Auf eines Fremden Arsch ist gut durch Feuer reiten!
Gabi Zimmer, Fraktionsvorsitzende der europäischen Linken
GUE/
NGL, im
Plenum des Europäischen Parlaments während der Aussprache zum bevorstehenden Treffen der EU Staats- und Regierungschefs: "
Ohne übertriebene Polemik möchte ich fragen, meine
Damen und Herren von Rat und Kommission, ob Sie eigentlich überhaupt noch ruhig schlafen können. Denn so gut wie alles, was in den letzten Monaten und Jahren getan worden ist, um aus der Krise herauszukommen, ist doch schiefgelaufen. Es ist schiefgelaufen, ist gegen die
Wand gefahren worden, es ist gescheitert. Davon zeugt zum Beispiel der IWF-Bericht zum Scheitern der Arbeit der
Troika in
Griechenland vor dem Hintergrund falscher Annahmen, falscher Daten, falscher Prognosen und einer völlig falschen Politik, die zu einer
Verschärfung von
Armut und sozialer Ausgrenzung geführt hat. Davon zeugt auch gerade -- und das ist symbolisch zu verstehen -- das Ausschalten der staatlichen
Sender in Griechenland. Das ist doch mehr als nur ein Vorgang, wo halt mal irgendetwas geschlossen wird. Ich finde, die Solidarität mit Journalisten, mit Beschäftigten der Sender und auch mit der Bevölkerung in Griechenland, die vor dieser
Katastrophe steht, tut unserem Parlament gut, und die möchte ich hier auch im Namen meiner Fraktion aussprechen.
Aber auch die Klage gegen die EZB in
Karlsruhe ist doch verdammt ernst zu nehmen! Wir haben doch immer gefordert, wir wollen, dass die EZB als lender of last resort wirkt. Wenn sie aber nicht die entsprechende vertragsrechtliche Grundlage bekommt, dann ist das in erster Linie auch ein Versagen der politischen Institutionen. Das wird weitreichende Folgen haben; es ist nicht eine Klage, die einfach mal so ausgesessen werden kann. Ich frage mich, ob sich der Rat genau diesen Fragestellungen auch stellen wird, ob er sich genau damit befassen wird, um letztendlich auch Politik zu korrigieren.
Hinzukommt, dass es eine Zuspitzung zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat gibt. Es ist doch nicht mehr nachzuvollziehen, dass wir eine beständige Ausweitung der Unionsmethode haben.
Frau Merkel kann erklären, was sie will. Sie kann über die
Rolle des Europäischen Parlaments parlieren, wie sie möchte. Fakt ist, auch im Hollande-Merkel-Papier ist davon die Rede, dass es um die Ausweitung der zwischenstaatlichen Kooperation geht, und die geht nun mal am Europaparlament vorbei! Wir merken das doch auch mit Blick zum Beispiel auf den Mehrjährigen Finanzrahmen. Da wird so getan, als sei der Beschluss vom Februar eine Gesetzesgrundlage! Das ist aber nichts mehr als eine Entscheidung des
Rates, über die wir jetzt miteinander verhandeln müssen. Stattdessen werden wir ständig mit neuen Erpressungsvorlagen und Verhandlungsblockaden konfrontiert. Das ist keine Kooperation mehr, das ist eine Machtausstattung, eine Machtfülle des Rates, die sich jeglicher politischer und demokratischer Kontrolle entzieht. Das ist Faktum, und damit müssen wir uns auseinandersetzen!
Ich sage Ihnen auch noch deutlich: Sie reden auch von der Schaffung von neuen Mechanismen für Anreizfonds. Ja, woher kommen die Gelder? Werden die aus dem laufenden
MFR genommen? Woher kommen die? Womit konfrontieren Sie uns hier ständig? Sie zwingen uns als Parlament, dass wir einer Defizitunion zustimmen! Damit zwingen Sie uns, dass wir etwas tun, was vertraglich überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Das kann nicht sein! Und diese
Form der Kooperation ist nicht mehr auszuhalten. Was werden Sie also konkret tun, auch mit Blick auf die soziale
Dimension der
WWU?
Es geht um die Beibehaltung der Vertragsfreiheit der Sozialpartner, es geht um die Frage -- und davon lese und höre ich leider überhaupt nichts -- der Aufnahme der sozialen Fortschrittsklausel in die Verträge. Es werden keine Empfehlungen mehr abgegeben werden an die Länder, die zu einer Vertiefung von Armut führen werden. Das kann und darf einfach nicht mehr sein!
Wir brauchen eine klare Abkehr von der Austeritätspolitik! Die Eingriffe in die Lohn- und Sozialpolitik sind zurückzunehmen! Die Empfehlungen im Hollande-Merkel-Papier, einen gemeinsamen Arbeitsmarkt auf einem niedrigen
Level zu schaffen, sind eine Unverschämtheit! Stattdessen muss die
Bundesrepublik Deutschland endlich etwas dafür tun, dass die unteren Löhne endlich hochgezogen werden und dass Schluss ist mit dem Lohndumping in der Bundesrepublik Deutschland! Es gibt ein schönes deutsches Sprichwort, das da sagt: „Auf eines Fremden Arsch ist gut durch Feuer reiten", dass also die Bundesrepublik Deutschland auf Kosten Anderer durch die Krise kommt!"