Kirgisistan

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Кыргыз Республикасы (kirgis.)
Киргизская Республика (russ.)
Kirgisische Republik
Flagge Kirgisistans
Wappen Kirgisistans
Flagge Emblem
Amtssprache Kirgisisch (Staatssprache),
Russisch (als zweite Amtssprache)[1][2][3][4]
Hauptstadt Bischkek
Staatsform parlamentarische Republik
Regierungssystem parlamentarisches System
Staatsoberhaupt Präsident
Almasbek Atambajew
Regierungschef Premierminister
Sooronbai Dscheenbekow
Fläche 199.900 km²
Einwohnerzahl 5.551.900 (Schätzung 2012)[5][6]
Bevölkerungsdichte 28 Einwohner pro km²
Bruttoinlandsprodukt
  • Nominal
2011[4]
  • 5,4 Mrd. US$ (142.)
Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner 851 US$ (147.) (Stand 2010), 2015 ca. 1300 US$
Index der menschlichen Entwicklung 0,628 (125.)[7]
Währung Som (KGS)
Unabhängigkeit 31. August 1991
(von der Sowjetunion)
Nationalhymne Ak möngülüü aska
Nationalfeiertag 31. August
Zeitzone UTC+6
Kfz-Kennzeichen KS
ISO 3166 KG, KGZ, 417
Internet-TLD .kg
Telefonvorwahl +996
Ägypten Tunesien Libyen Algerien Marokko Mauretanien Senegal Gambia Guinea-Bissau Guinea Sierra Leone Liberia Elfenbeinküste Ghana Togo Benin Nigeria Äquatorialguinea Kamerun Gabun Republik Kongo Angola Demokratische Republik Kongo Namibia Südafrika Lesotho Swasiland Mosambik Tansania Kenia Somalia Dschibuti Eritrea Sudan Ruanda Uganda Burundi Sambia Malawi Simbabwe Botswana Äthiopien Südsudan Zentralafrikanische Republik Tschad Niger Mali Burkina Faso Jemen Oman Vereinigte Arabische Emirate Saudi-Arabien Irak Iran Kuwait Katar Bahrain Israel Syrien Libanon Jordanien Zypern Türkei Afghanistan Turkmenistan Pakistan Griechenland Italien Malta Frankreich Portugal Spanien Mauritius Réunion Mayotte Komoren Seychellen Madagaskar Sao Tome und Príncipe Sri Lanka Indien Indonesien Bangladesch Volksrepublik China Nepal Bhutan Myanmar Kanada Dänemark (Grönland) Island Mongolei Norwegen Schweden Finnland Irland Vereinigtes Königreich Niederlande Belgien Dänemark Schweiz Österreich Deutschland Slowenien Kroatien Tschechische Republik Slowakei Ungarn Polen Russland Litauen Lettland Estland Weißrussland Moldawien Ukraine Mazedonien Albanien Montenegro Bosnien und Herzegowina Serbien Bulgarien Rumänien Georgien Aserbaidschan Armenien Kasachstan Usbekistan Tadschikistan Kirgisistan Russland Vereinigte Staaten Malediven Japan Nordkorea Südkorea Republik China (Taiwan) Singapur Australien Malaysia Brunei Philippinen Thailand Vietnam Laos Kambodscha Indien Papua-NeuguineaKyrgyzstan on the globe (Eurasia centered).svg
Über dieses Bild

Kirgisistan (oft auch Kirgistan oder Kirgisien; kirgisisch Кыргызстан Kyrgysstan; amtlich Kirgisische Republik, kirgisisch Кыргыз Республикасы Kyrgys Respublikasy, russisch Киргизская Республика Kirgisskaja Respublika) ist ein zentralasiatischer Binnenstaat mit rund 5,5 Millionen Einwohnern. Er grenzt im Norden an Kasachstan (1113 km), im Südosten an China (1048 km), im Süden an Tadschikistan (972 km) und im Westen an Usbekistan (1374 km). Kirgisistan, hervorgegangen aus der Kirgisischen SSR der Sowjetunion, erlangte seine Unabhängigkeit mit dem Zerfall der Sowjetunion 1991. Hauptstadt ist Bischkek.

Landesname[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Name qirqiz oder kyrgyz stammt vermutlich aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. Die heutigen Kirgisen stammen ursprünglich aus dem sibirischen Jenissei-Tal, von wo aus sie als Folge der Ausbreitung der Mongolen in das heutige Siedlungsgebiet wanderten. Die Kirgisen glauben, dass ihr Volksname vom Begriff kirkkyz („vierzig Mädchen“) abstammt und sie selbst Nachfahren von 40 Stämmen seien.[8] Heute lebt ein Großteil der Kirgisen in der nach ihnen benannten Republik, jedoch existieren größere kirgisische Minderheiten auch in China, Afghanistan, Tadschikistan und Usbekistan.

Im Deutschen herrschte seit dem 19. Jahrhundert der Name Kirgisien vor, dem russischen Киргизия/Kirgisija entsprechend. In jüngster Zeit werden die früher selteneren Bezeichnungen Kirgisistan und Kirgistan[9] häufiger verwendet, beide sind Ableitungen vom kirgisischen Landesnamen Кыргызстан (Transliteration: Kyrgyzstan; diese hat sich im englischen Gebrauch auch durchgesetzt). Es handelt sich dabei um eine Bildung mit dem aus dem Persischen stammenden Suffix -(i)stan, wie sie auch bei anderen turksprachigen Ländern der Region geläufig ist.[10]

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satellitenbild von Kirgisistan

Der gebirgige Binnenstaat Kirgisistan hat eine Landesfläche von ca. 200.000 km² und etwa 5,5 Millionen Einwohner. Das Land grenzt im Südosten an China, im Norden an Kasachstan, im Südwesten an Tadschikistan und im Nordwesten an Usbekistan. Das kirgisische Territorium umfasst vier usbekische Enklaven: Soʻx, Shohimardon, Chong-Kara und Jangail, sowie zwei tadschikische Enklaven: Kairagach und Vorukh.

Kirgisistan liegt im Hochgebirge des Tianshans und erreicht mit dem 7439 m hohen Dschengisch Tschokusu die größte Höhe. 94 % der Landesfläche sind gebirgig, nur auf 20 % der Fläche ist das Betreiben von Landwirtschaft möglich.[8] Geologisch ist der Tienshan ein junges Gebirge (Känozoikum), weshalb die Berge in Kirgisistan dominant und schroff aufragen und sich Täler tief einschneiden. Die Bevölkerung konzentriert sich vor allem im Tschüital im Norden und dem Ferghanatal im Süden sowie in geringerem Maße in Bergtälern wie dem um den großen See Yssykköl (kirgis. Ысыккөл). Den südlichen Abschluss des Landes bildet die Gebirgskette des Alai, wo sie in das Pamir-Gebirge übergeht. Zu den bedeutendsten Flüssen des Landes gehören der Naryn, der Tschüi und der Talas. Kirgisische Flüsse speisen auch den großen zentralasiatischen Fluss Syrdarja.

Pferde in der kirgisischen Steppe
Gorki-Gipfel im Tianshan-Gebirge

Der Tianshan ist ein tektonisch aktives Gebirge, weshalb Erdbeben häufig vorkommen. Im Jahr 2008 ereignete sich in Kirgisistan ein schweres Erdbeben mit mindestens 72 Toten,[11] 2011 gab es ein Erdbeben im Ferghanatal mit mindestens 13 Toten.[12] Durch die große Reliefenergie, die starke Seismizität und den vom Menschen verursachten Landnutzungswandel treten immer wieder schwere Massenbewegungen[13] mit zahlreichen Todesopfern auf.[14][15] In den Gebirgen Kirgisistans gibt es ca. 2200 Gletscher, die im Zuge der globalen Erwärmung ebenfalls im Rückzug begriffen sind. Immer häufiger stellen durch den Gletscherrückgang gebildete Gletscherseen eine Gefahr dar, da sie hoch oben im Gebirge gebildet werden und bei zunehmender Wasserhöhe ausbrechen können und damit ganze Täler überfluten.[16]

Bis in eine Höhe von 1500 m besteht das Land aus Steppe, die allerdings durch weitläufige Bewässerungssysteme urbar gemacht worden ist. Ab 1500 m herrschen alpine Wiesen und Weiden vor, die bis an die Schneefelder und Gletscher heranreichen. Die Wälder befinden sich in Höhenlagen von 1500 bis 4000 m ü. NN und beherbergen etwa 120 Baum- und Straucharten. Mit nur vier Prozent Waldfläche ist Kirgisistan eines der waldärmsten Länder Asiens, jedoch befindet sich im Gebiet Dschalalabat der größte Walnusswald der Welt.[17]

Siehe auch: Liste der Gebirge in Kirgisistan

Klima[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Klima Kirgisistans ist von trockenen und kontinentalen heißen Sommern und von kalten Wintern geprägt. Die täglichen Temperaturschwankungen sind erheblich.

Im Süden des Landes werden im Sommer Temperaturen von 45 °C gemessen, während im Winter die Temperaturen auf minus 18 °C fallen können.

Tiere und Pflanzen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tianshan-Gebirge

Trotz seiner geringen Waldbestände beherbergt Kirgisistan die größten Walnusswälder der Welt. In den Wäldern leben Sibirisches Reh, Braunbär, Marder, Wildschwein, Wolf und Luchs. In den Hochlagen gibt es die höchst seltenen Manul, Schneeleoparden, Sibirischer Steinbock und Tianshan-Argali. Die Schneeleopardenpopulation brach aufgrund massiver Wilderei in jüngerer Zeit stark ein. Unter anderem durch die vom NABU Kirgistan, dem Innen- und Umweltministerium, eingesetzte Anti-Wilderereinheit BARS gingen die Jagd und der Handel mit geschützten Arten zurück. Drei Murmeltierarten sind in den Hochwiesen weit verbreitet. Seit dem Zusammenbruch der sowjetischen Massenweidetierhaltung nach der Unabhängigkeit nehmen Wölfe wieder zu.

Die Vogelwelt trägt der gebirgigen Lage des Landes Rechnung. Im Land leben Greifvogelarten wie beispielsweise Schwarzmilan, Gänsegeier, Schneegeier und verschiedene Adler- und Falkenarten. Seit Mitte der 1980er Jahre wandert die Hirtenmaina verstärkt aus Süden nach Kirgistan ein. Vogelzug findet sowohl horizontal (von Norden nach Süden) als auch vertikal (von höher gelegenen Berggegenden hinab bzw hinauf) statt. Der Bienenfresser (Merops apiaster) ist in den Sommermonaten landesweit anzutreffen.

Ein Schutzgebiet, in dem die Hochgebirgsfauna des Landes geschützt wird, ist das Sarychat-Ertash-Naturreservat, das südlich des Issyk-Kul liegt.

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirgisen (64,9 % der Bevölkerung) werden aufgrund ihrer Sprache den Turkvölkern zugerechnet und bekennen sich überwiegend zum sunnitischen Islam. Außerdem leben Usbeken (13,8 %), Russen (12,5 %), Dunganen (chinesische Muslime, 1,1 %), Uiguren (1,0 %), Ukrainer (1,0 %), Tadschiken (0,9 %), Tataren (0,9 %), Kasachen (0,9 %) und Angehörige weiterer Ethnien wie etwa 57.000 Mescheten im Lande. Anfang der 1990er Jahre lebten noch ca. 100.000 Deutsche (Kirgisistandeutsche) (meist Baptisten oder Mennoniten) dort; sie sind inzwischen mehrheitlich nach Deutschland ausgewandert, aber es gibt noch kleine deutsche Gemeinden in Dörfern wie Luxemburg und Rot-Front. 1999 gab es nur noch etwa 20.000 Deutsche (Bevölkerungsanteil 0,4 %) in Kirgisistan. 2007 wurde ihre Zahl auf rund 12.000 geschätzt.

Sprache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisistan ist ein offiziell zweisprachiges Land. Staatssprache ist Kirgisisch, Russisch hat seit 2001 wieder den Status einer weiteren offiziellen Sprache.[1][18] Zuvor war es bereits zu sowjetischen Zeiten Amtssprache, hatte diesen Status aber zwischenzeitlich nach der Unabhängigkeit verloren.

Kirgisisch ist als Turksprache mit dem Usbekischen, Kasachischen und entfernter auch mit dem Türkischen verwandt. Es ist aufgrund der kulturellen Tradition als Nationalsprache festgelegt. Russisch hingegen ist eine ostslawische Sprache. Es nimmt eine besondere Rolle in der Wirtschaft und Kultur ein und dient auch als Sprache der interethnischen Kommunikation. Viele bekannte Kirgisen, so etwa der Schriftsteller Tschingis Aitmatow, bedienten sich hauptsächlich der russischen Sprache.

Seit der Unabhängigkeit ist die Bedeutung des Kirgisischen jedoch gewachsen. Beide Sprachen, Kirgisisch und Russisch, werden heute im kyrillischen Alphabet geschrieben. Während für das Kirgisische bis 1926 noch das arabische Alphabet vorherrschend war, wurde es danach kurzzeitig durch das lateinische Alphabet abgelöst. Bereits im Jahr 1940 erfolgte dann die Übernahme des bis heute gebräuchlichen kyrillischen Alphabets. Eine Rückkehr zum lateinischen Alphabet, wie in Usbekistan oder Turkmenistan, oder auch zum arabischen Alphabet, wurde nach Erlangen der Unabhängigkeit diskutiert, letztendlich jedoch nicht durchgeführt.[18][19]

Daneben ist aufgrund der großen usbekischen Minderheit auch die usbekische Sprache verbreitet, besonders im südlichen Landesteil. Diese besitzt jedoch keine offizielle Stellung.

Religion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dunganische Moschee in Karakol
Hauptartikel: Religionen in Kirgisistan

Die Kirgisische Republik ist ein säkularer Staat. Bedingt durch die lange Zugehörigkeit zur ebenfalls säkular eingestellten Sowjetunion gibt es dort heute eine relativ große Zahl an Atheisten.

Kirgisistan ist seit der Islamisierung im 10. bis 19. Jahrhundert bis heute vorwiegend muslimisch geprägt.[20] 75 % der Einwohner sind heute sunnitische Muslime der hanafitischen Rechtsschule.[21] Auch die im Land lebenden Minderheiten der Uiguren, Dunganen und Usbeken sind in der Regel Muslime. Besonders seit der staatlichen Unabhängigkeit erleben die Religionsgemeinschaften, insbesondere der Islam, wieder eine Art Renaissance.[22] Kirgisistan sieht sich in letzter Zeit zunehmend auch mit dem Wirken von muslimischen Fundamentalisten konfrontiert.[23] Die zweitstärkste religiöse Gruppe ist das Christentum, 20 Prozent der Bevölkerung sind russisch-orthodox, während ein anderer Teil auf die Nestorianer zurückgeht. Die Angehörigen der deutschen Minderheit sind teils Katholiken, teils Lutheraner. Weitaus kleinere Minderheiten bilden bucharische Juden und Buddhisten.[23]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Geschichte Kirgisistans
In der Hauptstadt Bischkek
Der Ala-Too-Platz in Bischkek

Mittelalter und Neuzeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gebiet des heutigen Kirgisistan wurde seit dem 8. Jahrhundert von verschiedenen Stämmen bevölkert, über deren Sprache nichts Genaues bekannt ist. Vermutlich war ein Teil dieser Stämme turksprachig. Ab 1219 gehörte es zum Mongolenreich Dschingis Khans, nach dessen Tod zum Erbe Tschagatais, eines Sohnes von Dschingis Khan. Das Gebiet blieb mongolisch, bis es im 18. Jahrhundert von den Chinesen unterworfen wurde.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eroberte das russische Kaiserreich schrittweise das Land. Die russische Dominanz in Kirgisistan dauerte schließlich von 1876 bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 an.

Staatliche Unabhängigkeit 1991[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 31. August 1991 erklärte Kirgisistan seine Unabhängigkeit. Erster Präsident wurde Askar Akajew, der seit 1990 Staatspräsident der Kirgisischen SSR war.

In den ersten Jahren der Unabhängigkeit tat sich Kirgisistan als „Insel der Demokratie“ unter den Nachfolgerepubliken der Sowjetunion hervor. Der Regierungsstil Akajews wurde indes ab Ende der 1990er Jahre zunehmend autoritär. Durch Referenden zur Verfassungsänderung im Februar 1996 und vor allem im Oktober 1998 wurde die ohnehin starke Stellung des Präsidenten zu Lasten des Parlaments weiter ausgebaut und der Trend zur autoritären Präsidialdemokratie bestätigt. Der Präsident wurde bei der Wahl im Jahr 2000 erneut wiedergewählt, diesmal mit mehr Macht. Ein Verfassungsreferendum im Februar 2003 änderte daran wenig. In der Folge kam es häufiger zu Unruhen, in denen sich der ärmere Süden gegen den reicheren Norden erhob.

Tulpenrevolution 2005[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Höhepunkt dieser Unruhen war die „Tulpenrevolution“ nach der Parlamentswahl vom Februar 2005. Sie führte zum Sturz von Präsident Akajew.

Aus der „Tulpenrevolution“ gingen der frühere Premierminister Kurmanbek Bakijew als neuer Staatspräsident und der ehemalige Oberbürgermeister von Bischkek Felix Kulow als Regierungschef hervor. Das Tandem hielt jedoch nicht lange, und Kulow ging – Anfang 2007 – in die Opposition. Präsident Bakijew ließ am 21. Oktober 2007 ein erneutes Verfassungsreferendum durchführen. Durch die Verfassungsänderungen – die nach offiziellen Angaben von 75 % der Stimmenden angenommen wurden – stärkte der Präsident seine Position beim Besetzen von Regierungsposten und beim Auflösen des Parlaments. Nach Annahme der Verfassungsänderungen löste Bakijew das Parlament[24] und die Regierung[25] von Premierminister Almasbek Atambajew auf.

Unruhen und Umsturz 2010[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im April 2010 kam es wegen der Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu Demonstrationen, die zunehmend gewalttätiger wurden und schließlich zu einem Regierungswechsel führten. Präsident Bakijew flüchtete am 15. April nach Kasachstan.[26] An seine Stelle trat eine Übergangsregierung unter Ex-Außenministerin Rosa Otunbajewa. Sie legte eine Verfassungsänderung vor, um das Präsidialsystem hinter sich zu lassen. Im Verfassungsreferendum vom 27. Juni 2010 stimmte die Bevölkerung dieser Änderung zu. Sie schuf damit die Grundlage, als erster Staat Zentralasiens zu einer parlamentarischen Republik zu werden.[27]

In den Wochen zuvor war es im Süden Kirgisistans zu schweren Unruhen zwischen Kirgisen und Usbeken gekommen. Es gab Hunderte Tote und Zehn- oder Hunderttausende flüchteten, zumindest kurzzeitig. Die Übergangsregierung warf den Anhängern des gestürzten Präsidenten Bakijew vor, die Spannungen zwischen den beiden Ethnien zu instrumentalisieren, um das Verfassungsreferendum zu verhindern.[28] Rechtzeitig vor der Abstimmung beruhigte sich die Lage wieder.

Politik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2010 ist Kirgisistan eine parlamentarische Republik.

Verfassung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Verfassung von 1993 war an westlichen Vorbildern orientiert und sah ein gewaltenteilendes Regierungssystem mit einer starken Stellung des Staatspräsidenten sowie einer weiten Palette an Grundrechten vor.

Am 27. Juni 2010 stimmte die Bevölkerung Kirgisistans über eine neue Verfassung ab. Das von der Übergangsregierung ausgearbeitete Grundgesetz sieht eine Parlamentarische Republik nach deutschem Vorbild vor.[29] Nach Angaben der Wahlkommission haben sich mehr als 90 % der Abstimmenden für die Verfassungsänderungen ausgesprochen.[30]

Parlament[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Legislative liegt beim Einkammerparlament (Dschogorku Kenesch). Dieses besteht aus 120 Abgeordneten. Um den Einzug ins Parlament zu schaffen, muss eine Partei

  1. 5 % der Stimmen erzielen (bezogen auf die Gesamtzahl der Wahlberechtigten landesweit) und
  2. in jedem der sieben Gebiete und in den Städten Bischkek und Osch mindestens 0,5 % der Stimmen erreichen (bezogen auf die Gesamtzahl der Wahlberechtigten in jedem Gebiet).[31]

Nach dem Wahlgesetz haben alle kirgisischen Staatsangehörigen ungeachtet ihrer Herkunft, Rasse, Geschlecht, Ethnie, religiösen oder politischen Überzeugung ab 18 Jahren das Recht zu wählen und können ab 25 Jahren selbst gewählt werden. Die Abgeordneten werden ausschließlich über Parteilisten und für fünf Jahre gewählt; die Möglichkeit von Einzelkandidaturen wurde im Jahr 2007 gestrichen.

Die Zusammensetzung des Parlaments sah nach der Parlamentswahl, die nach dem Sturz Bakijews im Jahr 2010 stattfand, wie folgt aus:

Partei Stimmen  % Mandate
Ata-Schurt 266.923 16,10 28
SDPK 241.528 14,55 26
Ar-Namys 232.682 14,02 25
Respublika 217.601 13,12 23
Ata-Meken 168.218 10,13 18
Butun Kyrgyzstan 145.455 8,76 -
Akshumkar 78.952 4,76 -
Zamandash 63.435 3,82 -
Sonstige Parteien 244.703 14,74 -
Wahlbeteiligung 1.679.538 55,90 120

Nach der Wahl vom 1. Oktober 2015 haben sich Zusammensetzung von Parlament und Regierung deutlich verändert: SDPK 26,90 %; Respublika Ata Dschurt 21,03 %; Kirgistan 12,41 %; Onugau Progress 9,19 %; Bir Bol 8,32 %; Ata Meken 7,88 %. Alle anderen Parteien sind nicht ins Parlament eingezogen.

Parteien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es gibt in Kirgisistan mehr als 80 politische Parteien (Februar 2007).[32] Zu den Parlamentswahlen im Dezember 2007 wurden 12 Parteien zugelassen.[33]

Die bis 2010 einflussreichste Partei war die im Vorfeld der Parlamentswahlen 2007 gegründete Präsidentenpartei Ak Dschol. Sie war bis zur Parlamentswahl in Kirgisistan 2010 die regierende Partei. Die größte Oppositionspartei war die Partei Ata Meken, daneben auch Respublika, Ata-Schurt und Ar-Namys, als parlamentarische Oppositionspartei gab es die SDPK und die Partei der Kommunisten Kirgisistans. Auf Seiten der bei den Wahlen geschlagenen Opposition schlossen sich Anfang 2008 18 Organisationen (Oppositionsparteien und NGOs) zu einer Bewegung mit dem Namen „Für Gerechtigkeit“ zusammen.[31]

An der Parlamentswahl 2010 nahmen 29 Parteien teil, von denen fünf in das Parlament einzogen: Die nationalkonservative Ata-Schurt, die sozialdemokratische SDPK, die pro-russische Ar-Namys, die wirtschaftsliberale Respublika und die sozialistische Ata Meken. Nachdem eine Koalition aus SDPK, Respublika und Ata Meken nach wenigen Tagen scheiterte,[34][35] bildete sich Anfang Dezember 2010 eine Dreierkoalition aus SDPK, Respublika und Ata-Schurt.[36] Achmatbek Keldibekow, der Parteichef von Ata-Schurt, wurde Parlamentspräsident, und der SDPK-Vorsitzende Almasbek Atambajew wurde Regierungschef.[37]

Menschenrechte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisistan ist den wichtigsten Menschenrechtsabkommen beigetreten und garantiert die Grundrechte in der Verfassung. Nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amtes (Stand 2012) ist die Durchsetzung der Menschenrechte allerdings in der Praxis durch mangelnde rechtsstaatliche Tradition und eine fehlende unabhängige Justiz erschwert. Die Opposition klagte zunehmend über die Einschränkung der Pressefreiheit und Meinungsfreiheit, über Einschüchterung von Regierungskritikern und Vetternwirtschaft seit 2008.[38] Noch im Juli 2008 hatten Menschenrechtsaktivisten beim Verfassungsgericht einen Sieg errungen, als dieses einer Klage gegen die Verschärfung des Demonstrationsrechts in Bischkek stattgab.[39] Die EU und Kirgisistan haben seit Oktober 2008 vier Runden des vereinbarten regelmäßigen Menschenrechtsdialogs abgehalten, die letzte am 19. September 2012 in Brüssel.

Die Zustände auf Polizeistationen, in der Untersuchungshaft und in Gefängnissen sind nach Einschätzung des deutschen Auswärtigen Amtes (Stand 2012) in vielen Fällen menschenunwürdig. In der Praxis seien Misshandlungen weiterhin verbreitet. Auch kommt es zu ungerechtfertigten Straßenkontrollen, bei denen häufig Schmiergeld an die Polizei bezahlt werden muss.

Die Todesstrafe ist seit 1998 nicht mehr vollstreckt worden. Am 27. Juni 2007 wurde sie per Gesetz in Friedenszeiten endgültig abgeschafft und durch lebenslange Haft ersetzt.

Außenpolitik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem 11. September 2001 wurden auf einem Stützpunkt nahe Manas, dem Flughafen von Bischkek, 5000 Soldaten der USA stationiert. Nach stärkeren Unruhen im Land wurde 2002 bei Kant wieder eine Truppenbasis der Streitkräfte Russlands eingerichtet, die auch nach der Errichtung der US-Truppenpräsenz die wichtigste Rolle als Ordnungsmacht im östlichen Zentralasien spielt. Ankündigungen, den US-Stützpunkt Manas Mitte 2009 zu schließen, wurden zurückgenommen, nachdem die USA höhere Finanzhilfen zusagten.[40] Nach wiederholtem Druck Russlands auf die Regierung, die Genehmigung für die Nutzung der Basis auslaufen zu lassen, verließen im Juni 2014 die letzten US-Soldaten den Stützpunkt, was angesichts der laufenden Ukraine-Krise von kirgisischen Oppositionellen bedauert wurde.[41]

Mitgliedschaften in internationalen Institutionen: Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO), Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS), Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU), Economic Cooperation Organization (ECO), Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und Zentralasien-Gipfel der Türkischen Republiken (OATCT).

Seit 2003 unterstützt die Weltbank die ländlichen Gemeinden bei der Erstellung und Durchführung ihrer eigenen örtlichen Investitionspläne, und ein deutsches Projekt, von der KfW finanziert, hat sich 2005 ebenfalls an dieser Aufgabe beteiligt.

Verwaltungsgliederung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadt Osch Bischkek Gebiet Batken Gebiet Osch Gebiet Talas Gebiet Dschalalabat Gebiet Naryn Gebiet Tschüi Gebiet Yssykköl Kasachstan Usbekistan Tadschikistan China
Verwaltungsgliederung Kirgisistans

Kirgisistan ist in sieben Gebiete (kirgis. облус/oblus, pl. облустор/oblustor; russ. область/oblast) sowie die zwei zu keinem Gebiet gehörenden Städte (шаар/schaar, dt. Stadt) Bischkek und Osch gegliedert. Die Gebiete sind wiederum in 40 Landkreise (район/rajon, pl. райондор/rajondor) unterteilt. Die Stadt Bischkek ist in vier Bezirke unterteilt. Die Landkreise wiederum sind in insgesamt 473 ländliche Lokalverwaltungen (айыл өкмөтү/ajyl ökmötü, dt. Dorfregierung) und 22 Städte untergliedert.

Oblast Verwaltungssitz Fläche in km² Einwohner Bezirke kirgisische Bezeichnung russische Bezeichnung
Stadt Bischkek Bischkek 169,9 874.400 4 Бишкек шаары город Бишкек
Stadt Osch Osch 18,5 255.800 1 Ош шаары город Ош
Gebiet Batken Batken 16.995,0 428.800 3 Баткен областы Баткенская область
Gebiet Tschüi Bischkek 19.895,0 803.230 8 Чүй областы Чуйская область
Gebiet Dschalalabat Dschalalabat 32.418,0 1.009.889 8 Жалалабат областы Джалал-Абадская область
Gebiet Naryn Naryn 45.200,0 245.266 5 Нарын областы Нарынская область
Gebiet Osch Osch 29.200,0 1.130.900 7 Ош областы Ошская область
Gebiet Talas Talas 11.400,0 219.000 4 Талас областы Таласская область
Gebiet Yssykköl Karakol 43.144,0 437.200 5 Ысыккөл областы Иссык-Кульская область

Wirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das 1991 unabhängig gewordene Land übernahm eine vollkommen auf den Markt der Sowjetunion ausgerichtete Wirtschaftsstruktur. Die Restrukturierung derselben und die Privatisierung der Betriebe wurden zwar in Angriff genommen, auch mit Hilfe internationaler Organisationen wie des IWF und der Weltbank, gerieten aber immer wieder wegen Korruption, politischer Opposition und mangelndem Investoreninteresse ins Stocken. Dennoch bekam die Regierung ein ökonomisches Grundproblem postsowjetischer Staaten, hohe öffentliche Ausgaben bei gleichzeitigem Einbruch der Staatseinnahmen, relativ gut in den Griff. Das Haushaltsdefizit nahm im Laufe der 1990er Jahre stetig ab, so dass 2001 sogar ein kleiner Überschuss vermeldet werden konnte. Die Haushaltsplanung aber blieb problematisch. Naturkatastrophen in den darauffolgenden Jahren erhöhten die öffentlichen Ausgaben und sorgten für ein Haushaltsdefizit 2002 und 2003. Ein großer Schwarzmarkt (geschätzte 40–50 % des Bruttoinlandsproduktes), korrupte und inkonsequente Steuereintreibung und niedrige Steuersätze sorgen für beschränkte Haushaltsmittel; Maßnahmen wie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Jahr 2004 auf 20 % wurden ergriffen.

Eine strenge Währungspolitik konnte die Inflation von über 700 % (1993) und 200 % (1994) auf Werte um vier Prozent im Jahre 2006 drücken. Dennoch ist die Armut nicht zurückgegangen. Laut dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen leben 41 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.[42] Im Jahr 2008 ist die Inflation wieder auf 25 % gestiegen.[43]

Ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor sind auch die im Ausland – vor allem in Russland, aber auch in Kasachstan – arbeitenden Kirgisen. Laut Schätzungen haben (vor der globalen Wirtschaftskrise ab 2008) zwischen 500.000 und 800.000 Gastarbeiter Zahlungen nach Kirgisistan überwiesen, die rund 25 % des BIP ausmachten.[44]

Kirgisistan ist seit dem 15. August 2015 Mitglied in der Eurasischen Wirtschaftsunion.

Regionale Disparitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während zu Sowjetzeiten im Norden moderne urbane Zentren gegründet wurden, blieb der Süden mit seiner großen usbekischen Minderheit ländlicher geprägt. Ethnische Konflikte im Süden sowie eine Unterrepräsentanz des Südens in der kirgisischen Politik bergen weiter ein Spannungspotenzial. Diesem wird mit präsidentaler Kontrolle über die Provinzgouverneure einerseits sowie Investitionsprogrammen für den Süden andererseits zu begegnen versucht.

Landwirtschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisische Hochweide mit dem Tianshan-Gebirge im Hintergrund

Mit 35 % des BIP ist die Landwirtschaft die Basis kirgisischer Wirtschaft. 75 % des Ackerlandes wurden an die ländliche Bevölkerung verteilt, der Rest wurde den ländlichen Gemeindeverwaltungen unterstellt, damit sie durch Pachteinnahmen eine eigene Finanzquelle haben. 85 % der landwirtschaftlichen Produktion stammen mittlerweile aus Privatbetrieben. In der kirgisischen Landwirtschaft sind nach dem starken Rückgang im Zuge des Zusammenbruchs der UdSSR seit einigen Jahren wieder Zuwächse zu verzeichnen, und die Gesamtproduktion liegt heute deutlich über der der letzten Sowjetjahre. Angebaut werden in den Tälern vorwiegend Weizen, Kartoffeln, Zuckerrüben und Gemüse, im Süden außerdem Tabak und Baumwolle. Problematisch für die Landwirtschaft sind das unbeständige Wetter, zahlreiche Naturkatastrophen und die Knappheit von Düngemitteln, Maschinen und Treibstoff.

Dienstleistungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit über 35 % trägt der Dienstleistungssektor seit einiger Zeit in einem höheren Maße zum BIP bei als die lange dominierende Landwirtschaft. Die Liberalisierung der kirgisischen Wirtschaft führte zum Entstehen unzähliger Familienbetriebe im Einzelhandels- und Nahrungsmittelgewerbe.

Tourismus[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisistan ist touristisch bislang kaum erschlossen.

Die landschaftliche Schönheit Kirgisistans birgt ein gewisses touristisches Potenzial, das zur Realisierung aber eine entsprechende, noch nicht vorhandene Infrastruktur voraussetzt. So beschränkt sich der Fremdenverkehr bisher größtenteils auf die jährlich etwa 400.000 Besucher aus den ehemaligen Sowjetrepubliken und auf junge Abenteuertouristen.

Das bekannteste Ziel ist der See Yssykköl im Norden des Landes. 2006 und 2007 kamen mehr als eine Million Besucher an den See, die meisten aus den ehemaligen Sowjetstaaten. Die beliebtesten Strände sind in der Umgebung der Städte Cholpon-Ata, Kara-Oi (Dolinka), Bosteri und Korumdy.[45] Die umliegenden Berge und Gletscher sind Ziel von Trekkingtouren.

Bergbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die zum größten Teil ebenfalls staatlich kontrollierte Förderung von Gas, Öl und Kohle ist im Vergleich zu den anderen zentralasiatischen Republiken marginal. Das ohnehin beschränkte Potenzial kann aufgrund mangelnder und mangelhafter Anlagen nicht optimal genutzt werden.

Kirgisistan besitzt Uranvorkommen; eine Anlage zur Herstellung von angereichertem Uran ist in Planung. Diese soll von einem russisch-kasachisch-kirgisischen Joint Venture erstellt und betrieben werden; die Gelder kommen zum Großteil aus Russland. Ein erhebliches Problem, das dringend gelöst werden muss, sind die vielen ungesicherten nuklearen Abfalllager aus sowjetischer Zeit; die Weltbank hat 2004 mit einem ersten Projekt diese Problematik in Angriff genommen.

Des Weiteren besitzt Kirgisistan enorme Vorkommen an Seltenen Erden und Gold. In internationalen Geologenkreisen nennt man die Region "Tien Shan Gold Belt". Es erstreckt sich über Kirgisistan, Usbekistan und Tadschikistan. Das Kumtor Vorkommen mit 18 Millionen Unzen Gold zählt mit zu den größten Goldvorkommen der Welt. Weitere große Vorkommen: Jerooy (5,6 Millionen Unzen), Taldy-Balak (4,1 Millionen Unzen), Chaarat (4 Millionen Unzen), Kuru-Tegerek (3 Millionen Unzen).[46]

Industrie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weitere 15 % des BIP bildet die Industrie, vorrangig die Gewinnung von Gold und in geringerem Ausmaß Antimon aus Minen in den abgelegenen Bergregionen des Landes. Die staatseigene Gesellschaft Kyrgysaltyn überwacht die Tätigkeiten aller Minen.

Mit Ausnahme der Textil- und Nahrungsmittelindustrie können andere Industriebranchen kein oder kaum Wachstum seit den frühen 1990er Jahren nachweisen; im Vergleich zu den anderen GUS-Staaten war der Rückgang der Industrieproduktion um 70 % deutlich.

Wirtschaftsbeziehungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als erster GUS-Staat wurde Kirgisistan 1998 Mitglied der WTO. Geschichte und isolierte Lage des Landes binden es aber weiterhin eng an die anderen ehemaligen Sowjetrepubliken. Die Auslandsverschuldung beläuft sich auf eine Milliarde Euro (das entspricht 85 % des BIP) und ist vor allem auf schlecht geplante und durchgeführte Investitionsprogramme zurückzuführen, die mit ausländischen (insbesondere türkischen und russischen) Krediten in den ersten Jahren der Unabhängigkeit finanziert wurden. Ziel der Regierung war es daher, ausländische Direktinvestitionen ins Land zu bekommen sowie den Exportsektor jenseits des traditionellen Goldexports auszubauen. Dieser sorgt für 40 % der Exporteinnahmen und sogar für über zwei Drittel der Einnahmen aus Exporten in Nicht-GUS-Staaten. Importiert wird hauptsächlich aus China, daneben aus Russland. Chinesische Produkte werden hier weiter verarbeitet und dann exportiert. Kasachstan entwickelte sich zum Hauptexportmarkt zu Lasten Usbekistans, mit dem es wiederholt zu Grenzstreitigkeiten gekommen ist.

Seit dem 12. August 2015 ist Kirgisistan Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion.[47]

Staatshaushalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 1,28 Mrd. US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 1,27 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 0,2 % des BIP.[48]

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Hauptartikel: Verkehr in Kirgisistan

Straße[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Straße im Landesinneren, ca. 300 km von Bischkek
A365 zwischen Balyktschy und Orlowka

Hochgebirge trennen den Norden und den Süden Kirgisistans. Die Verkehrsverbindungen sind grundsätzlich mangelhaft, abgesehen von der Gegend um Bischkek. Eine ganzjährig benutzbare Straßenverbindung von Bischkek in den Süden besteht erst seit 2003. In den Gebieten Osch, Batken und Dschalalabat sind die Hauptdurchgangsstraßen durch häufige Grenzübergänge durch usbekisches und tadschikisches Gebiet behindert, da der Straßenbau während der Sowjetzeit ohne Berücksichtigung administrativer Grenzen ausgeführt wurde. Es gibt zwei Straßenverbindungen nach China – den Torugart-Pass und die Route über Irkeschtam –, die aber im Winter häufig durch schwere Schneefälle und Lawinen blockiert sind.

Die Nummerierung der Hauptstraßen entspricht noch der sowjetischen Nummerierung.
Es handelt sich dabei um: M39, M41 (Teil des Tian-Shan- sowie des Pamir-Highway)
A361, A362, A363, A364, A365, A366, A367, A371, A372, A373.

Asienstraßen: AH5, AH 7, AH 61, AH65[50] - insges. 1.695 km.

Europastraßen: E40, E60, E125, E007, E010, E011.

Siehe auch Liste der Passstraßen in Kirgisien

Luft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisistan verfügt über drei internationale Flughäfen, einen in der Hauptstadt Bischkek (Flughafen Manas), einen in der Stadt Osch und einen nördlich des Issyk Kul (seit 2014).[51]

Schiene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bahnstrecke Bischkek–Balyktschy bei Orlowka

Das winzige Schienennetz – im Grunde lediglich letzte Ausläufer des ehemaligen sowjetischen Eisenbahnnetzes und heute durch die Grenzen mit Kasachstan und Usbekistan durchschnitten – hat eine Länge von nur 370 km und spielt kaum eine Rolle im inländischen Verkehr. Die eingleisige, nicht elektrifizierte Zweigstrecke der Turksib von Lugowoi über Bischkek nach Balyktschy stellt dagegen die einzige längere Strecke der Kirgisischen Staatseisenbahn (kirgisisch Кыргыз Темир Жолу/ Kyrgys Temir Scholu) dar. Allerdings bestehen fahrplanmäßige Personen- und Frachtverbindungen bis nach Moskau, Nowokusnezk und Jekaterinburg.[52]

Wasser[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf dem See Yssykköl besteht geringer Schiffsverkehr.

Die öffentliche Wasserversorgung ist im ganzen Land unzureichend. Selbst Gemeinden, die nahe am Yssykköl liegen, haben teilweise nur wenige Stunden am Tag fließendes Wasser. Spannungen bietet zudem die Toktogul-Talsperre. Die Talsperre liegt nahe an der Grenze zu Usbekistan. Deshalb kommt deren Nutzen – Bewässerung und Hochwasserschutz – hauptsächlich Usbekistan zugute, wird aber von Kirgisistan kontrolliert. Aus diesem Grunde gibt es vertragliche Vereinbarungen, aber auch Auseinandersetzungen zwischen beiden Nachbarländern.

Kultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kirgisischer Manastschi beim Rezitieren des Manas-Epos
Ein Filzteppich mit Mustern im traditionell kirgisischem Stil

Einen zentralen Platz in der kirgisischen Kultur nehmen Pferdezucht und Jurte ein. Der Stellenwert der Jurte lässt sich leicht an der Tatsache ablesen, dass die Nationalflagge das Gestänge einer Jurte um die obere Rauchabzugsöffnung (den Tündük) darstellt. Die Strahlen im Kreis stellen die verschiedenen kirgisischen Stämme dar, die sich unter Manas vereinigt haben.

Filz- und Lederbearbeitung haben eine lange Tradition.

Die Falknerjagd, insbesondere mit Adlern, wie auch die Jagd mit Windhunden (insbesondere mit dem einheimischen Taigan) hat auch eine lange Tradition im Land.

Medien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Teile dieses Artikels scheinen seit 2008 nicht mehr aktuell zu sein.
Bitte hilf mit, die fehlenden Informationen zu recherchieren und einzufügen.

In Kirgisistan gibt es vier landesweit erscheinende Tageszeitungen. 14,1 % der Bevölkerung verfügten 2008 über einen Internetanschluss; die Breitbandverbreitungsquote lag allerdings nur bei 0,05 %.[53] Rundfunksender sind mit Audio-/Video-Streams im Internet unter azattyk.org und ktrk.kg vertreten. Auf Kurzwelle sind Sendungen des ersten Programms von Kyrgyz Radio Bishkek auch auf den Frequenzen 4010 und 4795 kHz in den Nachmittags-/Abendstunden in Mitteleuropa gelegentlich zu empfangen.

Kirgisische Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das zentrale Werk der kirgisischen Literatur ist das große Manas-Epos, erheblich länger als die Odyssee und seit etwa 1000 Jahren durch mündliche Überlieferung bewahrt und weitergeformt. Es besingt die Taten des mythologischen Helden Manas und seiner Gefährten, die im 10. Jahrhundert im Kampf gegen die benachbarten Uiguren die kirgisische Freiheit bewahrten. Die moderne Prosaliteratur entstand um 1930. Der wohl bekannteste moderne kirgisische Autor war der in russischer Sprache schreibende Tschingis Aitmatow, der einen Teil seiner Werke ins Kirgisische übertrug.[54]

Sport[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kirgisen konnten seit ihrer Unabhängigkeit bisher drei olympische Medaillenträger feiern. Zu den Sommerspielen 2008 in Peking sandte Kirgisistan 20 Athleten ins Nachbarland. Die Weltsportart Fußball ist in dem zentralasiatischen Land bisher noch nicht richtig angekommen. Die kirgisischen Auswahlspieler konnten sich bisher auch weder für eine Asien- noch für eine Weltmeisterschaft qualifizieren. Nationalstadion ist das Spartak-Stadion in Bischkek. Im Jahre 2015 nahm erstmals die Kirgisische E-Sports Nationalmannschaft der Sparte CounterStrike:Global Offensive an "The World Championships" teil, das Ergebnis des Turniers steht noch in Frage.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Judith Beyer, Roman Knee: Kirgistan: Ein ethnografischer Bildband über Talas / Kirgistan: A photoethnography of Talas. Hirmer-Verlag, München 2007, ISBN 978-3-7774-3805-4.
  • Wassilios Klein: Das nestorianische Christentum an den Handelswegen durch Kyrgyzstan bis zum 14. Jh. (= Silk Road Studies. 3). Brepols, Turnhout 2000, ISBN 2-503-51035-3.
  • Thomas Scholl: Kirgistan entdecken. (= Trescher Reihe Reisen). 2. Auflage. Berlin 2006, ISBN 3-89794-076-0.
  • Peter Scholl-Latour: Das Schlachtfeld der Zukunft. Zwischen Kaukasus und Pamir. 1. Auflage. Siedler, Berlin 1996, ISBN 3-88680-602-2.
  • Friedrich Hitzer, Tschingis Aitmatow: Kindheit in Kirgisien. Unionsverlag, Zürich 2010, ISBN 978-3-293-20480-5.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Wiktionary: Kirgisistan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Kirgisistan – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikinews: Kirgisistan – in den Nachrichten
 Wikipedia auf Kirgisisch
 Wikivoyage: Kirgisistan – Reiseführer
 Wikisource: Aus dem Steppenleben Rußlands – illustriert von Heinrich Leutemann, in Die Gartenlaube (1867), Heft 13, S. 197–200

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Artikel 10 der Kirgisischen Verfassung, siehe gov.kg - Kirgisische Verfassung
  2. Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Länderinformationen Kirgisistan
  3. Lars Johanson: Kyrgyzstan: Language Situation. In: Encyclopedia of Language & Linguistics. 2. Auflage. 2006, doi:10.1016/B0-08-044854-2/01690-4.
  4. a b CIA World Factbook: Kyrgyzstan.
  5. Bevölkerungszahlen 2009 und 2011 (Memento vom 31. Januar 2012 im Internet Archive) (Kirgisisch/Russisch)
  6. Bevölkerungszahl 2012
  7. Human Development Report Office: Kyrgyzstan – Country Profile: Human Development Indicators, abgerufen am 24. Oktober 2014.
  8. a b M. Ember, C. R. Ember: Countries and Their Cultures. Band 2, New York 2001, S. 1235.
  9. Staatennamen für den amtlichen Gebrauch in der Bundesrepublik Deutschland. Auswärtiges Amt, 23. März 2011, abgerufen am 30. März 2011 (PDF; 39 kB).
  10. Kurz erklärt: Warum Kirgistan und nicht Kirgisien? In: Focus online. 16. Juni 2010.
  11. Quake Kills at Least 72 in Kyrgyzstan. In: New York Times. Beitrag zum Erdbeben 2008 in Kirgistan (abgerufen am: 9. Februar 2012)
  12. Earthquake strikes Uzbekistan and Kyrgyzstan. In: BBC News. Beitrag zum Erdbeben 2011 in Kirgistan und Usbekistan (abgerufen am: 9. Februar 2012)
  13. A. L. Storm, O. Korup: Extremely large rockslides and rock avalanches in the Tien Shan Mountains, Kyrgyzstan In: Landslides. Vol. 3, Nr. 2, 2006, S. 125–136. doi:10.1007/s10346-005-0027-7
  14. Landslide hits Kyrgyz village. In: BBC News. Beitrag zu tödlichen Hangrutschungen im Jahr 2003 (abgerufen am: 9. Februar 2012)
  15. Kyrgyz village hit by landslide. In: BBC News. Beitrag zu tödlichen Hangrutschungen im Jahr 2004 (abgerufen am: 9. Februar 2012)
  16. Melting Kyrgyz glaciers pose threat. In: BBC News. Beitrag zum erhöhten Potential von Gletscherseeausbrüchen in Kirgistan (abgerufen am: 9. Februar 2012)
  17. M. Schmidt: Utilisation and management changes in South Kyrgyzstan’s mountain forests. In: Journal of Mountain Science. Band 2, Nr. 2, 2005, S. 93. doi:10.1007/BF02918325
  18. a b L. Johanson: Kyrgyzstan: Language Situation. In: K. Brown (Hrsg.): Encyclopedia of Language & Linguistics. 2. Auflage. Elsevier, Oxford 2006, S. 275–276. doi:10.1016/B0-08-044854-2/01690-4
  19. Rafis Abazov: Historical Dictionary of Kyrgyzstan. Scarecrow Press Forlag, Lanham, Maryland/ Oxford 2004, ISBN 0-8108-4868-6.
  20. Till Mostowlansky: Islam und Kirgisen on Tour. Die Rezeption „nomadischer Religion“ und ihre Wirkung. Harrassowitz, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-447-05583-3, S. 4; und Ralf Elger (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte, Alltag, Kultur. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57295-1, S. 177.
  21. Ralf Elger (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte, Alltag, Kultur. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-57295-1, S. 177.
  22. Kyrgyz Islam: Embracing the future or breeding radicals? In: Russia Today.
  23. a b Meyers Großes Länderlexikon. Meyers Lexikonverlag, Mannheim 2004.
  24. Kirgisiens Präsident löst Parlament auf. In: RIA Novosti. 22. Oktober 2007.
  25. Kirgisiens Präsident löst nach Verfassungsreferendum Regierung auf. In: RIA Novosti. 24. Oktober 2007.
  26. Kirgistans Präsident Bakijew tritt offiziell zurück. In: Die Welt Online. 16. April 2010.
  27. Kirgisen stimmen für neue Verfassung. In: Zeit online. 28. Juni 2010.
  28. Unruhen in Kirgistan: Gewalt, Plünderungen und Massaker. auf: stern.de, 13. Juni 2010.
  29. Neue Verfassung für ein verunsichertes Land. In: Neue Zürcher Zeitung. 26. Juni 2010.
  30. Kirgisen stimmen für neue Verfassung. 28. Juni 2010.
  31. a b Kirgistan nach den Parlamentswahlen: Bakijew stärkt seine Machtkontrolle. auf: caucaz.com, 27. Januar 2008.
  32. OSCE Centre in Bishkek strengthens political parties in south of Kyrgyzstan.
  33. Schlussbericht der OSZE zu den vorgezogenen Parlamentswahlen vom 16. Dezember 2007, 24. April 2008 (englisch).
  34. Neue Regierungskoalition in Kirgisistan. auf: dw-world.de, 1. Dezember 2010.
  35. In Kirgisien löste sich die parlamentarische Mehrheitskoalition auf, die erst vor zwei Tagen von drei politischen Parteien gebildet worden war. (Memento vom 14. Juli 2012 im Webarchiv archive.is) auf: german.ruvr.ru, 3. Dezember 2010.
  36. Zweiter Versuch: „Respublika“ sucht Mehrheit im kirgisischen Parlament. auf: german.ruvr.ru, 4. Dezember 2010
  37. Neue Regierung in Bischkek fixiert., derstandard.at, 17. Dezember 2010.
  38. Blutiger Machtkampf erschüttert Russlands Hinterhof. In: Spiegel online. 7. April 2010.
  39. Zentralasien-Analysen Nr. 7, 31. Juli 2008 (PDF; 508 kB), S. 15.
  40. US-Militär bleibt in Kirgistan. In: Süddeutsche Zeitung. 24. Juni 2009.
  41. Truppenabzug aus Kirgistan: Die Amerikaner packen ein. taz.de, 3. Juni 2014, abgerufen am 26. Februar 2015.
  42. Die GTZ in Kirgisistan
  43. Zentralasien-Analysen Nr. 14 (PDF; 627 kB) vom 27. Februar 2009.
  44. Neue Zürcher Zeitung, 15. April 2010.
  45. Issyk-Kul: Chasing short-term profit
  46. chaarat.com (PDF; 1,8 MB), Tian Shan Gold Belt
  47. On Accession of the Kyrgyz Republic to the Treaty on the Eurasian Economic Union, dated May 29, 2014. 29. Mai 2014, abgerufen am 14. Juli 2016.
  48. a b c The World Factbook
  49. Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen Daten Fakten. Fischer, Frankfurt 2009, ISBN 978-3-596-72910-4.
  50. unescap.org
  51. Flughäfen in Kirgisistan
  52. Homepage der Kirgisischen Staatseisenbahn (Кыргыз Темир Жолу)
  53. ITU ICT Eye.
  54. Karl H. Menges, Sigrid Kleinmichel: Die turksprachigen Literaturen außerhalb der Türkei. In: Kindlers neues Literatur-Lexikon. 1996, Band 20, Darin: Kirgisische Literatur. S. 612–613.

Koordinaten: 41° N, 75° O