Psilocybin

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Strukturformel
Strukturformel Psilocybin
Allgemeines
Name Psilocybin
Andere Namen
  • 4-Phosphoryloxy-N,N-dimethyltryptamin
  • 4-Phosphoxy-N-dimethyl-tryptaminsäure
  • N-[3-(Dimethylaminomethyl)indol]-4-phosphoryloxysäure
  • N-[(N,N-Dimemethylpropan)-4-(phosphoryloxysäure)]indol
  • 3-(2-Dimethylaminoethyl)-5-phosphoryloxysäureindol
  • 3-[2-(Dimethylamino)ethyl]-5-[1-(phososphoxy)ethansäure]indol
  • CY-39
  • Indocybin
Summenformel C12H17N2O4P
CAS-Nummer 520-52-5
PubChem 10624
Eigenschaften
Molare Masse 284,25 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [5]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze [5]
Toxikologische Daten

13 mg·kg−1 (LD50Kanincheni.v.)[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Psilocybin ist ein Indolalkaloid aus der Gruppe der Tryptamine. Der Konsum von Psilocybin bewirkt einen Rausch, unter anderem mit visuellen Halluzinationen, der einem LSD-Rausch ähnelt, in der Regel jedoch kürzer ist. Für diese Wirkung verantwortlich ist das Hydrolyse-Produkt Psilocin.

Geschichte und Chemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spitzkegeliger Kahlkopf (Psilocybe semilanceata) – enthält Psilocybin

1957 machte der US-amerikanische Banker und Ethnomykologe R. Gordon Wasson durch seinen Artikel „Magic Mushrooms“ im Magazin Life psilocybinhaltige Pilze bekannt – kurz darauf isolierte der Schweizer Chemiker Albert Hofmann Psilocybin und Psilocin aus natürlich gewachsenen und angezüchteten Fruchtkörpern und Myzelien der Pilzarten Psilocybe mexicana und Psilocybe cubensis. Die Veröffentlichung darüber erschien 1959; später gelang ihm auch die Totalsynthese.[7][8]

Nach der Einnahme wird Psilocybin durch Abspaltung einer Phosphatgruppe in Psilocin überführt, welches die eigentlich psychoaktive Substanz ist. Psilocin ist als Indolalkaloid ein Tryptamin. Die Ausgangssubstanz Psilocybin liegt als Zwitterion vor. Sie kann mittels Ehrlich-Reagenz bei der Dünnschichtchromatographie (DC) nachgewiesen werden.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Psilocybin kommt in einigen Pilzarten vor, insbesondere der Gattung der Kahlköpfe (Psilocybe azurescens, P. tampanensis, P. cubensis, P. cyanescens, P. mexicana, in Mitteleuropa in P. semilanceata (Spitzkegeliger Kahlkopf), u. a.); diese werden unter dem Begriff psilocybinhaltige Pilze zusammengefasst. In getrockneten Pilzen liegt die Menge an Psilocybin zwischen rund 0,1 % und 2 %.

Art  % Psilocybin
P. azurescens
1,78
P. serbica
1,34
P. semilanceata
0,98
P. baeocystis
0,85
P. cyanescens
0,85
P. tampanensis
0,68
P. cubensis
0,63
P. weilii
0,61
P. hoogshagenii
0,60
P. stuntzii
0,36
P. cyanofibrillosa
0,21
P. liniformans
0,16
Dokumentierter Maximalgehalt an Psilocybin in der Gattung Psilocybe (% des Trockengewichts)[9]

Wirkung im Menschen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkung und Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkung nach Menge an Psilocybin[10]
Menge Wirkung
3–6 mg Schwellenwert, leichter Rauschzustand
5–10 mg halluzinogene, noch antriebssteigernde Wirkung
~10 mg typische Konsumdosis
10+ mg verstärkte halluzinogene Wirkung
~20 mg hohe Konsumdosis
20+ mg starke halluzinogene Wirkung
30+ mg Höchstdosis
20.000 mg vermutete letale Dosis

Die Wirkung von Psilocybin ist durch körperliche Leichtigkeit und Energie, unkontrolliertes Gelächter, Freude, Euphorie und veränderte visuelle Wahrnehmung gekennzeichnet. Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Panikattacken können als Nebenwirkung von Psilocybin auftreten. Organische Schäden sind nicht bekannt.[11][12]

Pharmakodynamik und Lokalisation von Effekten im Gehirn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An Nervenzellen im Gehirn dockt die neuroaktive Sekundärsubstanz Psilocin hauptsächlich über Serotonin-Rezeptoren des Typs 5-HT2A an, und zwar als ein Partialagonist mit hoher Affinität.[13] Es besteht heute Einigkeit darüber, dass die Wirkung psychedelischer Drogen vor allem über diesen Rezeptortyp ausgelöst wird.[14]

Neuronale Erregung über diesen Rezeptor führt ihrerseits zu einer Zunahme GABA-vermittelter, hemmender Signale in wichtigen Schaltzentren des Gehirns. Untersuchungen der sichtbaren Wirkung von Psilocin im Gehirn durch bildgebende Verfahren zeigten dann auch mehrere bedeutende Zentren mit herabgesetzter Aktivität. Je stärker die von den Versuchspersonen erlebte Wirkung der Droge war, umso mehr war die neuronale Aktivität dieser Zentren herabgesetzt. Gehirnregionen gesteigerter Aktivität wurden dagegen nicht gefunden. Als mögliche Erklärung wurde vorgeschlagen, dass durch Psilocin das normale Gleichgewicht neuronaler Informationsflüsse gestört wird.[15]

In einer weiteren Studie mit bildgebenden Verfahren wurden ebenfalls herabgesetzte Gehirnfunktionen gemessen. Hier waren sie verknüpft mit den direkt nach den Gehirn-Scans registrierten Effekten von Ich-Störungen (Depersonalisation).[16]

Risiken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine niederländische Regierungsstudie (CAM-Studie) kam zu dem Schluss, dass der Konsum von Psilocybin nicht signifikant von psychotischen Begleiterscheinungen geprägt sei.[17] Flashbacks wurden beobachtet; sie treten jedoch seltener auf als beim Konsum von LSD.[11]

Wie alle psychoaktiven Substanzen birgt auch Psilocybin die Gefahr, eine latent vorhandene Psychose auszulösen. Die medizinische Fachliteratur beschreibt einen Fall, in dem Psilocybinkonsum (in Kombination mit Cannabis) zu einer Hallucinogen Persisting Perception Disorder führte.[18] Auch sind Set und Setting zu beachten, da Psilocybin entgegengesetzt zu euphorischen Zuständen auch temporäre schizophrenieartige Psychosen in gesunden Menschen auslösen kann. Diese psychotischen Störungen beinhalten die Verzerrung der sensorischen Wahrnehmung und der Gedankenprozesse sowie eine eingeschränkte Selbstwahrnehmung. Die psychotomimetischen Effekte von Psilocybin konnten mit Ketanserin oder Risperidon unterbunden werden, Haloperidol verstärkte hingegen die Wirkung.[19]

Bei starker Erregung („bad trip“) ist unter anderem medizinische Behandlung indiziert – „Goodman & Gilman’s The Pharmacological Basis of Therapeutics“ schlägt hier 20 mg Diazepam peroral vor, allerdings haben sich beruhigende Gespräche als wirksam erwiesen und sind daher als erste Maßnahme angezeigt.[20]

Kombination mit Monoaminooxidase-Hemmern[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die gleichzeitige Einnahme von Monoaminooxidase-Hemmern (MAOH) kann den Psilocybin-Rausch verlängern und intensivieren, aber auch in einer wenig berechenbaren Form verändern, da diese Kombination die Gehirnchemie komplex beeinflusst (siehe auch Serotonin-Syndrom). Die MAO-Hemmer blockieren das Enzym Monoaminooxidase, das organische Amine, darunter Psilocybin/Psilocin und etliche Neurotransmitter, (via oxidaktiver Desaminierung) abbaut. Kurzwirksame reversible Hemmer wie Harmalin unterliegen nicht den strengen Diätvorschriften, die für irreversible MAO-Hemmer gelten; letztere wurden vor 40 Jahren als Antidepressiva in die Psychiatrie eingeführt. Für Psilocybin existieren neben MAO noch weitere Abbauwege im Organismus.

Rechtslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Mit der vierten Betäubungsmittel-Gleichstellungsverordnung (4. BtMGlV)[21] vom 21. Februar 1967, in Kraft getreten am 25. Februar 1967, wurden Psilocybin und Psilocin in der Bundesrepublik Deutschland den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften des Opiumgesetzes unterstellt. Heute sind Psilocybin und Psilocin in Anlage I zu § 1 BtMG (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Stoffe) aufgelistet, das heißt, jeglicher Umgang (mit Ausnahme des Konsums) mit diesen Substanzen ist für die Allgemeinheit generell verboten.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • F. Tylš, T. Páleníček, J. Horáček: Psilocybin–summary of knowledge and new perspectives. In: European neuropsychopharmacology: the journal of the European College of Neuropsychopharmacology. Band 24, Nummer 3, März 2014, S. 342–356, doi:10.1016/j.euroneuro.2013.12.006. PMID 24444771 (Review).
  • J. van Amsterdam, A. Opperhuizen, W. van den Brink: Harm potential of magic mushroom use: a review. In: Regulatory toxicology and pharmacology: RTP. Band 59, Nummer 3, April 2011, S. 423–429, doi:10.1016/j.yrtph.2011.01.006. PMID 21256914 (Review).
  • T. Passie, J. Seifert, U. Schneider, H. M. Emrich: The pharmacology of psilocybin. In: Addiction biology. Band 7, Nummer 4, Oktober 2002, S. 357–364, doi:10.1080/1355621021000005937. PMID 14578010 (Review).
  • A. Hofmann, R. Heim, A. Brack, H. Kobel, A. Frey, H. Ott, Th. Petrzilka, F. Troxler: Psilocybin und Psilocin, zwei psychotrope Wirkstoffe aus mexikanischen Rauschpilzen. In: Helvetica Chimica Acta. 42, 1959, S. 1557–1572, doi:10.1002/hlca.19590420518.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

 Wiktionary: Psilocybin – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Psilocybin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage. 2006, ISBN 0-911910-00-X, S. 1363.
  2. David E. Nichols: Improvements to the Synthesis of Psilocybin and a Facile Method for Preparing the O-Acetyl Prodrug of Psilocin. In: Synthesis. 1999, S. 935–938, doi:10.1055/s-1999-3490.
  3. SWGDRUG Monographs: PSILOCIN & PSILOCYBIN Monograph (PDF; 364 kB), abgerufen am 11. Juni 2014.
  4. Royal Pharmaceutical Society (Hrsg.): Clarke’s Analysis of Drugs and Poisons FOURTH EDITION. Pharmaceutical Press, London/ Chicago 2011, ISBN 978-0-85369-711-4.
  5. a b c Datenblatt Psilocybin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 15. Juni 2011 (PDF).
  6. Eintrag zu Psilocybin in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM).
  7. A. Hofmann, R. Heim, A. Brack, H. Kobel, A. Frey, H. Ott, Th. Petrzilka, F. Troxler: Psilocybin und Psilocin, zwei psychotrope Wirkstoffe aus mexikanischen Rauschpilzen. In: Helvetica Chimica Acta. 42, 1959, S. 1557–1572, doi:10.1002/hlca.19590420518.
  8. A. Hofmann, A. Frey, H. Ott, Th. Petrzilka, F. Troxler: Konstitutionsaufklärung und Synthese von Psilocybin. In: Experientia. 14, 1958, S. 397–399, doi:10.1007/bf02160424.
  9. P. Stamets: Psilocybin Mushrooms of the World: An Identification Guide. Ten Speed Press, Berkeley, California 1996, ISBN 0-89815-839-7.
  10. Psilocybin & Psilocin Dosage by Erowid
  11. a b Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht: „Hallucinogenic Mushrooms: An Emerging Trend Case Study“ PDF.
  12. Felix Hasler, Ulrike Grimberg, Marco A. Benz, Theo Huber, Franz X. Vollenweider: Acute psychological and physiological effects of psilocybin in healthy humans: a double-blind, placebo-controlled dose–effect study. In: Psychopharmacology. 172, 2004, S. 145–156, doi:10.1007/s00213-003-1640-6.
  13. T. Passie, J. Seifert, U. Schneider, H. M. Emrich: The pharmacology of psilocybin. In: Addiction Biology. 7, 2002, S. 357–364. PMID 14578010.
  14. D. E. Nichols: Hallucinogens. In: Pharmacology & therapeutics. Band 101, Nummer 2, Februar 2004, S. 131–181, doi:10.1016/j.pharmthera.2003.11.002. PMID 14761703. (Review).
  15. R. L. Carhart-Harris, D. Erritzoe u. a.: Neural correlates of the psychedelic state as determined by fMRI studies with psilocybin. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Band 109, Nummer 6, Februar 2012, S. 2138–2143, doi:10.1073/pnas.1119598109. PMID 22308440. PMC 3277566 (freier Volltext).
  16. Alexander V. Lebedev, Martin Lövdén, Gidon Rosenthal, Amanda Feilding, David J. Nutt, Robin L. Carhart-Harris: Finding the self by losing the self: Neural correlates of ego-dissolution under psilocybin. In: Human Brain Mapping. 2015, S. n/a, doi:10.1002/hbm.22833.
  17. Coordinatiepunt Assessment en Monitoring nieuwe drugs (CAM) p/a Inspektion des Gesundheitsamts (IGZ)-CAM, Den Haag, 2000 (Studie zur rechtlichen Einordnung und den Gefahren psychoaktiver Pilze). (PDF)
  18. M. L. Espiard u. a.: Hallucinogen persisting perception disorder after psilocybin consumption: a case study. In: Eur. Psychiatry. 20(5-6), 2005, S. 458–446. PMID 15963699.
  19. F. X. Vollenweider, M. F. Vollenweider-Scherpenhuyzen, A. Bäbler, H. Vogel, D. Hell: Psilocybin induces schizophrenia-like psychosis in humans via a serotonin-2 agonist action. In: Neuroreport. Band 9, Nummer 17, Dezember 1998, S. 3897–3902. PMID 9875725.
  20. „Severe agitation may respond to diazepam (20 mg orally). „Talking down“ by reassurance also is effective and is the management of first choice. Antipsychotic medications may intensify the experience and thus are not indicated.“ In: Laurence Brunton, Bruce A. Chabner, Bjorn Knollman: Goodman and Gilman’s Manual of Pharmacology and Therapeutics. 12. Auflage. McGraw-Hill, 2011, ISBN 978-0-07-176939-6, S. 1537.
  21. 4. BtMGlV vom 21. Februar 1967.
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