Expedition in der Arktis auf der Suche nach
Franklin andersherum. 1850 erreicht die
Investigator unter
Robert McClure nach der Umseglung Südamerikas die Beringstraße (zwischen
Alaska und
Russland). Entlang der Nordküste Alaskas geht es nach Osten. Nach 800 Kilometern und bedrohlichen Situationen im Treibeis erreicht die Investigator im September den Süden von
Banks Island und nach einer Überwinterung eine Bucht im
Norden der Insel - nicht mehr primär auf der Suche nach Franklin, sondern auf der Suche nach einer
Passage. Er tauft die Bucht
Mercy Bay, Bucht der
Gnade, obwohl die Investigator dort einfriert. Im Norden, über den Parry
Chanel blickend sehen sie Mellville
Island und
Winter Harbour, wo Parry überwintert hatte. Sie hatten eine Passage gefunden. Allerdings müssen sie zwei Mal überwintern, weil das Eis die Investigator nicht freigibt. Per Schlitten wird im gegenüberliegenden Winter Harbour eine Botschaft mit der
Position der Investigator hinterlegt. Am 7. September 1852 erreichen die Resolute und die
Intrepid von Osten her auf der Suche nach Franklin Winter Harbour. Die Botschaft wird gefunden, die dem Hungertod nahe Besatzung der Investigator wird mit Schlitten abgeholt. Nach einer weiteren Überwinterung werden auch die Resolute und Intrepid aufgegeben und die Mannschaften aller drei Schiffe müssen sich 1854 per Schlitten nach
Beechy Island durchschlagen. Von dort können die Mannschaften von fünf aufgegebenen Suchschiffen die Heimreise antreten. McClure erhält eine Belohnung für die Auffindung einer Nordwestpassage. Zu den 32 "weißen" Opfern der Franklinsuche kamen ungezählte andere.
DIE INUIT
VON BANKS ISLAND. Kameramann Hartmut Fischer und ich konnten zusammen mit drei Tübinger Archäologen
1977 per Hubschrauber Banks Island und die Mercy Bay aufsuchen. Die These der Wissenschaftler: Die
Inuit hatten mit dem von der
Mannschaft der Investigator zurückgelassenen
Eisen Jagdgeräte angefertigt und zu viele Moschusochsen erlegt. Die Folge:
Eine Hungersnot. Die Funde bestätigten ihre These.
Kein Eisen mehr da, zu viele Knochen von Moschusochsen im Vergleich zur Anzahl der Zeltringe.
1914 bis
1918 durchquerte
Vilhjalmur Stefansson mehrere
Male Banks Island. Sein archäologischer Befund deckte sich mit den Erzählungen der Inuit: Nach der Aufgabe der Investigator hatte um 1855 eine
Völkerwanderung nach Banks Island eingesetzt. Er notierte: "Bei jedem
Cache fand sich der Beweis für ein gewaltiges Abschlachten von Moschusochsen." Steffanson hörte schließlich von einem uralten Inuit diese Geschichte: "Die Banksländer waren einst reich und viele Leute lebten dort. Sie sind heute alle tot, einige verhungerten. Sie begannen, sich gegenseitig zu erschlagen." VERSUCH
UND IRRTUM. Die steinzeitlichen Inuit bewerkstelligten seit Jahrtausenden ihr
Leben mit Waffen und Werkzeugen aus Sehnen, Knochen und
Steinen. Sie hielten sich bei Seehunden an Schonzeiten, ihre Geburtsrate passten sie an ihre Beute an. Eine Kultur der Langsamkeit,
Zeit genug, um aus Erfahrung klug zu werden. Einige Familienwaren waren im Süden von Banks Island den Fremden begegnet und von ihnen mit einigen Nadeln und Messern beschenkt worden. Auf der Suche nach den Fremden fanden sie im Norden in der Mercy Bay das Blech der leeren Konservendosen und die eisernen
Fassbänder. Beides konnten sie kalt verarbeiten. Ein technologischer
Sprung nach vorn für die Jagd und Verarbeitung der Beute. Und sie fanden dort genügend Moschusochsen als neue
Basis für ihre Ernährung. Die Jagd fiel leicht, sie konnten mehr
Kinder zeugen und erlegten schließlich so viele
Tiere, dass nicht mehr genug nachwachsen konnten. Sie hatten nicht genug
Zeit zu lernen, mit ihrer wichtigsten Ressource schonend umzugehen. Hungersnot,
Krieg, sie
waren in der Moderne angekommen.
Peter Milger. www.milger.de
- published: 28 Jan 2016
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