600 Jahre lang war
Angkor das alles überstrahlende
Reich in Südostasien.
Heute liegen seine gigantischen
Tempel überwuchert im Dschungel Kambodschas. Was die Millionen Touristen, die jedes
Jahr die berühmten
Ruinen besichtigen, nicht ahnen: Der zentrale Tempel
Angkor Wat ist nur die noch sichtbare Krönung einer einst riesigen
Metropole, die erstaunliche Ähnlichkeit mit gegenwärtigen Großstädten hatte. Die archäologischen Untersuchungen eines australischen Forscherteams suchen nach einer Antwort auf die Frage, ob Angkor einmal die größte
Stadt der
Welt war.
Es ist ein seltsamer Ort, um eine Stadt zu errichten.
Eine Stadt, geprägt von Hunderten Tempeln und meterlangen steinernen Reliefs. Mitten im Dschungel von Kambodscha. Um das Jahr 1200 beginnt der Aufstieg Angkor Wats zur größten Stadt der Welt jener
Zeit. Während
London gerade einmal 40
000 Einwohner hatte, lebten hier schätzungsweise bis zu einer
Million Menschen. Auf einer Fläche, größer als das heutige
New York.
Als sich im Jahre 1863 der deutsche Forscher
Adolf Bastian auf den weiten Weg in den Dschungel Kambodschas machte, ahnte er nichts von den wirklichen Ausmaßen der Stadt. Bastian sah in ihr vor allem ein großes Heiligtum des Khmer-Volkes, die davon überzeugt waren, dass Riesen einst die Tempel errichtet hätten. Denn wer sonst hätte die großen Steine so zielsicher platzieren können, fragten sie den verdutzten Wissenschaftler?
Bastian erkannte bei genauer Ansicht der steinernen Reliefs schnell, dass die mythologischen Wurzeln Angkors nicht im Buddhismus, sondern im Hinduismus zu finden seien.
Daher vermutete der Deutsche auch einen Zusammenhang zwischen dem
Untergang Angkors und den Auseinandersetzungen um die religiöse Vormachtsstellung zwischen Buddhisten und Hinduisten am Hof Angkors.
War es möglich, dass ein Streit um den richtigen Glauben den Niedergang der Stadt eingeleitet hatte? Für die Hunderten Wasserkanäle und riesigen Wasserreservoirs interessierte sich Bastian kaum. Aus seiner Sicht folgerichtig, waren sie für ihn nur die Verkörperung des Ur-Ozeans in der hinduistischen Lehre von der Entstehung der Welt. Dass sie mit dem Untergang der Stadt zu tun haben könnten, kam ihm nicht in den
Sinn.
Diese These jedoch vertreten heutige Wissenschaftler, die auf den
Spuren Bastians nach Angkor Wat zurückkehren. Dank neuartiger Hi-Tech-Forschungsmethoden, wozu auch wärmesensible Infrarot-Kameras gehören, die aus dem
Space Shuttle der
NASA Luftaufnahmen machen, ist es einem
Team um den australischen Wissenschaftler
Roland Fletcher gelungen, die wahren Ausmaße Angkors aufzuzeigen. Sie sind um ein Vielfaches größer, als frühere Forscher wie Bastian ahnen konnten. Eine atemberaubende Entdeckung, die unsere Sicht Angkors und die Frage nach seinem Untergang komplett verändert.
Die Luftaufnahmen zeigen eine Metropole, umrahmt von einem alles umspannenden Kanalsystem. Eine gigantische Infrastruktur für fast eine Million Menschen, in ihren Ausmaßen größer als alle Städte jener Zeit. "
Es war diese stetig wachsende Infrastruktur, die Angkor irgendwann zum Verhängnis wurde", sagt Wissenschaftler Fletcher. 600 Jahre lang wuchs Angkor, bis das Reich an seiner eigenen Größe zugrunde ging. War sie Opfer eines Klimawandels - alle Zeichen deuten darauf hin. Der Wasserspiegel sank, das immer fragilere
System brach zusammen. Fletcher und sein Team vermitteln die Erkenntnis, dass auch das ausgeklügeltste Versorgungssystem den Untergang nicht verhindert, wenn eine Zivilisation das Maß verliert.
- published: 06 Mar 2015
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