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Kampf gegen Islamismus "Frauen kommen aus Syrien nicht mehr zurück"

Die Salafistenszene wächst rasant. Allein in Hamburg hat sich die Zahl seit 2013 verdoppelt. Besonders die Rekrutierung von Frauen nimmt zu. Einmal ausgereist, kommen sie meist nicht zurück.

IS-Heimkehrer, die Rekrutierung von Frauen und Mädchen und das Werben der Radikalen um Flüchtlinge: Das Präventionsnetzwerk aus Behörden und Vereinen, das gegen gewaltbereiten Salafismus in Hamburg kämpft, steht vor neuen Herausforderungen – und bekommt mehr Geld für den Kampf gegen den Islamismus. Der Senat erhöht die bisherigen Fördermittel von 1,34 Millionen Euro im Jahr, 2017 und 2018 sollen es jeweils bis zu vier Millionen Euro pro Jahr werden.

Sozialsenatorin Melanie Leonhard hob die Mitwirkung der Religionsgemeinschaften am Netzwerk hervor, deren aktive Beteiligung an dem 2014 gegründeten Verbund sei bundesweit einmalig. Das sind die drängendsten Baustellen:

Salafisten und "Rückkehrer"

Die Salafistenszene wächst seit Jahren rasant, von 2013 bis 2016 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt, auf heute 581 Personen. Das Gleiche gilt für die Mitglieder der Szene, die explizit als gewaltbereit gelten. 305 Personen stufen die Behörden als "dschihadistisch" ein, Anfang 2014 waren es nur 70 Menschen. Woher kommt der Anstieg? Es scheint eine Mischung zu sein: Zum einen sind da die wachsende Popularität des "Salafismus", der stellenweise sogar Züge einer Jugendkultur annimmt, und die Erfolge des Islamischen Staats der letzten Jahre. Zum anderen blicken die Behörden parallel stärker auf die Szene, der öffentliche Druck, aufzuklären, nimmt zu.

70 Personen sind seit 2012 aus Hamburg in den Irak oder nach Syrien ausgereist, darunter sind bekannte Fälle wie der Hamburger Konvertit Bilal, der im Kriegsgebiet umkam. Der Verfassungsschutz veröffentlichte vor Monaten eine Audiobotschaft, in dem sich der Konvertit vom IS distanzierte und andere Jugendliche warnte.

Dieser Fall habe abschreckende Wirkung in der Szene gehabt, sagte Verfassungsschutzchef Torsten Voß. Rund 20 Personen sind mittlerweile verstorben, der Verfassungsschutz spricht von 20 "Rückkehrern". Mit allen führe man Gespräche, sagt Voß, und versuche, Informationen über ihren Aufenthalt zu bekommen. Das Problem sei: "Fast alle kehren hier in Hamburg wieder in die Salafistenszene zurück." Nur sehr wenige wie der Bremer Harry S., der aktuell in Hamburg vor Gericht steht, distanzieren sich. Experten sind sich uneins, ob und wie man Rückkehrer in der Präventionsarbeit einsetzen könne.

Gefahr für Flüchtlinge

16 aktenkundige Anwerbeversuche von Flüchtlingen gab es bisher in Hamburg, häufig von Mitgliedern der Hizb ut-Tahrir (HuT), zu Deutsch "Befreiungspartei", einer radikalen Bewegung, die als straffer organisiert als die Salafisten gilt und in Hamburg etwa 90 Mitglieder hat. Vor allem durch Freizeitaktivitäten wie Fußballspielen will diese Gruppe Flüchtlinge anwerben. Dagegen will das Netzwerk vorgehen – auch, indem das Wachpersonal stärker und flächendeckender auf eine radikale Einstellung überprüft wird.

Normalerweise versucht die Beratungsstelle Legato, gefährdete Jugendliche über ihre Angehörigen zu erreichen – doch viele Flüchtlinge kommen alleine nach Deutschland. Was tun? Die Stadt will nun das erfolgreiche Projekt "Kiezläufer", bei dem ausgebildete Jugendliche als Konfliktvermittler fungieren, erweitern und auf die Unterkünfte ausdehnen und die islamische Jugendarbeit verstärken. Legato hat bisher in 100 Fällen beraten, pro Jahr stehen dafür 300.000 Euro zur Verfügung.

Frauen und das "Ausreiseproblem"

"Frauen, die nach Syrien oder in den Irak ausreisen, kommen nicht mehr zurück", sagte Verfassungsschutzchef Voß. Wenn der Ehemann verstirbt, würden sie direkt weiterverheiratet. Ihre Motivation, in den Dschihad zu ziehen, unterscheide sich von männlichen Jugendlichen. Allerdings gebe es auch immer öfter Frauen und Mädchen, die aktiv und selbstbestimmt ausreisen würden.

Die FDP fordert in einem Antrag den Senat auf, zu prüfen, ob man die "Lies!"-Kampagne, die die meisten Koranstände in Hamburg anbietet, verbieten könnte. Die Stände gelten als Anwerbestellen für Salafisten. Auch die CDU hält ein Verbot von Koranständen für notwendig. Senat und Verfassungsschutz sind skeptisch: Die meisten Stände würden von Einzelpersonen angemeldet, zudem sei die Zahl rückläufig, sagte Voß. Sozialsenatorin Leonhard ergänzte, ein Verbot dürfte nur dazu führen, dass sich neue Strukturen bilden.

Der Linksfraktion reichen die Bemühungen des Senats insgesamt nicht: "Die Einrichtung eines Präventionsnetzwerkes war wegen der steigenden Zahl der Dschihadistinnen ein dringend notwendiger Schritt", erklärt dazu Cansu Özdemir, Vorsitzende der Fraktion Die Linke. Jedoch fehle eine Evaluation der bisherigen Projekte im Beratungsnetzwerk.

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