SU 24/Tag 2

13:15

Das vollständige Interview mit dem Navigator der abgeschossenen SU 24 (mit deutschen Untertiteln)

17:30

Hier Auszüge aus einem türkischen Kommentar zum Absturz (Emre Uslu in Today´s Zaman)

“Die Entscheidung, das russische Flugzeug abzuschießen, wurde nicht nur in der Türkei getroffen. Wenn das so gewesen wäre, wären die Reaktionen aus den verschiedenen westlichen Hauptstädten ganz andere als die, die wir jetzt gehört haben. Es ist jetzt klar, dass die Türkei – genauer gesagt, Präsident Recep Tayyip Erdogan – einen neuen Vertrag mit dem Westen abgeschlossen hat, und der Abschuss des russischen Jets ist nur die erste Stufe dieses Vertrags. (…)
In den Wochen, die dem Zwischenfall mit dem Flugzeug vorausgingen, hat Ankara ein Projekt umgesetzt – das mit der türkischen Öffentlichkeit immer funktioniert. Es wurde ein lautes Mediengeschrei erhoben um die “Massaker, die an den Turkmenen in Syrien begangen werden”. (…) Wann auch immer in der Türkei Aufhebens darum gemacht werden, dass Türken oder Turkmenen im Ausland zu schaden kommen (oder kommen könnten), bedeutet das, dass es bald zu einem Militäreinsatz kommt.(…)

Tatsächlich fand ich schon vor einiger Zeit all die Nachrichten über Massaker an Turkmenen in Syrien verdächtig, deshalb schrieb ich auf meinem Twitter-Account schon am 20. November: “Wenn es Nachrichten über das TURKMENISCHE DRAMA in der Türkei gibt, heißt das, die Gesellschaft wird auf etwas vorbereitet. Sie werden unser Militär nach Syrien schicken, darum sind all die Nachrichten über die turkmenischen Berge höchst verdächtig”

(…) Aber heißt das, das war eine Operation, die die Türkei alleine durchführte, oder mit Rückendeckung eines Netzwerks westlicher Länder?

Wir sehen diese Frage durch die Erklärungen beantwortet, die Obama gleich nach dem Zwischenfall machte. Während Obama beide Seiten warnte, “die Spannung nicht zu erhöhen”, beschuldigte er nur Russland direkt. Er sagte, Russland behaupte, ISIS zu bombardieren, aber in wirklichkeit bombardiere es die Opposition entlang der Grenzen. Die zweite Hälfte seiner Bemerkung ist entscheidend, weil es sich hierbei um das erste Mal handelt, dass wir Obama von den turkmenischen Bergen reden hörten, in Nordsyrien, und dass er derart beschützerisch von diesen Gruppen sprach, während er gleichzeitig die Russen beschuldigte. Aber wer sind diese Gruppen, für deren Schutz sich Obama stark macht?

Nun, da ist al-Nusra, wie auch Ahrar al-Sham und die Fatih-Brigaden. Die meisten dieser Gruppen sind auf die eine oder andere Weise mit al-Kaida verbunden. Diese beschützende Rhetorik, die wir von Obama in Bezug auf diese Gruppen hören, zeigt uns, dass die Türkei nicht der Hauptplaner dieser letzten Operation war.

(…) Das ist eindeutig ein gut eingeübtes Szenario. Wir haben in der Vergangenheit den Abschuss eines syrischen Hubschraubers und eines Flugzeugs erlebt, es ist nicht lange her, aber da gab es nichts wie eine Verteilung von Karten und einer Vorbereitung der öffentlichen Meinung im Vorhinein, wie wir es dieses Mal sahen.

Für all jene, die die normale Geschwindigkeit der türkischen Bürokratie kennen, ist offensichtlich, dass wir solche Erklärungen, wie wir sie gehört haben – und die Reaktionen, die wir gesehen haben – nicht derart rechtzeitig hätten erfolgen können, wäre dieses Szenario nicht vorab vorbereitet worden.”

Das findet sich mittlerweile über den vermeintlichen “turkmenischen Kommandeur”, der sich so über die Ermordung des abgesprungenen Piloten freute – es handelt sich um den Sohn eines faschistischen Bürgermeisters aus der Türkei.

Seine Handhaltung im Bild rechts oben reicht, um seine Gesinnung zu illustrieren. So grüßen die Grauen Wölfe, die türkischen Faschisten.

Die üblichen Verfechter westlicher Werte also.

(Das Bild lässt sich durch anklicken vergrößern)

vermeintlicher Turkmene

24:00

Noch ein Blick in die Türkei: dort wurden heute zwei Journalisten verhaftet, weil sie über Waffentransporte aus der Türkei an Islamisten in Syrien berichteten. Es handelt sich um den Chefredakteur der Zeitung “Cumhuriyet” und den Hauptstadtkorrespondenten.

In der Pressekonferenz mit Hollande heute nachmittag hat Putin erstmals ausgesprochen, dass die Türkei das von Daesh geschmuggelte Öl verkauft. Wie erwartet werden jetzt also die Informationen zur Finanzierung von Daesh Stück für Stück an die Öffentlichkeit gebracht.

Bundesdeutsche Medien greifen das Thema aber nicht auf. Auch wenn sich die Informationen zur Verwicklung des Erdogan-Sohnes Bilal Erdogan in diesem Zusammenhang verdichten; Zero Hedge hat für die nächsten Tage ausführliche Daten zu seinen Unternehmen angekündigt.

Diese Frage wird also so geklärt, wie das mit schwierigen Fragen in letzter Zeit meistens der Fall ist – durch Verschweigen. Nur die “Liberation” in Frankreich sticht heraus. Sie attackierte ein Foto, das Bilal Erdogan mit Daesh-Funktionären zeigen soll, und schrieb, es handle sich um zwei Besitzer eines Restaurants in Istanbul, das auf Leber spezialisiert sei… Die entscheidende Frage, ob B. Erdogan Geschäfte mit gestohlenem Öl macht, wurde wohlweislich ausgeklammert.

Die Billigung der USA setzt auch Ischtschenko in seiner Analyse voraus. Er amüsiert sich über die türkische Behauptung, man habe nicht gewusst, um wessen Flugzeug es sich handelt: “Die Piloten wussten nicht, wen sie abgeschossen hatten, und der türkische Generalstab berichtete sofort, ein russischer Bomber sei abgeschossen worden. Der Premierminister wurde informiert, man würde ein unbekanntes Flugzeug abschießen – und erteilt sofort seine Zustimmung, in einer Region, in der Flugzeuge Russlands, der USA, Frankreichs und sogar Kanadas unterwegs sind. Nur keine Flugzeuge von ISIS. Vor allem, der Start der Kampfflugzeuge, zehn Warnungen und die Erteilung der Genehmigung durch den Premierminister, das Flugzeug abzuschießen, schafften die Türken, nach Erdogan, in nicht mehr als 17 Sekunden.” Er schreibt, Erdogan sei zwar spontan zu Fehlentscheidungen durchaus in der Lage. Der Abschuss sei aber keine “Handlung aus Leidenschaft gewesen. Es war ein kaltblütig bedachter und geplanter Mord.”

“Ankara, wie Tiflis 2008, verließ sich auf den Schutz der USA und der NATO. Die Türken standen dabei auf stabilerem Grund als die Georgier – schließlich ist die Türkei NATO-Mitglied. Aber das Ergebnis war das gleiche. Die USA gingen fort und gaben vor, unschuldig zu sein. (…) Erdogan wurde in die Falle gelockt. Er wurde überredet, die russischen Truppen angzugreifen (einen unprovozierten Akt der Aggression zu begehen und damit einen Grund für eine militärische Antwort zu liefern) und wurde mit dem Schicksal alleingelassen.” Die USA hätten dabei keinen spontanen Konflikt zwischen der Türkei und Russland erwartet. “Es ist ebenso unwahrscheinlich, dass sie darauf hofften, dass die EU und die NATO durch die unbeholfenen türkischen Lügen beeindruckt würden und herbeieilten, um Ankara vor Moskau zu retten.”

Allerdings hätte Washington Pläne mit den Kurden, die den Interessen Ankaras entgegenliefen. Und es wäre nützlich, wenn die Gegner Erdogans sich jetzt an Russland um Unterstützung wenden könnten.

Russland sieht er hier in einer schwierigen Lage, weil weder eine Destabilisierung der Türkei noch ihre Umwandlung in eine Filiale von Daesh im russischen Interesse läge.

Erdogan sei aber, wie Poroschenko, darauf angewiesen, auf einen Krieg zuzusteuern: “Das ist für ihn extrem riskand, aber ertragreich. So wie es für Poroschenko die riskante, aber einzige Lösung ist, den Krieg im Donbass wieder aufzunehmen. Wenn Erdogan und Poroschenko im Stande sind, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen, dann wird der US-amerikanische Traum Wirklichkeit – Russland stünde der Aussicht gegenüber, gleichzeitig in einen bewaffneten Konflikt mit der Ukraine und mit NATO-Ländern gezogen zu werden.”

Allerdings könnte es durchaus sein, dass sich Erdogan zu viel von seinen Herrn erhofft. “Die USA bieten an, mehr und mehr ihrer Verbündeten zu opfern. Früher oder später werden sie ein Opfer bringen müssen.”