, die sie früher aufs Schärfste denunziert hatten. Sie werden „erwachsen“: Es gehe doch darum, „real und konkret“ Änderungen zu erreichen.

Real und konkret“: Man könnte auch sagen, unter den gegebenen Bedingungen. Mehrere Texte haben in den letzten Jahren die Herrschaftsfunktionen solcher Tätigkeiten kritisiert und dazu aufgerufen, dass Linke andere Berufe wählen sollen.i Demgegenüber meine ich zwar, dass es bedingt sinnvoll sein kann, auf solchen Stellen zu arbeiten, insbesondere wenn man damit genuin radikale Ziele umsetzen kann. Allerdings muss es tatsächlich darum gehen, die ausschließliche Fixierung der linken Studierenden auf die Intellektuellenkarriere zu lösen. Denn genau diese Fixierung führt zur Notwendigkeit der Selbstanpassung, wodurch man die Möglichkeit zur Radikalität, für die man nämlich die Karriere riskieren muss, aus der Hand gibt.

Wir brauchen eine Diskussion über die Karriereplanung der linken Studierenden. Dafür müssen wir aber über die Widersprüche in ihrer subjektiven Situation sprechen. Aus denen kommt man nämlich gar nicht so leicht raus. Wir müssen über Anpassungszwänge und ihre Unmerklichkeit, über Ängste, Selbstzweifel und die Frage „Was will ich im Leben?“, über die Politisierung des Privaten und über Alternativen zur Intellektuellenidentität sprechen. Wir brauchen eine Diskussion über die Karriereplanung der linken Studis weiterlesen

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PKK? Na klar!

Das Innenministerium verbietet die Flaggen kurdischer Vereine. Die linksliberale Kritik daran wirkt allerdings ihrerseits an der Delegitimierung der kurdischen Bewegung mit. Ein Kommentar von Fatty McDirty

Das deutsche Innenministerium hat dem türkischen Regime erneut ein Geschenk zukommen lassen: Die Fahnen zahlreicher legaler kurdischer Organisationen wurden verboten. Neben den Student*innen der YXK, trifft es auch die Fahnen der in Syrien gegen den Islamischen Staat, türkische Besatzer und andere Banden kämpfenden YPG und YPJ.

Das ist skandalös. Und es ist gut, dass dieses Verbot einen Aufschrei verursacht. Allerdings bringt dieser Aufschrei auch eine Reihe an Argumenten hervor, die inhaltlich eher schädlich sind. PKK? Na klar! weiterlesen

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Über die Kämpfe der Massenarbeiter*innen und den Operaismus – Bericht und Reflexion

In den 60er und 70er Jahren tritt in Norditalien eine Reihe von Arbeiter*innenkämpfen von neuartigem Ausmaß auf: Die erfolgreiche Blockierung von Teilen der Produktion führt zu maßgeblichen Verlusten für das Kapital durch nichtproduzierte Waren, als Ergebnis verschiedener Kämpfe stehen später Tarifabschlüsse in verschiedenen Bereichen, die Lohnerhöhungen von teilweise deutlich über 10% beinhalten. Entscheidend getragen wurden die Kämpfe von den durch die fordistische Produktionsweise hervorgebrachten Massenarbeiter*innen. Für die gegenwärtige Linke stellt sich entsprechend die Frage: Was können wir aus der historischen Erfahrung dieser Kämpfe lernen und mit den dahinterstehenden politischen Überlegungen heute noch anfangen? Dem wollten wir uns gemeinsam mit Christian Frings nähern, der im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Klasse – Macht – Kampf“ den Kampfzyklus der Massenarbeiter*innen und die theoretische Entwicklung dessen beleuchtete, was später als Operaismus bekannt wurde. [1]

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„Wir kämpfen, um zu leben, nicht um zu sterben“

Zehn Tage bei der Guerilla in den Bergen Kurdistans (Teil II)

Heval Azads Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: Çiya, Berg. Wir haben etwas Freizeit, sitzen bei Tee und Zigaretten im Tarnzelt und einer von uns hatte den Freund aufgefordert, uns doch einfach irgendwelche Wörter auf Kurdisch zu sagen, damit wir etwas lernen können. Auf Berg folgt stêrk, Stern, xweza, Natur, und dann beginnen wir über die Tiere zu reden, die es in der Gegend gibt. Teyrebazen, Falken, sehen wir oft, ein Rudel von çeqel, Schakalen, kommt nachts zum Jagen in unsere Gegend, auch Wölfe, gur, gibt es. In manchen höher gelegenen Gegenden trifft man auf hirç, Bären. In manchen Flüssen, in denen wir baden, gibt es Fische. Wildschweine, Steinböcke, Adler – Kurdistans Umwelt, wo sie noch nicht von AKP und KDP oder ausländischen Konzernen verheert wurde, ist intakt. „Wir kämpfen, um zu leben, nicht um zu sterben“ weiterlesen

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Von Falken und Ameisen

Zehn Tage bei der Guerilla in den Bergen Kurdistans (Teil I)

„Wir sind doch Revolutionäre“, sagt Heval Azad zu uns, als wir mit traurigen Gesichtern in das Auto steigen, das uns abholen kommt. „Egal, wo wir sind, es ist immer schön. Denn die Revolution ist überall.“ Wir grüßen zum Abschied mit einem herzlichen „Serkeftin“. Die Trennung von den Freunden fällt uns so schwer, als hätten wir uns Jahre gekannt.

Das mag daran liegen, dass wir die zehn vorhergehenden Tage rund um die Uhr miteinander zu tun hatten. Es mag aber auch daran liegen, dass wir so viele und so surreal schöne Erfahrungen gemacht haben, dass uns diese kaum zwei Wochen in der Erinnerung wie Monate vorkommen. Wir haben in glasklaren, eiskalten Wasserfällen Bäder genommen, gelernt wie man aus Stachelschweinstacheln Füllfedern baut und vor dem Schlafengehen über Abdullah Öcalans Philosophie diskutiert, während sich in der absoluten Stille der unberührten Natur das Zischen feindlicher Kampfflugzeuge mit dem schrillen Heulen von Schakalen mischten. Von Falken und Ameisen weiterlesen

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[Anarchistische und libertäre Perspektiven auf Selbstorganisierung in Griechenland 6/7] „Für das Getriebe der Bewegung“

Im letzten Artikel haben wir die politische Vernetzung „Integral Cooperative Heraklion“ vorgestellt. Zusammen versuchen die Aktivist*innen, der kapitalistischen Agrarwirtschaft eine solidarische und ökologische Alternative entgegenzustellen. So haben wir einen Einblick in den Aufbau eines nicht-kapitalistischen „Produzent*innen-Konsument*innen“-Netzwerks erhalten. Mit dem folgenden Beitrag über die Oliven-Kooperative „Becollective“ auf Kreta kann dieser Eindruck weiter vertieft werden.

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,,Internationalismus ist die Strategie über Grenzen hinweg Antworten auf soziale Probleme zu finden“

Ein Interview mit der Soli-Gruppe Interbrigadas aus Berlin – Von Jan Schwab

Auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz, die traditionell jedes Jahr zum Gedanken an die von Freikorps ermordeten KomunistInnen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht stattfindet, hatte ich dieses Jahr die Möglichkeit ein Interview mit einer langjährigen Solidaritätsgruppe aus Berlin zu führen. Die Gruppe Interbrigadas eV besteht bereits seit 10 Jahren und verbindet einen Ansatz von politischer Bildung und Vernetzung mit konkreter internationaler Solidaritätsarbeit vor Ort. Wie das Ganze entstanden ist, was die GenossInnen gerade so machen und wie sie das alles organisieren, findet ihr im nachfolgenden Interview.

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