Noch vor dem
Ende des Zweiten Weltkriegs war der
Sowjetunion unter der Diktatur Stalins klar, dass ihre
Allianz mit den Westmächten im Kampf gegen Hitler-Deutschland auf tönernen Beinen stand. Der endgültige
Bruch erfolgte mit der Entwicklung der Atombombe. Der erste
Film des Discovery-Dreiteilers "Die rote
Bombe" beschreibt die
Zeit bis
1945, als die Wissenschaft im Auftrag der Politik ihre Unschuld verlor.
Die Geschichte der Atombombe beginnt in der englischen Universitätsstadt
Cambridge, als der Physiker
Ernest Rutherford 1919 neue
Wege in der Kernforschung beschritt, die unweigerlich ins Atomzeitalter führen sollten. Bereits anerkannte Forscher wie der Däne
Niels Bohr oder der Deutsche
Albert Einstein bemühten sich wie
Rutherford um die Entdeckung subatomarer Substanzen, um dem
Ziel einer damals lediglich theoretisch vorstellbaren Kernspaltung näherzukommen.
Zu Rutherfords begabtesten Studenten zählten in den Zwanziger Jahren der Amerikaner
Robert Oppenheimer und der
Russe Yuli Khariton. Beide
Männer sollten die Entwicklung der Atombombe wesentlich mitbestimmen.
Anders als sein amerikanischer Kollege wirkte Yuli Khariton stets im Verborgenen. Erst der
Zerfall der Sowjetunion und die damit verbundene Öffnung zahlreicher
Archive macht es möglich, daß nunmehr auch jene Menschen bekannt werden, die im Bereich des ehemaligen Roten Riesen für das Ankurbeln der Rüstungsspirale zuständig waren.
Noch nie gezeigte Archivaufnahmen, nachgestellte Szenen, fachkundige Kommentare und vor allem die Erzählungen der wichtigsten handelnden Personen, soferne sie noch leben, machen diese Produktion zu einer packenden Begegnung mit einem hochbrisanten Stück Zeitgeschichte. Frappierend die Freimütigkeit, in der frühere KGB-Spitzel oder KP-Forscher aus der Schuleplaudern.
Yuli Khariton zum Beispiel, der mittlerweile über neunzig Jahre alt ist, berichtet, wie er von
Lawrentij Berija, dem vermutlich skrupellosesten aller KGB-Chefs, 1943 dem sowjetrussischen Physiker
Igor Kurtschatow zugeteilt wurde, um für die UdSSR eine Atombombe zu entwickeln.
Stalin und sein gefürchteter Geheimdienstchef hatten lange gebraucht, um die
Berichte ihrer
Spione über die Aktivitäten der Westmächte in
Sachen Atombombe überhaupt ernst zu nehmen. Waren die
USA und Großbritannien schon seit Beginn des Zweiten Weltkriegs bemüht, den vermeintlichen Vorsprung Nazi-Deutschlands im Bereich der angewandten Atomphysik aufzuholen, so dauerte es bis ins
Jahr 1943, ehe Stalin und
Berija ihrerseits die
Order ausgaben, eine Atombombe unter dem Zeichen von
Hammer und
Sichel zu bauen.
Unter der Federführung
Robert Oppenheimers machten die Arbeiten am
Manhattan Project, wie die Geheimaktion der USA genannt wurde, große Fortschritte. Ein aus Hitler-Deutschland vertriebener deutscher Physiker,
Klaus Fuchs, sorgte dafür, daß selbst die geheimsten Pläne aus
Los Alamos, dem US-Atomforschungszentrum in
New Mexico, im Nervenzentrum des
KGB landeten. Fuchs, der ein überzeugter
Kommunist war, konnte bis nach dem
Krieg völlig ungehindert alle Unterlagen zum Bau einerAtombombe nach
Moskau schicken.
Trotzdem waren die USA die ersten, die im
Juli 1945 erfolgreich die Zündung einer Atombombe testeten. Was auf "
Trinity Site" von
Oppenheimer und seiner
Crew bejubelt wurde, ließ der damals neu gewählte Präsident
Harry Truman am 6. und 8.
August 1945 in die Tat umsetzen. Die Menschen von
Hiroshima und
Nagasaki hatten den Preis zu zahlen, daß die USA nunmehr über ein Machtmittel verfügte, das nicht einmal Albert Einstein für machbar gehalten hatte.
Die Reaktion Stalins auf die Bomben von Hiroshima und Nagasaki war ein Wutausbruch. Sein Befehl: Die UdSSR muß innert fünf Jahren gleichfalls über eine Atombombe verfügen. Klaus Fuchs ließ seine Genossen im Kreml nicht hängen, das gigantische Wettrüsten zwischen
West und Ost wurde im
Sommer 1945 eröffnet.
- published: 24 Oct 2014
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