Muslim

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Dieser Artikel befasst sich mit der Bezeichnung der Angehörigen des Islam. Für Namensträger siehe Muslim (Begriffsklärung).

Ein Muslim (arabisch مسلم muslim), auch Moslem, ist ein Angehöriger des Islam. Wörtlich bedeutet das Wort „der sich (Gott) Unterwerfende“ oder „sich (Gott) Hingebende“, analog zu „Islam – Hingabe (an Gott)“. Die weibliche Form im Deutschen ist Muslimin oder Moslemin. In jüngerer Zeit wird für die weibliche Form auch der arabische Begriff Muslima verwendet. Der Begriff Muselman, fälschlich auch „Muselmann“, gilt im Deutschen als historisch-literarisch bis veraltend, gehört aber in Formen, die an diesen Begriff anklingen, in mehreren anderen Sprachen, darunter auch solchen islamisch geprägter Länder, zum aktuellen Sprachgebrauch (z.B. französisch musulman, türkisch Müslüman, persisch mosalmān). Der Begriff „Mohammedaner“ gilt hingegen als nicht mehr zeitgemäß.

Verbreitung

Die Zahl der Muslime weltweit wird auf 1,57 Milliarden geschätzt.[1] Damit sind sie nach den Christen die zweitgrößte Religionsgemeinschaft.

Die Zahl der Muslime wird in Deutschland anhand der Herkunft und der Mitgliedschaft in islamischen Vereinen geschätzt, da der Islam nicht in öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften organisiert ist, in denen Muslime eingeschriebenes Mitglied sind. Der Islam kennt keinen mit der Kirchenmitgliedschaft vergleichbaren Status.

Als religiöse Bezeichnung

Eine romantische Darstellung des europäisch-klassizistischen Künstlers Jean-Léon Gérôme aus dem Jahr 1865 mit dem Titel Gebet in Kairo

Muslim ist, wer das islamische Glaubensbekenntnis (arabisch Schahāda) im vollen Bewusstsein spricht. Bindend ist es nach islamischen Recht, wenn er dies vor zwei volljährigen muslimischen Zeugen spricht. Jeder kann dieses aber auch allein aussprechen. Nach islamischem Selbstverständnis ist jedes Neugeborene ein Muslim (siehe Fitra) und wird gegebenenfalls erst später durch äußere Einflüsse (z. B. Erziehung) vom islamischen Glauben abgebracht. Mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife bekunden auch sie dies durch das Sprechen des Glaubensbekenntnisses (u. a. bei jedem Gebet).

Muslim ist, nach islamischem Selbstverständnis, ein Monotheist, der Mohammed als letzten Propheten Gottes (Allahs) anerkennt. Orthodoxe Muslime glauben daran, dass der Koran das offenbarte Wort Gottes ist, das Mohammed durch den Erzengel Gabriel übermittelt wurde.

Der hanafitische Rechtsgelehrte asch-Schaibānī zitiert in seinem Kitāb as-Siyar einen Hadith, dem zufolge der Prophet Mohammed sagte: „Muslime sollen sich einander gegen den Außenstehenden unterstützen, das Blut aller Muslime hat den gleichen Wert, und derjenige, der am niedrigsten steht (d. h. der Sklave), kann alle anderen binden, wenn er einen Treueid leistet.“[2]

Abgrenzung zu Mu'min

Im Koran wird zwischen Muslimen, die sich rein formal zum Islam bekennen, und wirklichen Gläubigen (mu'min) unterschieden:

„Die Wüstenaraber sagten: „Wir glauben!“ Sage ihnen: „Ihr glaubt nicht. Sagt lieber: ‚Wir haben uns nur scheinbar ergeben‘ (den Islam angenommen). Der Glaube ist nicht in eure Herzen eingedrungen. Wenn ihr Gott und Seinem Gesandten gehorcht, belohnt Gott euch voll und ganz für eure Werke.“ Gott ist voller Vergebung und Barmherzigkeit.
Die wahrhaft Gläubigen (mu'min) sind die, die sich zu Gott und Seinem Gesandten bekannt haben und keinen Zweifel hegen und mit ihrem Vermögen und ihrem Leben auf Gottes Weg kämpfen. Das sind die Rechtschaffenen.“

Koran 49:14-15

„Wir haben den Islam angenommen“ (aslamnā), das Bekenntnis zum Islam, ist nur eine Äußerung (qaul = „Parole“), Glaube (īmān) dagegen ist sowohl Äußerung als auch Tat. Die Annahme des Islam durch verbale Bekundung während Mohammeds Wirken war zunächst die Garantie dafür, dass die arabischen Stämme der Arabischen Halbinsel von den Muslimen weiter nicht mehr bekämpft wurden. Damit stuft der Koran den Glauben höher ein als den bloß formalen Eintritt in den Islam. Die Exegese interpretiert an dieser Stelle das Schlüsselwort aslamnā („wir haben den Islam angenommen“) nicht nur in dem sonst üblichen Sinne der Unterwerfung unter den (einzigen) Gott, sondern versteht die Worte der Beduinen im Sinne von „sich ergeben“ und „kapitulieren“ (istaslamnā) aus Furcht vor Gefangenschaft und weiterer kriegerischen Auseinandersetzung.

Die Sufis unterscheiden ebenfalls zwischen einem Muslim und einem „Gläubigen“. Nach ihrer Auffassung unterwirft sich ein Muslim lediglich äußerlich den Geboten Gottes, ein Gläubiger glaubt jedoch auch unerschütterlich daran und ist sich dessen bewusst, dass er ununterbrochen „vor seinem Schöpfer steht“.

Als ethnische Bezeichnung

In einigen Ländern wird bzw. wurde der Begriff „Muslim“ auch als ethnische Bezeichnung verwendet. Dies war zum Beispiel in der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (1962–1992) der Fall. Hier produzierten in den 1960er Jahren muslimische marxistische Historiker eine große Anzahl von Werken über die Geschichte der bosnischen Muslime und lieferten eine „wissenschaftliche“ Legitimierung für die Anerkennung einer muslimischen Staatsnation. Bei der Volkszählung von 1971 gab die überwältigende Mehrheit der bosnischen Muslime ihre Nationalität als „Muslim im Sinne einer Nation“ an. Diese Bezeichnung wurde 1974 in der neuen jugoslawischen Verfassung offiziell anerkannt. Ein Problem an dem Konzept der neuen bosnischen muslimischen Nationalität war seine Zweideutigkeit, denn der Begriff konnte sowohl die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft als auch einer Nationalität bedeuten. Ein Atheist muslimischer Nationalität konnte mithin nicht von einem muslimischen Gläubigen einer anderen Nationalität (albanisch, türkisch) unterschieden werden. Um das Problem zu beseitigen, wurde das Wort Muslim, wenn es die Nationalität bezeichnete, mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben (Musliman), wenn es die Religionszugehörigkeit bezeichnete, dagegen mit kleinem Anfangsbuchstaben (musliman). Die jugoslawische Politik bemühte sich in der Folgezeit darum, das muslimische Nationalitätskonzept von jeglicher religiöser Konnotation fernzuhalten, doch haben anthropologische Studien gezeigt, dass diese Unterscheidung nicht vollständig aufrechterhalten werden konnte. Auch in den 1980er Jahren war für viele bosnische Muslime die nationale Identität noch eng mit dem Islam verbunden.[3]

„Mohammedaner“

Die gelegentlich umgangssprachlich gebrauchte, veraltete Bezeichnung „Mohammedaner“ wird von Muslimen im deutschen Sprachraum im Allgemeinen abgelehnt, da Mohammed zwar verehrt, aber nicht angebetet wird und damit nicht den Stellenwert Jesu im Christentum einnimmt.[4]

Das arabische muhammadi / محمدي / muḥammadī / ‚mohammedanisch, Mohammedaner‘ hingegen findet sich nach wie vor auch in anderen islamischen Literatursprachen wie Persisch,[5][6] (Osmanisch-) Türkisch[7] oder Urdu.[8]

Die Vergöttlichung Muhammads ist einzelnen Strömungen des Islam jedoch nicht gänzlich fremd: So galt der Muhammadiyya („Die Mohammedaner“) im Irak des 8. und 9. Jahrhunderts Muhammad sowohl als der unbekannte Gott, der sich dem Menschen nicht erschließt, als auch als einzig wahre Manifestation Gottes auf Erden.[9] Auch in einigen Strömungen des Sufismus setzt ab etwa 1100 eine nicht unumstrittene Mohammedmystik ein, für die Mohammed Logos oder universelles Geistwesen ist, das entsprechend verehrt wird.[10]

Im arabischsprachigen islamischen Schrifttum, z. B. in der Koranexegese von Ibn Kathīr, benutzt man die Ausdrücke wie „prophetische Gesetzgebung“ als Synonym zur „muhammadanischen Gesetzgebung“. Die islamische Gemeinschaft bezeichnet Ibn Kathir auch als „muhammadanische Umma“.[11] Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī spricht neben der Sunna des Propheten Mohammed auch von der „muhammadanischen Sunna“ bzw. von der „muhammadanischen Botschaft“.[12]

Weblinks

 Commons: Muslim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wiktionary: Muslim – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  Wikiquote: Muslim – Zitate

Einzelnachweise

  1. Mapping the Global Muslim Population. In: Pew Research Center. 7. Oktober 2009, abgerufen am 12. Februar 2016.
  2. Zit. nach Majid Khadduri: The Islamic Law of Nations: Shaybānī's Siyar. Baltimore: The Johns Hopkins Press 1966. S. 93.
  3. Vgl. Armina Omerika: "The Role of Islam in the Academic Discourses on the National Identity of Muslims in Bosnia and Herzegowina, 1950-1980" in Nadeem Hasnain (ed.): Beyond Textual Islam. New Delhi 2008. S. 58-96. Hier S. 58-61.
  4. Ralf Elger, Friederike Stolleis (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. Beck, München 2001. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002. (online)
  5. Francis Joseph Steingass: A Comprehensive Persian-English Dictionary. London 1892
  6. Sulayman Hayyim: New Persian-English Dictionary. Teheran 1936-1938
  7. V. Bahadır Alkım u. a. (Hrsg.): New Redhouse Turkish-English Dictionary. Istanbul 1991. Muhammedi explizit als „Muhammadan, Muslim“.
  8. John T. Platts: A dictionary of Urdu, classical Hindi, and English., London 1884
  9. Etan Kohlberg: Muḥammadiyya. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Band 7: Mif–Naz. Brill, Leiden 1993. S. 459a.
  10. Fritz Meier: Zwei Abhandlungen über die Naqšbandiyya. Istanbul 1994. S. 232.
  11. Ibn Kathir: Die Koranexegese. Tafsir al-Qur'an. Dar al-fikr. Beirut. Band 1, S. 556; Band 2, S. 60, 81;
  12. Ibn Hadschar: Fath al-bari (Kommentar zu al-Buchārī). Kairo. Band 2, S. 81; Band 9, S. 12; Band 13, S. 334