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Montag, 19. September.

Das sieht für mich nach dem besten Konzept ever aus.

Vom „alternativen Leben“…

Für manche ist darüber das Wohnen zum Lebensinhalt geraten, zum „alternativen Leben“ nämlich. Dessen Inhalt besteht hauptsächlich in der Ideologie, die eigene Privatsphäre staatsfrei gemacht zu haben. Diese Ideologie beruht auf dem verlogenen Versprechen des bürgerlichen Staats, sich aus dem Leben seiner Bürger, je privater, desto mehr, herauszuhalten. Daß derselbe Staat – und keineswegs nur der realsozialistische, der sich auf diesen Schwindel nie festgelegt hat – tatsächlich dauernd im Leben seiner Bürger bis in die Intimsphäre hinein herumreglementiert, ist für manche selbstbewußte Individuen immer wieder einmal der Anlaß, sich eine Verweigerungshaltung zuzulegen und „selbstbestimmt“ so ungefähr alles zu tun, was die öffentliche Ordnung verlangt und was sie darüber hinaus beim Staat an bürgerfreundlichen Diensten vermissen.

Mit diesem Standpunkt sind die Ostberliner Häuserkämpfer dem neuen Wind entgegengetreten, den die regierende SPD durch ihren Kiez wehen ließ. Je härter die Klarstellung, daß demokratische Freiheit so nicht gemeint ist, um so hartnäckiger besteht die Szene auf ihren Glauben an ihr Recht, ausgerechnet beim Wohnen gegen jedes staatliche Vorschriftenwesen ihre „selbstbestimmte Subjektivität“ zu entfalten. In diesem Sinne schafft sie es, den Einsatz von Polizei und Bundesgrenzschutz in einen Angriff auf ihre Individualität zu verdrehen; sie können von „Fremdbestimmtheit“ bloß noch psychologisch reden; sie klamüsern sich als Waffe und Widerstand solche Schimären wie „Zusammengehörigkeitsgefühl“ und „Kommunikation“ zurecht. (mehr…)

Samstag.

Eine Frage der Zeit: Autonome wanzen sich an englische Randalierer ran.

Ein gutes Dreivierteljahr ist 2011 nun schon alt. Damit wird es definitiv schwer, der „Solikundgebung für die aufständischen Jugendlichen in England“ den Rang für die dümmste linke Veranstaltung des Jahres noch abzulaufen.
Was ist passiert? Ein Mann wird in einer der beschissensten Gegenden Londons von Bullen erschossen. Familie und Angehörige wollen „einfach nur Antworten“, eine gerechte Aufarbeitung der Ereignisse nach rechtsstaatlicher Manier. Damit sind sie genauso „radikal“ wie die improvisierten Bürgerrechtsaktivisten, die die Polizeibeamten, die Dennis J. und Sliemann ermordet hatten, hinter Gitter bringen wollten und denen die ARAB auf ihre kumpelhafte Art versucht hatte, eine antistaatliche Motivation überzuhelfen. Selbstverständlich1 erfolglos. Berichte von Jugendlichen, die Bullen hassen oder auch mal mit denen prügeln, wurden als Beweis für den teilweisen Erfolg der autonomen Agitationstätigkeit hergenommen, haben ihren Grund tatsächlich jedoch einfach darin, dass die ganz arme proletarische Jugend, gerade die migrantische, nun mal hinreichend negative Erfahrungen mit der Polizei gesammelt, um diese ein wenig zu verachten. Was bliebe vom Gerede von den scheiß Bullen, wenn die nicht ständig den Ausweis kontrollieren, einen präventiv immer als erstes festnehmen und auf der Wache misshandeln würden? Nichts.
Zurück nach London. Aus den handzahmen und betont friedlichen Anrufungen der Angehörigen an die Staatsmacht, die Aktion ihrer Exekutive auf die Vereinbarkeit mit den eigenen Gesetzen zu überprüfen, ging Gewalt hervor. Polizisten wurden angegriffen, oft auch einfach deswegen, weil sie beim Plündern und Randalieren stören. Angezündet wurde auch eine Menge. Autos. Geschäfte (gerne auch kleine, in der Nachbarschaft, manchmal wohnten da die Nachbarn auch direkt drüber). Und so Zeug. Mag sein, dass da sogar mal ein „Symbol von Staat und Kapital“ dabei war.2 Ich bin mir sogar sicher, dass da bei manchen politische Absichten dahinter standen. Die Leute wurden jahrzehntelang im Elend sitzen gelassen, sind arm, schlecht ausgebildet, haben keine Aussicht auf (gute) Jobs und nun wird auch noch die Sozialhilfe weiter zurückgefahren. Medien und Politiker haben sich Ewigkeiten nicht um sie gekümmert. Darüber sind die Leute sauer und das sagen sie auch so, wenn man sie mal zu Wort kommen lässt. Der „Aufstand gegen Staat und Kapital“ ist ein Aufstand, der Staat und Kapital unüberhörbar ins Gedächtnis rufen soll, dass in ihrer Gesellschaft keiner überflüssig sein soll, dass jeder sein gerechtes kleines Auskommen für sein Tagwerk haben soll, dass die Nation keines ihrer Mitglieder verkommen lässt.

So ein bisschen scheint man das auch in ARAB mitbekommen zu haben. Trotzdem wird sich solidarisiert, nicht wegen dem was gemacht wird, sondern wegen denen, die da machen. Die Leute dort abholen, wo sie stehen und so.

Um das Elend perfekt zu machen und noch einmal völlig zuzuschütten, worum es wenigstens einer winzigen linken Gruppe ein paar Flugstunden entfernt geht, werden dem Aufruf Parolen angefügt, mit denen sich dann hoffentlich auch deutsche Überflüssige identifizieren können: Gegen Polizeigewalt und gegen Sozialabbau. Denn wenn Deutschland aufhört, seine Jugendlichen zu verprügeln und seine Arbeitslosen auf einem geringfügig höheren Niveau im Elend überleben lässt, ist alles in bester Ordnung.

  1. Wie soll das gehen, Leute in Richtung einer Ablehnung der Kontrolle des Lebens durch Recht und Gesetz im Sinne des Interesse des Staates an einer florierenden kapitalistischen Wirtschaft zu radikalisieren, wenn man deren Parteilichkeit für Recht und Gesetz kein Stück ernst nimmt, im Gegenteil deren aus persönlicher Betroffenheit stammende Empörung schon (zum Keim einer/) zur antistaatlichen Politisierung umlügt und sich auf der Basis an die Leute heranwanzt?[zurück]
  2. Und ich bin mir auch sicher: Wenn es mal zu einem „Aufstand gegen Staat und Kapital“ kommen sollte, dann würden nicht wahllos in der Nachbarschaft Sachen angezündet und Turnschuhe und Laptops geklaut, sondern der würde sich dann darin äußern, dass man bewaffnet mit einem Programm losgeht und versucht, dem Kapital das Eigentum an Produktionsmitteln und dem Staat die Gewalt über die Gesellschaft streitig zu machen. [zurück]

Freerk Huisken zu Oslo.

[…] Und es fällt keinem der Kommentatoren ein, journalistisch auf
die Barrikaden zu steigen und den Geisteszustand der europäischen Politikergarde anzuprangern.
Warum eigentlich nicht? Und warum wird er bei A.Breivik bezweifelt? Nur weil die Damen und
Herren in Regierung und Opposition weder höchstpersönlich solche Bomben basteln noch
höchstpersönlich mit Schießeisen private Rachefeldzüge gegen Verräter durchführen? In der Tat:
Den Schreiberlingen und Talkmastern gilt nicht das politische Programm des A.Breivik als
Wahnsinn; sondern allein, dass da sich jemand unbefugt, also ohne politische Legitimation per
demokratischer Wahl auf einen privaten Rachefeldzug begibt. Denken darf jedermann diesen mehr
als groben Unfug, sogar aufschreiben darf er ihn. Dafür haben wir ja unsere Freiheiten. Und die
sind eben auch dafür da, dass der Privatmensch seinen Anti-Islamismus und Anti-Kommunismus
nur als Meinung im Kopf herum trägt, ansonsten aber seinen bürgerlichen Pflichten nachgeht:
arbeitet, wählt, Familien gründet usw.. Dann gilt so einer nicht als wahnsinnig. Für die Macher der
Öffentlichkeit beginnt der Wahnsinn erst dort, wo ein Privatmensch sein Leben diesem geistigen
Gebäude unterordnet, es mitsamt seinem bisschen hierzulande erlaubten Materialismus ganz der
fixen Idee opfert und den brutalen Standpunkt dann auch noch in die brutale Praxis umsetzt. Das
allein ist für sie das „Unbegreifliche“ der Taten von Oslo. […]

Wen die Ansichten des Attentäters an faschistische Pamphlete erinnern, der liegt nicht falsch. Ist Brevik daher jedoch ein Neonazi, wie es es aus vermeintlich ganz radikaler, linker Ecke heißt? Sein Blutbad jedenfalls will er als Weckruf zur Verteidigung westlich-christlicher Werte verstanden wissen, als Staatsform schlägt er eine gelenkte Demokratie nach Vorbild Russlands vor. Die Ähnlichkeit zu faschistischen Programmen wiederum keine exklusive Eigenschaft seines Machwerks – in der Sache der Verteidigung des Vaterlandes gegen die islamistischen/islamischen Horden, die religiöse wie säkuläre Werte zersetzen und „unserer“ Gesellschaft feindlich gesinnt sind, sie in ihrem Sinne umbiegen wollen, ist man sich einfach, egal ob in Norwegen oder Deutschland, von Kirche über Neonazi-Bewegung bis zur Sozialdemokratie und hinein in die „radikale Linke“ sehr einig. Aber ob man die Feinde der offenen Gesellschaft gleich (selbst) umbringen muss…

Hier der ganze Text von Huisken (drei Seiten).

Das Geseier über die Droge, die den Menschen kaputt macht, ist die Lüge über die Gesellschaft, die den Menschen kaputt macht. Zum „Krokodil“.

Fast so gut wie der hundertste Hitler-Aufmacher ziehen Drogenschocker. Diesmal erreichen uns über SpiegelOnline über eine neue, billige und mehr schlecht als recht eigenhändig herzustellende Droge, die anscheinend dazu geeignet ist, Abhängige innerhalb kurzer Zeit vor die Hunde gehen zu lassen und auch noch einen schön schaurigen Namen trägt: „Das Krokodil“.
Der selbstverständlich sehr objektive Artikel macht verrückterweise aus der Beschaffung der Droge – bzw. der Schwierigkeit, sie in einer annehmbaren Qualität im Wohnzimmer herzustellen – einen Skandal. Kann ja wohl nicht angehen, was die Leute sich für ne Scheiße spritzen.
Man könnte sich jetzt fragen: In was für Zuständen leben denn Leute, die für ein paar glückliche (oder abwesende) Stunden in Kauf nehmen, dass ihnen bald „das Fleisch in Fetzen vom Körper hängt“? Wie kam es soweit? Was sind das für arme Säue, die sich nicht einmal mehr Heroin leisten können?

Aber dann müsste man sich die Mühe machen, aufzuschreiben, warum der Kapitalismus für die ehemalige Sowjet-Bevölkerung das größte Glück auf der Welt ist und wo der Staat die Schrauben ansetzen müsste, damit sich sein Volk wieder mit dem legalen Wässerchen das Leid von der Seele, aber auch bitte nicht vor Ablauf des gewünschten Arbeitslebens totsäuft.

[…]

Nachtrag: Auch wenn man ganz schön in der Scheiße steckt, ist es sinnvoller, wenigstens zu versuchen, den Staat und seiner Wirtschaft anstatt sich selbst kaputtzumachen.

Hackts?! Jetzt wollen die Neger auch ein Stück vom Kuchen – wie unfair!

„Die deutsche Wirtschaft erhofft sich von der Kanzlerin Engagement für einen weiterhin freien Zugang zu Afrikas Rohstoffen“, sagte Wansleben der „Passauer Neuen Presse“. Dabei gehe es nicht nur um Öl und Gas, sondern auch um die sogenannten Seltenen Erden, für die zuletzt häufiger chinesische Unternehmen Exklusivverträge abschlossen. Diese Abkommen schadeten „nicht nur der deutschen Wirtschaft“, sagte Wansleben. Solche Vereinbarungen führten zur starken Abhängigkeit der Staaten von einem einzelnen Abnehmer, der dann die Konditionen diktieren könne. Ein Nutzen für die lokale Bevölkerung werde erst durch verantwortungsvolle Investoren sichergestellt.

…so war das mit der Globalisierung nicht gedacht! Und sowieso: China stärken, gleich doppelt verantwortungslos!

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http://de.indymedia.org/2011/07/311300.shtml

Besonders hilfreich erscheint es mir, im vorhinein Menschinnen auszuschließen, die sich zu dieser absolut neuen und unbedingt auf besonders kreative Art und Weise zu beantwortenden Fragestellung schon Gedanken gemacht haben und ihren Schlüssen infamerweise auch noch einen Wahrheitsgehalt zusprechen. Bleibt zu hoffen, dass mit den Ergebnissen des Netzwerks keine Rassist_innen oder Kapitalist_innen diskriminiert werden.

„Widerspruchslösung“: Wenn der Staat dir an die Innereien will.

Die Verfügungsgewalt über den eigenen Körper, die einem angeblich auch niemand streitig machen darf, ist im Zweifelsfall eine Sache, an der ein Staat vorzüglich herumdefinieren kann. Und wie bei Knast, Todesstrafe, Wehrdienst, Zwangsarbeit und Hungerrationen sind die Folgen dieser Zurichtung des Volkes auf die staatliche Zwecksetzung der erfolgreichen Reichtumsproduktion noch nicht einmal dazu geeignet, Nationalisten ein Licht über ihr Verhältnis zum Souverän aufgehen zu lassen. Menschen, die am lohnarbeitsbedingten Körperverschleiß bei sich und anderen als natürliche Folge eines arbeitsamen Lebens nicht schlimmes erkennen können, können es wiederum nicht gutheißen, wenn „bis zu 12.000 Menschen jährlich“ in Deutschland sterben, weil sie auf eine Organspende angewiesen sind. Da sind sie ganz mit dem Staat – der weiß ja auch, dass die drei Viertel seines Volkes, die keinen Organspendeausweis haben, genügend nützliches aus ihrem Körper abzugeben hätten – zumal sie es ja nach so oft sowieso nicht mehr brauchen.
Verfügung über den Körper könnte also bald „Wenn du es versäumt hast, Formular B auszufüllen, schlachten wir dich aus“ heißen. Das ist vereinbar mit dem Quatsch-Konstrukt „Würde des Menschen“. Weil es vereinbar mit dem Recht der BRD ist. (mehr…)

»Feministische Interventionen I«

Feministische Interventionen I

Wie können Interessierte erreicht / wachgerüttelt werden? Wie können feministische Perspektiven konstruktiv geäußert werden?

Möglichkeiten:

Schamhaare verschicken an Sexist_innen

[…]

Fragen:
geschieht nur etwas, wenn öffentlicher Druck besteht?
wie kann auf nonverbale, subtile Diskriminierung reagiert werden?
Mit welchen Interventionen können strukturelle Barrieren / Diskriminierung durchbrochen werden?
dann muss die Dinger doch vorher schneiden, yuck!

> http://gendercamp.posterous.com/feministische-interventionen-i

Damals wie heute: Ein Schamhaar ist kein Argument!