Noch ein Berliner Alleinstellungsmerkmal: Wir haben den einzigen Hauptstadtflughafen der Welt, wo man (fast) völlig ungestört von jeglichem Fluglärm, ohne Parkplatzproblem, ohne Taxis und Autos sowie nach einem Spaziergang durchs menschenleere Terminal unter dem Vordach der Auffahrt Klassikkonzerte erleben kann. Die Brandenburgischen Sommerkonzerte in ihrem 25. Jahr, das Deutsche Symphonie-Orchester und der BER machten es möglich.
Archiv für den Monat: Juni 2015
Bayreuther Isolde: Kampe raus, Herlitzius rein, nächstes Jahr dann Petra Lang
Es steht ganz dezent – lila auf weißem Grund – mittig rechts auf der Homepage der Bayreuther Festspiele: „Evelyn Herlitzius als Isolde bei den Bayreuther Festspielen 2015“. Und weiter geht es im Text: „Die Leitung der Bayreuther Festspiele freut sich, dass KS Evelyn Herlitzius kurzfristig die Partie der Isolde in der Neuinszenierung „Tristan und Isolde“ bei den Bayreuther Festspielen 2015 übernimmt.“
Queen Elizabeth und Angelika Merkel tragen ihre Roben auf, Anne-Sophie Mutter muss den Hofknicks noch üben
Bei Queen Elizabeth II. wird zwar war streng darüber Buch darüber geführt, dass sie keines ihrer immer mehr auf Praktikabilität geschneiderten Kleidchen oder gar die nach wie vor kunstvoll unaufgeregten Hutkreationen allzu oft trägt. Doch den eher unmodischen Deutschen mutete die Monarchin zum Staatsbankett bei Bundespräsident Joachim Gauck unter dem Königin-Mary-Diadem ein weißes Kleid von Designer Stewart Parvin zu, das nicht neu war. Deshalb muss sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel nichts vorwerfen lassen, die unbekümmert mal wieder in dem lila Seidenzweiteiler unbekannter Herkunft eingeschwebt war, mit dem sie die Zaungäste bereits 2007 in Bayreuth und 2010 auch noch in Salzburg beglückt hatte.
Wird Kirill Petrenko neuer Chef der Berliner Philharmoniker ab 2020?
Endlich ein gutes Orchester für Daniel Harding
Erstens hat er sich die Zähne schön regelmäßig machen lassen. Zweitens lächelt er jetzt entspannter, so wie er überhaupt weniger verbissen und arrogant bei den Orchestern rüberkommt. Und drittens wurde er jetzt – kurz vor seinem 40. Geburtstag am 31. August – ab Herbst 2016 zum neuen Chef des Orchestre de Paris ernannt. Die Rede ist von Daniel Harding, der so kometengleich seine unter anderem von Simon Rattle und Claudio Abbado ordentlich beförderte Dirigenten Karriere startete, dann aber irgendwie ins Stocken geriet.
Matthias Schulz löst in Berlin Jürgen Flimm friedlich ab
„Der Regierende Bürgermeister möchte informieren über die Nachfolge….“ Landet eine solche Mail in den Berliner Kulturredaktionsstuben, dann ist meist die Ruhe dahin. Dann geht es einem Intendanten an den Kragen, dann gab es irgendwo Konflikte, dann hängt irgendwo der Theaterhaussegen schief. So war es jedenfalls beim Staatsballett, wo man Vladimir Malakhov ziemlich rüde den Stuhl vor die Tür setzte und auch beim Casus Volksbühne, wo man Frank Castorf ab 2017 in die Rente zwingt, um dann dort dem Perfomance-Zirkus von Chris Dercon vom Stapel zu lassen. Und bei der nächsten Bürgermeister-Information, am 17. Juni um 13.30 Uhr im Foyer des Schiller Theaters, geht es nun angeblich Jürgen Flimm an den Intendantenkragen.
Country House Opera IV: Mozarts „Entführung“ in Glyndebourne
Es ist schon seltsam: Wenn in Deutschland Mozarts „Entführung aus dem Serail“ in einem Premierenplan auftaucht, dann wird spätestens auf der Bühne versucht, die doofen Dialoge auf ein Mindestmaß zu kürzen, weil sie uns heute so harmlos und naiv vorkommen, der Umgang des Zeitalters der angeblichen Aufklärung mit dem Orient alles andere als politisch korrekt anmutet. Ja, das Bestreben um Musiktheater-Gerechtigkeit für die Türken geht sogar so weit, möglichst Regisseure mit Migrationshintergrund zu engagieren oder die Sprechrolle des am Ende doch verzeihenden und die Christen unbeschadet ziehen lassenden Bassa Selim ganz zu streichen; wie beispielsweise in München oder Salzburg geschehen.
Country House Opera III: „Fiddler on the Roof“ an der Grange Park Opera
Gibt es einen Unterschied zwischen „Walküre“ und „Fiddler on the Roof“? Nein, sagen wir! Nicht wenn man Bryn Terfel auf der Bühne hat, als traurigen Wagner-Germanengott im hochmögenden Gesamtkunstwerk oder als Jerry Bocks jüdischen, immer wieder mit seinem Jahwe hadernden Milchmann Tevye in dem bei uns als „Anatevka“ oder „Der Fiedler auf dem Dach“ bekannten globalen Musicalerfolg.
Country House Opera II: „Poliuto“ in Glyndebourne
Darf es sein, dass bei einer Donizetti-Oper der Chor und der Dirigent (schon vorher ausführlich beklatscht vom London Philharmonic Orchestra) den meisten Applaus abräumen? Im Grunde schon, denn es spricht dafür, dass man das Stück ernst genommen hat. Für gewöhnlich gibt man bei Belcanto-Schinken das Produktionsgeld vor allem für Starsänger aus. Und dann wird es eben, wenn die nicht wirklich die allerbesten sind, welche den vorgeblich schwachen Hintergrund, vor dem sie auftreten, vergessen machen, oft eine billige Show. Was wiederum dem Werk schadet, das dann schnell als schematisch, wenig bemerkenswert und einzig tauglich für Sängereitelkeiten abgetan wird.
Country House Opera I: „Intermezzo“ in Garsington
Komisch. Da sitzt man in der englischen Garsington Opera und erfreut sich an Richard Strauss’ in Deutschland vergleichsweise noch seltener gegebenen häuslichen Krachkomödie „Intermezzo“ und muss beim Auftritt der erstaunlich professionellen Schuhplattler-Boys in der Walzerszene am Gundlsee ausgerechnet an die große und weit ältere Country-House-Opera-Konkurrenz in Glyndebourne denken. Wohl deshalb, weil in den Dreißigerjahren, als der gesangsverrückte John Christie für seine Sopranistin-Gattin Audrey Mildmay dieses bis heute so charmant gebliebene Opernvergnügen gründete, dort alle sehr deutschfreundlich waren, nicht nur nach Bayreuth fuhren, sondern auch gerne auf ihrem Gelände in den Sussex-Down in echten Hirschledernen herumliefen.