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Natur & Umwelt

Wata Sauberes Trinkwasser mit nur einer Prise Salz

Von Bertrand Beauté, „La Tribune de Genève“ | Stand: 25.07.2016 | Lesedauer: 5 Minuten
Schulkinder in Burkina Faso profitieren von dem sauberen Trinkwasser Schulkinder in Burkina Faso profitieren von dem sauberen Trinkwasser

Schulkinder in Burkina Faso profitieren von dem sauberen Trinkwasser

Schulkinder in Burkina Faso profitieren von dem sauberen Trinkwasser

Quelle: Antenna Foundation

Mehr als 660 Millionen Menschen weltweit haben laut WHO keinen Zugang zu sauberem Wasser. Eine Schweizer Stiftung hat nun eine Technik auf den Markt gebracht, die verblüffend einfach Abhilfe schafft.
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Denis von der Weid ist ein Weltenbummler. Der Professor für kolumbianische Wirtschaft hat schon in den Slums von Bombay in Indien gearbeitet, als Piratenradio-Moderator in Afrika und als politischer Aktivist in der Schweiz, wo er 1974 unter anderem die „Nestlé Kills Babies“-Kampagne verantwortete. Von der Weid hat fast so viele Identitäten wie weiße Haare auf dem Kopf. Mit einem lebhaften Ausdruck in den Augen spielt er seit Jahrzehnten den Daniel Düsentrieb für die Bedürftigen, für die zahllosen Menschen auf der Welt, die von weniger als ein paar Dollar am Tag leben.

Im Jahr 1984 gründete er die International Antenna Foundation, ein Netzwerk von Menschenrechtsanwälten. Aber schnell wurde ihm klar, dass das nicht reicht. „Wie erfolgreich ist der Kampf um Menschenrechte, wenn die Ärmsten nicht einmal ausreichend Essen, Trinkwasser und Elektrizität haben? Diese Dinge sind lebenswichtige Güter, und trotzdem haben drei Milliarden Menschen keinen Zugang zu ihnen“, sagt von der Weid.

Denis von der Weid

Denis von der Weid

Denis von der Weid

Quelle: Antenna Foundation

Nach Lösungen suchte der Professor, der Recht und Wirtschaft an der Universität Freiburg studiert hatte, in den Naturwissenschaften. „Damals lebte ich in Indien und litt an Durchfall. Im Norden konnte man in jeder Wasserleitung trinkbares Wasser finden, aber im Süden war dies nicht der Fall“, erzählt er. Für solche Grundbedürfnisse aber interessiere sich die wissenschaftliche Forschung nicht. 1989 gründete von der Weid daher Antenna Technologies mit dem Ziel, den ärmsten Gemeinden der Welt dringend notwendige Technologien zugänglich zu machen.

Millionen Menschen haben kein sauberes Wasser

25 Jahre später stellt die Stiftung ihre Lösungen weltweit zur Verfügung. In 30 verschiedenen Ländern kämpft Antenna an verschiedensten Fronten: Nahrung, Landwirtschaft, Energie, Medizin, Mikrokredite. Mit dem Ziel im Kopf, sauberes Trinkwasser überall zugänglich zu machen, brachte die Foundation im Juni 2016 eine neuartige Technologie auf den Markt. Die sogenannte Wata-Technik ermöglicht die lokale Produktion von sauberem Trinkwasser.

Die Geräte reinigen große Mengen an Wasser mit nur einer Prise Salz. Ein Elektrolyseprozess verwandelt das Salzwasser in Chlor. In Burkina Faso wurden bereits 25 Gesundheitszentren mit einem solchen Gerät ausgestattet, ein speziell ausgebildetes Team arbeitet vor Ort daran, die Hygienestandards im lokalen Gesundheitswesen zu verbessern.

Doch das ist bisher nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatten im vergangenen Jahr rund 663 Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu sauberem Wasser, die meisten davon leben in Afrika südlich der Sahara (319 Millionen) und Südasien (134 Millionen). Würde man die Qualität des Trinkwassers, die sanitären Anlagen und die hygienischen Zustände in diesen Regionen verbessern, könnte man pro Jahr etwa 842.000 Todesfälle durch Durchfallerkrankungen vermeiden, darunter 340.000 Kinder unter fünf Jahren, wie die WHO errechnet hat.

Mikroalgen und stabile Solarglühbirnen

Die Antenna Foundation schätzt, dass mit dem Verkauf von bisher 2000 Wata-Geräten etwa 15 Millionen Menschen Zugang zu vier Liter gereinigtem Wasser pro Tag erhalten haben. „Wir könnten dasselbe für 50 Millionen tun, wenn wir mehr Ressourcen hätten. Wenn die Technologie angepasst werden könnte, könnten wir die Lebensbedingungen der ärmsten Menschen der Welt radikal verbessern“, sagt von der Weid. „Nimm zum Beispiel Wasser. Die Länder der Nordhalbkugel nutzen seit Jahren Kläranlagen mit einem Chlor-Reinigungssystem. Aber für die südlichen Länder ist das keine mögliche Lösung, weil die nötige Infrastruktur noch nicht vorhanden ist. Deshalb muss sich die Technologie verändern, damit man künftig Trinkwasser in jedem Haushalt herstellen kann.“

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Inzwischen hat Antenna damit begonnen, Spirulina-Algen in Indien zu kultivieren. „Diese essbare Mikroalge hat einen hohen Nahrungswert, ein paar Gramm pro Tag können den Ernährungszustand von unterernährten Kindern substanziell verbessern“, sagt von der Weid.

Und das ist nicht seine einzige Idee. „1,5 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität. Wir könnten ihnen jene Solarlampen anbieten, die wir derzeit verfügbar haben. Wenn die Birne zerbricht und man keine neue zur Hand hat, ist es aber ein Problem. Deswegen haben wir ein schlagfestes Modell entwickelt“, erzählt der unermüdliche Forscher.

Lokale Wirtschaft beleben und stärken

Auf globaler Ebene scheinen diese Lösungen zwar unbedeutend zu sein. „Aber unser Ziel ist es nicht, die Welt zu retten. Das können wir nicht“, sagt der Professor. „Wir stellen Lösungen zur Verfügung und bieten diese den Ländern der Südhalbkugel an. Das ist nicht Charity: Die Idee war es immer, die lokale Wirtschaft zu beleben, mit dem Ziel, die Gemeinden zu stärken. Deshalb haben wir auch ein ‚Schul‘-Programm in Burkina Faso gestartet, um Kinder über Chlor-Wasseraufbereitung aufzuklären.“

Und es funktioniert: In einigen Ländern werden einige der Lösungen, die Antenna zur Verfügung gestellt hat, mittlerweile selbst weiterentwickelt und auch lokal produziert und reproduziert. „Ich hoffe, dass das Modell von anderen NGOs, Institutionen und Forschungszentren kopiert wird. Heute interessiert sich die jüngere Generation mehr für Entwicklung als die akademische Welt. Ich finde es nicht akzeptabel, dass die meisten Universitäten keine Professur für die Forschung über Grundbedürfnisse haben“, sagt von der Weid.

„Wenn ich heute in die Slums von Bombay zurückkehre, finde ich viele meiner Freunde am genau gleichen Platz wieder, an dem ich sie vor 25 Jahren verlassen habe. Das derzeitige System beseitigt die extreme Armut nicht. Und trotzdem ist es so viel wert, die Lebensbedingungen einer einzigen Person zu verbessern, es ist ein Leben wert.“

Dieser Artikel erscheint im Rahmen des „Impact Journalism Day 2016“.

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