Die Tiere sind kleiner als die Wölfe, die man aus Europa kennt, sie wirken zierlich. Ihr Fell ist rot wie Zimt oder frisches Herbstlaub. Rotwölfe leben nur in Nordamerika. Wieder, muss man sagen. Vor hundert Jahren galten Rotwölfe dort als so gut wie ausgestorben.
In den 1970er-Jahren wurde ein Zuchtprogramm gestartet, und nun gibt es sie wieder, vor allem in Florida. Sie leben in den weiten, von Menschen nur dünn besiedelten Gebieten des Bundesstaats. Ihre Rückehr galt als Artenschutzerfolg, vergleichbar mit der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland. Der Rotwolf steht in den USA immer noch auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten – und damit unter strengem Schutz.
Aber, ist er das überhaupt, eine eigene Art? Diese Frage wirft eine neue Studie auf. Forscher haben die Gene des Rotwolfs untersucht. Und dabei eine Entdeckung gemacht, die weitreichende Folgen für das Leben der Tiere haben könnte. Die Art ist gar keine echte Art, vermuten die Forscher. Sie halten die Tiere für sogenannte Hybride – Mischlinge aus verschiedenen Arten.
Wenn der Rotwolf aber gar keine eigene Art ist, sollte er dann weiter geschützt werden? Bei der Diskussion geht es nicht nur um den Rotwolf. Denn auch andere Tiere könnten durch Genanalysen künftig ihren Status als eigene Art verlieren. Dass Wölfe Hybriden sind, das ist auch ein Verdacht, der gegen die nach Deutschland zurückgekehrten Wölfe immer wieder vorgebracht wird.
Zwei statt vier Wolfsarten in den USA und Kanada
Bisher dachte man, dass es in den USA und Kanada vier Wolfsarten gebe: den Grauwolf, den Kojoten, den Timberwolf und den Rotwolf. Doch als die Forscher um Robert Wayne von der University of California sich das Erbgut von insgesamt 28 Wölfen, Kojoten und Haushunden aus Nordamerika und Eurasien im Labor ganz genau ansahen, stellte sich heraus: Es gibt nur zwei.
Nur der Grauwolf und der Kojote sind, genetisch betrachtet, eigene Arten. Zwar sind sie eng miteinander verwandt, doch irgendwann in dem Zeitraum zwischen 115.000 Jahren und 600 v. Chr. teilten sie sich auf und entwickelten sich unabhängig voneinander weiter. Der Rotwolf und der Timberwolf aber sind den Ergebnissen der Studie zufolge Hybriden: eine Mischung aus Grauwolf und Kojote.
Das könnte die Zukunft des Rotwolfes bedrohen. Denn der U.S. Endangered Species Act, das Gesetz, das die Rotwölfe derzeit unter Schutz stellt, erstreckt sich nicht auf sogenannte "Mischlinge".
Die Züchtung der Rotwölfe ist bedroht
Wird dem Rotwolf also sein Status als eigene Art aberkannt, würde er seinen Status als geschützte Tierart verlieren, und auch das Zuchtprogramm müsste abgebrochen werden. Die Forscher, die den Rotwolf in diese missliche Lage gebracht haben, setzen sich nun aber dafür ein, dass der Schutz trotzdem erhalten bleibt. "Hybridisierung ist eine natürliche und häufig vorkommende Entwicklung", sagt Studienautor Robert Wayne.
Andere Experten fordern, gleich das Artenschutzgesetz insgesamt zu überarbeiten. Denn der Rotwolf wird nicht die einzige Spezies bleiben, die durch Genanalysen den Status als Art verlieren wird. "Dass eine Art nicht beschützt werden soll, nur weil es sich um einen Hybriden handelt, geht einfach nicht mehr", sagt etwa Roland Kays vom North Carolina Museum of Natural Sciences. Noch ist nichts entschieden.
Die deutschen Wölfe jedenfalls haben nichts zu befürchten. Bisher gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass es sich bei ihnen um Hybriden handelt.