Juvenal

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Juvenal (Begriffsklärung) aufgeführt.

Decimus Iunius Iuvenalis (deutsch Iuvenal oder Juvenal) war ein römischer Satirendichter des 1. und 2. Jahrhunderts.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seine genauen Lebensdaten sind nicht bekannt. Er stammte wahrscheinlich aus Aquinum. Man vermutet ein Geburtsjahr um 60 (58?) und ein Todesjahr einige Jahre nach 127 (138?). Nicht gesichert ist etwa die Nachricht, Juvenal sei verbannt worden, nachdem er Spottverse gegen einen von Domitian protegierten Tänzer veröffentlicht habe. Sofern die Verbannungstheorie stimmt, wurde Juvenal wohl nicht nur Opfer der vergleichsweise milden Relegatio, sondern einer Deportatio, was auch Vermögens- und Standesverlust bedeutete. Verbannungsort war möglicherweise eine ägyptische Garnison, die er wohl nach einer Begnadigung durch Nerva wieder verlassen durfte.

Sein Freund Martial bezeichnet ihn nicht als Dichter, woraus man schließen kann, dass er sich erst in mittleren Jahren der literarischen Produktion gewidmet hat. Vermutlich hat erst der Tod des Domitian 96 n. Chr. ihm die benötigte Freiheit zur Meinungsäußerung gegeben; seine Schaffensphase dürfte hauptsächlich in die Zeit Hadrians fallen, an den sich seine siebte Satire wendet.

Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Juvenal sind 16 Satiren (saturae) zu verschiedenen Themen überliefert, die einen Einblick in das Alltagsleben der Römer zur Zeit Domitians bieten, wobei aber Namensnennungen und Invektiven gegen einzelne Personen weitgehend fehlen. Die Echtheit einiger dieser Werke wurde zeitweise bezweifelt, doch gilt die Zuschreibung zum Autor Juvenal heute eher wieder als gesichert.

Juvenal übt in diesen Satiren gnadenlose, im Gegensatz zu Horaz pessimistische, aber sprachlich und stilistisch oft brillante Kritik an verschiedenen Gesellschaftszuständen. Aus seinen Werken stammen viele Schlagworte und immer noch gebrauchte Sentenzen, zum Beispiel panem et circenses“ („Brot und Spiele“) und mens sana in corpore sano“ (sit), (meist falsch als „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“ übersetzt, richtiger aus dem Zusammenhang: „Das einzige, um das wir die Götter bitten sollen, ist, dass in einem gesunden Körper ein gesunder Geist wohnen soll“). [wörtlich aus dem Text: „Aber damit du was hast, worum du betest, weshalb du vor dem Schreine die Kutteln und göttlichen Weißwürste opferst, sollst um gesunden Geist in gesundem Körper du beten.“] Des Weiteren: „Difficile est saturam non scribere“[1] („es ist schwierig, keine Satire zu schreiben“) und „Sed quis custodiet ipsos custodes?“[2] („Wer aber soll die Wächter selbst bewachen?“).

Themen der Saturae[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sat. 1: Juvenals Programm: Entrüstung treibt ihn, die Missstände unter seinen Zeitgenossen beim Namen zu nennen.
  • Sat. 2: Beschreibung sexueller Ausschweifungen
  • Sat. 3: Beschreibung des sündigen Großstadtlebens
  • Sat. 4: Parodie einer Kabinettssitzung unter Domitian (die Komposition dieser Satire ist umstritten; möglicherweise sind hier zwei verschiedene Entwürfe zusammengefügt worden)
  • Sat. 5: Kritik am Umgang mit Klienten
  • Sat. 6: Kritik an der Ehe und den Frauen (auch hier ist die Textlage unklar, die Komposition scheint ungewöhnlich wirr)
  • Sat. 7: Anprangerung der Geringschätzung der Intellektuellen und geistiger Berufe
  • Sat. 8 und 9: Beschäftigung mit Geburtsadel und ähnlichen Gebieten; in 9 auch wiederum Beschreibung sexueller Ausschweifungen
  • Sat. 10: Eine Kritik an Gebeten und Wünschen, denen verkehrten Urteile über das Wünschenswerte zugrunde liegen; die Satire gipfelt in einem Aufruf zu einem ruhigen und vernunftgemäßen Leben.
  • Sat. 11: Kritik an der Völlerei
  • Sat. 12: Anprangerung von Erbschleicherei
  • Sat. 13: Trostworte an einen Freund zum Thema „Geldverlust“
  • Sat. 14: Abhandlung über Kindererziehung und Kritik an Habsucht
  • Sat. 15: Beschreibung eines ägyptischen Falles von Kannibalismus
  • Sat. 16 (unvollständig): Kritik an Soldatenhochmut gegenüber Zivilisten

Literarische Tradition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Juvenal stellt sich mit seinen Saturae in die Nachfolge des Horaz und des Lucilius, doch sind seine Satiren deutlich länger als die Dichtungen dieser Vorgänger. Unmittelbar nach seinem Tod geriet er eher in Vergessenheit. Grundlage der heute vorliegenden Juvenalausgaben ist eine kommentierte Ausgabe vom Ende des 4. Jahrhunderts, eine eifrigere Rezeption setzte aber erst wieder im Mittelalter ein, das Juvenal als Ethicus und Schulautor entdeckte und zahlreiche Juvenalausgaben und -kommentare hervorbrachte.

Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Adamietz (Hrsg.): Juvenal, Satiren. Lateinisch-Deutsch (= Sammlung Tusculum). Artemis & Winkler, München/ Zürich 1993, ISBN 3-7608-1671-1.
  • Susanna Morton Braund (Hrsg.): Juvenal Satires Book I. (= Cambridge Greek and Latin classics). Cambridge 1996, ISBN 0-521-35566-4.
  • Wendell Vernon Clausen (Hrsg.): A. Persi Flacci et D. Ivni Ivvenalis Satvrae (= Scriptorvm Classicorvm Bibliotheca Oxoniensis). Clarendon, Oxford 1992, ISBN 0-19-814798-8.
  • James A. Willis (Hrsg.): D. Iunii Iuvenalis Saturae Sedecim (= Bibliotheca Scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Teubner, Stuttgart/ Leipzig 1997, ISBN 3-8154-1471-7.
  • Harry C. Schnur (Übers.): Juvenal, Satiren. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1969.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joachim Adamietz: Juvenal. In: Joachim Adamietz (Hrsg.): Die römische Satire (= Grundriß der Literaturgeschichten nach Gattungen). Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1986, ISBN 3-534-07805-5, S. 231–307.
  • Michael von Albrecht: Geschichte der römischen Literatur von Andronicus bis Boethius und ihr Fortwirken. 3., verbesserte und erweiterte Auflage. Band 2, De Gruyter, Berlin 2012, ISBN 978-3-11-026525-5, S. 861–876.
  • Edward Courtney: A Commentary on the Satires of Juvenal. London 1980.
  • Gilbert Highet: Juvenal the Satirist. Oxford 1954 und 1962.
  • Christian Mueller-Goldingen: Satire und Philosophie: Zu Juvenals 10. Satire. In: ders.: Das Kleine und das Große. Essays zur antiken Kultur und Geistesgeschichte. Saur, München 2004, Kap. 4.
  • Carsten Schmieder: Zur Konstanz erotischer Erfahrung: Martial, Juvenal, Pasolini. Hybris, Berlin 2007, ISBN 978-3-939735-00-7.
  • Christine Schmitz: Das Satirische in Juvenals Satiren (= Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte. Band 58). De Gruyter, Berlin/ New York 2000, ISBN 3-11-016925-8.

Rezeption

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Commons: Juvenal – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  Wikiquote: Juvenal – Zitate

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. sat. 1,30
  2. sat. 6,347 f