Dieser Bericht wurde auf indymedia veröffentlicht.
Am Dienstag, 23.05. fanden die ersten Prozesse statt, die im Zusammenhang mit der Besetzung der Alten Post stehen.
Schon vor Verhandlungsbeginn war der Gerichtsraum überfüllt von Zuschauer_innen, die gekommen waren um den angeklagten Menschen zu unterstützen. Viele Zuschauer_innen mussten stehen wenn sie dem Prozess folgen wollen. Auch die lokale Presse war vertreten und hat Interviews geführt.
Der Vorwurf lautet ‚Hausfriedensbruch‘. Die angeklagte Person soll sich am 8.2.16 in der Alten Post am Hansaring befunden haben, die einige Tage zuvor besetzt worden war. Die Staatsanwaltschaft wertete seine Anwesenheit als Einbruch.
Die Person, die in diesem Verfahren angeklagt wird, kam selbst auch zu Wort und erläuterte, dass der Vorwurf des ‚Hausfriedensbruchs‘ paradox anmute, da es sich bei der Alten Post um ein Gebäude handelte, welches zum damaligen Zeitpunkt abgerissen werden sollte, was später auch erfolgt ist. Bei der riesigen Brachfläche, die jetzt die Bewohner_innen des Hansaviertels vor sich haben, wirkt diese Argumentation zum ‚Schutz des Eigentums von Bürger_innen‘ mehr als lächerlich.
Es wurde auch die politische Brisanz des Ortes erläutert. Die Menschen im Hansaviertel haben sich seit Bekanntwerden des Vorhabens von der Firma Stroetmann ein riesiges E-Center bauen zu wollen, gewehrt. Einkaufsmöglichkeiten gebe es in der Ecke genug, was auch durch Untersuchungen belegt worden sei. Der Stadtrat ignorierte die mehr als 500 Einwände gegen das Bauvorhaben und machte damit deutlich, dass eine Politik des Profits wichtiger ist, als die Wünsche und Bedürfnisse der Menschen, die in dieser Stadt leben.
Diese Worte schienen beim Richter Künneth auf Widerstand zu stoßen, da er die angeklagte Person unterbrach und ihm vorwarf, dass seine Äußerungen nichts mit der Sache zu tun hätten.
Doch tat dieser nichts anderes, als den Prozess und die Besetzung in einen größeren Zusammenhang einzubetten indem er fragte: „Was sind Anklagen wegen Hausfriedensbruch anderes als Eigentumsschutz um seiner selbst willen, wenn das Gebäude- und das war monatelang öffentlich bekannt- der Abrissbirne geweiht und daher dem Verfall überlassen wird?“
Der Verteidiger wies außerdem auf Ungereimtheiten bei der Strafanzeige hin. So sei einerseits nicht klar, wer die Strafanzeige überhaupt gestellt habe. Zum anderen bezog sich die Strafanzeige auf den 06.02., während die Räumung, bei der die angeklagte Person angetroffen wurde, am 08.02 stattfand. Die Verteidigung forderte deshalb eine Einstellung des Verfahrens.
Der Richter zog sich daraufhin zur Beratung zurück und erläuterte nach einer 10-minütigen Unterbrechung, dass es unterschiedliche Rechtsprechung in ähnlichen Verfahren gab, aber tatsächlich offen bleibt wer die Strafanzeige gestellt hat und ob diese überhaupt Gültigkeit besitzt.
Deshalb wird ein zweiter Prozesstermin angesetzt.
Der Widerstand im Hafenviertel, Hausbesetzungen und die Forderung nach einem Sozialen Zentrum sind schon seit Jahren Themen, die viele Menschen in Münster beschäftigen, diskutieren und wofür sie kämpfen. Doch die Stadtpolitik ignoriert diese Stimmen und versucht durch Repression, durch Polizei und Gerichte, kritische Stimmen kleinzuhalten.
Deshalb ist es wichtig, dass die angeklagten Menschen Solidarität erfahren. Das kann auf verschiedenen Wegen passieren, wie zum Beispiel durch die Anwesenheit von Unterstützer_innen bei Prozessterminen. Auch Spenden sind wichtig, denn leider kommen auf die Angeklagten außer dem Stress auch Kosten zu, wofür jeder Beitrag zählt.
Sämtliche Spenden für die Menschen, die derzeit Prozesskosten haben, können an das Konto der Schwarz-Roten-Hilfe Münster überwiesen werden:
Schwarz-Rote-Hilfe Münster
Betreff: leerstand beleben
IBAN DE02440100460282052468
BIC PBNKDEFFXXX
Postbank Dortmund
Falls es dazu kommt, dass alle Beschuldigten freigesprochen werden – was selbstverständlich zu hoffen ist ; ) – fließt jeglicher Überschuss an gespendetem Geld nach Deckung der Prozesskosten ausschließlich in die Anti-Repressionsarbeit der Schwarz-Roten-Hilfe Münster. Wir informieren euch, wenn der Folgetermin des Verfahrens feststeht.
Auch möchten wir euch einladen diesen Freitag eine Person vor Gericht zu unterstützen, die im Rahmen der Räumungssituation draußen vor der Post ein Verfahren am Hals hat. Die Person freut sich über alle, die kommen!
Wann? Freitag, 2.06, 11:15 Uhr
Wo? Amtsgericht Münster, Gerichtsstr. 2-6 , Sitzungssaal 112B