Letzte Auftritte 2016, erste Auftritte 2017

November 5th, 2016
  • Fr, 18.11.2016, Halle, Charles Bronson: Vortrag “Leben im Rausch” (Soliparty für Drugscouts)
  • Sa, 19.11.2016, Wittenberg, Harold & Maude: Ideolotterie bei “Thinking about Struggle” (FB-Event)
  • Do, 24.11.2016, Querfurt, BASE, 19 Uhr: Vortrag “Identität” (FB-Event)
  • Di, 29.11.2016, Fulda, mag.lab: Vortrag “Hinter dem Geld – Antisemitismus und Verschwörungsdiskurs” (Ankündigung, FB)
  • Do, 01.12.2016, Hamburg, Plan B: Vortrag zu Rausch und Herrschaft (FB-Event)
  • Fr, 02.12.2016, Hamburg, Hafenklang: CLASTAH live bei der Egotronic LoFi-Tour
  • Sa, 03.12.2016, Wurzen, D5: Vortrag “Entschwörungstheorie” (Aktionstag gegen Antisemitismus)
  • Di, 20.12.2016, Dresden, Hole of Fame: Vortrag “Entschwörungstheorie”
  • Mi, 21.12.2016, Heusenstamm, (tba): Vortrag “Entschwörungstheorie”, Schwerpunkt “Reichsbürger”
  • Sa, 14.01.2017, Siegen, Vortex: Konzert CLASTAH
  • Fr, 20.01.2017, Würzburg: Vortrag/Buchvorstellung “Sin Patrón”
  • Di, 31.01.2017, Fulda, Café Chaos, 19 Uhr: Vortrag “Leben im Rausch”
  • 17.02.2017, Karl-Marx-Stadt: Vortrag “May Day, Haymarket, Talking Union – Klassenkampf & Reaktion in den USA”
  • ??.02.2017, Leisnig, AJZ: Vortrag “Homer Simpsons Mutter”
  • Do, 06.04.2017, Linz: Konzert CLASTAH (in Planung)
  • Fr, 07.04.2017, Salzburg, SUB: Konzert CLASTAH (in Planung)
  • Sa, 08.04.2017, Innsbruck, PMK: Konzert CLASTAH (in Planung)
  • Weitere Buchvorstellungen zu “Sin Patrón” sind für Halle, München, Nürnberg und Bamberg in Planung; Entschwörung in Flensburg und Bargteheide. CLASTAH-Shows soll es noch im Kafé Marat München und in Eisenach geben.

    Wer auch noch was einrühren will, findet hier mein aktuelles Programm.

    Sterben fürs Eigentum

    December 8th, 2016

    In Paraguay wurden dieses Jahr Bauer*n verurteilt, die sich gegen ihre Vertreibung vom immer stärker konzentrierten Grundbesitz gewehrt hatten.
    Gastbeitrag von Magui López.

    “Rachid, Feigling, an deinen Händen klebt Blut”, rufen vor dem Justizpalast in Paraguays Hauptstadt Asunción die Protestierenden aus sozialen Bewegungen und fordern Gerechtigkeit und Freispruch. Drinnen wird das Urteil gegen Beteiligte der gewaltsamen Konfrontation im östlichen Wald- und Acker-Distrikt Curuguaty vor vier Jahren verkündet, als bei der Räumung besetzten Landes auch sechs Polizist*n ums Leben kamen. Jalil Rachid war als Staatsanwalt lange Zeit federführend im Prozess und steht der Familie nahe, die Anspruch auf das Land erhebt. Die einzig Beschuldigten und Verurteilten waren Bauer*n. Wegen der elf Getöteten aus ihren Reihen wurde von niemandem ermittelt.


    Proteste vor dem Gerichtsgebäude

    In der Anklage hieß es, Frauen und Kinder seien benutzt worden, um die Polizist*n zu täuschen und den Eindruck zu erwecken, es sei sicher, mit der Räumung des besetzten Landes fortzufahren. Drei Mütter, die im Juli wegen krimineller Vereinigung und Landfriedensbruch zu Gefängnisstrafen verurteilt wurden, beschuldigte die Justiz des “Verbrechens”, ihre Kinder auf den Armen getragen zu haben, um “ein Klima des Vertrauens zu schaffen”. Die Ereignisse des 15. Juni 2012 wurden als Massaker von Curuguaty zu einem der Gründe für das Amtsenthebungsverfahren, zu dem sich das Parlament gegen den damaligen Präsidenten Fernando Lugo Méndez entschloss. Diesem wurde auch die Unterstützung der Bauer*nbewegung und ihrer Widerstands- und Besetzungsstrategien vorgeworfen.

    Land-Monopoly

    Paraguay gehört zu den Ländern in Lateinamerika mit der höchsten Konzentration von Landbesitz. Die Agrarwirtschaft zählt neben den Wasserkraftwerken und dem Schmuggel zu den wichtigsten Einnahmequellen. Die Wirtschaft des Landes ist 2015 und 2016 stetig gewachsen, und wenn die Wirtschaft wächst, nehmen auch Ungleichheit und Armut zu. Die Besteuerung trifft die unteren Klassen härter. 2014 entfielen 24,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf Landwirtschaft und Viehzucht, aber nur 3,2 Prozent der eingenommenen Steuern, während 71 Prozent der Steuergelder aus der Mehrwertsteuer stammten.

    Zwischen 1991 und 2008 (der Zeitraum der letzten beiden statistischen Erhebungen) nahm die Gesamtzahl der Landwirtschaftsbetriebe um 5,7 Prozent ab. Bei genauerer Betrachtung der Zahlen ist zu erkennen, dass Betriebe unter 100 Hektar weniger werden, während solche mit 100 bis 500 Hektar um 34,8 Prozent und solche mit mehr als 500 Hektar um 56,9 Prozent zunahmen. Dies beschreibt einen Prozess starker Konzentration in großen Ländereien. Es gibt weniger Betriebe, aber mehr bewirtschaftete Fläche (plus 30,5 Prozent), und gleichzeitig verschwinden die Kleinbetriebe, oder sie gehen in größeren auf, die ihre Ausmaße beibehalten oder vergrößern.

    Fast 90 Prozent der bewirtschafteten Fläche bestehen aus Ländereien, die größer als 200 Hektar sind, und die Hälfte von ihnen sind größer als 10.000 Hektar. Ihre Eigentümer machen unterdessen nur 3,3 Prozent aller Eigentümer aus. Anders gesagt besitzen weniger Leute mehr Land und mehr Leute werden aus der Landwirtschaft gedrängt oder sind gezwungen, von Kleinst- und Familienproduktion zur Subsistenz zu überleben.

    Ein weiteres Problem stellt der legale Status dar. Um den Besitz von Rechtstiteln an den bewirtschafteten Ländereien kämpfen der Nationalstaat, die drei Prozent Großgrundbesitz*r und die organisierten Bauer*nbewegungen, welche öffentliche Ländereien als Ziel einer Landreform fordern. Nach dem Zensus von 2008 haben 79,5 Prozent des Landes einen eindeutigen Eigentumstitel. Aber es gibt auch große Flächen (die Wahrheits- und Gerechtigkeitskommission sprach 2008 von acht Millionen Hektar), die “tierras malhabidas” (“illegal angeeignet”) genannt werden, und die mit der Landverteilung unter der Stroessner-Diktatur (1954-1989) und teilweise vorher verbunden sind. Dieses öffentliche Land wurde von den Regierungen verkauft oder verschenkt, um politische Abkommen zu sichern oder sich für Gefälligkeiten zu revanchieren.

    Der Landstrich in Curuguaty, der zum Schauplatz des Massakers wurde, heißt Marina Kue – Guaraní für: “gehört der Marine”. Das Unternehmen Campos Morombí, im Besitz von Blan N. Riquelme, Senator der Partido Colorado, zeigte eine Landbesetzung auf diesem Grund und Boden an, der von der Familie Riquelme bewirtschaftet wurde. Die Anzeige wurde vom Richter akzeptiert und er verfügte die Räumung.

    Das erste Problem an Marina Kue ist, dass es rechtlich nicht zu Riquelmes Besitz zählt. Das Land gehörte einer anderen Firma namens “La Industrial Paraguaya S.A.” (LIPSA), die 1967 ihr Grundeigentum verkaufte und einen Teil (mehr als 2000 Hektar) der Marine Paraguays überließ, was Stroessner per Dekret bestätigte.

    Dieses Geschenk wurde nicht im Grundbuch festgehalten und so wurde das Land seither ohne Rechtstitel von der Marine benutzt. Ende der 90er Jahre gab die Marine das Land auf. Wenige Jahre später organisierte sich eine Gruppe von Bauer*n in einer Bewegung zur Instandbesetzung von Ländereien im Departamento Canindeyú und meldete ihren Anspruch beim Nationalen Institut für Ländliche Entwicklung (INDERT) an. 2004 erklärte das INDERT die Ländereien zum Allgemeingut und damit zum Gegenstand der Umverteilung in der Landreform. Die Menschenrechtskoordination in Paraguay schrieb 2012 in ihrem Bericht, dass Blas N. Riquelme einen Teil des Landes 1969 von LIPSA zum Freundschaftspreis erworben hatte (umgerechnet 8 Cent pro Hektar) und außerdem illegal angrenzende Flächen nutzte, darunter auch ehemaliges Ahnenverehrungsland der indigenen M’byá.

    Bis die Marine abzog, erkannte Riquelme deren Autorität an, doch sobald sie gegangen war und die Bauer*n ihre Forderungen geltend machten, führte Campos Morombi einen Prozess gegen LIPSA wegen Ersitzung, also feindlicher Übernahme des Lands, das nun für die Landreform vorgesehen war. Das war möglich, weil im Grundbuch das Land weiterhin auf den Namen von LIPSA geführt wurde, obwohl es de facto dem Staat gehörte.

    Campos Morombí erklärte, dass sie das Land seit 1970 friedlich und nutzbringend in Beschlag genommen hatten und dass es ihnen daher gehörte. Nach vielen Verzögerungen und komplexen juristischen Verfahren beschloss der Richter, die Ersitzung zu erlauben, doch wegen Verwaltungsfehlern konnte Campos Morombi die Rechtstitel bis 2015 nicht erwerben.

    2015 akzeptierte Horacio Cartes, der erste gewählte Präsident nach dem Parlamentsputsch gegen Lugo, die “Schenkung” von Marina Kue durch Campos Morombí und legalisierte so die Situation. Das Geschenk zu akzeptieren war eine Möglichkeit anzuerkennen, dass das Land der schenkenden Firma gehörte, auch wenn dem nicht so war.

    Zusammengefasst gesagt starben 11 Bauer*n und 6 Polizist*n auf einem von Sicherheitskräften unter Anweisung der Justiz geräumten Land, um das Eigentum einer Firma zu verteidigen, die das Land nicht besaß.


    Polizeikräfte

    “Juristisches Monstrum”

    Die Anklage richtete sich nur gegen die Bauer*n und zielte darauf ab, dass sie angeblich militärisch ausgebildet waren, einen Hinterhalt geplant hatten, die Polizei in Sicherheit wiegen wollten und sie dann angreifen. Die Polizei war deutlich in der Überzahl und die Bauer*n hatten keine modernen Waffen. Zum Zeitpunkt der Räumung umfasste die Gruppe der Besetz*r um die 64 Personen (darunter Frauen, Männer und Kinder), während die Polizei 324 Beamte aufbot (darunter Spezialkräfte mit militärischer Ausbildung). Gefunden wurden alte, nicht-automatische Waffen, die vor allem als Jagdwaffen oder zum Schutz gegen Wildtiere dienten. Auch konnte die Auswertung der Telefonverbindungen nicht nachweisen, dass die Bauer*n wussten, wann die Polizei kommen würde.

    Zur Beweisaufnahme präsentierte die Staatsanwaltschaft Laternen, Gürtel, Radiobatterien, Schmerztabletten, Sonnenbrillen, Notizzettel mit Zahlen, Brieftaschen und Mitgliedsausweise der Bauernbewegung Movimiento Agrario Paraguayo. Ebenso wurden alte Macheten (typische Arbeitsgeräte von Bauer*n), unbenutzte Patronen, Schleudern, Küchenmesser, selbstgemachte Dolche vorgeführt. Insgesamt gab es nur Gegenstände zu sehen, die Bauer*n in ihrem Alltag verwenden und die sie zum Schutz ihres Lagers benötigten.

    Nicht nur war das alles von geringer Beweiskraft, auch wurden die Rechte der Angeklagten missachtet, indem ihrem Anwalt der Zugang zu den Beweismitteln verwehrt wurde, bis sie trotz aller Regelverstöße bereits für das Verfahren zugelassen waren.

    Im März 2013 erlaubte der Richter den Schwangeren Fanny Olmedo und Dolores López Paredes, beide Teil der Bewegung und der Beteiligung am Massaker angeklagt, in Hausarrest verlegt zu werden, was ein Jahr später auch fünf anderen Männern gewährt wurde, die mehr als 58 Tage in Hungerstreik getreten waren. Derweil wurden der Prozess und alle dazugehörigen rechtlichen Schritte verschoben und angefochten, so oft es ging.

    Am 11. Juli diesen Jahres befand das Gericht nun elf Mitglieder der Bauer*nbewegung schuldig des vorsätzlichen Mordes, des Landfriedensbruchs und des kriminellen Zusammenschlusses. Villalba, der als Rädelsführer galt, wurde zu 35 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde auf Spanisch verlesen, und die Übersetzung in Guaraní, die zweite Amtssprache und für viele Bauern die einzige Muttersprache, wurde erst auf Drängen der Verteidigung nachgeliefert. Organisationen und Bewegungen aus Paraguay und aller Welt hatten gegen den Prozess mobilisiert. Für alle Menschenrechtsanwälte, die sich zum Fall äußerten, ist er ein “juristisches Monstrum”.

    Mit diesem letzten Akt schließt sich der Kreis, und Justiz, Exekutive und Parlament bringen einen illegalen und illegitimen Vorgang zuende, der mit dem Tod von 17 Menschen begann, mit dem Sturz eines Präsidenten fortgeführt wurde und in der Verfolgung der Bauer*n gipfelte.

    Katastrophe Akkumulation

    Der Kapitalismus hat in Paraguay die ländlichen Regionen verheert. Die Verfolgung von Bauer*nbewegungen und ihrer solidarischen Kooperativen fand sowohl während der Diktatur wie auch seit 1989 in formal demokratischen Zeiten statt. Die Gruppen von Bauer*n, die sich gegen ihre Vertreibung in die Städte wehrten, wo es für sie angesichts der schwachen Industrialisierung extrem schwierig ist, in reguläre Beschäftigung zu kommen, wurden ruhiggestellt und vereinnahmt.

    Es gibt nicht nur ein Curuguaty, es gab viele, und nicht nur in Paraguay, sondern auch in anderen Teilen Lateinamerikas, wo die Agrar- und Viehproduktion ganze Landstriche verheert und verelendet hat. Zwischen 1989 und 2013 wurden in Paraguay 115 Anführer und Mitglieder von Bauer*norganisationen entführt und umgebracht. Die Menschenrechtsorganisation CODEHUPY (Coordinadora De Derechos Humanos Del Paraguay) hat die institutionelle Verantwortung des Staates für diese Morde nachgewiesen: weil Streitkräfte sie ausführten, den Betroffenen kein Schutz gegen paramilitärische Angriffe von Latifundienbesitzern gewährt wurde oder weil sie unter dubiosen Umständen getötet wurden, die nie von der Polizei aufgeklärt wurden. Doch Anführ*r von indigenen und Bauer*nbewegungen wurden zu Zielen von Exekutionen und ständiger Verfolgung in der gesamten Region. 2015 wurden in Kolumbien mehr als 300 Bauernführer ermordet. Wenn wir dem Extraktivismus in Lateinamerika weiter nachgehen, finden wir Fälle in Brasilien, Perú, Nicaragua und einen besonders sichtbaren: die Ermordung der indigenen Umweltaktivistin Berta Cáceres in Honduras.


    Berta Cáceres

    Der Fall von Curuguaty zeigte die enge Verbindung zwischen politischen und ökonomischen Eliten – besonders in abhängigen Ländern oder solchen mit subsidiarer Wirtschaft –, zwischen Kapital und Justiz sowie zwischen Kapital und Repressionsapparat. Außerdem wurde die nur sehr schwache Verbindung zwischen dem Wahlvolk und den Herrschenden deutlich wie auch die enormen Befugnisse der politischen Eliten gegenüber denjenigen, die sie in ihre Positionen wählen. Curuguaty versinnbildlicht, wie ungerecht Justiz und Rechtsstaat sein können.

    Übersetzung: Daniel Kulla

    Weiterführend:

  • „Was geschah in Curuguaty?“
  • Zahlen zu Steueraufkommen: Borda and Manuel Caballero, “Eficiencia y Equidad tributaria. Una tarea en construcción”, 2014, CADEP, Paraguay
  • Magui López ist Doktorin der Sozialwissenschaften an der Universität Buenos Aires und schrieb in konkret 7/2016 über die Amtsenthebungsverfahren in Paraguay und Brasilien.

    [Artikel war für die Oktober-Ausgabe von "konkret" bestellt, wurde jedoch erst verschoben und dann vergessen.]

    Vortrag zu Identität, mit Videos & Slides

    November 3rd, 2016

    Vom “Wer sind wir denn?” zum “Was machen wir hier eigentlich?”

    Ich sprach am 20.10. im Kampnagel (Hamburg) in anstiftender Absicht zum Thema Identität, also über Identitäre, Identity Politics und Selbstbehauptung, über an Marx angelehnte, diskordische und Tiqqunsche Identitätskritik sowie über Identifizierung und Verbindung als Fähigkeiten und Wege zum Kommunismus – hier nun von Veranstalter Joscha Hendricksen liebevoll zum Video verbastelt. Ich hoffe, das erklärt Einiges und wird eifrig weiterverbreitet.

    (Am Ende gibt’s noch den Track zum Thema, den ich mit Desmond Denker von der Bambam Babylon Bajasch dereinst aufnahm.)

    Die Slides zum Vortrag hab ich hier hochgeladen:

    Zur Einstimmung zeigte ich am Beginn dieses Musikvideo, das entsprechend eventuell vorher geschaut werden könnte und in dem zu allem Überfluß auch noch Dynamo-Dresden-Wimpel an der Wand hängen:

    Und vor meinem Vortrag zeigte die Anti-Identitäre Aktion diese Performance:

    Staatsbürger vs. Reichsbürger – Nationalisten unter sich

    October 22nd, 2016

    Einer, der den Staat BRD ablehnt und sich als Bürger des Deutschen Reiches sieht, hat, als die BRD-Staatsgewalt ihn entwaffnen wollte, auf sie geschossen und einen Cop tödlich erwischt. Er hat eine heilige Kuh geschlachtet, und (so wie beim NSU) ist genau und erst an der Stelle für den Staat, seine Gewalt und seine gar zahlreich Schar von Anhängern das Maß voll. Nach den Schüssen und dem Tod schalteten sämtliche Medien unbezahlte Werbung für die Sache – es zeigt sich: Cops erschießen ist immer noch die beste PR.

    Ohne viel Aufwand waren die “Reichsbürger” auch vor 10 Jahren schon wahrnehm- und erkennbar, und auch damals war klar, daß sie immer dann gedeihen, wenn der Nationalismus um sie herum blüht.

    Die “Zeit” verspricht eine Erklärung dafür, “warum selbst ernannte Reichsbürger” (die darf nämlich nur der Reichspräsident ernennen!) “gefährlicher sind als einfach nur Spinner” und verweist darauf, wie ihnen der Verfassungsschutz “vor einem halben Jahr” sagte, daß er “Einzeltäter aus der ‘Reichsbürger’-Szene fürchte”. Der VS hat ihnen zum Warum sicher nicht gesagt, daß “Reichsbürger” sich von der nationalistischen Mobilisierung ermutigt fühlen, die er nach Kräften gefördert hat.

    Auch die Bild-Zeitung hält wenig überraschend ihr Versprechen eher nicht, zu erklären, “warum sie immer gewalttätiger werden”, sondern titelt, daß sie die “Reichsbürger” für krank hält – nun, dann müssen sie wohl zum Arzt…

    Also noch mal zum Thema, welches Problem der Staat mit “Reichsbürgern“ hat: sie stellen sich gegen ihn.

    So sagt es auch der Cop von der Linkspartei:

    Entsprechend ist auch an den nun – vollkommen aus heiterstem Himmel! – entdeckten “Reichsbürgern” unter den Cops (verschiedene Presseberichte zusammengenommen sind z.B. 4 von 13 Reichsbürgern in Sachsen-Anhalt bei der Landespolizei) das Hauptproblem ihre Loyalität zu diesem Staat, über deren taktischen Charakter ich anderswo schon schrieb:

    «Immer wieder bildet die Polizei die äußere Front des “tiefen Staats”, der radikal nationalistische und faschistische Strukturen aufbaut, ausbaut, deckt und ihnen zur Macht zur verhelfen versucht (…)
    Aktuell fördert und stützt ein regional sehr großer Teil der Polizei offenbar aus Überzeugung den Aufstieg des am ehesten erfolgversprechenden Teils der nationalistischen Mobilisierung (so wie sie vorher im kleineren Rahmen andere Teile bereits unterstützt hatte)…
    »

    Ihre Beweggründe werden dann schon angemessen verniedlicht aus der Forschung ausgeschnitten, um nicht allen möglicherweise ja viel zahlreicheren verirrten Schäfchen den Weg in die Herde zu verbauen: “…gewisse Erfahrungen von Polizisten brächten einige dazu, Zuwanderung als etwas problematisch zu erleben.”

    Insgesamt fungiert die ganze “Reichsbürger”-Geschichte (mal wieder) zuallererst als Legitimationsdiskurs für den Staat, dessen Haltung sehr einfach ist:

    Out now: Clastah “Dead Stars”

    October 14th, 2016

    Man muß nur einen toten Stern in sich haben, um Chaos gebären zu können!

    Nach vier Jahren das vierte Album von istari Lasterfahrer und mir. Der Name ist kürzer, die Musik breitet sich aber weiter aus ins Lateinamrikanische, in Streikbeat, Rammstep und Amencore, Disco und Psychedelic Trap. Inhaltlich machen wir eine Reise aus den Weiten des Weltraums hinein ins Innerste des irdischen Klassenkampfs und räumen zum Schluß auf. Onkel Torsun besingt mit mir unser beider Lieblingsgruppe von vor ca. 13 Jahren. Die “Intro” meint, wir würden beweisen, “dass elektronische Tanzmusik explizit politisch, verwirrend genresprengend und absolut humorvoll sein kann.” Und fürs ND ist unsere “liebevolle Mischung aus politischer Agitation, Witz und autonomem Kellerdisco-Rambazamba das Klügste und Beste, was man diese Woche erwerben kann.”

    Und hier ist sie nun, die Musikware, als Doppel-LP/Download, CD und Deluxe-Edition.

    Und hier digital bei Bandcamp:

  • VIDEO “MIESES STÜCK SCHEISZE”
  • VIDEO “BARDEROS DE LA VEREDA”
  • VIDEO “WIR STREIKEN”
  • TRACKLIST
  • CLASTAH LOGO
  • Hochverehrte Einheiten!

    October 7th, 2016

    Wohneinheiten, Maßeinheiten, Recheneinheiten, Streicheleinheiten! Gruß dir, unbekannte Partisaneneinheit!

    Unpünktlich zum post-gesamtprodeutschen Nationalfeiertag (der war am Montag) zelebrieren wir als Vertreter des nicht ganz so einfachen Volkes aus Ost und West die wahre Einheit, nämlich die kleinste Einheit des Kommunismus, die Band! Unsere Band!

    Und unpünktlich zum Geburtstag des Staats der Arbeiter und Bauern (der wäre dann heute) veröffentlichen wir unser Huldigungswerk an die Schöpferkraft von Kosmos und Mensch beim Sozialistischen Plattenbau weit hinter den Linien des Klassenfeinds in Hamburg (nächste Woche, kann aber schon bestellt werden)

    Clastah, in eins nun die Hände! Das Licht am Ende des Tunnels ist ein sterbender Stern!

    Aktueller Mitschnitt zu “Leben im Rausch”

    October 6th, 2016

    Rausch als Fähigkeit jedes Nervensystems, sich einer Situation zu entziehen. Oder: Warum wir aufhören sollten, uns nur auf Drogen und Sucht zu konzentrieren, und anfangen darüber zu reden, was in Gehirn und Körper passiert und warum.

    (English version)

    Antifa & Provinz

    October 5th, 2016

    «Viele von uns, die innerhalb dieser Zustände aufgewachsen sind und dennoch die Möglichkeit hatten sich wie auch immer progressiv zu sozialisieren, werden in einem Punkt wahrscheinlich zustimmen: Teil unseres Alltags waren schon immer Nazis, die sich meist ungehindert und unwiderspochen schon seit jeher positionieren konnten.

    Der Wunsch nach polit. Freiräumen heißt unter diesen Bedingungen eben auch nicht „Eignet euch die Szenecodes an und lernt Antifaschistinnen zu sein, dann kommt ihr auch rein“ sondern: „Hier ist ein Raum in dem ihr eure Bedürfnisse kennenlernen und verwirklichen könnt und in dem ihr Hilfe und Solidarität erfahrt.“»

    Hauptredebeitrag auf der Demo „Antifa bleibt Landarbeit – Strukturen stärken in der Provinz“ in Gera am 10.9.2016.

    Aktueller Mitschnitt zur “Entschwörungstheorie”

    October 4th, 2016

    Vortrag “Ideologie – Herrschaft – Verschwörung. Zur Kritik der Kritik am Verschwörungsdiskurs” bei der Fachtagung “Eine Welt voller Verschwörungen? Verschwörungstheorien und -ideologien im Spiegel deutschsprachiger Forschung” am 12. September 2016 in Weingarten.

    Legale Entmachtung

    September 20th, 2016

    «»Im Namen Gottes«, »zur Bewahrung der Ehre der Streitkräfte«, »zur Verteidigung der traditionellen Familie« wurden die Amtsenthebungen sowohl in Paraguay als auch in Brasilien eingeleitet, zur »Verteidigung der Demokratie« gegen öffentliche Unsicherheit und Korruption, gegen Sozialismus und andere linke Bedrohungen.»

    Magui López und Daniel Kulla: Putsch ohne Waffen (konkret 7/2016)

    Erlebnisbericht zu Blockupy am 2.9. in Berlin

    September 16th, 2016

    «Wir sind vor dem Finanzministerium, aus den Fenstern glotzen Angestelte. Auch gut. Häßlicher Nazibau und wir von einer Rasselbande von Schlägern umstellt. Die Medien werden es teilweise Blockade nennen, diesen Kessel. Das behauptet teils auch die Presseabteilung unserer eigenen Leute. Vielleicht beginnt diejenige Partei zu gewinnen, die als erstes endlich aufhört dümmliche Propaganda zu machen.»

    Bullenjogging in Berlin – Video & Bericht: Mit den Blockupanten zum Ministerium für Arbeit.

    Vorträge & Konzerte ab September

    August 29th, 2016
  • Fr, 02.09.2016, St. Georgen, Action, Mond & Sterne: Vortrag “Sin Patrón”
  • Sa, 03.09.2016, Berlin, Entheoscience: Vortrag “Leben im Rausch”
  • So, 11.09.2016, Weingarten/Bodensee, Fachtagung “Eine Welt voller Verschwörungen?”: Vortrag “Ideologie, Herrschaft & Verschwörung”
  • Sa, 17.09.2016, Gütersloh, Airport Club: Konzert CLASTAH
  • Mi, 21.09.2016, Halle, Institut für Musik der MLU: Vortrag “Entschwörungstheorie” (FB-Event)
  • Do, 22.09.2016, Nordhausen, Green Island, 19 Uhr: Vortrag “Entschwörungstheorie” (FB-Event)
  • Mi, 28.09.2016, Salzburg, SUB, 20 Uhr: Vortrag “Leben im Rausch”, danach Sitzauflegerei (FB-Event)
  • Do, 29.09.2016, Klagenfurt, Volxhaus, 20 Uhr: Vortrag “Entschwörungstheorie” (mit Thomas Rammerstorfer, FB-Event)
  • Sa, 15.10.2016, Berlin: Vortrag “Entschwörungstheorie” beim Offenen Linken Jugendkongress (FB-Event)
  • Do, 20.10.2016, Hamburg, Kampnagel: Vortrag & Auflegerei bei “NO ID – Anti-Identitäre Aktion” (FB-Event)
  • Fr, 28.10.2016, Hamburg, Rote Flora: Konzert CLASTAH, “Dead Stars”-Albumrelease (9859 Tage Rote Flora)
  • Fr, 18.11.2016, Halle, Charles Bronson: Vortrag “Leben im Rausch” (Soliparty für Drugscouts)
  • Sa, 19.11.2016, Wittenberg, Harrod & Maude: Ideolotterie bei “Thinking about Struggle” (FB-Event)
  • Di, 29.11.2016, Fulda, mag.lab: Vortrag “Hinter dem Geld – Antisemitismus und Verschwörungsdiskurs” (Ankündigung, FB)
  • Fr, 02.12.2016, Hamburg, Hafenklang: CLASTAH live bei der Egotronic LoFi-Tour
  • Weitere Buchvorstellungen zu “Sin Patrón” sind für Halle, München, Nürnberg und Bamberg in Planung; Entschwörung in Flensburg und Bargteheide. Die anderen CLASTAH-Releaseshows finden voraussichtlich im ://about blank in Berlin (Dezember), im Vortex Siegen und im Kafé Marat München (Januar) statt.

    Wer auch noch was einrühren will, findet hier mein aktuelles Programm.

    Diese Klasse mit diesem Kampf

    August 19th, 2016

    Die arbeitende Klasse – also alle, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen (oder das zumindest versuchen) – ist so zahlreich wie noch nie. Ihr Anteil an der als erwerbsfähig geltenden Weltbevölkerung hat erst in den letzten Jahren die 90 Prozent überschritten und steigt weiter an. Doch diese Klasse gibt’s immer in (mindestens) zwei Ausführungen zugleich: die Klasse, die für sich als Klasse kämpft, und die, die das nicht tut. Die Rolle der systemstabilisierenden Linken in den zurückliegenden Jahrzehnten bestand meist darin, der einen die andere vorzuhalten (“Ihr könntet ja, wenn ihr wolltet, aber ihr wollt ja nicht”), die andere mit der einen zu blamieren (“Das habt ihr nun davon, daß ihr euch auflehnt; am Rockschoß von Staat und Kapital gäb’s vielleicht ein Häuschen”) – wenn’s nicht gleich hieß: “Das ist alles viel komplizierter, oder: “Es gibt keine Klassen mehr”. Sie übergeht oder leugnet die schlichte Tatsache, daß sich das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen letztlich nur durch Klassenkampf verändert und daß dieser gegen vielerlei Ideologie, Einschüchterung, Terror und Bestechung ermutigt werden muß. So konzentrieren viele, die es eigentlich besser wissen müßten oder könnten, einen beträchtlichen Teil ihrer politischen Tätigkeit darauf, der Klasse den Kampf auszureden, und zwar wesentlich mit dem Verweis, wie es um diesen Kampf bestellt ist, den sie beständig allen ausreden.


    Nehmen sich einfach Arbeit! Gut, daß andere ihnen welche geben…

    Fürs Hamburger FSK-Magazin “Transmitter” ist klar: “In Deutschland hat sich die Arbeiter_innenbewegung besonders nachhaltig aufgelöst. Im Nationalsozialismus ist sie in der Volksgemeinschaft aufgegangen (der widerwillige Teil ist zerschlagen und ermordet worden) und im darauf folgenden sozialstaatlichen Kapitalismus konnte sie durch das auf Raub und Krieg aufgebaute Wirtschaftswunder in die Gesellschaft integriert werden (…) Wer meint sich Heute genauso wie vor 100 Jahren auf Klasse und Klassenkampf beziehen zu können als wäre seit dem nichts passiert, betreibt keine radikale Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft.” (Es war einmal… die Arbeiterbewegung)

    Diese Bemerkungen sind dort meinem vom “Kotzenden Einhorn” übernommenen Lagebericht zu Frankreich von Anfang Juni vorangestellt, an dessen Ende ich den Klassenkampf gerade gegen das in Stellung gebracht hatte, was ihn einst und bis heute nicht nur hierzulande niederzuringen vermochte. Ja, hier sieht’s besonders übel aus; ja, hier wurde die Arbeiterbewegung besonders gründlich zerschlagen und einverleibt; ja, das wird immer gern als Vorwand benutzt, um sich aus Arbeitskämpfen u.ä. herauszuhalten. Nein, auch hierzulande gibt’s dennoch sowas; nein, auch hier hat es seltene überschießende Momente; nein, auch hierzulande sähe es noch viel übler aus, wenn gar nicht gekämpft würde. Die Welt ist dennoch ein kleines bißchen größer als dieses Land hier.

    Anderswo hatte sich die Diskussion schon mal weiterbewegt. Deshalb sei hier auf drei Texte verwiesen, die genau zum Thema machen, wie sich die Klasse im Klassenkampf bildet, und warum es zur Ausrede geworden ist, das, was man selbst nicht (bislang) nicht besser zu organisieren vermag, als “nicht in Sicht” wegzuerklären.

    «Das Proletariat wäre so zerrissen wie die Menschheit; wenn man an dem Wort (und mehr ist es nicht) festhalten will, dann muss es immer erst entstehen; sich immer erst zusammenfinden, nach seinen einzelnen auseinandergerissenen Aspekten; die aussichtslose Jugend, die unterdrückten Frauen, die ausgebeuteten Arbeiter; und noch ganz andere Teile dieser Gesellschaft, und nur wo diese dann sich selbst ineinander erkennen, und aus ihren partikularen Nöten der Umrisse einer einzigen grossen Not sich bildet, die es in gemeinsamer Aktion zu beenden gäbe: erst da bildet sich, auf den Strassen und in seiner eigenen revolutionären Öffentlichkeit, das, was das Wort Proletariat bezeichnet. Dann aber ist die Revolution doch schon da. Was also ist es denn, wirklich, mehr als ein Wort? Es sei denn, die Revolution hätte noch nicht angefangen.»
    Jörg Finkenberger (Das Grosse Thier): Etwas über das Proletariat – Zur Metafysik der Klasse (2013)

    «Der Wind, den viele Revolutionäre im Rücken zu verspüren meinten, der Glaube an einen humanen Fortschritt, der sich von ganz alleine durchsetzen wird, hatte sich angesichts der Katastrophe und der Niederlage der revolutionären Bewegung als Illusion erwiesen. Die Schlussfolgerung daraus muss aber sein, alles auf die Selbsttätigkeit der Revolutionäre zu setzen, mit den überlieferten Verhältnissen und Ideen der Klassengesellschaften radikal zu brechen, anstatt sich auf deren naturwüchsige Eigengesetzlichkeiten zu verlassen, auch wenn sie fortschrittlich gerichtet sind. Und auch das Proletariat, wie es geht und steht, muss einen grundsätzlichen Wandel durchmachen, wenn es revolutionär werden soll, um eine kommunistische Produktionsweise durchzusetzen. Die große Niederlage vor dem Faschismus hat bewiesen, dass die Revolutionäre – nicht zu radikal, sondern – nicht radikal genug waren.»
    weltcoup: Eine Erwiderung auf: „Etwas über das Proletariat“ (2015)

    «Es mag den Logiker mit einiger Berechtigung stören, aber Marx bietet zwei Klassenbegriffe an, einen subjektiven und einen objektiven. Zwar sind qua Trennung von den Produktionsmitteln die Arbeitermassen objektiv eine einheitliche Klasse, aber seltsamerweise sind in der „Arbeiterklasse“ die „Arbeiter“ nicht handelndes Subjekt, sondern nur die „Klasse“ näher bestimmendes Prädikat. Es handelt sich nicht um die Klasse der Arbeiter, sondern um die Arbeiter der Klasse. Nicht die besonderen Individuen sind das Bestimmende, welches das Allgemeine hervorbringt, sondern das verselbstständigte Allgemeine bringt die Individuen hervor. Dies Verhältnis ändert sich erst, wenn zur Schmach der objektiven Klassenlage das Bewusstsein dieser Schmach hinzukommt und sich die atomisierten Produzenten zu vereinigen beginnen. Erst im Kampf konstituieren sich die Arbeitermassen auch subjektiv zu Klasse und verdienen es, Proletariat genannt zu werden. Indem sie Einsicht in ihre Seinslage gewinnen, beginnen sie diese zu ändern, womit sich das Verhältnis dreht: Die Massen, welche nur Objekt der Geschichte waren, beginnen sie zu schreiben und sich so tatsächlich zu individuieren. Der Zeitpunkt des vollkommenen Bewusstseins der Klasse und der Moment der Aufhebung der Gattungsspaltung fallen dabei unmittelbar zusammen, wie überhaupt Bewußtsein und Praxis zusammen gedacht gehören.»
    Karl Rauschenbach (Antideutsche Kommunisten Berlin): Zum Begriff der Klasse (2004)

    Noch mal etwas konkreter: Die Konsequenz aus der deutschen Geschichte und Gegenwart kann irgendwie nicht lauten, arbeitende Deutsche sollten sich nicht zusammentun – schon weil sich das einfach nicht verhindern läßt. Es müßte darum gehen, wozu, mit wem und vor allem wie sie sich zusammenschließen. Zum Fußvolk des kapitalistischen Nationalstaats, der als einer der größten Rüstungs- und Schuldenexporteure Krieg und Armut verbreitet, und der sich fürs gelegentliche Ausbleiben rassistischer Eskalationen und für die gelegentliche Einhaltung internationaler Konventionen feiern läßt. Zur letztlich komplementären nationalistischen bis rassistischen Massenbewegung und Populärkultur. Oder eben zum Streik, zur kollektiven Aneignung von Produktion und Reproduktion, zur länderübergreifenden Solidarität auf Augenhöhe. Und das beginnt immer alles damit, daß welche damit beginnen.

    Neuer CLASTAH-Track, neues Video: “Barderos de la vereda”

    August 5th, 2016

    Nach “Wir streiken” und “Mieses Stück Scheisze” das dritte Vorabvideo zum neuen vierten Album vom Lasterfahrer und mir, “Dead Stars“, das am 14. Oktober erscheint. Zu hören ist afrikanisierter Cumbiaton mit Vocals in Rioplatense-Spanisch; im Text geht es darum, wie Wohlhabendere übers Gesindel vom Gehsteig denken. Zu sehen ist Magui López, Coautorin des Songtextes, in Buenos Aires und Hamburg. (In der Videobeschreibung finden sich die englische und deutsche Übersetzung des Texts.)

    Kurzrausch: “Alice hinter den Spiegeln” in 3D

    June 29th, 2016

    Wie sich am Ende von “Alice The Jabberwocky Slayer” bereits abzeichnete, wird Lewis Carrolls Psychosenrausch-Exploit in der Kinofassung der Rahmengeschichte noch mehr zu objektivistischem Imperialismus-Porn. Alices körpereigenes psychedelisches Rauschsystem bleibt aber als solches erkennbar, sie nennt es “ans Unmögliche glauben”. Die Raupe Absolem ist der selbstgesetzte Trigger, der den Rausch auslöst – was auf die Füße gestellt heißt: er ist das Zeichen dafür, daß der Kopf die Dinge in Bewegung setzt. Übereinandergestapelte Momente und Signallücken reichern die Wahrnehmung um Gedächtnisinhalte und Muster an, Unbelebtes wird belebt, animiert, in Eigenbewegung gesetzt, animierte Tiere werden vermenschlicht, der im Sterben liegende Hutmacher reanimiert, als Alice wieder an ihn glaubt – dazu kommen entschärfte, aber wirkungsvolle Elemente des spezifisch Carrollschen Größenrauschs, des Alice-im-Wunderland-Syndroms bzw. Todd’s Syndrome. Bewegte Bilder von bewegten Bildern.


    Stamp out sizeism!

    Unbekanntes erscheint wie komplexes Bekanntes – die Zeit wird für die Seefahrerin zum Ozean (mit Wasser oben und unten), die Zeitreise, die der psychedelische Rausch meist unterstellt, zur Entdeckungsfahrt in die Vergangenheit, sozusagen “Wonderland Begins”, die Clockpunk-Zeitmaschine im Kopf ist, stellt Kapitänin Alice fest, “wie ein Schiff”.

    Alice entkommt der Zeit gerade so, und kommt zeitgemäß wegen “Hysterie” in die Irrenanstalt, aus der sie mit Hilfe ihrer Mutter, Servilia of the Junii, sogleich wieder ausbricht.

    Als alle Zeit anhält, verrostet sie, droht für immer einzurosten. Sie ist selbst schon quasi tot, von der Zeit gefangen, im zu hoch voller Momente gestapelten Moment katatonisch erstarrt, doch ihre Vorstellungskraft, ihr Rausch befreit sie und alle in die Animation zurück. Nun ist Alice dann erwachsen, widerspricht dem Geschäftssatz “Zeit ist Geld” und sagt, die Zeit ist “auch nicht unser Feind”, hat also die Verwertungsschranke des Kapitals transzendiert und kann alsbald mit ihrer Mutter ganz freiheitlich-imperialistisch das Patriarchat wegkonkurrieren.

    Mein Jungle-World-Artikel zu “Verschwörungstheorien”, Nationalismus & Klassenkampf – mit Korrekturen

    June 12th, 2016

    Jetzt auch online verfügbar ist mein Grundsatzgeschimpfe “Handeln wollen, verstehen müssen” zum Verschwörungsschwerpunkt in der aktuellen Jungle World, das ich schrieb, bevor ich die anderen Beiträge las (Kevin Culina: “Dennoch besitzt das Treffen ein größeres politisches Gewicht als etwa eine Onlinepetition”; Michael Bergmann: “…von einer angeblichen Verschwörung der Mächtigen gegen das Volk oder wahlweise auch gegen die Arbeiterklasse”) , auf die es aber durchaus als Antwort funktioniert:

    «Der ideologische Einsatz von Verschwörungserzählungen dient Menschen im Rahmen von nationalistischen Bewegungen oder staatlichen Kampagnen dazu, ihr eigenes Weltbild zu kitten und sich ganz real Einfluss und Einkommen zu sichern oder zu verschaffen. Der Vorteil, den diejenigen haben, die das tun: Sie brauchen es nicht zu verstehen, um damit erfolgreich zu sein. Der Nachteil derjenigen, die dem entgegenwirken wollen: Sie müssten es verstehen, um es zu vereiteln.»

    Was hat das Jungle-Lektorat diesmal mit dem Text gemacht? Sowohl in der Unterüberschrift als auch im Inhaltsverzeichnis-Eintrag stehen nun “Verschwörungstheorien” ohne Anführungszeichen, eine Bezeichnung, die ich vermeide oder nur als Zitat verwende, weil sie weniger Begriff als bequemes Label ist, zur Disqualifizierung anderer Auffassungen benutzt wird und das durchaus sinnvolle Nachdenken über reale Verschwörungen mit dem ideologischen Aufgreifen des Themas zusammenwirft.

    Auch in der Unterschrift wurde die Rede von der “derzeitiger Konjunktur” eingefügt, die ich im Artikel als stets schwer bestimmbar bezeichne, während die nationalistische Mobilisierung, die Verschwörung ideologisch thematisiert, ganz offensichtlich immer weiter zunimmt.

    Im Text selbst ist Nationalimus als “Form von Ideologie” einfach zu einer “Ideologie” geworden – “als hätte es Ideologie- und Herrschaftskritik nie gegeben” – , und auch nicht von mir ist die Formel “gefährliche Denkweise”, die ich verniedlichend finde und aus der gegenwärtigen Diskussion auch nicht zitiert habe.

    Abgerundet wird das ganze mit einer Aluhut-Illustration. Und das Ende war schon vorher abgeschnitten worden, weil für redundant befunden. “Diejenigen, die dem entgegenwirken wollen”, hieß es in meiner Version,

    «…dürften sich von den rivalisierenden Nationalismen die Themen nicht vorgeben lassen; sie müssten stattdessen über das reden und das tun, was mit dem ganzen Theater ja verhindert werden soll: die Unterstützung und Organisation des autonomen Klassenkampfs von unten, von Streiks, die der Binnenkonkurrenz entgegenwirken können, und von kollektiven Aneignungen, im besten Fall zeigen können, dass es ohne Herrschaft geht.»

    Leo Fischer ist aber ganz lustig.

    Jungle-Eingriffe in Artikel zuletzt
    : argentinische Kritik an deutscher Argentinien-Darstellung abgeschnitten, Reportage über instandbesetzten Betrieb mit Fehlern übersät, Rausch-Artikel umformuliert und mit Peter-Tosh-Zitat versehen. Grob scheinen die Unterüberschriften immer von der Redaktion ohne Gegenlesen erzeugt zu worden zu sein, wobei sie meist entstellende Zusammenfassungen dessen sind, was irgendwer in der Redaktion in die Artikel hinein- oder aus ihnen herausliest.

    Kurze Zusammenfassung der Situation in Frankreich

    June 7th, 2016

    Fürs “Kotzende Einhorn” gehe ich auf die Fragen ein: Was ist eigentlich in Frankreich los? Warum ist dazu in Deutschland so wenig zu hören? Warum regt sich aber auch die Linke so wenig? Was ist nun zu tun?

    «Als erstes ist wichtig, die bisher krass einseitige und extrem selektive Berichterstattung zu unterlaufen, so viel wie möglich Informationen über Gründe, Ausmaß und Verlauf der Kämpfe auch nach Deutschland zu tragen und den zu befürchtenden Diffamierungen anlässlich der angekündigten Blockade von EM-Spielen entgegenzutreten. Dann sollten alle, die sich an geeigneten Stellen befinden, Solidaritätserklärungen veranlassen, von denen es bisher so gut wie keine gibt. Noch wichtiger wäre aber mittelfristig, sich vom französischen Vorbild anregen zu lassen, auch von der Wirkung auf die nationalistische Mobilisierung.»

    Kotzendes Einhorn: Was ist eigentlich in Frankreich los?

    All Cops Are Staatsgewalt

    June 3rd, 2016

    Die Polizei, ihre Rolle, Politik & PR

    Fünf Kurzmeldungen im Lokalteil, fünf davon Polizeimeldungen. Auch sonst auf allen Kanälen: die Polizei hat dies verhindert, jenes aufgedeckt, sie vermeldet, beklagt, warnt. Nachrichten, in denen die Polizei vorkommt, sind mit ihr überschrieben und illustriert. Ganze Meldungen bestehen aus dem, was die Polizei sagt – ihre Sprache, ihre Einschätzung, ihr Selbstverständnis und vor allem ihre Feindbestimmung prägen die öffentliche Berichterstattung: “Fast alle Medien behandelten den polizeilichen Verdacht gegen Beck als mindestens halben Beweis.” (“Hitler-Droge vs. Schreibstoff“) Die Darstellungen der Polizei werden übernommen, abgeschrieben, und auch da, wo sie um- oder ausformuliert oder in viel zu wenigen Fällen durch eigene Recherchen ergänzt werden, werden die Kampfbegriffe und Wortverdrehungen der Staatsgewalts-PR so gewohnheitsmäßig wie sorglos verwendet: was “militant” heißt, wann etwas “vereinzelt” geschah, wer überhaupt Agierende und Reagierende sind, wer zum Handeln gezwungen war und wer es sich aussuchte, was sich “notwendig machte”, überhaupt, daß die Übersetzung des Geschehens in Straftaten und umsichtiges, rationales Polizeihandeln als finales Urteil fungiert. Die Polizei ist sogar da, wo sie gar nicht erwähnt wird, wenn es etwa heißt: “Es wird ermittelt.”

    Im Unterhaltungsprogramm dann fiktive Polizeiserien, reale Polizeiserien, lustige Polizeiserien, ernste Polizeiserien, amerikanische Polizeiserien, deutsche Polizeiserien, britische Polizeiserien – und manchmal auch eine ganz kritische, hochgelobte Serie, in der die Polizei ständig an ihrer Arbeit gehindert wird: “The Wire – der gute kleine Lauschangriff”. Die Darstellungen liefern jede Menge Einübung in erwünschtes Verhalten und den richtigen Blickwinkel: die Polizei einfach so in die Wohnung lassen, ausführlich mit ihr reden; wer nicht redet, ist schon verdächtig; die Polizei durchschaut alles, kommt immer letztlich dahinter und faßt den Täter. Die Parteilichkeit setzt sich in alle möglichen politischen und sozialen Themengebiete fort: Polizei nicht so schlimm wie Verfassungsschutz im NSU-Skandal, Polizei im Kampf gegen Drogenbanden usw. usf. Auch ein großer Teil der Empörung über die Einstellung von Wachpolizisten und das Vorgehen von Bürgerwehren, wie jüngst in Arnsdorf, folgt einfach der Polizeiperspektive: nur sie darf und kann das richtig machen – und so, daß weniger auffällt, und wenn doch, dann so, daß es besser gedeckt werden kann.

    Wie weit die Zustimmung zur Polizei und damit auch die Naivität und Parteilichkeit ihr gegenüber reichen, läßt sich etwa an den regelmäßig vom GfK-Verein durchgeführten Studien zum “Vertrauen in die Institutionen” ablesen – nach wie vor liegt die Polizei hier mit Abstand vorn:

    Wenn etwas so omnipräsent, selbstverständlich, bedeutungs- und zwecksetzend vorkommt, wenn gleichzeitig auch kritische Stimmen dessen Terminologie (“es kam zu Auseinandersetzungen”) und oft auch Logik nutzen (“unverhältnismäßige Polizeigewalt”), in ihrer Ablehnung zwischen Parolen über Vergewaltigung unehelicher Kinder sowie verschiedener Huftiere und dem so sympathischen wie hilflosen “BRD, Bullenstaat, wir haben dich zum Kotzen satt” verharren, lohnt es, einen Blick auf seinen Ursprung, seine Geschichte zu werfen.

    Geschichte und Funktion

    Polizei ist eine Einrichtung der modernen kapitalistischen Gesellschaft zum Schutz ihres rechtlichen Kerns: des Privateigentums an den Produktionsmitteln, darüber hinaus zur Aufrechterhaltung der gesamten Eigentumsordnung und zur Kontrolle des öffentlichen Raums. In gewisser Weise stellt die Polizei diesen Raum und diese Ordnung selbst her, nötigenfalls mit Gewalt. Zu diesem Zweck ist die Polizei mit dem Gewaltmonopol im öffentlichen Raum ausgestattet – das heißt, diese Stelle, wenn immer alle “Ey!” schreien, das ist der Moment, in dem die Polizei ihre Kernbefugnis zur Geltung bringt: wenn sie das macht, was sie darf und alle anderen eben nicht. Aufgrund ihrer Rolle übernimmt die Polizei auch andere soziale Funktionen, die ihre Machtposition ausbauen, ihr Informationen verschaffen und sie noch selbstverständlicher erscheinen lassen.

    In seinem Text zum Ursprung der Polizei (“Origins of the police”) geht David Whitehouse zunächst auf dieses Mißverständnis ein. Die Polizei ist nicht dazu da und nicht dafür nötig, Verbrechen aufzuklären: “Der häufigste Weg, ein Verbrechen aufzuklären, bestand vor wie seit der Erfindung der Polizei darin, daß jemand sagt, wer es begangen hat.” Die Aufklärungsquote durch Anzeige bzw. Verpfeifen ist denn auch kaum irgendwo so hoch wie in Deutschland. “Die Polizei wurde vielmehr dazu eingerichtet, großen, widerspenstigen Mengen zu begegnen. Das waren zunächst Streiks in England, Unruhen in den US-Nordstaaten und Sklavenaufstände in den Südstaaten. Die Polizei ist eine Antwort auf Menschenmengen, nicht auf Verbrechen.”

    “Es gibt das Gesetz … und es gibt das, was die Cops machen”, so Whitehouse weiter. “Das Gesetz beinhaltet wesentlich mehr Vorschriften, als tatsächlich zur Anwendung kommen, was bedeutet, daß ihre Durchsetzung immer selektiv ist. Das wiederum heißt, daß die Polizei sich immer aussucht, welchen Teil der Bevölkerung sie ins Visier nimmt und entscheidet, welchen Teil ihres Verhaltens sie beeinflussen will. Es heißt auch, daß Cops ständig Gelegenheit zu Korruption haben.”

    Sich bei ihnen beliebt zu machen oder ihnen Vorteile zu verschaffen, kann vor Verfolgung schützen. Es gibt z.B. immer den Dealer, bei dem die Cops selbst ihre Drogen kaufen. Es gab in den 90ern an der polnischen Grenze die Gelegenheit, beim Zigarettenschmuggel mitzuwirken. Und in meinem “konkret”-Artikel hatte ich bereits erwähnt, wie Crystal Meth sich nach seiner “Komplettillegalisierung in den von Bundesgrenzschutz und -polizei kontrollierten Grenzgebieten in Sachsen und Franken festgesetzt hat und von dort aus in den Rest des Landes geschwappt ist”. Damit wollte ich dazu anregen, bei der Betrachtung einer Situation, in der Polizeikräfte erst mit intensiver Repression ganze regionale Drogenmärkte austrockneten, auf denen sich dann eine andere Substanz zügig und wenig behelligt ausbreiten kann, eben nicht die Darstellung dieses Hauptakteurs, den Mythos von der rätselhaften Ausbreitung der “neuen Modedroge aus Tschechien”, einfach zu übernehmen. Auch sollten die sozialen Implikationen in Betracht gezogen werden, die es hat, wenn Jugendliche ihr Gras, Speed oder E nicht mehr vor allem beim Hippie, Linken oder Migranten kaufen gehen, der sich im Zweifelsfall vor der Polizei verbirgt und ihr nicht wohlgesonnen ist, sondern nun in vielen Gegenden nur noch den zumindest von Teilen der Polizei gedeckten Nazi oder Fußballschläger vorfinden, der ihnen lieber Meth verkauft und zum Abbau des entstehenden Aktivitätsdrangs empfiehlt, Hippies, Linke und Migranten zu terrorisieren.

    Aus ihrer Rolle ergeben sich also für die Polizei Handlungsspielräume, die sie aus ihrer Parteilichkeit heraus wiederum spezifisch füllt. Häufig verbindet sie sich dort, wo es außer ihr keine wirksame Kontrollinstanz gibt, mit dem organisierten Verbrechen.

    Auch beginnt Verfolgung und Bestrafung nicht erst, wenn nach dem Gesetz eine Verurteilung erfolgt ist, sondern, so Whitehouse, “in dem Moment, in dem die Cops jemanden anfassen. Sie können jemanden festhalten und sogar einsperren, ohne überhaupt Anzeige zu stellen. Das ist Bestrafung, und das wissen sie. Und da sind wir noch nicht bei den körperlichen Mißhandlungen, die einem widerfahren können, oder den Möglichkeiten, wie sie jemanden auch ohne Verhaftung bearbeiten können.” Wer am Rande von Demos schon mal festgesetzt oder anderweitig getriezt wurde, kennt das Spiel. “Cops kommandieren also jeden Tag ohne gerichtliche Anweisung Leute herum und bestrafen jeden Tag Menschen ohne Gerichtsurteil.” Im Unterschied zum Gesetz selbst befassen sich Cops “mit Menschenmengen, Wohnvierteln, anvisierten Teilen der Bevölkerung – alles kollektive Einheiten. Sie mögen das Gesetz anwenden, um dies zu tun, aber ihre allgemeinen Richtlinien erhalten sie in der Form von Vorgaben ihrer Vorgesetzten oder aus ihrer Berufserfahrung. Die Direktiven haben regelmäßig offen kollektiven Charakter – etwa die Kontrolle über ein widerspenstiges Viertel zu erlangen. Die Polizei beschließt, das zu tun, und dann schauen sie, welche Gesetze sie dafür zur Anwendung bringen können.” Im Falle etwa der linken Berliner Szenetreffs in der Rigaer Straße reichten für Razzien mit Hunderten Cops auch einzelne Vorfälle in ihrer Nähe – oder einfach ein Besuch der Gewerbeaufsicht.

    “Das ist die Bedeutung all der ‘Null Toleranz’-Strategien und ‘Broken Windows’-Konzepte”, erklärt Whitehouse: “Das Ziel besteht darin, eine Masse von Menschen dadurch einzuschüchtern und unter Kontrolle zu bringen, daß gegen wenige von ihnen vorgegangen wird.”

    Politischer Akteur

    Praktisch-politisch bedeutet das alles, daß abgesehen von fortgeschrittenen revolutionären Situationen die Polizei größtenteils auf der Seite derer steht, die die staatliche Ordnung verteidigen, durchaus auch vorwärtsverteidigen, und daß sie sehr parteiisch und im Rahmen der verfügbaren Mittel rigoros, oft auch verdeckt gegen diejenigen vorgeht, die diese Ordnung ablehnen oder offen infragestellen.

    Noch mal aus meinen “konkret”-Artikel: “Um die von der Polizei verhängten »Gefahrengebiete«, zu denen” – neben der Rigaer Straße – “auch der Berliner Nollendorfplatz, an dem Beck gefilzt wurde, gehört, geht es ebensowenig wie um die Frage, ob die mit Gegnern eines drogenliberalen, bekennend schwulen, proisraelischen und Anti-Putin-Grünen durchsetzte Polizei mit ihrem gezielten Zugriff direkt vor drei Landtagswahlen einmal mehr als politischer Akteur aufgetreten ist.”

    Als würde sie überall gegen sich selbst kämpfen, werden den Menschen, gegen die die Polizei vorgeht, Kommandostrukturen unterstellt – was ganz im Sinne des Vorgehens gegen Einzelne zur Abschreckung vieler ist und lange Tradition hat: “Diese „Drahtzieher“-Logik entspricht, wie sich Rosa Luxemburg 1906 mokierte, dem polizeilichen Blick, dem es scheint, “als sei die ganze moderne Arbeiterbewegung ein künstliches, willkürliches Produkt einer Handvoll gewissenloser ‘Wühler und Hetzer’”. (“Verschwörung gehört zum Normalbetrieb“)

    Und so folgt eine Willküraktion auf die andere: Wenn sich jemand in irgendeiner Form der Polizei widersetzt, gegen sie juristisch vorgehen will, sich nach ihrer Dienstnummer erkundigt, aufrührerisch in der Nähe herumsteht oder einfach nicht “kooperiert”, bekommt er ein Verfahren wegen “Widerstands gegen die Staatsgewalt” (Drohung im Polizeijargon: “dann machen wir einen Widerstand”). Wenn die Polizei mit den Ermittlungen nicht weiterkommt, wird die Wohnung eines Fotojournalisten durchsucht und sein Rechner beschlagnahmt. Wenn sie einem antifaschistischen Pfarrer etwas anhängen wollen, stürmen sie seine eigentlich geschützte Pfarrer-Dienstwohnung im Nachbarbundesland. Wenn sie gegen Linke anderswo vorgehen wollen, benutzen sie Nazis als Zeugen und deren Feindaufklärungsfotos als Beweismittel. Und wenn der Polizei ein Transparent nicht paßt, weil darauf ihr Staat als “mieses Stück Scheiße” beschimpft wird, kassiert sie’s ein und leitet Verfahren gegen alle ein, die darum herumstehen – auch wenn jede Rechtsgrundlage für die Verfahren fehlt und sie kurz darauf eingestellt werden, kann sie’s ja mal versuchen.

    Wenn die Polizei beschlossen hat, gegen eine Demo vorzugehen, nimmt sie ggf. alles mit, was noch im Weg steht. Die Polizei legt fest, wer wann und wo demonstriert, welche Auflagen vorher laut vorgelesen werden müssen, wann sich die Demo wie schnell bewegt und wann sie stehenbleibt, wie die Beteiligten gekleidet sind, wie groß ihre Transparente sind, und in vielen Fällen auch, wann und wo die Demo endet bzw. wann und wo sie möglicherweise stundenlang eingekesselt wird – das heißt, die Polizei kann das alles tun, wenn sie es will. Und wenn sie es nicht so genau mit all dem nimmt, kann sie, wie am 1. Mai in Plauen, Hunderte, die sich brüllend in aller Deutlichkeit zum Nationalsozialismus und seinen Methoden bekennen, mit Pyrotechnik und Vermummung durch die Stadt ziehen lassen.

    Für die Verfolgung von Antifa und Nazis gelten verschiedene Vorannahmen, verschiedene Vorgehensweisen, verschiedene Sprachregelungen – die Beispiele sind unerschöpflich, hier nur mal zwei kleine Sammlungen.

    Wenn ein Nazi aus einer linken Kneipe fliegt, ruft er die Polizei und die stürmt sie. Jürgen Roth schreibt: “Bei der Polizei in Sachsen gibt es etwa einen strukturellen Rassismus. Das zeigt sich daran, wie beherzt die Polizei gegen Linke vorgeht – und mit den Rechten Bier trinkt.”

    Besonders deutlich wird die Parteilichkeit bei Demonstrationen: “Etwaigen hör- oder sichtbaren Protest entlang der NPD-Route unterband weitgehend die Polizei”, heißt es über den 1. Mai in Schwerin. Im Kessel wurden Protestierende acht Stunden lang “ohne Rechtsgrundlage“ festgesetzt: “Es gab kein Trinkwasser – dafür Begleitung beim Toilettenbesuch.”

    Am selben Tag in Bochum brach die Polizei einem Gegendemonstranten den Arm und verhöhnte ihn dann: “Die meinten, es wäre doch meine eigene Schuld. Was würde ich denn auch sonntags auf eine Demo gehen. Da hätte ich doch lieber wie alle anderen Menschen schön zuhause bleiben sollen. Mir wurde da also mein Demonstrationsrecht abgesprochen. Wie gesagt, selber schuld, war deren Motto.”

    Danny Marx titelt seinen Bericht über die Proteste gegen den Bundesparteitag der AfD in Stuttgart am Vortag gleich “Mit Polizeigewalt für die AfD” und nennt die Cops “vermummte Gewalttäter in Uniform”. Seine Schilderung ist drastisch: “Den Kessel etablierten sie mit Schlägen und Tritten, obwohl sich die Blockade nicht wehrte und auch die Polizist*innen nicht angegriffen wurden.” Er geht auch explizit auf die Rolle der Polizei-PR ein: “Die Behauptung die Aktivist*innen hätten die Polizei mit Leuchtraketen beschossen ist eine Lüge. (…) Die Polizei gibt unverzüglich der Presse folgendes bekannt: Aus dieser Gruppe heraus wäre es zu Angriffen auf Polizist*innen gekommen. Unter anderem wäre die Polizei mit Pyrotechnik, Eisenstangen und Holzlatten angegriffen worden. Das ist eine Lüge, die später von fast allen Medien aufgegriffen wurde. Zu keiner Zeit gab es von dieser Gruppe aus eine Auseinandersetzung mit der Polizei.”

    Sein Bericht fährt fort: “Die Polizei gab ihr bestes, die Rechten Funktionäre mit einer größtmöglichen Gewalt durch die Kundgebung zu prügeln. Pfefferspray und Pferde wurde immer wieder eingesetzt. Die Frage darf aufgeworfen werden, ob die Polizei bei all den Absperrungen bewusst den einzigen Eingang für die AFDler direkt neben die Kundgebung ihrer Gegner*innen legte. Der Ort der Kundgebung war übrigens auch von der Polizei festgelegt worden. Viele andere Wege zur Messe wurden von der Polizei bekanntermaßen mit Nato-Draht abgesperrt. (…) Aktivist*innen aus München berichten von besonders perfiden Methoden. Zwei von ihnen mussten mehrere Stunden an einer Wand stehen. Dabei wurden sie an den Händen und Füßen gefesselt. Sie wurden angeschrieen, gedemütigt und auch immer wieder geschlagen. Die Polizei wird in ihrer Pressemitteilung all das natürlich nicht erwähnen. Stattdessen schreiben Sie davon, dass die Gefangenen alle ordentlich versorgt wurden. Eine dreiste Lüge. Von einer umfassenden medizinischen Versorgung kann keine Rede gewesen sein. Eine Aktivistin berichtete davon, dass ihr der Zugang zu Tampons untersagt wurde, obwohl sie eindeutig erkennbar ihre Tage bekam als sie in der Zelle saß.”

    Förderung des radikalen Nationalismus

    Immer wieder bildet die Polizei die äußere Front des “tiefen Staats”, der radikal nationalistische und faschistische Strukturen aufbaut, ausbaut, deckt und ihnen zur Macht zur verhelfen versucht. Als die Polizei in Berlin sich 2013 mal strategisch äußerte, klang das etwa schon stark nach dem Schlachtplan der nationalistischen Mobilisierung seither: “gegen Zecken, Dealer und Asylanten”.

    Zusammen mit anderen Erzählungen und Vorannahmen entstand im letzten Jahr der Mythos vom spontanen Ausbruch des Volkszorns angesichts der “Flüchtlingskrise”, die doch zuallererst eine Rassismus- und Polizeikrise war – die AfD war lange vor der Grenzöffnungs-Episode gegründet und noch direkt vorher im Juli nach rechts gerutscht; die Polizei hatte das Feld bereinigt; die offenbar weiterhin gedeckten Nazi-Terrorstrukturen waren überall schon am Start. Der zähe Fortgang der Untersuchungen zum NSU legt nahe, daß dessen Umfeld eng mit Sicherheitsorganen verdrahtet und nach wie vor aktiv ist.

    Aktuell fördert und stützt ein regional sehr großer Teil der Polizei offenbar aus Überzeugung den Aufstieg des am ehesten erfolgversprechenden Teils der nationalistischen Mobilisierung (so wie sie vorher im kleineren Rahmen andere Teile bereits unterstützt hatte), gegen deren Gegner geht sie gleichzeitig oft brutal und auf persönlicher Ebene vor, aber auch mit den offener nationalsozialistisch auftretenden Gruppen gibt es zuweilen Konfrontation.

    Es ist daher kein Zufall, daß die erste Ausgabe der “Compact”, die auf der Titelseite offen für Frauke Petry als bessere Kanzlerin warb, in der Frontscheibe eines Polizeifahrzeugs während einer AfD-Kundgebung zu sehen war. Und egal, ob die Leserbriefe und Hetzartikel in der “Compact”, die von Polizisten stammen sollen, authentisch sind oder nicht – sie sind ohne weiteres glaubwürdig und es ist völlig klar, warum sich Nationalisten an die Polizei ranwanzen und dabei gute Chancen ausrechnen. (Siehe etwa die Drohung der Polizeigewerkschaft, AfD zu wählen.)


    Mittlerweile im Landtag: Bereitschaftspolizist von der AfD

    Begleitend wird auch die Arbeit der Presse systematisch behindert: “Kaum ein Aufmarsch oder Konzert vergeht, an dessen Rand die Journalist_innen sich nicht gegen polizeiliche Zurechtweisungen wehren müssen, um ihrer Arbeit nachgehen zu können.”

    Aber auch die Staatsgewalt ist kein monolithischer Block. Es gibt offenbar Teile, die dem eigenen Idealbild folgend Reformen etwa der BtmG-Verfolgung anstreben und “Exzesse” zu unterbinden versuchen, auch wenn meist schwer zu unterscheiden ist, ob es sich dann nur um exemplarische Bestrafung zur Deckung des ganzen Rackets handelt. Wenn etwa mal ein Polizist nicht aufpaßt, wer ihn gerade bei Drohungen und Gewalt gegen Kinder filmt (und die Kamera nicht beschlagnahmt oder beschädigt), dann wird seine Dummheit eventuell mit Disziplinarverfahren bestraft.

    Schlüsse

    Die Variable ist also gar nicht, daß die Polizei das tut, was sie nunmal tut, sondern auf wieviel Widerstand sie dabei trifft bzw. wie bereitwillig oder gar vorauseilend sich die Gesellschaft von der Polizei zu ihrem Gegenstand machen läßt. Nur indem sich die Gesellschaft der Kontrolle und den Maßnahmen entzieht oder widersetzt, werden der staatlichen Gewalt und der Polizei Grenzen gesetzt, nur so kann ihr Einfluß und ihre Macht zurückgedrängt werden. Nur indem sich von der Polizeiperspektive gelöst und ihr unabhängige Recherche und Strukturen entgegengestellt werden, kann das polizeiliche “Wahrheitsmonopol” (Dirk Stegemann) gebrochen werden. Nur indem der Einschüchterung durch Solidarität begegnet wird, kann die Strategie der Abschreckung aller durch Verfolgung Einzelner durchkreuzt werden. Dafür liefert derzeit Frankreich zahllose beeindruckende Beispiele.

    Von der Polizei anderes zu erwarten, ist naiv und zeugt von einem idealistischen Staatsverständnis, indem es gar nicht ums Eigentum geht und die Rolle der Polizei nicht daraus erwächst. Sie wiederum einfach der Arbeiterklasse zuzuschlagen, übergeht ihre Besonderheit: ihren Auftraggeber und den Zweck ihrer Tätigkeit. Diese Tätigkeit jedoch nicht auch als Arbeit zu verstehen, trägt dazu bei, die Polizei als übermächtigen Monolithen vorzustellen. Zu glauben, daß selber friedlich zu bleiben, die eigene Friedlichkeit zu betonen und wie ein moralisches Schild vor sich herzutragen, irgendwas daran ändert, ob die Polizei einen von der Straße räumt, aus dem Weg schubst oder ggf. festnimmt, läßt einen nur in die Falle gehen. Auf die Frage “Wir sind friedlich, was seid ihr?”, hat die Polizei mit ihren Schlagstöcken, Pfefferspray-Gewehren, Wasserwerfern und Handschellen eine recht eindeutige Antwort.

    Wer gegen “unverhältnismäßige Polizeigewalt” auftritt, spricht sich im Umkehrschluß für die verhältnismäßige aus, welche die Polizei ihrem Selbstverständnis nach “bis auf wenige bedauerliche Einzelfälle und Ausnahmen” ja auch ausdrücklich anwendet. Besser ist, Zusammenhänge aufzubauen, die sich gegen die Schikane schützen und in der Tendenz die sozialen Funktionen der Polizei (wieder) selbst übernehmen. Auch das historische Beispiel, das Whitehouse hierzu anführt, stammt aus Frankreich:

    «Als die Arbeiter von Paris 1871 für einige Monate die Stadt übernahmen, richteten sie eine Regierung unter der alten Bezeichnung Kommune ein. Die Anfänge sozialer Gleichheit in Paris verringerten den Bedarf an Repression und erlaubten den Kommunarden Versuche, die Polizei als separate Staatsgewalt, getrennt von der Bevölkerung, abzuschaffen. Die Leute sollten ihre eigenen Beamten für öffentliche Sicherheit wählen, die ihnen gegenüber verantwortlich blieben und jederzeit wieder abberufbar sein sollten.»

    Solidarität mit dem Klassenkampf in Frankreich!

    June 1st, 2016

    Spätestens seit gestern in der Tagesschau das Geschehen in Frankreich in einem 15-Sekunden-Beitrag über den Bahnstreik und die Einschränkungen für die Fahrgäste erledigt wurde, als wäre sonst nichts passiert – als gäbe es nicht fast Generalstreik, als wären nicht alle Raffinerien und die meisten Atomanlagen blockiert, als käme es nicht seit Wochen zu umfangreichen militanten Demos und Aktionen überall im Land, um gegen den Notstand und das neue Arbeitsgesetz zu protestieren, als wäre dagegen nicht eine brutale Repression im Gange – stellen sich mir diese ernstgemeinten Fragen:

    Wie sieht das eigentlich aus hier – gibt es denn sonst größere Reaktionen? Was gibt es über FAU und RASH hinaus an Solidaritätserklärungen? Was machen die radikaleren Gewerkschafter, die klassenkämpferischen Linken? Sind bislang wirklich nur die knapp 300 Leute am Wochenende in Berlin auf die Straße gegangen?

    Hier mal ein Überblick zur aktuellen Lage: bis zum 14. Juni weniger Demos geplant, dafür noch mal Ausweitung der Blockaden und Streiks, vor allem im Transportwesen und im Flugverkehr.
    Nachdem der Senat gestern die 35-Stunden-Woche gekippt hat, sind nun auch wieder die meisten Atomanlagen blockiert. Unterdessen sieht die Industrie in den Streiks den Islamostalinismus aufmarschieren.

    Guillaume Paoli wies in seinem Artikel “Da musst du durch” sehr richtig darauf hin, was für Auswirkungen solch entfalteter Klassenkampf auch auf andere gesellschaftliche Entwicklungen, namentlich die nationalistische Mobilisierung haben kann:

    «Es wird oft behauptet, dass die Alternative für Deutschland ein Sprössling der Agenda 2010 sei. Das mag insofern stimmen, als die sogenannten Reformen mit dem Mantra verkauft worden waren, es gebe eben keine Alternative. Doch könnte sich diese Situation ändern. Da ist auch ein Blick auf die momentane Lage in Frankreich lehrreich. Bis dato gab sich der Front National als Hüterin der Entrechteten (vorausgesetzt, sie haben die richtige Hautfarbe).
    Die Bewegung gegen das Arbeitsgesetz hat aber ihr wahres Gesicht entlarvt. Jetzt wettert der Front National gegen Demonstranten und Streikende. Ohne zu zögern, hat er sich der wirtschaftsliberalen Reaktion angeschlossen. Zweifelsohne würde eine soziale Bewegung in Deutschland (an Wunder muss man glauben) dieselbe Wirkung auf die AfD haben. Die im Kern neoliberale Partei würde sich gegen die Benachteiligten unter ihrer Klientel wenden. Immerhin das wäre nun mal geklärt.
    »

    Schon daß dieser Gedanke in Deutschland überhaupt mal wieder aufkommt, spricht für die enorme Vorbildwirkung der französischen Aktionen…




    Schild sagt: “Licht an”, heißt aber auch “Feuer an”; Überblick über das Arbeitsgesetz; der Schriftzug: “Unter der Sturmhaube der Chaoten deine Schwester”

    Video: deutscher Aufruf zur Großdemo in Paris am 14. Juni, wenn die EM schon begonnen haben wird.

    Summary talk on my Rausch concept

    May 27th, 2016

    In this video, I sum up my concept of Rausch as an ability of every nervous system, I talk about its relation to domination and capitalism and its potential for overcoming them. It’s a must see for everyone who wants to understand why I insist we need to stop focussing on drugs and need to start talking about what happens in the brain and body – and why.

    (In case Youtube doesn’t work: try here.)

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