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Sonntag, 23. Oktober 2016

Die türkische Haltung gegenüber dem «IS» ändert sich zögerlich und bleibt fragwürdig.

Die Frage nach den Beziehungen zwischen der türkischen Regierung und dem sogenannten „Islamischen Staat“ wird von unterschiedlichen Seiten sehr unterschiedlich beantwortet. Es ist wohl einer der umstrittensten Fragen im Themenkomplex der türkischen Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten. Während Stimmen, die der türkischen Regierung nahestehen, jegliche Verbindung mit dem „IS“ als absurd weg reden, behaupten linke und kurdische Akteure aus der Türkei eine tiefe, intensive und bis heute bestehende Zusammenarbeit zwischen der türkischen Regierung und dem „IS“. So sind viele Berichte über diese Frage durch die politische Zugehörigkeit der AutorInnen sehr selektiv, so dass nur die Fakten und Erkenntnisse einbezogen werden, die die eigene, im Vorfeld feststehende, Meinung untermauern. Die Aspekte, die eine differenziertere Perspektive nötig machen würden, werden so vielfach einfach weggelassen. […]

Weiterlesen: Türkei und «Islamischer Staat» (Rosa-Luxemburg-Stiftung, 18. Oktober 2016)

“Er ist ein wichtiger Lieferant für Nachrichten aus Syrien und der Türkei. Jetzt hört Ismail Küpeli auf – weil er den Nachrichten aus den Krisenregionen nicht mehr traut. Aufgrund der Gefahren sind immer weniger Reporterin den umkämpften Gebieten. Doch wer soll berichten, wenn niemand mehr vor Ort ist?”

detektor.fm-Interview: Wenn man den Quellen nicht mehr traut (6. Oktober 2016)

“Der Politikwissenschaftler und Journalist Ismail Küpeli erklärt, wie Konflikte aus der Türkei unmittelbar nach Deutschland überschwappen.”

Correctiv-Interview über türkische Konflikte hierzulande (4. Oktober 2016)

“Die Mitglieder des DJV Baden-Württemberg haben sich über die Lage türkischer Journalisten am vergangenen Samstag, am 17. September, aus erster Hand von Ismail Küpeli informieren lassen. Er ist Politikwissenschaftler und Journalist. Er analysiert die Konflikte in der Türkei und im Nahen und Mittleren Osten. Er schreibt für Tages- und Wochenzeitungen, Zeitschriften und Onlinemedien. Nach der Veranstaltung beim DJV Baden-Württemberg hat sich Heinrich Rudolf Bruns mit Ismail Küpeli unterhalten.”

Kritischer Journalist in der Türkei? Ein gefährlicher Job (20. September 2016)

Es schien, als sei die Zeit der Militärputsche in der Türkei abgelaufen. Der 15. Juli 2016 versuchte das Gegenteil zu beweisen und scheiterte. Trotzdem ist die parlamentarische Demokratie de facto ausgesetzt.

Militärputsche und Putschversuche sind in der türkischen Geschichte keine Seltenheit. Das Militär verstand sich als Bewahrer der Türkischen Republik und ergriff 1960, 1971 und 1980 die Macht. Zuletzt fand 1997 ein «sanfter Putsch» der Militärs statt, als sie eine Regierung unter Führung der islamischen Refah-Partei zur Auflösung forcierten. Anders als in den früheren Putschen ergriffen die Militärs 1997 nicht direkt die Macht, sondern beschränkten sich darauf, die Refah-Partei von der Regierungsführung zu drängen. Dies schien darauf hin zu deuten, dass die Zeit der Militärputsche abgelaufen ist und in Zukunft weniger wahrscheinlich sein würde.

Nur wenige Jahre später (2002) kam mit der islamisch-konservativen AKP eine der Refah-Nachfolgeparteien an die Macht. Die AKP hat, um sich das Schicksal der Refah-Partei zu ersparen, die politische Macht und die Eigenständigkeit der Armeeführung systematisch eingedämmt. In großen Schauprozessen ab 2007 wurden vermeintliche Putschpläne der Militärs zum Anlass genommen, hunderte Militärs festzunehmen. Die Armeeführung wurde unter AKP-Kontrolle gebracht und so die Gefahr eines erfolgreichen Putsches weitgehend ausgeschlossen. In den Folgejahren waren sich politische BeobachterInnen weitgehend einig darin, dass es so bald nicht zu einem Putsch oder Putschversuch kommen würde. Für fast 10 Jahre schien diese Prognose zu stimmen. […]

Weiterlesen: Putschversuch und Staatsstreich in der Türkei (Rosa-Luxemburg-Stiftung, 29. Juli 2016)

Die ArbeiterInnenbewegung in der Türkei stand schon vor dem Putschversuch unter Druck. Seit der Niederschlagung der Gezi-Proteste im Sommer 2013 geht die türkische Regierung repressiv gegen alle sozialen Bewegungen vor – da ist die ArbeiterInnenbewegung nicht ausgenommen. Deutlich sichtbar wird dies bei den traditionellen 1.-Mai-Demonstrationen am Taksim-Platz in Istanbul, die seitdem verboten und von der Polizei gewaltsam unterbunden werden. 2015 griff die Polizei die 1.-Mai-Demonstration mit Wasserwerfern, Tränengas und Gummigeschossen an, nahm hunderte Menschen fest und verhinderte so, dass die ArbeiterInnen zum Taksim-Platz gelangen konnten. Erschrocken von der Eskalation haben die Gewerkschaften 2016 darauf verzichtet, dem Demonstrationsverbot am Taksim-Platz zu trotzen. […]

Weiterlesen: Neues Deutschland (26. August 2016)

Die nordsyrische Stadt Dscharabulus ist strategisch wichtig – sowohl für die Türkei, als auch für Kurden

Allein der Zeitpunkt der türkischen Offensive auf die nordsyrische Stadt Dscharabulus macht deutlich, worauf die türkische Regierung abzielt. Dscharabulus wurde 2013 vom »Islamischen Staat« (IS) erobert und wird seitdem von der Terrormiliz kontrolliert. Dies hatte zu keiner militärischen Reaktion seitens der Türkei geführt. Die Lage jetzt ist eine andere. Kurdische Kräfte haben weite Gebiete in Nordsyrien unter ihre Kontrolle gebracht und standen kurz davor, Dscharabulus ebenfalls von der IS-Herrschaft zu befreien. Mit der jetzigen Militäroffensive versucht die türkische Regierung, den kurdischen Kräften zuvorzukommen. […]

Weiterlesen: Neues Deutschland (24. August 2016)

Noch vor wenigen Jahren hätte sich kaum jemand in der Türkei vorstellen können, dass sich der Kampf um die Presse- und Meinungsfreiheit so stark mit dem Namen Can Dündar verknüpfen würde. Heutzutage ist es wiederum kaum vorstellbar, über die Lage in der Türkei zu sprechen, ohne Dündar zumindest zu erwähnen. Insbesondere in den westlichen Medien ist das Bild eines furchtlosen Helden entstanden, der ganz allein gegen einen übermächtigen Staat kämpft. Die Wahrheit liegt jedoch woanders.

Bis zu seiner Entlassung bei »Milliyet«, einer der auflagenstärksten türkischen Tageszeitungen, im Sommer 2013, war Can Dündar nur einer unter vielen liberalen JournalistInnen. Der Grund für seine Entlassung bei dem Mainstream-Massenblatt war, dass er in seiner Kolumne positiv über die Gezi-Bewegung und kritisch über die AKP-Regierung geschrieben hatte. […]

Weiterlesen: Neues Deutschland (20. August 2016)

45 Zeitungen, 16 Fernseh- und 23 Radiosender ließ Recep Tayyip Erdoğan infolge des Putsch­versuches schließen. Mehr als 60 000 Menschen mussten ihre Ämter räumen. Viele Türken unterstützen ihren Präsidenten trotzdem. Warum?

chrismon: Wie groß ist die Zustimmung für Erdoğan unter den Türken in Deutschland?

Ismail Küpeli: Sie ist beträchtlich. Bei Wahlen erreicht die AKP, Erdoğans Partei, in der Türkei 40 Prozent, unter den Türken in Deutschland deutlich über 50 Prozent.

Warum?

Auslandstürken wählen extremer. Auch die linksgerichtete, prokurdische HDP bekommt hier mehr Stimmen als in der Türkei. Viele Türken haben eine Sehnsucht nach einem starken Mann, die von deutschen Politikern nicht bedient wird. Und in Deutschland wie in der Türkei sagen viele: “Erdoğan hat das Land stabilisiert.” Tatsächlich wuchs seit dem Machtantritt der AKP 2002 zunächst der Wohlstand.

Weiterlesen: chrismon-Interview: “Die Türkei ist nicht verloren” (September 2016)

Die „Säuberungen“ nach dem gescheiterten Putschversuch in der Türkei erregen viel Aufmerksamkeit in der deutschen Öffentlichkeit und es wird recht ausführlich darüber berichtet. Auch bei früheren Angriffen auf Gülen-nahe Medien, wie etwa im März bei der Beschlagnahme der „Zaman“, der größten Tageszeitung der Türkei, gab es auffällig viel Interesse. Es ist allerdings nicht so, dass dies darauf zurückgeht, dass solche Angriffe auf die Pressefreiheit in der Türkei seltene und deswegen berichtenswerte Ereignisse sind. Allerdings gibt es im jetzigen politischen System der Türkei keine Kraft mehr, die die Pressefreiheit im Lande verteidigen kann und will.

Der gescheiterte Putschversuch am 15. Juli in der Türkei wird von der türkischen Regierung zu einer „Säuberung“ des Staatsapparats und zu massiven Angriffen gegen Medien und Journalist_innen, die der islamischen Gülen-Bewegung nahestehen, genutzt. Durch die Verhängung des Ausnahmezustands sind viele Rechte und Freiheiten eingeschränkt und Festnahmen und Verhaftungen deutlich vereinfacht. In den zwei Wochen nach dem Putschversuch wurden 16 Fernsehsender, 23 Radiosender, 45 Zeitungen, 15 Zeitschriften verboten, dutzende Journalist_innen festgenommen. Über 1500 Institutionen wurden geschlossen, darunter Vereine, Gewerkschaften, Stiftungen, private Schulen, private Universitäten, private Krankenhäuser. Mehr als 80000 Staatsbedienstete sind suspendiert oder entlassen, über 17000 Menschen sitzen noch in Untersuchungshaft. Unter den Betroffenen sind viele Offiziere, Soldaten, Richter und, Staatsanwälte. Diese Verbote, Schließungen, Entlassungen und Festnahmen betreffen hauptsächlich Akteure, die verdächtigt werden, der Gülen-Bewegung nahezustehen.

Linke und Kurden

In den letzten Jahren richteten sich die staatlichen Angriffe hauptsächlich auf die regierungskritischen linken und kurdischen Medien. Mitarbeiter_innen von linken kurdischen Zeitungen wurden verhaftet oder Opfer von Morden, bei denen die Täter nie ermittelt wurden. […]

Weiterlesen: Menschen Machen Medien (16. August 2016)

Rasant scheint die Türkei sich von der Demokratie verabschieden zu wollen. Und obwohl Erdogan immer stärker konservative Werte propagiert und sogar Forderungen, wie die der Todesstrafe, aufgreift, applaudieren ihm Millionen Menschen in Istanbul. Doch wie konnte es dazu kommen, dass ein autoritärer Präsident diesen Rückhalt gewann und wer sind seine Unterstützer?

Um zu verstehen, warum der Putschversuch, im Gegensatz zu den zahlreichen erfolgreichen Putschen in der türkischen Geschichte, gescheitert ist, liegt in der spezifischen Art der Machtsicherung, wie sie von der Regierungspartei AKP, unter der Führung von Erdogan, seit etwa zehn Jahren betrieben wurde. Die türkische Regierung schaltete nach und nach alle konkurrierenden Machtblöcke aus. Dabei wurde zuallererst die politische Macht und die Eigenständigkeit der Armeeführung systematisch eingedämmt. […]

Weiterlesen: Neues Deutschland (10. August 2016)

Der Anschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen ist der fünfte große Terrorangriff in der Türkei in diesem Jahr.

Interview bei Aktuelle Stunde (WDR): “Gespaltenes Land: Terror trifft Türkei im Herzen”

Mehrere AnwältInnen haben Strafanzeige gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gestellt. Der Vorwurf: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im kurdischen Cizre. Ein Interview mit der Anwältin Heike Geisweid.

Die Strafanzeige gegen Erdogan bezieht sich auf Kriegsverbrechen in der kurdischen Stadt Cizre. Was ist dort passiert?
Im September 2015 wurden dort 21 ZivilistInnen durch türkische Sicherheitskräfte getötet. Weitere 178 Menschen wurden im Zeitraum von Dezember 2015 bis März 2016 getötet, als die Stadt erneut unter Ausgangssperre gestellt wurde und die türkische Armee Cizre mit schweren Waffen angriff.

Die Nachrichtenlage über den Krieg in der Türkei ist schwierig, JournalistInnen können vielfach nicht aus den umkämpften Gebieten berichten. Auf welchen Quellen basiert Ihr Antrag?

Wir haben uns ganz bewusst auf die Fälle beschränkt, in denen die Menschenrechtsverletzungen gut dokumentiert sind – sowohl durch Fotos und Videoaufnahmen als auch durch Zeugenaussagen.

Weiterlesen: Neues Deutschland (29. Juni 2016)

“Geflüchteten Menschen eine Plattform geben, damit sie ihre Sicht der Dinge mitteilen können in den vielen Debatten, in denen über, aber selten mit Flüchtlingen gesprochen wird: Das hat sich die Medizinische Flüchtlingshilfe (MFH) zum Ziel gesetzt, als sie neulich das zweisprachige (arabisch/deutsch) Medienprojekt „Re: Speech“ ins Leben gerufen hat.

Zunächst erst mal bis zum Jahresende wollen die Flüchtlinge vorwiegend online, aber auch in einer achtseitigen gedruckten Ausgabe über Fluchtursachen, Fluchtrouten und das Leben in Deutschland berichten. Bisher haben sich acht Flüchtlinge aus dem Ruhrgebiet und weitere zehn aus anderen deutschen Städten zu einer Redaktion zusammengefunden. „Weitere Interessierte sind herzlich eingeladen“, erklärt Ismail Küpeli, Koordinator des Projekts. […]”

Weiterlesen: “Projekt aus Bochum will Flüchtlingen eine Stimme geben” (WAZ 16. Juni 2016)

“In dem Vortrag gibt der Referent Ismail Küpeli einen Überblick über türkisch-nationalistische Organisationen in Deutschland und deren historische Entwicklung. Er spricht über die Grauen Wölfe und thematisiert den Aufstieg der türkischen Rechten in Deutschland. Ismail Küpeli ist Politikwissenschaftler und Journalist.”

Veranstaltungsmitschnitt: “Türkischer Nationalismus in Deutschland” (24. Mai 2016)

“Im Rahmen seines Vortrages „Die Welt so nah: Der Krieg gegen die Kurd*innen in der Türkei“ am 19.5. an der Uni Graz trafen wir Ismail Küpeli zum Interview über die aktuelle Situation in den kurdischen Gebieten der Türkei. Wir sprachen mit ihm über die Verwendung des Begriffes „Krieg“, die Quellenlage im Kriegsgebiet, die Rolle der HDP und die Zusammenhänge zwischen Erdogans Politik und dem EU-Türkei-Deal.”

Krieg gegen Kurd*innen in der Türkei – Ein Interview mit Ismail Küpeli

“Diesmal richtete sich der Angriff gegen Polizeibusse – elf Menschen getötet, 36 verletzt. Präsident Erdogan sprach von einem ewigen Kampf ohne Gnade gegen die Terroristen.”
heuteplus-juni2016
ZDF heuteplus: Wieder Anschlag in Istanbul (7. Juni 2016)

“Erdogan wird immer wütender. Der türkische Präsident schreckt inzwischen nicht einmal mehr davor zurück, deutsche Bundestagsabgeordnete regelrecht an den Pranger zu stellen. Grund für die Wut ist immer noch die Armenien-Resolution”wdr-aktuellestundegruen

Aktuelle Stunde-Interview (6. Juni 2016)

Zum Krieg in Syrien und Nordirak, dem Kampf um die kurdische Autonomieregion Rojava und Perspektiven für die Krisenregion im Nahen Osten

Der Zusammenbruch und die Zerschlagung der Demokratiebewegungen in vielen arabischen Ländern wie Ägypten, Libyen und Syrien schienen jenen Stimmen Recht zu geben, für die es im Nahen Osten nur die Wahl zwischen «stabilen» Diktaturen und Chaos gab. Der «Arabische Frühling» von 2011 war 2014 längst in einem «Arabischen Winter» übergegangen, als der so genannte Islamische Staat («IS») seine großen Offensiven im Irak und in Syrien startete. Der Nahe Osten verdunkelte sich unter dessen schwarzer Fahne. Aus der Perspektive der deutschen Linken schien die Region damit für emanzipatorische Projekte politischer und gesellschaftlicher Transformationen verloren zu sein.

Dabei wurde lange übersehen, dass bereits seit 2012 in Nordsyrien etwas entstanden war, das in dieser vermeintlich düsteren und verlorenen Region einen alternativen Weg aufzeigt. Erst der Angriff des «IS» auf Kobanê, einer kleinen Stadt an der türkisch-syrischen Grenze, im September 2014 und die darauf folgende Niederlage der scheinbar unbesiegbaren jihadistischen Miliz gegen die kurdischen Kräfte, deren Namen die wenigsten bis dahin gehört hatten, führten dazu, dass linke Akteure in Deutschland genauer hinschauten. Ohne den Sieg der kurdischen Kämpferinnen und Kämpfer in Kobanê wäre die autonome Region Rojava in Nordsyrien weiterhin bestenfalls ein Thema für Nahost-ExpertInnen geblieben. […]

Weiterlesen: Rojava, ein alternatives Modell für den Nahen und Mittleren Osten?

Der Weg der Türkei weg von der Demokratie wird begleitet von einer Ausschaltung der oppositionellen Medien durch Erdogan. Es sind nur noch wenige kritische Stimmen wahrnehmbar

Ein mediales Thema – der Fall Böhmermann – war das wohl meistdiskutierte innenpolitische Ereignis der Woche. Alle Menschen, die sich damit beschäftigt haben, konnten einen ziemlich nachhaltigen Eindruck davon gewinnen, welches Verständnis der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan von Pressefreiheit hat. Er will dabei offenbar keinerlei Missverständnisse aufkommen lassen. Nach Angaben seines deutschen Anwalts dringt er auf eine Verurteilung des Fernsehsatirikers Jan Böhmermann wegen Beleidigung. Von der Anzeige gegen Böhmermann verspreche sich Erdogan »die Bestrafung des Betroffenen«, sagte sein Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger dem ZDF. Der Präsident wolle zudem erreichen, dass Böhmermann »in Zukunft davon Abstand nimmt, so etwas noch einmal zu tun«.

Weiterlesen: Neues Deutschland (16. April 2016)

Freitag, 21. Oktober 2016

DAS POST-GHADDAFI-LIBYEN IN ZAHLEN

5 Jahre nach dem Tod des Diktators haben sich die ökonomischen Kennzahlen drastisch geändert …

Die internationale Gemeinschaft wird zum machtlosen Zuschauer der Auflösung – bis hin zur Bedeutungslosigkeit –. der sich die 2015 in Marokko von der UNO ins Amt gehievte Regierung der nationalen Einheit ausgesetzt sieht. Jährlich starten von Libyens Küsten mehr als 150.000 Migranten, die bereit sind, ihr Leben im Mittelmeer zu riskieren. Das Erdöl ist nach wie vor die Haupt-Einnahmequelle des Landes. …

Libyen ist eines der dünnstbesiedelten Länder der Welt (3,5 Bewohner pro Quadratkilometer). Die Bevölkerung wuchs während des ganzen 20. Jhd. konstant und auch noch zu Beginn des 21., um dann zu stagnieren. “

Man fragt sich, wie diese Stagnation gemessen wird? Seit Ghaddafis Ableben gab es weder eine Volkszählung noch die Bedingungen dafür. Dafür bedarf es ja irgendwie geordneter Verhältnisse.

„Bis zur Revolution, die die Diktatur Ghaddafis beendete, war Libyen eines der wenigen afrikanischen Länder, die eine positive Migrationsbilanz aufwiesen. Heute, mit der vierfachen Fläche Spaniens, wird seine Bevölkerung auf etwas über 6 Millionen geschätzt“

Aha. Bei der Bevölkerungsstagnation handelte es sich um einen Schätzwert.

„– weniger als die Gemeinde Madrid-Umgebung.

Die Lebenserwartung ist eine der sozioökonomischen Kennzahlen, die nach 5 Jahren der Kämpfe und des Niedergangs am ehesten intakt geblieben ist. Seit 2003 hält sie bei 71 Jahren“

– auch hier wird seit 2011 vermutlich geschätzt …

„und kann sich damit mit einigen europäischen Ländern wie der Ukraine und Weißrußland messen. In Afrika wird sie nur von den Kapverdischen Inseln und einigen anderen Maghreb-Staaten wie Tunesien oder Marokko übertroffen.

Die derzeitige Zerbrechlichkeit (!) Libyens verwandelt seine Wirtschaft in einer der unbeständigsten des Planeten. “

Eine sehr eigenartige Wortwahl.

„Die verschiedenen um die Macht kämpfenden Gruppierungen, der Anstieg von Gewalt und Verbrechen, und das Fehlen jeglicher Sicherheit für ausländische Investoren haben einen scharfen Rückgang des BIP verursacht. Die Weltbank sagt voraus, daß das afrikanische Land ab 2016 in eine dynamische Wachstumsphase eintreten wird, mit jährlich wechselnden zweistelligen Wachstumszahlen.“

!!!

„2011 war Libyen das afrikanische Land mit dem höchsten BIP pro Einwohner. Tausende von Einwohnern aus Staaten südlich der Sahara wanderten in die Ex-Kolonie Italiens aus, um am Bau zu arbeiten.

Heute hat sich das BIP auf das Niveau von 2003 reduziert. “

Das ist angesichts der Lage in Libyen immer noch eine Überraschung – immerhin wird anscheinend noch etwas produziert!

„In den letzten 3 Jahren hat sich das BIP auf ein Drittel reduziert (von 82 Mrd. auf 29 Mrd.)

Die Erdölproduktion war die wichtigste Einkommensquelle während der mehr als 4 Jahrzehnte andauernden Diktatur Ghaddafis, und sie ist es auch heute noch. Die Instabilität und die Machtkämpfe haben zu großen Beeinträchtigungen der Produktion geführt. Dazu gesellt sich noch der allgemeine Preisverfall fossiler Brennstoffe auf dem Weltmarkt.

Die Produktion sank 2011 drastisch, sie erholte sich im folgenden Jahr, seither geht es kontinuierlich bergab. Libyen produziert heute 25 % der Fördermenge von 2008. “
________________________

Es ist ja schon viel wert, daß El País den trostlosen Zustand Libyens überhaupt zum Thema macht. In deutschsprachigen Zeitungen sucht man dergleichen vergeblich.
Dazu mag beitragen, daß der vorherige Libyen-Vermittler der UNO – Bernardino León – ein Spanier war, der schließlich das Handtuch geworfen hat. Sein deutscher Nachfolger Kobler beharrte darauf, die im Ausland zusammengestellte Regierungsmannschaft in Amt und Würden einzusetzen, auf einer gut bewachten Militärbasis außerhalb Tripolis’.
Die größte spanische Tageszeitung will möglicherweise mit diesem Artikel dezent darauf hinweisen, daß diese ganze Inthronisierung ein Schuß in den Ofen war.

Die Ausführung in dem Artikel – das Original enthält auch noch einige Graphiken zu den angegebenen Zahlen, nach dem Motto: es wirkt wissenschaftlicher, wenn ein paar Kurven dabei sind – läßt allerdings erkennen, daß es um die Ursachen der libyschen Misere auf keinen Fall gehen soll. Der „Diktator“ mußte gehen, die darauf folgenden Machtkämpfe mit Granatwerfern und Maschinengewehren sind „Auseinandersetzungen“ und „Dispute“, die zu „Instabilität“ und „Zerbrechlichkeit“ führen.

Der Artikel ist eine Eigenproduktion der Zeitung und von keinem Autor gezeichnet.

In eine ähnliche Kerbe schlägt ein am gleichen Tag erschienener Artikel des Titels: „Libyen, von der Hölle mit Ghaddafi in den Alptraum ohne ihn“.

Die Botschaft ist klar: Die Lage ist ernst, aber vorher war es auf jeden Fall noch schlimmer!

„Die Diplomaten, die seit 2 Jahren versuchen, die streitenden Parteien zu versöhnen, hätten gerne einen libyschen Nelson Mandela mit einer Vision.“

Bei Mandela und Südafrika ging es zwar um etwas ganz anderes, aber auch hier ist klar, was gemeint ist: Die gleichen Akteure, die vorher alles gemacht haben, um den bösen Diktator mit allen Mitteln über den Jordan zu schicken, hätten jetzt gern einen Deus ex machina, den sie an seiner Stelle einsetzen könnten und der ihnen aus der Hand frißt.
Dazu kommen noch weitere hochkarätige Ansichten der Diplomaten, die sich rund um Libyen wichtig machen:
„Man kann von Islamisten und Anti-Islamisten reden“

– um die Sache weiter zu vernebeln, weil wer wären die eigentlich?

„aber die wahre Schlacht in Libyen spielt sich um Geld und Macht ab.“

Na so was! Wer hätte das gedacht?!

Mit einem Wort, in Libyen nichts Neues, trotz wiederholter Bombardements, einer wohlbehüteten Marionettenregierung und jeder Menge diplomatischer Hektik. Dazu noch luftige Prognosen der Weltbank, die mit Schönwetter winkt und sich dabei völlig lächerlich macht.
_________

Zur Installierung dieser Regierung, die keine ist:

MACHTLOSE MARIONETTEN (20.1. 2016)

Vorgeschichte:

DIE ABSCHLACHTUNG GADDAFIS (26.10. 2011)

Die Zerstörung Libyens: EIN KOLONIALKRIEG DES 21. JAHRHUNDERTS (29.9. 2011)

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Kommunikation & Kaffee Augsburg hat auf seiner Webseite koka-augsburg.net sich der Flüchlingsgespräche von Bert Brecht angenommen und aus heutiger Sicht kommentiert:
http://koka-augsburg.net/fluechtlingsgespraeche-2016/

Warum es kein Rufmord ist, über (linken) Antisemitismus zu sprechen

Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Mittwoch, 2. November 2016, 18 Uhr, Bielefeld
H2 der Universität Bielefeld

Eine Veranstaltung des Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Bielefeld  im Rahmen der Linken Ersti-Wochen an der Uni Bielefeld

In Deutschland hat man gelernt, dass Antisemitismus schlecht ist. Verstanden hat man ihn trotzdem nicht. Dieser Zustand ermöglicht es, dass man gleichzeitig antisemitischen Denkmustern anhängen und davon überzeugt sein kann, nichts damit zu tun zu haben. Das gefährliche Potential dieser Mixtur wird in Krisenzeiten besonders deutlich. Die verbreitete Gewissheit, dass „die da oben an allem schuld sind“ entspringt einem unreflektierten Bauch-Antikapitalismus, der Gesellschaftskritik mit Wut auf „gierige Bankster“, „Lügenpack“ und „Lügenpresse“ verwechselt. Doch verbreitete Sehnsucht nach einfachen Antworten und Anfälligkeit für allerlei Demagogisches und Autoritäres stehen in auffälligem Kontrast zum Credo, man habe aus der Geschichte gelernt. Letzteres mutiert zu obszöner Selbstgerechtigkeit, wenn es um den jüdischen Staat geht. Zwar „hat niemand etwas gegen Juden“, aber im unstillbaren Verlangen nach „Israelkritik“ bricht sich erneut die Meinung Bahn, eine kleine Minderheit sei „an allem schuld“ – und sei es am Ausbleiben des Weltfriedens. All das ist keine Besonderheit der Rechten. Auch der vermeintlich guten Mitte der Gesellschaft und der Linken ist dieses Denken nicht fremd. Mitunter sind Linke sogar Vorreiter. Ob sie gemeinsam mit Islamisten übers Mittelmeer gen Israel ziehen, Massendemos organisieren, auf denen „Tod den Juden“ gebrüllt wird oder den eigenen Fraktionschef in die Toilette jagen, weil er ihrer Darstellung des „Nahostkonflikts“ nicht folgen will – eines steht von vornherein fest: sie haben nie und nimmer irgendetwas mit Antisemitismus zu tun. Wer vom Ressentiment getrieben ist, nimmt Kritik reflexhaft als böse Absicht und Verschwörung wahr. Ein aktuelles Beispiel für diese Abwehrhaltung ist das Buch des stellvertretenden Linken-Fraktionschefs Wolfgang Gehrcke „Rufmord: Die Antisemitismus-Kampagne gegen links“. Der Referent wirft einen kritischen Blick hinein.

http://emafrie.de/israel-und-die-deutsche-linke-warum-es-kein-rufmord-ist-ueber-linken-antisemitismus-zu-sprechen-3/

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Vortrag und Diskussion mit Lothar Galow-Bergemann

Freitag, 28. Oktober 2016, 19 Uhr
Mühlengasse 1, 34125 Kassel

Ein Vortrag im Rahmen der Bildungswerkstatt 2016

Versteht man „Demokratie“ lediglich im Wortsinne, nämlich als „die Herrschaft des Volkes“, so muss einem davor grausen. Schließlich hätte dann der Nationalsozialismus, der das Fühlen, Denken und Wollen einer großen Mehrheit der Deutschen repräsentierte, das Prädikat demokratisch verdient. Der leidlich funktionierende demokratische Staat aber zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er unveräußerliche Rechte von Einzelnen und Minderheiten garantiert.

Gegen die Krise der Demokratie wird mehr „direkte Demokratie“ gefordert. Doch ob „Ausländer“ rausgeworfen, Minarettbauten verboten oder Schulreformen verhindert werden sollen – bessere Verhältnisse schafft die „Stimme des Volkes“ kaum. Solange die selbstgerechte Gemeinschaft der „ehrlich Arbeitenden und Betrogenen“ ihr Mütchen an vermeintlich „Faulen“ oder „Gierigen“ kühlen mag und Ressentiment landauf landab mit Kritik verwechselt wird, ist „dem Volk“ grundsätzlich zu misstrauen. Was geht in Menschen vor, die zwar gegen einen Bahnhofsneubau Sturm laufen, nicht aber gegen die Rente mit 67 – obwohl sie unter dieser vermutlich wesentlich mehr zu leiden haben werden als unter jenem? Und ist es ein Zufall, dass einem die Forderung nach Volksabstimmungen umso häufiger begegnet, je weiter man sich im politischen Spektrum nach rechts bewegt?

http://emafrie.de/demokratie-oder-volksherrschaft-3/

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Dienstag, 18. Oktober 2016

Der iranische Erdölminister Bijan Zanganeh hat heute, den 18.10.2016, bekannt gegeben, dass die Erdölindustrie im Iran Investitionen in Höhe von 200 Mrd. Dollar benötigt. Der größere Teil dieser Summe, 134 Mrd. Dollar, wird allein für die Entdeckung und Förderung der iranischen Erdölvorkommen benötigt, 52 Mrd. Dollar werden für die Petrochemie, der Rest für sonstige Ausgaben im Erdölsektor.

Diese Summe entspricht laut Bijan Zanganeh 14 mal den Erdöleinnahmen aus den letzten 10 Monaten. Der Iran sei daher auf ausländische Direktinvestitionen angewiesen. Laut dem Minister hat der Iran in den letzten 6 Monaten 3,8 Mio. Barrel Öl pro Tag gefördert. Bis Jahresende soll die Förderung auf 4,3 Mio. Barrel pro Tag steigen.

Ausländische Unternehmen werden aufgefordert, sich mit ihren Investitionswünschen vorzustellen. Ali Karder, ein hoher Vertreter der iranischen Erdölindustrie erklärte, dass heute Anzeigen in internationalen Zeitungen geschaltet wurden, mit der Aufforderung, sich zu bewerben. Die Unternehmen, die sich bewerben, würden vom Ministerium dahingehend geprüft, ob sie z.B. in der Lage sind, ihre Vorhaben auch durchzuführen und würden dann, wenn die Bedingungen zu den iranischen Interessen passen, eine Genehmigung erhalten.

Die Äußerungen stammen von einem Mitglied der iranischen Regierung Rouhani und entsprechen deren Politik, sich gegenüber dem Westen zu öffnen, verlässliche Vereinbarungen zu treffen und sich ein Stück auf Abhängigkeiten vom Ausland einzulassen. Die eigentlichen Machthaber, Anhänger von Chamene‘i, fundamentalistische Rechtsgelehrte, Bassidschi, Revolutionswächter und Geheimdienste haben daran keinerlei Interesse. Nach dem Verständnis einer Fraktion der Fundamentalisten ist es verboten, mit dem Ausland auch nur zu sprechen, geschweige denn Vereinbarungen zu treffen. In ihren Zeitungen und politischen Pamphleten weisen sie ständig darauf hin. Manche gehen so weit, dass sie geradezu das Erscheinen des 12. Imams herbeiführen wollen, der nach ihrer Vorstellung erst auftreten wird, wenn die Zustände in der Gesellschaft so katastrophal sind, dass alles den Bach herunter geht.

Die Bassidschi und Revolutionswächter haben einen großen Teil der iranischen Wirtschaft in ihren Händen und forcieren seit vielen Jahren eine rasante Deindustrialisierung im Iran. Ihre Geschäfte laufen dann am besten, wenn im Iran Mangel herrscht und wenn alle Waren aus dem Ausland importiert (bzw. geschmuggelt) werden müssen.

Wer kann also diese 200 Mrd. US Dollar in die Ölindustrie investieren? Der Iran selber kann es natürlich nicht. Ausländische Firmen haben Erfahrung mit dem Iran und sind mittlerweile mit ihren Investitionen sehr vorsichtig geworden. Direktinvestitionen erfordern ein hohes Maß an Vertrauen und nicht zuletzt Rechtssicherheit.

Vor über einem Jahr wurden die ausländischen Sanktionen gegenüber dem Iran gelockert und viele ausländische Wirtschaftsdelegationen kamen in den Iran um Geschäftsmöglichkeiten zu prüfen. Bislang gab es aber nur Versprechungen und von großen Abschlüssen war noch nicht viel zu hören. Auch die Probleme im Bankensektor sind weiterhin vorhanden.

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Montag, 17. Oktober 2016


Bekanntlich hat die Regierung der Kurdischen Autonomie im Nordirak beschlossen, das in der Region geförderte Erdöl selbst auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Darauf hatte die Regierung in Baghdad beschlossen, die Löhne der staatlichen Bediensteten in der Region nicht mehr zu bezahlen. Es läge nahe, dass die kurdische Regierung diese Aufgabe übernimmt. Den jetzigen Protesten nach zu schließen, war dies nicht der Fall.


Die untere Zeile des Plakats lautet:
bese talani we dizi
Es reicht mit Plünderung und Diebstahl

http://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=118295
vom 25. Mehr 1395 (16. Oktober 2016)
e°terazate xiyabani dar kordestane °eraq

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Narges Mohammadi mit ihren Kindern. Ihre Kinder und ihr Mann mussten nach Europa fliehen.

Wir hatten von der Verurteilung der iranischen Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi berichtet, die zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Jetzt haben mindestens 15 Abgeordnete des iranischen Parlaments, darunter Ali Motahhari, das Urteil kritisiert und erklärt, dass dieses Urteil nur dazu diene, den Preis für vernünftige Kritik möglichst hoch anzusetzen. Sie fordern in einem offenen Brief an den Obersten Justizrat des Landes die Aufhebung des Urteils und eine erneute Revision. Die Abgeordneten weisen auch darauf hin, dass Narges Mohammadi dringend eine angemessene medizinische Behandlung benötigt. Eine Kopie des offenen Briefs liegt uns nicht vor, daher lässt sich derzeit auch nicht feststellen, wie viele Abgeordnete sich insgesamt an diesem Protest beteiligt haben.
Dennoch ist es ein erfreuliches Zeichen, dass der Protest selbst dieses Gremium erreicht hat, das aus vom Wächterrat handverlesenen Kandidaten besteht.

http://www.radiofarda.com/a/f7-iranian-mps-call-for-reconsideration-of-narges-mohammadi-case/28057225.html
vom 25. Mehr 1395 (16. Oktober 2016)
darxaste nemayandegane majles baraye naqze hokm wa residegiye mojaddad be parwandeye narges mohammadi

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Seynab Dschalalian

Seynab Dschalalian (geb. 1361/1982) ist eine Kurdin, die seit 2007 in Chuy (Region West-Aserbaidschan) in Haft ist und 2009 wegen angeblicher Zugehörigkeit zur bewaffneten kurdischen Organisation Peschwak zum Tode verurteilt wurde. Aufgrund der Bemühungen ihrer Anwälte gelang es, die Todesstrafe in lebenslänglich umzuwandeln. Seit ihrer Verhaftung hat sie noch keinen einzigen Hafturlaub erhalten. Sie leidet zudem an einer Augenkrankheit namens Pterygium conjunctivae (Persisch bima:ri-ye na:xunak-e cheshm), einer Wucherung der Bindehaut, die auf die Hornhaut übergreift und operativ entfernt werden muss. Eine solche Operation ist nur außerhalb des Gefängnisses möglich.
Amirsalar Dawudi, ihr Rechtsanwalt, berichtet jetzt, dass die Pasdaran und das Geheimdienstministerium die Gefangene unter Druck setzen, sich filmen zu lassen und dabei sich selbst zu belasten. Zuvor haben diese Organe sie schon heimlich gefilmt und versucht, durch nachträgliche Manipulationen der Aufnahmen zu belegen, dass sie eine Terroristin sei. Sogar einen „Dokumentarfilm“ machten die Behörden aus diesen Aufnahmen, der am 21. Ordibehescht 1395 (10. Mai 2016) vom Fernsehen der Region West-Aserbaidschan unter dem Titel „Saye-ye terurism“ (Der Schatten des Terrorismus) ausgestrahlt wurde.

http://www.iran-emrooz.net/index.php/news1/65183/
vom 14.10.2016
talash baraye axze e°terafe telewizyuni az zeynab jalaliyan

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Im Mai dieses Jahres kam es in Teheran zu eigenartigen Szenen: Städtische Ordnungsbeamte (Ma’murane Sadde Ma°bar) erschienen gemeinsam mit grobschlächtigen Kerlen, um die fliegenden Händler von den Straßen zu vertreiben. Die Stadtverwaltung vertritt in solchen Fällen die Interessen der ansässigen Ladenbesitzer. Die Ordnungsbeamte forderten die fliegenden Händler auf, den Platz zu räumen, dann traten die Messerstecher und Schläger in Aktion, warfen die grünen Edelpflaumen und die grünen Mandeln der Handverkäufer auf die Straße, und prügelten mit Knüppeln auf sie ein. Begleitet waren diese Überfälle von vulgären Ausdrücken.

Schläger im Dienste der Stadtverwaltung
Eine spätere polizeiliche Untersuchung dieser Vorfälle ergab, dass die Stadtverwaltung selbst diese Schläger und Messer als Tagelöhner anheuert und zu den verschiedensten Zwecken einsetzt, sei es, um die Straßenhändler zu vertreiben, unliebsame Konzerte aufzulösen, Studenten oder Journalisten mit handfesten Argumenten einzuschüchtern oder mundtot zu machen, aber auch, um gegen die Frauenbewegung und andere gesellschaftliche Bewegungen vorzugehen.


Rechts: zwei der Leibwächter von Ajatollah Rafsandschani

Die Vorzüge der Messerstecher
Die iranischen Machthaber haben mehrere gute Gründe, solche Menschen, die meist arbeitslos sind und eine lange Karriere als Gewalttäter hinter sich haben, für ihre Zwecke einzuspannen:
Erstens sind viele Revolutionswächter und Angehörige der Bassidschi-Miliz selbst aus diesen Schichten hervorgegangen, man versteht sich und man kennt sich.
Viele derjenigen, die heute im Iran an der Macht sind, betrachten Gewalt als einziges Mittel, Probleme zu lösen. Sie kennen nichts anderes.
Die iranische Geistlichkeit ist mit dieser Unterschicht von Arbeitslosen traditionell eng verbündet. Wenn sie Predigten oder Reden halten, sorgen diese „Teilnehmer“ dafür, dass kein Protest und keine Kritik laut wird. Dafür erhalten diese Meister der Faust und der Klinge ein monatliches Gehalt (badsch – Tribut genannt, man nennt sie auch badsch-chor, diejenigen, die von solchen Tributen leben).


Schaban Bi-Moch oder auch Schaban Dschafari, einer der führenden Schläger der Schahzeit, 2015 im US-Exil verstorben

Und zu guter Letzt tragen sie keine Uniform. Wenn man die Polizei oder die Pasdaran schickt, dann sagt jeder, der Staat hat sie auf uns gehetzt, aber die Schläger kommen in Zivil, und die Regierung kann immer sagen: „Das waren nicht wir, das war die Reaktion des einfachen Volks.“ Sprich, man gibt die Schläger für’s Volk aus. Schon zu Schahzeiten war diese Methode sehr beliebt, und wie man sieht, daran hat auch die Revolution von 1979 nichts geändert.

http://www.peykeiran.com/Content.aspx?ID=118063
modirane jomhuriye eslami dar che mawaredi be arazel wa oubash wa latha motewassel mi shawand?
vom 21. Mehr 1395 (12. Oktober 2016)

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Auf der Tafel steht:
Was ist besser – Wissen oder Reichtum?

Laut einer Meldung von Radio Farda, die ihrerseits auf mehreren iranischen Quellen wie der Webseite von tabnak beruht, hat ein Schuldirektor in Mochtar-Abad, Kreis Rudbare Dschonub, in der zentraliranischen Provinz Kerman, Anfang Oktober mehrere Schülerinnen und Schüler mit schmerzlichen Stock- oder Rutenschlägen auf den Rücken dafür bestraft, dass ihre Eltern das monatliche Schulgeld nicht bezahlen konnten. Das Schulgeld (Schahriye) ist eigentlich illegal, denn laut iranischer Verfassung ist der Schulbesuch bis zum Abitur kostenlos. Das Erziehungsministerium pfeift darauf und erhebt trotzdem diverse Gebühren von den Eltern.

Wieso halten sich solche Praktiken?
Vor Gericht zu gehen ist ohnehin nur etwas für die Reichen, wer schon das Schulgeld nicht aufbringt, kann sich auch keinen Anwalt leisten. Hinzu kommt, dass die iranische Justiz in der Hand der Fundamentalisten ist, Recht wird da in der Regel nicht gesprochen. Bleibt die Möglichkeit, sich an den lokalen Parlamentsabgeordneten zu wenden. Bevor man dies tut, wägt man ab: Wer ist der Schuldirektor, mit wem arbeitet er zusammen, welche Macht haben diese Leute und welche Macht hat der Abgeordnete? Wenn der Schuldirektor eng mit dem örtlichen Freitagsimam zusammenarbeitet und dann noch den Bassidschis oder Pasdaran angehört, kann man nichts gegen ihn tun. Es kann höchstens passieren, dass dann die Eltern noch im Gefängnis landen, die diesen Amtsmissbrauch an die Öffentlichkeit bringen.

Quelle:
http://www.radiofarda.com/a/f3-lashes-students-for-lack-money/28044193.html
shalaq xordane danesh-amuzane natawan az pardaxte shahriye dar kerman
vom 19. Mehr 1395 (10. Oktober 2016)

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DIE BANKENKRISE KEHRT ZURÜCK, BZW. WIRD WIEDER MANIFEST

Sie war ja eigentlich nie weg, sondern wurde nur seit 2008 erstens mit Geldspritzen von Regierungen und EZB behandelt und zweitens von den Medien schöngeredet, die einzelne ins Strudeln geratene Geldinstitute als Ausnahmefälle hinstellen wollten. Dazu kam noch die Propaganda der EU-Behörden und übernationalen Organisationen, die dem p.t. Publikum weismachen wollten, es habe bisher nur an den richtigen Regeln gefehlt, und durch neue Gesetze und Vorschriften käme das ganze Geld- und Kreditwesen wieder ins Lot.

Da ist einmal die Frage von Italiens Banken, die aus verschiedenen Gründen auf einem Haufen entwerteter Aktiva sitzen, und niemand will für diese gradestehen: weder die EZB, noch irgendwelche EU-Rettungsfonds, noch die Staatskasse Italiens. Die italienische Regierung ist schon froh, ihre Anleihen mit Hilfe des Anleihen-Aufkaufprogramms der EZB plazieren zu können und kann es sich nicht leisten, ihren ohnehin prekären Staatskredit für Rettungsaktionen ihres Banksektors zu strapazieren. Die Zeichner der Bankanleihen für diese Schuldenstreichung heranzuziehen, würde hingegen ein nicht nur politisches, sondern auch ökonomisches Erdbeben auslösen und das Vertrauen der Bevölkerung in den Banksektor sehr gründlich untergraben – es handelt sich durchwegs um Leute, die seinerzeit von den Banken selbst dazu überredet wurden, ihre Spareinlagen für höher verzinsliche Bankanleihen einzutauschen.

In Spanien ist dergleichen teilweise über die Bühne gegangen und beschäftigt heute die Gerichte. Das eine war die Ausgabe von Partizipationsscheinen, zu deren Kauf die Sparer von diversen Sparkassen überredet wurden. Beim großflächigen späteren Konkurs dieser Sparkassen und ihrer Fusion verfielen diese Anteilsscheine. Diese de-facto-Enteignung beschäftigt heute die Gerichte, da den Zeichnern dieser Anteilsscheine seinerzeit beim Kauf versichert worden war, sie seien absolut sicher und jederzeit einlösbar – die Gefoppten haben sich jetzt zu Sammelklagen wegen Betrugs zusammengeschlossen.
Ein weiterer Fall ist der Börsengang von Bankia, einer Fusion aus 7 maroden Sparkassen, der damals – 2011 – groß beworben wurde. Der Wert der Aktien sank innerhalb eines Jahres beträchtlich, schließlich wurde die Bank notverstaatlicht. Das Angebot an die Aktionäre, ihnen einen Bruchteil des Wertes der Aktie rückzuerstatten, wurde von denen ausgeschlagen. Einer Sammelklage der Aktionäre wegen Betrugs und Bilanzenfälschung wurde voriges Jahr von einem Gericht stattgegeben. Bankia bzw. der sie inzwischen finanzierende staatliche Rettungsfonds FROB muß also wahrscheinlich hohe Entschädigungszahlungen leisten.
Die spanischen Banken Santander und Caixa sind im Laufe dieses Jahres in Portugal auf Einkaufstour gegangen und haben verschiedene kleinere Pleitebanken um einen symbolischen Preis gekauft. Es ist angesichts der ökonomischen Situation Portugals nicht zu erwarten, daß sich hier große Geschäftsfelder auftun werden bzw. daß die Einkäufer sich solche erwarten würden. Eher liegt die Vermutung nahe, daß sich diese Banken innerhalb des EU-Banksektors mehr noch als bisher unentbehrlich machen wollen: too big to fail. Möglicherweise sind sie sogar in Absprache mit Politik und Währungshütern losgeschickt worden, um Portugals Kreditsektor vor dem Kollaps zu bewahren, und dabei den Schein zu wahren, es handle sich um eine gewöhnliche kommerzielle Transaktion.

Die Krise der Banken ist aber von der Südflanke der EU, die ja auch wegen ihrer ausufernden Staatsschulden im Gerede war, längst in die Zentren der EU und zu den sogenannten Gewinnern von Binnenmarkt und Euro übergeschwappt. Vielleicht ist sie sogar von hier ausgegangen, es gelang nur lange, die Verluste auf andere Staaten und deren Banksektor und Staatskredit abzuwälzen.

So hat die Deutsche Bank vorige Woche 3 Anleihen begeben.

„Damit sind Zweifel an der Liquidität des Geldinstituts vorerst ausgeräumt – die Geldgeber verlangen jedoch hohe Risiko-Prämien für die Anleihen.
Für eine neue fünfjährige US-Dollar-Anleihe im Umfang von etwa 3 Milliarden musste die Deutsche Bank vergangenen Freitag einen Kupon von 4,25 Prozent bieten.“ (DWN, 17.10. 2016)

4,25% sind in einer Zeit der Null- und Negativzinsen sehr viel. Das Flaggschiff des deutschen Banksektors kann seine Anleihe überhaupt nur begeben, weil alle Käufer wissen, daß dieses Institut durch den deutschen Staat gestützt wird und seine Anleihen deshalb relativ sicher sind.
Weiters ist interessant, daß die Deutsche Bank einen 3 Mrd. Dollar-Kredit aufnimmt. Mit diesem Kredit wird also nicht nur die Liquidität der Bank erhöht, sondern auch der Euro gestützt. Es mag sein, daß dergleichen Fremdwährungsanleihen seit geraumer Zeit üblich sind. Sie zeugen jedoch von einer Krise des Euro, dem man gar nicht mehr die Attraktivität zutraut, derer es zu einer solchen Emission bedarf.

Auch die Commerzbank muß einiges an Zinsen bezahlen, falls sie eine Anleihe begibt. Dazu kommen noch die berühmten CDS, die Kreditausfallsversicherungen, die seinerzeit den griechischen Staatskredit versenkt haben:

„In Europa gehören deutsche und britische Banken mittlerweile zur Spitzengruppe bezüglich des Misstrauens der Investoren. »Absolut betrachtet, misst der Kapitalmarkt, wie bereits Mitte August, deutschen Kreditinstituten das größte Ausfallrisiko zu – sieht man von der Eurobank Ergasias einmal ab. Nach der Deutschen Bank (220) folgt die nach einem neuen Eigentümer suchende Landesbank HSH Nordbank (170) auf dem zweiten Platz. Die Schweizer Credit Suisse komplettiert das Treppchen mit einem CDS-Spread von 141. Es folgen Royal Bank of Scotland (134), die Commerzbank (128), die spanische Santander (128), die österreichische Erste Group (122) und die britische Barclays (101)«, schreibt das Finance Magazin.“ (ebd.)

Die Frage ist auch noch, wofür alle diese Banken heute Geld aufnehmen?

Um Verluste abzuschreiben und abzudecken? Also als eine Art Konkursverschleppung?
Um noch größer in den Handel mit EU-Anleihen der südlichen Wackelstaaten einzusteigen und aus der Zinsdifferenz zwischen dem, was sie für diese Anleihen bezahlen und dem, wofür sie diese an die EZB weiterverkaufen, Gewinne zu machen?
Um Aktien und Firmenanleihen an der Börse einzukaufen und dann in Zusammenarbeit mit Stützungskäufen der EZB die Kurse in die Höhe zu treiben und darüber Gewinne einzustreifen?
Mit einem Wort, um in eine Art geschlossenen Kreislauf zwischen Staatskredit, EZB, Börse und Bankenwelt einzusteigen?

Als einziger Bezug zur „Realwirtschaft“ bleibt dann noch die Beteiligung an Immobilienspekulation und Hypothekarkrediten, wo über Wertzuwachs von Immobilien Bilanzen aufgebessert werden können … Das war der Weg, den die gekrachte österreichische Hypo Alpe Adria seinerzeit eingeschlagen hat. Und großflächig erinnert es an die subprime-Kredite der USA, die seinerzeit die gegenwärtige Weltwirtschaftskrise ausgelöst haben.

 


"People demand freedom of speech as a compensation for the freedom of thought which they seldom use." (Sören Kierkegaard)

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