Kremmen. Stürmisch war es am Mittwochmittag. So stürmisch, dass die obligatorischen Reden zum Richtfest vom Hausdach aus nach kurzer Zeit abgebrochen und ins Festzelt verlegt worden sind.
Der Baufortschritt für die neue Wohnanlage an der Berliner Straße in Kremmen ist schon sehr deutlich zu sehen. Dort entstehen neun Mehrfamilienhäuser, die zunächst von Flüchtlingen genutzt werden sollen und in bis zu fünf Jahren dem offenen Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen könnten.
Zum Richtfest am Mittwoch waren vor allem geladene Gäste gekommen. Stadtverordnete waren ebenso vor Ort wie Ortsvorsteher, viele Helfer der Willkommensinitiative und Bauarbeiter. Alle anderen konnten sich am späten Nachmittag in den Häusern auf der Baustelle umsehen.
Landrat Ludger Weskamp (SPD) würdigte das „besondere Projekt“, das in Kremmen entstanden sei. Es mache es möglich, Menschen unterzubringen, ohne auf Notmaßnahmen zurückgreifen zu müssen. Dass später die Häuser dem Wohnungsmarkt zur Verfügung stehen, „trägt dazu bei, notwendige Kapazitäten zu schaffen.“ Der Landkreis wird die neun Häuser mieten, bis zu 240 Geflüchtete werden darin leben. Weskamp sagte auch, dass Fehler gemacht worden seien und sprach damit die Vergabeprobleme an. Aber sie seien angesprochen und korrigiert worden, das sei selbstverständlich, so Weskamp weiter.
„Seien Sie mir mit stolz auf unsere kleine Stadt Kremmen, die ein derartiges Projekt erdacht, geplant, solide finanziert und realisiert hat“, sagte Bürgermeister Klaus-Jürgen Sasse (SPD). Es handele sich um ein Projekt, das Schule machen werde. Sasse freute sich, dass das Projekt auch gegen den Widerstand, die, so der Bürgermeister, „Ignoranz“ einiger Stadtverordneter möglich geworden sei. Bauunternehmer Ulrich Kaatzsch lobte Landrat, Bürgermeister und Abgeordnete für den Mut, „einmal was anders zu machen, als in Deutschland üblich ist.“ Andere Kommunen würden Container aufstellen lassen, bei denen die Nachnutzung danach völlig unklar sei, so Kaatzsch in seiner kurzen Rede.
Ende August könnten die ersten Geflüchteten in die Wohnungen einziehen. Der Vertrag für die Unterkünfte an der Milchviehanlage läuft noch bis Ende Februar 2017. Laut Geschäftsführer Malte Voigt würden sie danach wieder für die Erntehelfer benötigt.
Von Robert Tiesler