Hurra! Es tut sich nach fast einem Jahr des Stillschweigens und Konzert-Business-as-usual wieder was bei den Berliner Philharmonikern. Im Juni 2015 wurde Kirill Petrenko zum neuen Chefdirigenten gewählt, beruflich vor dem Orchester stand er seither (noch) nicht, das folgt – zum erst vierten Mal überhaupt! – ab dem 22. März mit Werken von Mozart, dem gegenwärtigen Composer-in-Residence John Adams und Tschaikowsky. Vorher wird er aber am 6. Oktober um halb drei Uhr nachmittags seinen Vertrag endlich unterschreiben. Das ist offiziell. Exklusiv zu lesen ist aber hier, dass wohl noch eine weitere Unterschrift geleistet werden wird: die der neue Intendantin. Es ist Andrea Zietzschmann.
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Für was steht eigentlich der 80-jährige Zubin Mehta?
Zubin Mehta ist zweifellos einer der berühmtesten unter den gegenwärtig aktiven Dirigenten. Er ist ein geistvoller Gesprächpartner, ein freundlicher Herr. Heute wird er 80 Jahre alt. Und er ist eigentlich eine der exotischsten Figuren des Klassikbetriebs – nicht nur als in Mumbai geborener Inder parsischen Glaubens, der es in die Topetage geschafft hat. Gleichzeitig spricht er Deutsch mit Wienerischem Akzent, weil er dort in den Sechzigerjahren als Kontrabassstudent naturalisiert wurde, später als einer der distinguiertesten Schüler der Dirigentenlehrerlegende Hans Swarowsky galt. Dort hat er mit seinem bis heute engen Freund Daniel Barenboim und mit Claudio Abbado studiert; mit letzterem sang er auch im Wiener Singverein unter Herbert von Karajan.
David Bowie: Tim Renner ist ein Ignorant
So würdigt der vorwiegend popkulturell sozialisierte Tim Renner, immerhin Berlins Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten, den Tod von David Bowie: „Seit Herbert von Karajan ist David Bowie wahrscheinlich der bedeutendste mit Berlin verbundene Musiker, den wir verloren haben. Bowie ist der Mensch, der exzellent bewiesen hat, dass man Stil haben kann, auch wenn man gegen den Strom schwimmt. Und egal ob in „Heroes“ oder mehr als drei Jahrzehnte später mit „Where Are We Now“, Bowie hat Berlin als Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten gefeiert.“
Kirill Petrenko übernimmt ab 2019 die Berliner Philharmoniker. So what?
Es nervt. Schon wieder wird von Unwissenden gemeckert oder bewusst versucht, Öl in ein nicht vorhandenes Feuer zu schütten. Dabei ist doch alles gut. Kirill Petrenko startet ab Sommer 2019 als Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Das wurde gestern vom Orchester wie von der Bayerischen Staatsoper und der Bayerischen Staatsregierung mitgeteilt. Die ersten Überbringer der frohen Botschaft waren die Münchner, denn dort hat er gegenwärtig sein Hauptaufgabenfeld. 2019 – das ist eine prima Nachricht. Denn man hatte eigentlich angenommen, dass Petrenko erst ab 2020 in München als Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper loszueisen wäre. Die Berliner haben sich nämlich sehr bewusst für einen neuen musikalischen Leiter entschieden, von dem man weiß, dass er loyal ist, dass er seine Verträge erfüllt und dass er Skrupel hat.
Leipziger Gewandhausorchester: Chailly geht – kommt Nelsons?
Wer am letzten Freitag bei der 235. Saisoneröffnung des Leipziger Gewandhausorchesters seine Antennen sensibilisiert hatte, der konnte es deutlich spüren. Alles wunderbar bei dem Eliteklangkörper an der Pleiße, aber irgendwie schient die Stimmung zwischen Chefdirigent und Musikern anders also sonst: distanzierter, geschäftsmäßiger. Dabei gelang Riccardo Chailly und den Seinen aus dem Stand eine wundervoll dramatisch durchpulste, letzte Dinge abwägende, dankbar Rückschau haltende, die Apotheose sanft und ohne blechsattes Ärmelaufkrempeln transzendierende Interpretation von „Tod und Verklärung“. Und auch das anschließende, meistgespielte aller Klarinettenkonzerte musizierte man mit dem tänzerisch bewegten, dann verinnerlicht Strukturen reflektierenden, ja im langsamen Satz auch anrührenden Martin Fröst angenehm unroutiniert, wach und blitzsauber.
Riccardo Chailly wird Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra
Die Berliner wollten ihn nicht, jetzt hat die Schweiz zugegriffen: Der neue Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra heißt Riccardo Chailly. Er tritt die Position mit Beginn des Sommer-Festivals 2016 an: Am 12. August 2016 wird er das Festivalorchester im Eröffnungskonzert zum ersten Mal leiten – mit Gustav Mahlers Achter Sinfonie. Riccardo Chaillys Vertrag ist auf fünf Jahre angelegt und sieht vor, dass er das Orchester in vier bis fünf Konzerten während der Festivalsommer dirigiert. Claudio Abbado, der das Lucerne Festival Orchestra 2003 zusammen mit Intendant Michael Haefliger gegründet und elf Jahre lang geleitet hatte, war am 20. Januar 2014 verstorben.
„Ich freue mich außerordentlich, dass mit Riccardo Chailly ein großartiger Künstler als Chefdirigent des Lucerne Festival Orchestra gewonnen werden konnte», kommentiert Intendant Michael Haefliger. „Arturo Toscanini rief 1938 dieses einzigartige Sinfonieorchester ins Leben, Claudio Abbado hat es 2003 wiederbegründet und zu Weltgeltung gebracht. Mit Riccardo Chailly übernimmt zum dritten Mal ein großer italienischer Dirigent die Leitung des Lucerne Festival Orchestra. Als herausragende künstlerische Persönlichkeit wird auch er neue starke Akzente setzen.“
„Für dieses herausragende künstlerische Projekt verantwortlich zu sein, das Claudio Abbado initiiert hat, ist nicht nur ein Privileg, sondern berührt mich zutiefst“, erklärt Riccardo Chailly. „Seit der Zeit, als er mich im Alter von 18 Jahren zu seinem Assistenten an der Scala ernannte, war Abbado mein Vorbild und dann mein Bezugspunkt und lebenslanger Freund, in tiefer Verbundenheit bis zum Ende. Ich arbeite mit Michael Haefliger seit vielen Jahren stets mit vollem künstlerischen Einverständnis. Ich glaube, dass die Zusammenarbeit mit ihm eine wirkliche Gelegenheit ist, das musikalische Profil des Orchesters und des Festivals weiterzuentwickeln, sowohl in der Schweiz als auch weltweit, so wie es das Festival verdient.“ Freilich wird das Orchester mit dem vielbeschäftigten Chailly nicht die Exklusivität haben, die es mit Abbado verband. Der war in seinen letzten Jahren sonst nur noch in seinen drei Berliner Konzerten mit einem Sinfonieorchester zu erleben. Man wird sehen, ob die Kundschaft diesem exzeptionellen, aber teuren Orchester weiter die Freundschaft hält und wie dieses zukünftig zusammengesetzt sein wird.
Riccardo Chailly, 1953 in Mailand geboren, ist seit 2005 Gewandhauskapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig und seit Januar 2015 Principal Conductor an der Mailänder Scala. Er studierte in Perugia, Rom und Mailand und wurde im Alter von 18 Jahren Assistent von Claudio Abbado an der Mailänder Scala. Von 1988 an leitete er 16 Jahre lang als Chefdirigent das Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam. Regelmäßig dirigiert er die wichtigsten Sinfonieorchester in Europa und den USA: die Wiener Philharmoniker, Berliner Philharmoniker, das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das London Symphony Orchestra und das Orchestre de Paris, das New York Philharmonic, das Cleveland Orchestra, das Philadelphia Orchestra und das Chicago Symphony Orchestra. Er gastierte immer wieder an den großen Opernhäusern wie der Metropolitan Opera New York, dem Royal Opera House, Covent Garden, in London, der Bayerischen Staatsoper in München oder dem Opernhaus Zürich. In Luzern ist Riccardo Chailly seit 1988 kontinuierlich zu Gast, mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam und mit dem Gewandhausorchester Leipzig.
Endlich ein gutes Orchester für Daniel Harding
Erstens hat er sich die Zähne schön regelmäßig machen lassen. Zweitens lächelt er jetzt entspannter, so wie er überhaupt weniger verbissen und arrogant bei den Orchestern rüberkommt. Und drittens wurde er jetzt – kurz vor seinem 40. Geburtstag am 31. August – ab Herbst 2016 zum neuen Chef des Orchestre de Paris ernannt. Die Rede ist von Daniel Harding, der so kometengleich seine unter anderem von Simon Rattle und Claudio Abbado ordentlich beförderte Dirigenten Karriere startete, dann aber irgendwie ins Stocken geriet.