Stellungnahme zum Polizeieinsatz am Kollektiven Zentrum
Montags, halb sechs im Münzviertel:
Bauarbeiter flexen das Tor zum Gelände der ehemaligen Gehörlosenschule auf, in der sich seit fast einem Jahr das Kollektive Zentrum (KoZe) des Stadtteils befindet und beginnen einen Zaun quer durch den Innenhof zu errichten. Auf Nachfrage geben sie an, es würde sich um die Vorbereitung einer Asbestsanierung im Rest der Schule handeln. Für ein längeres Gespräch bleibt allerdings keine Zeit, da eine Hundertschaft der Polizei überfallartig den Hof stürmt und vier anwesende Aktivisten festnimmt. Das Gelände wird von mehreren Hundertschaften, drei Wasserwerfern und Räumpanzern umstellt. Die Andeutung einer Räumung trotz gültigen Mietvertrags liegt in der Luft und aus der rechten Ecke tönt es, dass Bauarbeiten gegen diese „neue Rote Flora“ nur unter Polizeischutz durchsetzbar wären. Doch was wird hier eigentlich gespielt?
Wie kann es sein, dass eine so weitreichende und potentiell gesundheitsgefährdende Maßnahme wie die Asbestsanierung der Schule nicht im Vorfeld mit den Mietern des KoZe abgesprochen wurde? Wieso wird in einem Moment, in dem sich die Aktivisten des KoZe gerade erst mit der Stadt an einen Tisch gesetzt haben, dermaßen rabiat vorgegangen? Und wozu das massive Polizeiaufgebot, wenn nicht von vorneherein auf Eskalation gesetzt wurde?
Die Antworten auf diese Fragen sind so einfach, wie sie widerlich sind: Das Vorgehen gegen die Stadtteilaktivisten, die Verweigerung eines Dialogs, das massive Polizeiaufgebot und die drastischen baulichen Maßnahmen haben natürlich wenig bis nichts mit einer Asbestsanierung zu tun, sondern dienen einzig und allein dem Zweck, Bilder von behelmten Hundertschaften und vermeintlicher Randale auf dem Gelände des KoZe zu produzieren. Dahinter soll die alltägliche Arbeit des Zentrums, wie Yoga-, Kickbox- und Capoeira-Kurse, Flüchtlingshilfe und Sprachkurse, Food-Coop, Fahrradwerkstatt, Plattdeutsch- und Meditationsgruppe, Kino und offene Nähwerkstatt, verschwinden, um eine kommende Räumung vorzubereiten. Wieder einmal werden sogenannte Bau- oder Sachzwänge benutzt, um eine Politik durchzusetzen, die sonst durch nichts zu legitimieren ist. Denn bei den angekündigten 400 Wohnungen, die auf dem Areal errichtet werden sollen, handelt es sich um Mikro-Apartments, die bei einem Quadratmeter-Preis von 30 Euro landen werden. Das Projekt aus dem Viertel soll also dem Profitstreben eines Investors weichen. Dass nebenbei auch noch das Baumhaus auf dem Gelände des Projekts von der Polizei zerstört wurde, kann eigentlich nur noch als bösartig bezeichnet werden.
Dieses dreckige Spiel ist nur allzu durchsichtig und wir denken nicht daran mitzuspielen. Im September 2010 versuchte Bezirksamtsleiter Schreiber das Gängeviertel mundtot zu machen, indem er die Fabrik baupolizeilich sperren ließ. Er ist damit glorreich gescheitert und wir hoffen, dass sich unsere Freunde auf der anderen Seite der City auch nicht unterkriegen lassen.
KoZe bleibt!
Gängeviertel, Juli 2015