Gleimviertel – Literatur

Im Urlaub gelesen

Meist bleibt es der Urlaubszeit vorbehalten, Bücher am Stück zu lesen. Wir haben uns in den letzten Wochen folgende Bücher angetan. S. Collins, „die Tribute von Panem“ ( Trilogie), R. Harris, „Ghost“, „Angst“ und „Aurora“ sowie das Sachbuch von P. Scholl-Latour „Afrikanische Totenklage: Der Ausverkauf des Schwarzen Kontinents“.

Suzann Collins Endzeittrilogie ist an Spannung nicht zu überbieten. In klarer Sprache, die ohne Schachtelsätze auskommt, beschreibt sie den Kampf der Entrechteten gegen eine abgeschottete Oberschicht, die ihre Welt in 12 Zulieferareas aufgeteilt hat und sie durch militärische Überlegenheit und Demütigung durch jährliche Hungerspiele im Sinne von Panem et circenses ( Brot und Spiele) niederhält.

In mancher Hinsicht findet man sich an den Eurovision Song Contest erinnert, der gerade im Fernsehen läuft. Herzliche Glückwünsche an Conchita Wurst. Blos gut, dass sie sich nicht wie in den Tributen von Panem gegenseitig in der Arena umbringen müssen.

Die Verfilmung kann die gesellschaftspolitische und ästhetische Dimension nicht hinreichen wiedergeben, bietet aber einen guten Einstieg in die Trilogie. Wir fanden den ersten Teil als atmosphärisch stärksten, aber Teil 2 und 3 fallen nicht wirklich ab.

Robert Harris ist ein anderes Kaliber. Er schreibt im Stile von Frederick Forsyth und verbindet historische Ereignisse mit Kriminalgeschichten. Wir haben bisher von „Vaterland“ bis Pompeji“ alle seiner Bücher gelesen und sind nie enttäuscht worden. So auch bei „Ghost“ und „Angst“.

In „Ghost“ beschreibt Harris die Verwicklung des ehemaligen britischen Premiers, der Name ist zwar verändert, aber der Gemeinte klar zu identifizieren, in den Krieg gegen den Terror, wo er befiehlt, englische Staatsbürger mittels einer britischen Sondereinheit (SAS) in Pakistan zu kidnappen und sie den Amis zu übergeben, die sie dann in ein polnisches Foltergefängnis ausfliegen. Sein Memoirenschreiber entdeckt das und wird daraufhin ermordet.

Noch bedrückender empfinde ich „Angst“. Hier geht es um Börsenspekulation über Computeralgorithmen und über Computerhochgeschwindigkeitshandel und ähnlichem Wahnsinn fernab realer ökonomischer Vorgänge.

Kurzum, der Hauptdarsteller hat durch seine Forschungen ein Programm entwickelt, dass für seine Firma auf der Basis des VIX, des Angstindexes der Börsen, Aktien, Derivate, Rohstoffzertifikate, Staatsanleihen und Währungskurse analysiert und in Sekundenbruchteile kauft, verkauft und sie später sogar manipuliert. Das bringt der Firma Wahnsinnsgewinne, aber jetzt macht sich der Algorithmus selbständig und schaltet seinen Erfinder auf perfide Weise aus.

Jedenfalls eine gelungene Prosa zum Thema Mensch – Maschine und was uns so blühen könnte. Zugleich eine treffende Gesellschaftskritik bezüglich der Möglichkeiten, die der Finanzimperialismus jetzt schon besitzt.

Das Sachbuch von Peter Scholl-Latour, dem Grandseigneur, der politischen Berichterstattung, macht uns fassungslos. Obwohl bereits 2001 veröffentlicht, ist es aktuell. Letztendlich beschreibt es „das Herz der Finsternis“ (J.Conrad), in dem sich auch in den letzten 10 Jahren nichts geändert hat.

Es geht um Rohstoffbeschaffung mittels privater Armeen, um die Ausnutzung ethnischer Unterschiede und Stammeskulturen, um an Diamanten, Öl, Coltan und Kupfer heranzukommen. Dabei wurden die Franzosen brutal von den USA verdrängt. Jetzt sind die Chinesen die neuen Global Player. Frankreich ist noch insofern involviert als dass sie die Uranminen in Niger, die von ihrem Staatskonzern Areva ausgebeutet werden und ohne die die zahlreichen Atomkrafterke in Frankreich nicht laufen würden, schützen wollen. Wir hoffen, das hat man unserer Verteidigungsministerin mitgeteilt.

Zurück zum Sachbuch. Man braucht schon starke Nerven, um einige Kapitel zu lesen. Da ist von Kannibalismus, animalischen Riten, und dem Verweigern militärischer Hilfe durch die USA und Frankreich beim Genozid der Tutsis in Ruanda zu lesen.

Gerade waren Wahlen in Südafrika. Zuma vom Volk der Zulu hat wieder mit dem ANC-Bonus Mandelas gewonnen. Angesichts fortschreitender Korruption sind wir nicht sehr optimistisch für dieses großartige Land wie auch für den ganzen Kontinent.

Hartmut Dold

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