Der große Bluff

Ein Beitrag zu Diskussion

Im Gleimviertel haben wir keine Terroristen, sieht man von gewissen Investoren ab, die Altmieter terrorisieren, um ihre Wohnungen in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Das entspricht natürlich nicht der Definition von Terrorismus. Terroristen sind Mörder. Ihr Handeln führt zu Tod, Furcht und Schrecken. Damit wollen sie ihre Ziele, die sie durch Mehrheitsgewinnung politisch nicht erreichen können, gewaltsam durchsetzen.

Terrorismus ist oft religiös motiviert und und bezieht seinen Nährboden meist aus einer elenden sozialen Lage breiter Bevölkerungsschichten, einhergehend mit Vertreibung. Rein statistisch gesehen, gehen aber immer noch mehr Terroranschläge von national-separatistischen Bewegungen aus.

Der größte terroristische Anschlag der Neuzeit geschah am 11.September 2001 in New York. Die Drahtzieher waren islamistische Fundamentalisten. Die internationale Staatengemeinschaft hat diesen hinterhältigen Anschlag uneingeschränkt verurteilt.

Vom Terrorismus zum Staatsterrorismus

Leider hat die US-Regierung das zum Anlass genommen, die Welt seinerseits mit einer Art Staatsterrorismus zu überziehen. Der mündete in völkerrechtswidrige Kriege, in nicht erklärte Kriegshandlungen per Drohnen, in der Missachtung der Bürgerrechte durch illegale Gefängnisse, Folter und allumfassende Spionage gegen Freund und Feind.

Die militärischen Interventionen dienten und dienen zumeist der Rohstoffbeschaffung. Auf politischem Gebiet wird die NATO benutzt um einseitige geostrategische Interessen durchzusetzen. Man nennt das gemeinhin Imperialismus.

Auf ökonomischem Gebiet soll der Mitkonkurrent EU, der Euro und insbesondere Deutschland destabilisiert und geschwächt werden. Dazu benutzen sie mit ihren britischen Freunden die Instrumente der Banken-und Finanzpolitik. Das Alles haben erfahrene Politiker und Journalisten der Weltkriegsgeneration wie Schmidt, Bahr, Eppler, Wimmer, Scholl-Latour und andere längst erkannt.

Ein besonderer Dorn in ihren Augen sind die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. Die sollen jetzt nachhaltig beschädigt werden. Dazu ist kein Mittel zu billig. Wenn jetzt Obama Russland als ökonomisch schwache Regionalmacht bezeichnet ist das kalkuliert. Es soll den Konflikt um die Ukraine verschärfen.

Lehren aus der Geschichte?

Eigentlich sind wir sicher, dass die US-Administration weiß, dass eine Regionalmacht wie Russland, die die USA und die Welt mit ihrem Atomwaffenpotential hundertfach per Erst-oder Zweitschlag vernichten könnte, eine Globalmacht ist. Nicht sicher sind wir, ob sie genügend Kenntnisse darüber haben, dass fast alle Kriege aus der ökonomischer Schwäche eines Landes heraus geführt wurden.

Das betraf z.B. Hitlerdeutschland Ende der 30-er Jahre, dass nach heutigen Maßstäben von einer Ratingagentur ein Triple C, steht für Ramsch, erhalten hätte, weil es die militärische Aufrüstung und soziale Leistungen auf Kredit finanziert hatte, und Japan, dass sich von seinen Rohstoffquellen abgeschnitten fühlte und wohl auch war.

Eigentlich trifft es auch auf die USA der Gegenwart zu. Die letzte Staatspleite konnte nur durch Aufhebung der Schuldenbremse beseitigt werden. Von den über 17 Bio. Schulden hält China 3 Bio. Dollar an US-Staatsanleihen und ist damit der mit Abstand größte Gläubiger.

Faktencheck

Der islamistische Terrorismus wird hierzulande als größte existenzielle Bedrohung für die westliche Zivilisation dargestellt. Dagegen sprechen die öffentlich zugänglichen Zahlen von „Global Terrorism Database“, einem vom US-Heimatschutzministerium geförderten „Exzellenz-Zentrum“

Der 09.11.2001 war mit 2 977 Todesopfern der schrecklichste aller ausgewerteten Terroranschläge. Er beherrscht immer noch das öffentliche Bewusstsein -  auch wegen seiner medialen Inszenierung.

Im selben Jahr starben laut FBI in den USA fast 16.000 Menschen durch „Mord“ und mehr als 42.000 durch Verkehrsunfälle.

Das Zeitalter des Terrorismus

Seit dem Terroranschlag in N.Y. leben wir laut US-Regierung im „Zeitalter des Terrorismus“. Endlich hat die USA wieder ein klares Feindbild. Bereits nach dem Ende des Kalten Krieges hatte Colin Powell geklagt, es gingen ihm die Schurken aus.

Der völkerrechtswidrige, unter gefälschten Beweisen begonnene Irakkrieg, war die Folge. Der Afghanistankrieg, der jetzt schmählich verloren geht, auch. Im Libyeneinsatz, in dem das UN-Mandat unzulässig ausgeweitet wurde, ging es auch um die Vertreibung der 20.000 Chinesen, die dort eine Bahnlinie und mehr bauten, um China Zugriff zu den Libyschen Ölfeldern zu verschaffen.

Terrorismus, organisierte Kriminalität, Separatismus

“Die Aufmerksamkeit, die man der Bekämpfung des muslimischen Terrorismus widmet, gönnt man anderen Bereichen des internationalen Verbrechens nicht. In den westlichen Industrieländern einschließlich der EU befinden sich nach Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) 1,5 Millionen Menschen in Zwangsarbeit und Sklaverei. Viele als Sexsklaven. Auch Kinderhandel, Drogenkriminalität, illegaler Waffenhandel, Umweltkriminalität und Geldwäsche nehmen zu.” (J. Todenhöfer)

Insgesamt bedrohen „gewöhnliche Morde“ und organisierte Kriminalität den Westen erheblich mehr als der Terrorismus. Von 1970 bis 2012 wurden in den USA und Westeuropa 8131 Menschen durch die verschiedensten Arten von Terrorismus getötet. Das ist Zuviel. Allerdings starben in diesem Zeitraum mehr als eine Million durch „gewöhnlichen Mord“.

In Europa waren laut „Global Terrorism Database“ in den zehn Jahren bis 2001 nur 0,46 Prozent der versuchten oder vollendeten Terroranschläge islamistisch motiviert. In den elf Jahren danach lag der Anteil muslimischer Terroranschläge bei 2,05 Prozent. Die meisten der 5550 Terroranschläge in Europa zwischen 1992 und 2012 wurden von Separatisten-Organisationen begangen. Gefolgt von Linksextremisten, Rechtsextremisten und protestantischen Extremisten aus Nordirland. Gemessen an der Zahl der Anschläge folgen „islamistisch motivierte“ Terroristen auf Platz fünf.

Gemessen an der Zahl der Todesopfer führen Separatisten die „Liste des Terrors“ in Europa an. Zwischen 1992 und 2002 töteten sie 327 Menschen. Bei islamistisch motivierten Anschlägen starben 261 Unschuldige. 117 Menschen kamen durch protestantische Extremisten und 105 durch Rechtsextremisten um.

Deutsche Terroropfer

In Deutschland waren laut „Global Terrorism Database“ von den erfassten Terroranschlägen der Jahre 1992 bis 2012 genau 154 rechtsextremistisch. Nur drei wurden von Muslimen begangen. Kein einziger Deutscher starb in diesem Zeitraum durch islamistisch motivierte Terroristen, aber zehn durch rechtsextremistischen Terror – die zehn NSU-Opfer, die Opfer von Mölln und Solingen sowie zahlreiche andere Opfer des Rechtsextremismus sind nicht mitgezählt, da sie nach Polizei-Statistik durch „gewöhnliche Morde“ starben.

USA-Bilanz

Gemessen an der Zahl der Toten liegen islamistische Terroranschläge in den USA  wegen 9/11 klar an erster Stelle. Ohne diesen Sonderfall sieht die Lage anders aus. Danach starben zwischen 1992 und 2012 exakt 28 Menschen durch Amokläufer, zehn durch Rechtsextremisten, sieben durch christliche Abtreibungsgegner und drei durch islamistisch motivierte Terroristen. In dieser Statistik nicht erfasst sind die Selbsttötungen ehemaliger Angehörigen der US-Army in Afghanistan.

Im Nahen Osten

Dem gegenüber waren die Antiterrorkriege des Westens für die Menschen des Mittleren Ostens um ein Vielfaches verheerender. Laut „Ärzte gegen den Atomkrieg“ gab in Afghanistan bis jetzt etwa 100.000 Tote unter der Zivilbevölkerung, die zum Teil auch den Taliban zuzuschreiben sind. Die Zahl der Todesopfer des völkerrechtswidrigen Irakkriegs liegt nach einer wissenschaftlichen Untersuchung dreier amerikanischer und einer irakischen Universität bei mindestens einer halben Million.

Bilanz

Die Statistiken von „Global Terrorism Database“ enthüllen auch die Peinlichkeit, dass die Antiterrorstrategien des Westens keinerlei positive Ergebnisse brachten. Das übliche Argument, man habe durch die massive Verschärfung des Antiterrorkampfes eine Explosion muslimischer Terroranschläge verhindert, ist falsch. Eine vom Weißen Haus eingesetzte Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die NSA-Überwachung bis heute keinen nennenswerten Terroranschlag verhindert hat.

Terrorzuchtprogramm

Im Nahen Osten waren die „Antiterrorkriege“ des Westens eher kontraproduktiv. Sie wirkten wie ein Terrorzuchtprogramm. In Afghanistan, Pakistan, Irak, Somalia und Jemen stärkten sie Al-Kaida, das am Boden lag. Jetzt breiten sie sich wieder aus, wie das Beispiel Syrien beweist.

Damit wir uns richtig verstehen

Terrorismus muss mit aller Härte und Konsequenz bekämpft werden, aber man sollte daran nicht sein imperiales Süppchen kochen. Hätten die USA ein Zehntel ihrer Militärausgaben für ihre Kriege im Nahen Osten für die Erforschung und Ökonomisierung alternativer Energien eingesetzt wäre der Ölsumpf ausgetrocknet. Aber wer bezahlt dann amerikanische Wahlkämpfe?

„Unser Rechtsstaat ist stark genug, um Separatismus, Links- und Rechtsextremismus und auch religiös motivierten Terrorismus mit legalen Mitteln zu besiegen. Es ist Zeit, den großen Bluff eines bevorstehenden terroristischen Weltuntergangs zu beenden.“*

* Unter Verwendung eines Artikels von J. Todenhöfer in der Berliner Zeitung vom 03.04.2014

Hartmut Dold

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