Das „Skandal-Interview“ des Prof. Dr. Stöcker / Kommunistische Argumente gegen Pegida.

Der Görlitzer Unternehmer Winfried Stöcker, der sein Geld mit seinem Kaufhaus oder so verdient, hat der Sächsischen Zeitung ein „Skandal-Interview“ gegeben, über welches sich dieselbe Linke, die es partout nicht hinkriegt, die ideologische Grundlage der nationalistischen Mobilisierung, die sich gerade vor allem im Osten Deutschlands lostritt, zu kritisieren, mächtig empört. Der Tenor der Kommentare in meinem Facebook-Feed lässt sich so zusammenfassen: „Wahnsinn! Dass es wirklich Leute gibt, die so denken! Dass der sich traut, solche Sachen vom Stapel zu lassen!“. Doch was lässt der Herr eigentlich vom Stapel? Und was ist daran so skandalös?

Herr Professor Stöcker, Sie haben das Benefizkonzert für Flüchtlinge verboten. Warum?

Ich habe die Veranstaltung in meinem Kaufhaus untersagt, weil ich den Missbrauch unseres Asylrechtes nicht unterstützen will.

Dass das Recht auf Asyl eine sehr knifflige Sache ist, die sich für den deutschen Staat nicht mehr so rechnet, wie er es sich früher ausgerechnet hat, propagieren Politik und Medien seit mittlerweile reichlich 20 Jahren. Daher wurde dieses Recht auch Anfang der 1990er Jahre abgeschafft beziehungsweise so stark eingeschränkt, dass es nur noch eine sehr kleine Zahl der Asyl Beantragenden in Anspruch nehmen können. Und selbst wenn sie tatsächlich als politisch Verfolgte von den deutschen Behörden anerkannt werden, heißt das nicht, dass sie sich auch in Deutschland „ansiedeln“ können: Wer über ein „sicheres Drittland“ eingereist ist, wird schnellstmöglich dorthin deportiert und, bis das getan werden konnte, in speziellen Lagern oder Knästen interniert. Stöcker bezieht sich auf einen Konsens in Medien und Politik: Dem „Missbrauch des Asylrechts“ muss entgegengetreten werden. Es schadet dem deutschen Staat und somit der deutschen Gesellschaft. Der inszenierte Oppositionsstreit bezieht sich darauf die Einschätzung des Ausmaßes des „Missbrauchs“.

Sehen Sie in der Arbeit des Görlitzer Willkommensbündnisses einen „Missbrauch des Asylrechtes“?

Ich habe bisher nichts von diesem Bündnis gehört. Mir sind aber so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen.

Bei diesem Punkt ist der Herr Professor schon einen Schritt weiter: Vermeintliche tatsächlich bestehende rechtliche Ansprüche auf die Gewährung von Asyl interessieren ihn herzlich wenig. Was ihm aufstößt ist, dass generell Ausländer nach Deutschland kommen und sich hier, Gott bewahre!, längerfristig niederlassen. Hier übersetzt sich der gelehrte Kapitalist einfache Fakten aus der Gesetzeswelt des deutschen, demokratischen Rechtsstaates in seine Weltanschauung. Ausländer haben tatsächlich per se kein Recht, wie es ihnen beliebt nach Deutschland einzureisen, sich in „unserem“ schönen Gemeinwesen niederzulassen oder hier einer Arbeit nachzugehen. Für sie gilt mit dem Ausländerrecht (heute nennt man das wohl politisch-korrekt Einwanderungsgesetz) eine ganze Reihe von Bestimmungen, die sie noch weiter in ihren alltäglichen Geschäften einschränken als deutsche Staatsbürger. Um als Ausländer das Recht wahrnehmen zu können, sich in Deutschland „anzusiedeln“, muss man eine Reihe von Vorbedingungen erfüllen, die zusammengefasst, darauf hinauslaufen, dass man dem deutschen Staat und dem von ihm zu seinem Nutzen betreuten kapitalistischen Gemeinwesen nützt. Dazu zählt auch das ökonomisch erstmal durchaus kostspielige Anzapfen fremdstaatlicher Intelligentzia, welche sich gern an deutschen Universitäten zum Elite-Humankapital ausbilden lassen darf.
Bei einem Ausländerrecht, dass so aufgezogen ist, ist es nicht verwunderlich, dass sich diese Veranstaltung am Ende tatsächlich für Deutschland lohnt. Es ist aber auch wiederum nicht überraschend, dass der Durchschnittsnationalist und Staatsbürger den Übergang von „Ausländer haben hier nichts zu suchen“ zu „Es gibt eine ganze Menge Ausländer, die herein gelassen werden, weil sie uns etwas nützen (sollen)“ nicht hinkriegt und darauf beharrt, dass der Ausländer und seine pure Anwesenheit an sich ein Problem ist, dass man mit rechtsstaatlicher Gewalt aus der Welt zu schaffen habe. Die staatliche und mediale Hetze gegen alle Arten von vermeintlichen „Asylbetrügern“, Einwanderern in die Sozialsysteme, Asylantenschwemme, Ausländerflut etc. tragen dazu bei. Und vielleicht auch das abgerissene Aussehen ausländischer Billigstarbeiter, die dank den beschissenen Löhnen und Arbeitsverhältnissen, die ihnen freundliche deutschpatriotische Kapitalisten wie Herr Stöcker vorsetzen, vom deutschen Lumpenproletarier kaum zu unterscheiden sind…

Missbrauchen die Familien aus Syrien und Libyen, die hierherkommen, das Asylrecht?

In jedem Fall missbrauchen es die Afrikaner, die ungebeten übers Mittelmeer zu uns gelangen. Ich würde sie sofort wieder nach Hause schicken, dann lassen die nächsten solche gefährlichen Bootstouren bleiben, und keiner ertrinkt mehr – die einzige wirksame Prävention, besser als ein Aufruf des Papstes. Die reisefreudigen Afrikaner sollen sich dafür einsetzen, dass der Lebensstandard in ihrem Afrika gehoben wird, anstelle bei uns betteln zu gehen. Jeder Mensch verdient Mildtätigkeit. Aber jeder Mensch muss auch seinen Pflichten nachkommen. Jedes Volk muss sich seiner Peiniger und Tyrannen selbst entledigen. Jeder wehrtaugliche Mann in Syrien muss seine Familie schützen.

Man kann sich nun wunderbar über die Herzlosigkeit dieses Typen aufregen. Oder man kann sich auf die Suche nach den Gründen dieser Attitüde machen und damit zumindest die Möglichkeit eröffnen, sie zu kritisieren und bei ein paar Menschen, die dazu bereit sind, über sie zu diskutieren, vielleicht ein Umdenken zu erreichen. Herr Stöcker – und dies ausnahmweise mal zurecht – hat sich dazu entschlossen, den Kapitalismus auf deutschem Boden als die Umwelt anzusehen, in der er sein Glück machen will. Dazu gehören die freie und gleiche Anwendung seiner ökonomischen Mittel, welche ihm der Staat zusichert, indem er sowohl ihn als auch die allgegenwärtigen Konkurrenten gleichermaßen beschränkt. Dass heißt: Übergriffe auf die ökonomischen Mittel anderer verbieten sich, sie niederzukonkurrieren, rauszuwerfen, Lohn zu kürzen, im Streikfall auszusperren, nicht. Herr Stöcker hat es in dieser Gesellschaft, wie auch immer, zum erfolgreichen Kapitalisten gebracht. Er profitiert tatsächlich von ihr. Doch wie sieht es mit den Leuten aus, die die PEgIdA-Bewegung bilden? Die machen einen gehörigen Fehler, wenn sie von der bitteren Realität, dass ihr Wohl und Wehe davon abhängt, wie erfolgreich der deutsche Staat und das deutsche Kapital sich in der internationalen Konkurrenz gegen andere Staaten und Kapitale durchsetzen, zum positiven Befund kommen, dass die Realität, in der sie sich als Lohnarbeiter bewähren müssen, die Realität ist, in der sie sich als Lohnarbeiter bewähren wollen. Die Tatsache, dass sie nur ein Auskommen finden, wenn Kapitalisten finden, dass sie die ihnen angebotene Arbeitskraft, gewinnbringend benutzen können. Dass sie als staatlich geschaffenes Zwangskollektiv „deutsches Volk“ eine Benutzungsmasse darstellen, die als genau solche behandelt wird. Wieviel Bildung, medizinische Versorgung, Sozialleistungen, Renten ihnen nach staatlicher Ansicht zustehen, berechnet sich größtenteils daran, was dieser Staat mit ihnen vor hat und wie sie ihm dabei nützen müssen, in welchem Zustand seine Ressource „deutscher Bürger“ dazu zu sein hat. Dass an ihren Kindern genau das gleiche Interesse besteht und daher Kindergärten, Schulen und so weiter sich in genau dem Zustand befinden, die nach staatlicher Ansicht und Budgetabwägung angemessen sind. Anstatt nüchtern zu betrachten, wer sie in diese Misere der fortwährenden Abhängigkeit von anderen – kapitalistischen oder staatlichen – Zwecken gesetzt hat, die immerzu und notwendig – denn kapitalistischen Reichtum kann es nicht geben, wenn Lohnarbeiter für diesen nicht ausgebeutet werden – gegen sie ausschlagen, wenden sie sich, wie übrigens im innerdeutschen Diskurs auch, gegen die Menschen, die sie als Konkurrenten wahrnehmen, die als Nicht-Staatsbürger – tatsächlich oder vermeintlich – „unberechtigt“ als Konkurrenten tätig werden. Sie haben schon Recht: Viele kommen nicht, weil sie staatlich verfolgt werden, sondern weil sie sich exakt die gleichen Gedanken wie die Pegida-Demonstranten machen: Sie machen ihr Wohl und Wehe davon abhängig, dass sie sich für andere, ihnen feindliche, Interessen benutzbar machen. Das geht, dank dem Zutun deutscher Kapitalisten und Staatstätigkeit in den meisten Ländern der Welt herzlich schlecht, da alle Ansätze einer funktionierenden, auf der Ausbeutung einheimischer Arbeitskräfte basierenden, kapitalistischen Wirtschaft in ihren Ländern gnadenlos niederkonkurriert wird. Weil die Industrie in ihren Ländern gegen die der führenden kapitalistischen Staaten nicht den Hauch einer Chance hat und somit ein Geschäfte machen, wo als Abfallprodukt der Ausbeutungstätigkeit Lohn und Beschäftigung für eine Arbeiterklasse aufkommt, garnicht erst möglich ist. Wer den Rassismus der Pegida-Aktivisten angreifen will, muss diese Berechnungsweise angreifen. Wer macht euch denn wirklich das Leben zur Hölle? Asylbewerber? Ausländer, die von deutschen Kapitalisten ausgebeutet werden? „Kriminelle Banden“? Oder der ganz normale Status Quo der deutschen sozialen Marktwirtschaft, der euch zur Benutzungsmasse für die Wirtschaft degradiert, eure Löhne systematisch senkt, euch in Niedriglohnsektoren, Zeitarbeit, Ein-Euro-Jobs drängt, euch überflüssig macht, eure HartzIV-Sätze so ansetzt, dass ihr kaum davon leben könnt? Wer sind da die Entscheider?

Muss er sich abschlachten lassen, weil er Muskeln hat? Wenn er von der einen Seite bombardiert, von der anderen massakriert wird?

Die Menschen müssen sich trotzdem selbst organisieren und sich selbst helfen. Vor zwanzig Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet. Hätten wir die alle bei uns aufnehmen sollen?

Das Wichtigste wurde schon geschrieben. Hier bezieht Stöcker, als jemand, der an Funktionieren von Wirtschaft und Staat interessiert ist, folgende Rechnung auf: (Angeblich) ist es nur möglich, so und so viele Afrikaner aufzunehmen. Ansonsten macht das hiesige „Gemeinwesen“ schlapp. Und daran kann doch niemandem (deutschen) etwas gelegen sein. Und, für soviel Ehrlichkeit kann ich ihm nicht böse sein: Das ist genau der Maßstab, an dem die Nächstenliebe ihre Grenzen findet.

Aber wir leben in einer Welt mit vielfältigen Kultur- und Handelsbeziehungen. Muss man nicht versuchen, sich auch über die Grenzen des eigenen Dorfes hinaus gegenseitig zu helfen?

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen am Abendbrottisch, und dann kommen drei solche Kerle und sagen, sie wollen mitessen. Das wollen Sie doch auch nicht!

Um die Länge des Textes zu begrenzen, sei nur einmal die Frage aufgeworfen: Welcherart sieht denn der grandiose „Besitzstand“ aus, den deutsche Arbeiter vorzuweisen haben und von dem sie anderen nichts abgeben wollen? Und welchen Berechnungs- und Benutzungsmaßstäben verdankt er sich? Sind die Ausländer daran Schuld, dass die Bilanz hier ziemlich erbärmlich aussieht?

Das kommt sicherlich auf die Situation an. In einer Woche ist Weihnachten. Das Fest geht auf eine Familie zurück, die Hilfe brauchte und Asyl im Stall gefunden hat. Wir verbinden Weihnachten mit dem Gebot der Nächstenliebe …

Ach, Weihnachten! Hören Sie auf mit dem Firlefanz!

Hier besteht zwischen mir und Stöcker kein Dissenz. Wie erbärmlich auf den Hund gekommen der bürgerliche Antirassismus ist, über den übrigens auch ein Großteil der Linken nicht hinauskommt, dass einem überzeugten Rassisten mit Unsinn wie Nächstenliebe, Humanismus oder gar Weihnachten gekommen wird.

Sie führen ein international tätiges Unternehmen. Aus wie vielen Ländern kommen die Menschen, die bei Ihnen arbeiten?

Etwa aus 50 Ländern.

Auch in Deutschland?

In den deutschen Niederlassungen arbeiten Menschen aus mehreren Dutzend Ländern. Darunter sind auch viele Türken. Ich bin froh, dass ich sie habe. Es sind kluge Leute darunter, aber auch Menschen, die Arbeiten machen, die andere nicht tun wollen. Aber sie haben nach meiner Auffassung kein Recht, sich in Deutschland festzusetzen und darauf hinzuarbeiten, uns zu verdrängen, darauf läuft es hinaus, wenn nicht gegengesteuert wird!

Herr Stöcker gibt auch hier wieder wahrheitsgemäß und einnehmend ehrlich Auskunft: Na klar, das fremdländische Pack benutzt er gerne! Am Besten für Drecksarbeiten und so billig wie möglich! Wie kommen die bitte darauf, dass aus der berechnenden Benutzung von Arbeitskraft irgendeine weltanschauliche Verbindlichkeit/Sympathie für diese erwächst? Das Verhältnis, welches er zu seinen ausländischen wie deutschen Arbeitskräften einnimmt, ist ein ausbeuterisch-ökonomisches. Warum er aber lieber deutsches Menschenmaterial benutzen will, dazu wurde früher im Text schon versucht, Erklärungen zu liefern.

[Die restlichen Interview-Fragen sowie -Antworten und kritisierende Überlegungen ergänze ich in den nächsten Tagen. Ich denke, die Argumente im im aktuellen Zustand vorliegenden Artikel, taugen schon einmal, um sie sich durch den Kopf gehen zu lassen]


10 Antworten auf “Das „Skandal-Interview“ des Prof. Dr. Stöcker / Kommunistische Argumente gegen Pegida.”


  1. 1 Rainer Schröder 21. Dezember 2014 um 0:40 Uhr

    Ich finde diese Stimmungsmache erschreckend. Eine propagandistische Hetzjagd, gegen jemanden, der in einem demokratischen Staat seine Meinung äußert. Sollten alle diese Schreiberlinge nicht mal wieder absteigen von ihrem hohen Ross. Geht mal in die Wohnzimmer, Keller, Garagen des einfachen Volkes. Alle die sich mit Mindestlohn oder ein wenig drüber oder weniger herumschlagen. In meinem Bekanntenkreis und in dem Bekanntenkreis meiner Freunde, sind es mindestens 70 Prozent die ähnlich denken. Ich bin weder rechts noch links, möchte mich einfach nur in meinem Heimatland, Deutschland, wohlfühlen. Keine Frage das wir Flüchtlingea aufnehmen deren Leben bedroht ist.
    Doch wenn eine Krise vorbei ist ,sollten Sie doch automatisch wieder nach Hause gehen müssen. In ihrem Lands sind diese Leute doch dann viel wichtiger, gerade mit den Erfahrungen und dem Bildungsstand den sie hier erworben haben. Habe gestern einen Bericht über einen afghanischen Lehrer gesehen. Ein Hoch gebildeter Mann und sicher auch nützlich für unsere Gesellschaft. Unsere Kinder sind im Kriegseinsatz in Afghanistan. Einige haben das mit ihrem Leben bezahlt. Jetzt ziehen wir uns langsam von diesem Einsatz zurück. Dann ist ja dort wohl Frieden? Irgendjemand lügt doch und ihr denkt, das einfache Volk merkt das nicht. So viele Sachen die mich bewegen. Eine Regierung die am Volk vorbei regiert. Korruption, Postenschieberei, Lügen, Unfähigkeit. Ich wünsche mir dass die PEGIDA Bewegung noch viel viel stärker anwächst. Und ich bewundere Professor Stöcker für seinen Mut.
    MfG, Rainer Schröder

  2. 2 Wendy 21. Dezember 2014 um 1:00 Uhr

    Herr Schröder,

    wo ist die Hetze? Ich habe mich in meinem Beitrag mit Argumenten dazu geäußert, warum ich einerseits, das, was Herr Stöcker erzählt, für überhaupt nicht gegenläufig zur demokratischen Meinungsäußerung halte. Ich habe mir die Mühe gemacht, eine Reihe von Argumenten zusammenzutragen. Sie hingegen setzen sich mit keinem einzigen meiner Gegenargumente auseinander, beklagen jedoch „Hetze“. Stellen sie sich so eine sachliche Diskussion vor?
    Und andererseits dazu, warum es schlichtweg verkehrt ist, wenn sie und ihre Freunde ausgerechnet Flüchtlinge oder andere Einwanderer für ihre Misere verantwortlich machen. Sie reden von niedrigen Löhnen. Wer entscheidet denn darüber, welche Löhne deutschen Arbeitern gezahlt werden? Flüchtlinge? Oder ausländische Arbeiter, die genauso wie sie schauen müssen, dass sie über die Runden kommen? Nein, es sind deutsche Unternehmer, die mit Deutschen UND Ausländern ihre Berechnungen anstellen – und dabei sehr viel gleichmacherischerer umgehen als sie und andere Pegida-Anhänger. DIE (Unternehmer) kennen in der Sache nämlich nur ein Unterscheidungsmerkmal: Wie billig kommt sie eine Arbeitskraft bei einer bestimmten Qualifikation zu stehen. Wie gering fällt der Abzug von ihrem Gewinn aus, den sie für Lohn aufwenden müssen. Diese Folgen dieser Rechnungsart schlägt wieder ziemlich un-national gegen Arbeiter jedweder Nationalität aus. Bis auf vielleicht die Tatsache, dass viele ausländische Arbeitnehmer sich aus purer Not und weil die Wirtschaft in ihren Ländern von den Unternehmen der Ersten Welt gründlich kaputt konkurriert wurde, für noch weniger Geld anbieten müssen als ihre deutschen Klassengenossen.

    Sie haben sich dazu entschieden, ausgerechnet die Leute anzugreifen, die für die Lage, in der sie (Herr Schröder) sich befinden, nicht verantwortlich sind. Diese Entscheidungen machen deutsche Politiker (bspw. Rückbau der Sozialsystem) und deutsche Unternehmer (Löhne so günstig wie möglich). Diese ihre Entscheidung, ausgerechnet in der Einwanderung ausländischer Staatsbürger den Grund für das, was ihnen an ihrem Leben nicht gefällt, auszumachen, ist verkehrt. Selbst wenn man „die“ von heute auf morgen alle aus dem Land werfen würde, wie es ihnen vielleicht gefiele, daran, wie Politik und Wirtschaft hierzulande mit den Leuten umspringen, änderte sich nichts.

    P.S.: Die Kriegseinsätze westlicher Nationen werden angefangen, um die Interessen dieser Nationen in anderen Ländern zu vertreten. Wenn so ein Kriegseinsatz endet, dann ausschließlich deshalb, weil die Entscheidung gefallen ist, dass mit ihm den Interessen (bspw. der deutschen) Nation nicht mehr gedient ist. Sind sie wirklich so naiv zu denken, dass in einem von der westlichen Welt kaputt gebombten Land wie Afghanistan, dass durch die Alliierten einem Konglomerat aus Warlords, Islamisten und Politikanten überlassen wurde, ohne, dass irgendein übergeordneter gesellschaftlicher, politischer oder ökonomischer Zusammenhang besteht, jetzt im Friedenszustand ist? Afghanistan war einmal ein wohlhabendes, modernes und recht säkuläres Land. Dann wurde es zum Spielball der imperialistischen Staaten, die gegen „den Kommunismus“ in Gestalt der Sowjetunion die Mudschahedin unterstützte, aus denen später die Taliban wurden. Das Beispiel, das sie wählten, belegt vor allem eines: Wie die Länder, die alle Verantwortung für Elend in der Welt von sich weisen, auch außerhalb des ökonomischen Bereiches in der Tat für dieses Elend verantwortlich sind.

  3. 3 Zement 21. Dezember 2014 um 21:12 Uhr

    Etwas irritierend:
    „Anstatt nüchtern zu betrachten, wer sie in diese Misere der fortwährenden Abhängigkeit von anderen – kapitalistischen oder staatlichen – Zwecken gesetzt hat, die immerzu und notwendig – denn kapitalistischen Reichtum kann es nicht geben, wenn Lohnarbeiter für diesen ausgebeutet werden […]“

    Ist das Ironie oder meintest du eigentlich „wenn Lohnarbeiter für diesen NICHT ausgebeutet werden“?

  4. 4 Wendy 22. Dezember 2014 um 2:58 Uhr

    Ja. Ist korrigiert.

  5. 5 Robert Zapf 22. Dezember 2014 um 14:49 Uhr

    Klasse Beitrag.
    Ist übrigens schon hier verlinkt worden.
    https://www.freitag.de/autoren/mopperkopp/der-pegida-populist#1419251302470327
    Mal schaun, was der Abend noch bringt…

  6. 6 Robert Zapf 22. Dezember 2014 um 15:29 Uhr

    Wie erbärmlich auf den Hund gekommen der bürgerliche Antirassismus ist, über den übrigens auch ein Großteil der Linken nicht hinauskommt…
    Ist das jetzt ein Gessler Hut?
    Oder belegbar? Im meine jetzt speziell das Wort „Großteil“, weil das schon eine Wertung enthält.
    Weil ich den „Großteil“ der Linken schon als antirassistisch einschätzen würde.
    Aber eben vom Gefühl her, weil ich nun auch keine Zahlen habe.

  7. 7 Wendy 22. Dezember 2014 um 16:53 Uhr

    Die Gruppe jimmy boyle macht übrigens eine Veranstaltung zu Pegida am Anfang des nächsten Jahres:

    Dienstag, 6. Januar 2015, 19:00 Uhr in der erreichbar, Reichenberger Str. 63 A 2. Hinterhaus Kellereingang, Berlin 10999

    Jimmy Boyle Berlin (?) zu: „Pegida – wenig origineller Auswuchs patriotischen Staatsbürgerbewusstseins“

    „Nationalismus raus aus den Köpfen“ ist ein beliebter Slogan bei antifaschistischen Demos. Gute Idee, leider aber alles andere als Realität. Mit Deutschlandfahnen und das deutsche Volk lobende Reden begibt sich deutscher Nationalismus mit „Pegida“ derzeit auf die Straße. Sie treten an gegen die angebliche Islamisierung ihres hochgeschätzten Landes. Die Reaktionen sind zahlreich. In Politik wie Öffentlichkeit ist ein Bezugspunkt die Ablehnung von Nationalsozialismus: Da sind Nazis unter den Demonstranten, ergo sind die eigentlich gar nicht so nazi-mäßig auftretenden BürgerInnen auch mindestens halbe Nazis, ergo muss sich nun aber wirklich mal deutlich davon distanziert werden, schließlich sei das schädlich („eine Schande‟) für Deutschland. Daraus resultiert die Forderung nach einer Ächtung dieser Bewegung. Auf der anderen Seite sollen die Sorgen dieser BürgerInnen ernstgenommen werden. Das ist der positive Bezug auf den Nationalismus. Zwischen diesen Positionen dreht sich der Streit um Pegida zwischen und in den Parteien.

    So werden mal wieder die nationalistischen Vorstellungen in ihrem Gehalt ignoriert. Diese finden sich nicht erst bei Pegida auf der Straße, sondern sind das staatlicherseits erwünschte und in verschiedenen Ausprägungen verbreitete Bewusstsein zum Mitmachen in diesen Verhältnissen. Dabei gilt, dass Deutschsein nicht als Unterordnung unter die staatliche Herrschaft gesehen wird, sondern als Wesensmerkmal der Menschen. Das ergibt dann das große „Wir‟, von dem landauf-landab ständig die Rede ist. Die Nation ist in der Vorstellung eine arbeitsteilige Gemeinschaft, zu der man einen Beitrag zu leisten habe, und der Gemeinschaft sind die realen Gegensätze untergeordnet. Dieses Wir wird laut Pegida von der Regierung verraten, und in dieser Überzeugung unterscheiden sie sich von Mainstream-Patriotismus derzeit. Ansonsten folgt ihre deutschtümelige Empörung im Grundsätzlichen den üblichen nationalistischen Maßstäben. Wo der deutsche Staat ungefähr 999 von 1000 Asylbewerbern zurück ins Elend schickt, sehen die besorgten Nationalisten in dem Einen, der hier bleiben darf, einen Verrat am deutschen Wohl.

    Das wird in der Veranstaltung ausgeführt und zur Diskussion gestellt. Daran schließt sich eine Kritik verschiedener auch linker Umgangsweisen mit Pegida bzw. Nationalismus an.

  8. 8 Wendy 22. Dezember 2014 um 23:42 Uhr

    Oder belegbar? Im meine jetzt speziell das Wort „Großteil“, weil das schon eine Wertung enthält.
    Weil ich den „Großteil“ der Linken schon als antirassistisch einschätzen würde.
    Aber eben vom Gefühl her, weil ich nun auch keine Zahlen habe.

    Es mag sein, dass ein Großteil der linken Bewegung sich in Gegnerschaft zu Rassismus sieht. Doch diese Gegnerschaft ist in der Regel sehr schlecht begründet. So liest man im Zusammenhang immer wieder Nonsensargumente, die fehlendes „Mitgefühl“ oder „Unmenschlichkeit“ ankreiden. Dabei haben die Pegida-Anhänger doch Mitgefühl im Übermaß: Für ihre „deutschen Volksgenossen“ allemal, für „ihren“ deutschen Staat, der angeblich durch die „massenhafte Einwanderung“ von Betrügern und Schmarotzern so in die Bredouille gebracht wird.
    Viele linke „Antirassisten“ können sich wiederum den rassistischen Argumenten der Pegida vollends anschließen: Übermäßige Zuwanderung IST schlecht, es IST ein unhaltbarer Zustand, wenn der deutsche Staat Geld für fremdländische Menschen aufwendet, es GIBT eine deutsche Leitkultur, die schützenswert ist, kriminelle Ausländer SIND aus irgendwelchen Gründen schlimmer als kriminelle Deutsche. Die „Kritik“ setzt hier nur an der falschen Faktenlage an: Soviele Ausländer wandern nun doch nicht ein, sie produzieren dem Staate Mehreinnamen in Milliardenhöhe und dass das Weihnachtsfest in Winterfest umbenannt würde, muss man wirklich nicht fürchten. Eine erbärmliche Entgegnung, zumal für Pegida nach eigener Aussage JEDER Ausländer ein Problem darstellt, fremde Kultureinflüsse GENERELL zu verhindern sind und man am Besten JEDWEDE Asylbewerber wieder dahin schickt, wo sie krepieren oder verelenden können, ohne „uns“ zu nerven – „Man kann eben nicht allen helfen“…
    Eine weitere peinliche Art, Pegida und Anti-Asyl-Demonstranten zu kritisieren, fasst sich in den Parolen „Rassismus aufdecken“ und „Wer mit der NPD marschiert, ist ein Nazi“ zusammen: Mit dem „Nachweis“, dass hier „vermeintlich besorgte Bürger“ rassistisch argumentieren würden oder die Abgrenzung zu Neonazis fehlen lassen, ist die ganze Auseinandersetzung schon abgeschlossen. Ganz nach der bundesdeutschen, antifaschistischen Nachkriegsmoral, nach der Patriotismus, Nationalismus, Ausländerfeindlich in Ordnung gehen – auch wenn man das nicht so nennen darf –, Faschismus sich jedoch „nicht gehört“, tut man so, als wäre mit der Benennung dessen, was dort unterwegs ist, schon der Kampf gewonnen. Dabei ist es erstens hochumstritten, ob Pegida rassistisch ist oder nicht – die Demonstranten verneinen das – und wer so tut, als wäre das, was dort geäußert wird, für den bundesdeutschen Diskurs so anrüchig, dass man schon mit dem Hinweis auf Rassismus die Sache vom Tisch wissen könnte, hat offensichtlich seit der Veröffentlichung von „Deutschland schafft sich ab“ unter einem Stein gelebt.

  9. 9 rockstar 25. Dezember 2014 um 17:47 Uhr
  10. 10 Philipp Swoboda 11. Januar 2015 um 5:44 Uhr

    Eine sehr elegante und scharfe Analyse, ich konnte wirklich nicken.:-)

    Der erste Artikel, den ich auf diesem Blog gelesen habe, schaue aber in Zukunft sicher öfters rein.

Die Kommentarfunktion wurde für diesen Beitrag deaktiviert.