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"Jetzt können wir beweisen, wie gastfreundlich wir wirklich sind", sagt
Bernward Lingemann von der Verwaltung der Hörnerdörfer im
Allgäu. Vor kurzem sind 36
Flüchtlinge,
Männer aus
Syrien und
Afghanistan, in Fischen in die alte Dorfwirtschaft im Ortsteil Au eingezogen. 37
Grad beobachtet von
November 2014 bis Februar
2015 das kleine
Dorf im Allgäu mit seinen alten und neuen Bewohnern.
Der Ortsteil von Fischen, in den die Flüchtlinge untergekommen sind, hat rund
300 Einwohner.
Fast jeder hier vermietet Ferienzimmer, die Gegend lebt vom Tourismus. Entsprechend skeptisch sind einige Anwohner, die sich in ihrer wirtschaftlichen
Existenz bedroht fühlen oder einfach nur fragen, "warum man um die Flüchtlinge so ein Geschiss macht". Keine leichte Aufgabe für Bernward Lingemann. Er muss vermitteln zwischen Bürokratie, Bedenkenträgern und engagierten Helfern, die sich innerhalb kürzester
Zeit zusammengefunden haben.
Etwa ein Drittel der Deutschen fühlt sich von Asylbewerbern bedroht. Der 74-jährige
Hans gehört nicht dazu.Der waschechte Allgäuer organisiert Brauchtumsabende und Bergtouren, weil ihm wichtig ist, dass sich die Flüchtlinge angenommen und heimisch fühlen. Hans spricht kein Englisch, doch das ist für ihn kein Hindernis: "Ich sag immer, ich lass halt die Seele sprechen und dann versteht man sich sehr gut.
Im November ist es kalt im Allgäu. Aus dem leer stehenden Drogeriemarkt im Dorf ist eine Kleiderkammer geworden. Wenn Eva die Neuankömmlinge einkleidet, erinnert sie sich an ihre eigene Geschichte: "Ich wurde
1945 auf der Flucht aus Schlesien geboren", erzählt sie. "Die
Familie, die uns damals aufgenommen hat, war so reizend, die haben uns wirklich geholfen. Seitdem treffen wir uns jedes
Jahr. Aus dieser Erzählung heraus hab ich gesagt: 'Wenn jemals so eine
Situation kommt, dann möchte ich auch helfen, von Anfang an, so weit ich kann."
Seit dem zweiten Weltkrieg waren weltweit noch nie so viele Menschen auf der Flucht wie heute – insgesamt über 50 Millionen.
In Deutschland werden 2015 nach Einschätzung des Bundesamts für
Migration und Flüchtlinge bis zu 300.
000 Asylbewerber erwartet. Selbst abgelegenste Dörfer haben nun plötzlich Menschen aus aller
Welt mitten im Ort.
Warten auf ein Zeichen der Behörden
Im Gegensatz zur
Stadt kann man den Flüchtlingen hier nicht aus dem Weg gehen. Man begegnet ihnen jeden Tag. Menschen wie Yousef (19) zum Beispiel, der mit 16 Jahren aus Syrien geflohen und nach einer jahrelangen Odyssee in Fischen gelandet ist. Obwohl er fast immer lacht, "gibt es wenig glückliche
Momente", wie er sagt. Was mit seiner Familie zu Hause passiert ist, weiß er nicht. Fast jeden Tag kommt jemand aus dem Dorf vorbei, um ihn abzulenken. Für Yousef werden die Leute im Dorf zu "
Baba (
Vater),
Mutter, Bruder oder Schwester. Das Wichtigste ist, dass ich in Fischen bleiben kann!", sagt Yousef. Hat er eine Zukunft hier?
Alle Ankömmlinge sind dankbar für die Hilfsbereitschaft und Anteilnahme in dem kleinen Ort, was ihnen aber keiner abnehmen kann, sind die dramatischen Erinnerungen an die Flucht, die
Sorge, wie es den Familien in der
Heimat geht und das zermürbende Warten auf ein Zeichen der deutschen Behörden.
Amjad - der "arabische Allgäuer" - kann vielleicht am ehesten nachvollziehen, was in den Flüchtlingen vorgeht. Der Werkstattmeister lebt bereits seit 25 Jahren im Allgäu und ist Mittler zwischen den
Kulturen und Sprachen. Er unterstützt das Filmteam als Übersetzer und fährt fast jeden Tag in den Gasthof, um zu helfen. "
Auch ich vermisse meine Heimat als Palästinenser und
Omar, Mohamed und die anderen sind für mich auch so ein Stück Familie hier", sagt Amjad, der sich Zeit nimmt für jeden, der ein offenes Ohr braucht.
Nicht überall in
Deutschland setzen sich Ehrenamtliche so selbstverständlich für Flüchtlinge ein wie hier. Doch es gibt auch Menschen, die lieber auf
Abstand bleiben, aus verschiedenen Gründen. "Und es gibt auch Menschen, die absolut nichts damit zu tun haben wollen die absolut ausländerfeindlich sind", sagt Herr Lingemann. Zeit nehmen sich Nachbarn wie
Monika, die jeden Tag vorbei kommen, Senioren, die es schön finden, gebraucht zu werden und Pragmatiker wie den Förster
Andreas, die gemeinnützige
Jobs schaffen. Jüngere Leute wie Steffi und
Nicole werden für die Flüchtlinge zu neuen Freunden.
Ein Dorf im Allgäu, ein Mikrokosmos. Was bedeuten die "Gäste", wie sie hier genannt werden, für eine Dorfgemeinschaft? Wenn Kulturen aufeinanderprallen, Sprachbarrieren zum
Problem und persönliches Leid zur großen Belastung werden - vor allem dann, wenn die erste Abschiebung droht. Wie gehen die Menschen in der Au mit den Herausforderungen um?
Die Dokumentation aus der Sendereihe 37 Grad zeigt, dass es große politischen Lösungen auch hier nicht gibt, dafür aber Menschen, die versuchen, ein "Miteinander - nicht Nebeneinander" zu leben.
- published: 30 Mar 2015
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