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Foto nordische Landschaft

25. Februar 2015

Fragile Harmonien mit Linn Öberg

Bei diesen zarten Tönen möchte man kaum pusten, um das fragile Gebäude nicht zu gefährden! Die schwedische Singer-Songwriterin Linn Öberg hat eben ihr Debütalbum »WHEN YOU GO AWAY« vorgelegt und bewegt sich in einer zärtlich schimmernden blaugrauen Farbenwelt geschmeidig im Grenzland zwischen Alternative Pop und Americana-Folk. Unbedingt muss es hier dämmerig sein, damit die Gedanken genau dann auf Wanderschaft gehen können, wenn die festen Konturen langsam verschwinden. Eine feine Nachdenklichkeit irrlichtert durch diese Songs, eine grenzwertige Melancholie, die erfreulicherweise nie in Richtung Wehleidigkeit kippt. Eine kleiner Hauch von First Aid Kit schwingt mitunter durch diese Tracks, aber im Gegensatz zu ihren Landsfrauen, den Söderberg-Schwestern, ist Linn Öberg doch eher im verträumten, gitarrengeprägten Pop zuhause. Aber die Chanteuse kann auch anders: Im sehr beschwingten Track »Jump« nimmt sie zwischenzeitlich gehörig Fahrt auf! Um ziellos vertrödelte Tage und lange Spaziergänge geht es hier. Und um den unsentimentalen Blick zurück. Die Chanteuse aus Stockholm gibt sich verletzlich, gewährt Einblicke in persönliche Erfahrungen. Und sie lehrt uns im sehr feinen Track »Freediver« vor allem eines: Man muss Geduld haben! Denn es dauert hier einige Zeit, bis dieser Song endlich mit ausgebreiteten Schwingen abhebt und große Gefühle weckt!

(Foto: Christian Gradholt)

19. Februar 2015

Die Möglichkeit der Zärtlichkeit: Lymland

Es ist ein feiner Grat, auf dem Lymland balancieren. Schwebende Nachdenklichkeit und bittersüße Melancholie. Die an keiner Stelle in wirkliche Traurigkeit kippt. Aber die Seele schmerzt so schön zu diesen ruhigen, minimalistischen Instrumentalstücken, die tatsächlich keiner Worte bedürfen. Aktuell stapeln sich jede Menge neue Alben zum Besprechen um meine Musikanlage. Aber »RYMDAR«, das zweite Album von Sonja Perander und Jerker Kaj, ist die Scheibe, die am besten zu grauen Februartagen passt, um sie mit einer blassen Sonne zu erfüllen. Allein der wunderbare Track »Isbrytaren & Finländaren«, wenn diese emotionale Trompete einsetzt und ein flackerndes Feuerchen im Herzen entzündet! Das Album konnte natürlich nirgendwo anders als beim Malmöer Label A Tenderversion Recording erscheinen, das auch solch wunderbare Musiker wie Solander oder Mire Kay zu seinen Künstlern zählt.

Lymland erschaffen hier feine kleine Klanglandschaften. So könnte es nachts im Spielzeugmuseum klingen, wenn alle lästigen Besucher nach Hause gegangen sind und die Spieluhren und Kullerbälle endlich das tun können, was sie wollen: Sachte ein Schrittchen vor das andere setzen und mitunter einen flotten Hüpfer einfügen. Glockenspiel, Piano, Cello und Klarinette wagen die sanfte Revolution. Inspirieren lässt man sich übrigens vom eigenwilligen Traumtänzer-Kino des schwedischen Regisseurs Roy Andersson.

Zehn Tracks. Die verschiedene Stimmungen ausleuchten und dabei alle Möglichkeiten offenlassen. Aber immer die Möglichkeit der Zärtlichkeit offenlassen. Hach!

13. Februar 2015

Sahnetortenpop mit Lugn

Dick auftragen und damit durchkommen: Gute Sache, das! Das norwegische Septett Lugn traut sich was: Wandelt auf den Spuren von gehobenen Harmonieheroen wie den Beach Boys (deren Klassiker »God Only Knows« man ebenso frech wie frisch covert!) und überkandidelten Dekadenzlern wie MGMT und macht sich seinen eigenen Reim daraus. Keine Angst: An Zuckervergiftung ist noch kein Lugn-Hörer bislang verendet. Was für die Sieben aus Oslo einnimmt: Ihre unbekümmerte Energie und ihre wunderbare Lust am Schnörkelschlagen. Als Sahnetortenpop könnte man die Sounds dieser Nachwuchskräfte bezeichnen, wenn da nicht das anarchische Funkeln in den Augen wäre! Nein, harmlos sind diese sieben Kerle mit Sicherheit nicht! Und schlau sind sie sowieso. Denn Dummbacken könnten keineswegs so souverän und respektlos mit Genrestandards spielen. Sich selbst nicht zu ernst nehmen, die Lust am Fabulieren aber umso mehr. Das gefällt! Und zwischen den Zeilen kann man hier empfindsam schlagenden Herzen hören. Lugn pfeifen sich auf dem sehr feinen Track »Mundane« eins und heulen mit ungenierer Sentimentalität zu später Stunde den Mond an. Und dann setzt irgendwann diese triumphierende Trompete ein, hach! Davon wollen wir unbedingt mehr hören! Denn auf hohem Niveau schwelgen, das ist durchaus eine Kunst. So weit ich das überblicke, werkelt man im Moment am Debütalbum. Wenn es das Äquivalent zu Städtepartnerschaften in der Popmusik gäbe, dann müssten sich Lugn übrigens unbedingt mit den famosen dänischen Nachbarn von Treefight For Sunlight verbrüdern. Und natürlich spielen Lugn im März auf dem By:Larm-Festival in Oslo. Wer da sein sollte. Hingehn!

09. Februar 2015

Atemlos mit A Projection

Fort, fort mit der Besinnlichkeit, heute wollen wir so lange abtanzen, bis uns die Puste ausgeht! Mögen sich die Macher des Hamburger Indielabels Tapete Records gedacht, in deren Repertoire sich jede Menge ruhige Töne finden. Aber dieses Mal ist flotte Atemlosigkeit und unbekümmerte Jugendlichkeit angesagt, denn man hat die junge Stockholmer Indierockband A Projection unter Vertrag genommen. Diese Nachwuchskräfte haben gerade die Aufnahmen zu ihrem Debütalbum »EXIT« abgeschlossen und blicken selbstbewusst zurück in die glorreichen Tage des britischen Wave und pflegen dabei eine angenehm rotzige Punk-Attitüde. Und sind zudem dem dem melodienverliebten, synthieverliebten Powerpop nicht abgeneigt! Ihre feine Single »Young Days« hört sich jedenfalls so an, als hätten ihre Landsleute Peter Bjorn And John ihren Überhit »Young Folks« auf Speed geschrieben!

Klar, dass die sechs Jungs von A Projection die Welt in Schwarz-Weiß-Ästhetik sehen und ihre unbändige Lebenslust bevorzugt zur Dämmerstunde ausleben, wenn die Dinge so interessant zwischen verschiedenen Zuständen schwanken! Die Schweden punkten hier mit unbedingter Dringlichkeit. Man muss hier einfach mittanzen! Man könnte leicht vergessen, dass dieser Track viel zu präzise auf den Punkt gebracht ist, um ein reines Zufallsprodukt zu sein! Diese Leichtigkeit braucht Disziplin. Und dann trotzdem so zu klingen, als hätte man diesen Track in einer kurzen Nacht eben mal aus dem Ärmel geschüttelt – Chapeau! Die Single »Young Days« wird Ende Februar veröffentlicht. A Projection kommen aus diesem Anlass drei Gigs in Deutschland. Es könnte sich lohnen, hinzugehen!

27.02.15 Oldenburg – umBAUbar
28.02.15 Hamburg – Hit The North @ Astra Stube
23.05.15 Berlin – Schokoladen