Schöne Bilder in Rumänien. Oder: Manchmal ist es doch besser, mit Traditionen zu brechen

Vor ziemlich genau zwei Jahren, Mitte Juli 2013, sorgte ein Fall von Kunstdiebstahl in den Feuilletons für helle Aufregung, und Rumänien spielte dabei eine unrühmliche Rolle. Zur Vorgeschichte: In der Nacht zum 16. Oktober 2012 wurden sieben Gemälde von zwei rumänischen Dieben aus der Rotterdamer Kunsthalle gestohlen – zwei Werke von Claude Monet sowie je eines von Pablo Picasso, Henri Matisse, Paul Gauguin, Meijer Isaac de Haan und Lucian Freud.1 Der Gesamtwert ließ sich nur schätzen, dürfte aber zwischen 50 und 100 Millionen Euro gelegen haben.2 Nach umfangreichen Ermittlungen wurden schließlich im Januar 2013 mehrere Männer in Rumänien festgenommen, die zumindest als tatbeteiligt galten; bald darauf waren auch die beiden Diebe in Haft. Im März 2013 wurde dann die 19-jährige Freundin eines der beiden Diebe verhaftet, als es Hinweise darauf gab, dass die Bilder nach dem Diebstahl in ihre Rotterdamer Wohnung gebracht wurden, um die Rahmen zu entfernen und die Bilder für den Transport nach Rumänien vorzubereiten. In Rumänien angelangt, waren die beiden Diebe jedoch nicht so recht glücklich mit ihrer Beute geworden – sie fanden keine Käufer für die Bilder, die sie eher zufällig und ohne Sachverstand entwendet hatten, denn eigentlich wollten sie ja ins Naturhistorische Museum einbrechen. Weiterlesen

  1. http://www.volkskrant.nl/dossier-musea-en-galerieen/zeven-topschilderijen-gestolen-uit-kunsthal~a3332410/ []
  2. http://de.wikipedia.org/wiki/Kunsthal_Rotterdam#Kunstraub_im_Jahr_2012 []

Die Grenzen der Soft Power: Makedoniens Krise, Griechenland und Europa

von Ulf Brunnbauer

Im August 2001 konnte die Europäische Union, damals vertreten durch ihren Hohen Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik Javier Solaña, gemeinsam mit den USA einen wichtigen außenpolitischen Erfolg am Balkan erringen: Durch intensive Verhandlungen mit den Konfliktparteien wurde eine Beendigung des bewaffneten Konflikts in der Republik Makedonien zwischen albanischen Guerillakämpfern und den staatlichen Sicherheitskräften erreicht. Zu diesem Zeitpunkt stand Makedonien am Abgrund zu einem Bürgerkrieg, nachdem in den Gefechten zwischen albanischer „Nationaler Befreiungsarmee“ (UÇK) und staatlichen Sicherheitskräften mehr als 100 Personen umgekommen und rund 150.000 Binnenflüchtlinge zu verzeichnen waren. Das unter internationaler Vermittlung ausgehandelte „Ohrider Rahmenabkommen“ vom 13.8.2001 sah tiefgehende Verfassungsänderungen vor, welche den Status der albanischen Minderheit verbesserten und eine weitreichende Dezentralisierung einleiteten. Aus den albanischen Rebellen gründete sich eine Partei („Demokratische Union der Integration“, DUI), die seit mehr als einem Jahrzehnt fixer Bestandteil unterschiedlicher Regierungskonstellationen ist und das albanische politische Leben im Land dominiert.

 

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The Empire Strikes Back: Habsburg nach Habsburg

Katrin Boeckh (Regensburg)

Imperien implodieren, zerfallen und lösen sich auf. Aber in mancherlei Dingen überleben sie ihr Ende. Im östlichen Europa ist dies sichtbar an den Hinterlassenschaften der sowjetischen Herrschaft, an deren strukturellem Erbe die Nachfolgestaaten noch zweieinhalb Jahrzehnte nach ihrer Auflösung laborieren. Über dieses scheinbar Offensichtliche hinaus finden sich aber im östlichen Europa noch viel mehr latente Spuren imperialer Vergangenheiten im gesellschaftlichen und politischen Tagesgeschäft Weiterlesen

Will recent EU Association Agreements encourage institutional change?

Richard Frensch (Regensburg)

Recent EU Association Agreements, concluded with Ukraine, Moldova and Georgia, are steps towards deeper liberalization to foster trade and encourage welfare gains from more trade. Of course, there is also much implicit hope that more trade will pave the way for better institutional arrangements to secure gains from trade, i.e., to positively impact the quality of those countries’ domestic, especially legal,  institutions, as usually summarized by the Rule of Law. Weiterlesen

Wann kommt die russische – und die ukrainische – Ausgabe von Thomas Pikettys Capital in the Twenty-First Century?

Richard Frensch (Regensburg)

In seinem Buch Capital in the Twenty-First Century kombiniert Thomas Piketty, auf der Basis einer reichen Datensammlung, Konzepte der langfristigen Wirtschaftsentwicklung mit Erklärungsansätzen zur funktionalen und personellen Einkommensverteilung zu einem innovativen Ansatz zur Erklärung langfristiger Verteilungstrends (Frensch, Richard: Werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer?, Einführung und Diskussion zu Thomas Pikettys Capital in the 21st Century. LIE Lecture, Universität Regensburg, 9. Dezember 2014, siehe auch die Diskussion im Journal of Economic Perspectives, 29, 1, Winter 2015). Er argumentiert, dass Vermögens- und Einkommensdivergenzen über längere Zeiträume unvermeidlich sind, und dass die Kriege und anschließenden Konvergenzprozesse des 20. Jhdt. in dieser Hinsicht nur eine erklärbare, vorübergehende Ausnahme von der Regel verursachten. Weiterlesen

Income justice in Ukraine

Die Monographie von Kseniia Gatskova „Income justice in Ukraine: a factorial survey study“ ist im Januar 2015 erschienen. Das Buch stellt die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung der Einstellungen gegenüber Verteilungsgerechtigkeit in der post-sowjetischen Transformationsgesellschaft der Ukraine vor. Der Fokus dieser Studie liegt auf den Mechanismen der Entstehung von Gerechtigkeitseinstellungen, die im Rahmen des methodologischen Ansatzes der analytischen Soziologie erklärt werden. Die Studie führt die grundlegenden theoretischen Aussagen über die Natur der sozialen Gerechtigkeit und die einzigartigen empirischen Daten zur Gerechtigkeitseinstellungen zusammen und leistet somit einen Beitrag zu mehreren Forschungsgebieten, unter anderem, zur sozialen Ungleichheitsforschung und zur postkommunistischen Transformationsforschung.
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Einleitung: Die Geschichte der Arbeit in Südosteuropa – eine offene Forschungsagenda. Forschungsbeiträge im aktuellen Band der Südost-Forschungen

Ulf Brunnbauer (Regensburg)

Der aktuelle Band der Südost-Forschungen (Band 72) beschäftigt sich in der Rubrik „Aus der Südosteuropaforschung“ schwerpunktmäßig mit der Geschichte der Arbeit, wobei Zwischenergebnisse von drei Projekte präsentiert werden, die derzeit am IOS laufen: Visar Nonaj analysiert die Rekrutierungspraktiken und -probleme des Stahlwerks Elbasan im kommunistischen Albanien; Biljana Raeva und Ulf Brunnbauer untersuchen die Rolle und Situation der Gewerkschaften während des Staatsozialismus „on the ground“ am Beispiel des bulgarischen Stahlkombinats Kremikovci; Stefano Petrungaro diskutiert die fluiden Grenzen der Kategorie „Arbeit“ und ihre Anwendbarkeit für Südosteuropa. Mit diesen Beiträgen und den ihnen zugrunde liegenden Forschungsprojekten zielt das IOS auf die Belebung eines unterbelichteten, wie wohl höchst relevanten Themenfelds. Weiterlesen

Das wilde Feld der Ostukraine. Neubeginn oder frozen conflict?

von Oleksandr Zabirko, Slavisch-Baltisches Seminar / WWU Münster

(Der Vortrag wurde am 27. November 2014 in Regensburg gehalten)

Meine grundliegende Intention bei diesem Vortrag war es vor allem über die Sprache nachzudenken, mit der wir diesen Konflikt bzw. diesen Krieg beschreiben. Deswegen habe ich absichtlich den Titel meines Vortrages irreführend formuliert um die Mehrdeutigkeit bzw. die Unschärfe mancher Termini oder gar Denkmuster vor Augen zu führen.

Wo liegt die Ostukraine? Weiterlesen

Young Economist of the Year 2014

The Czech Economic Society awarded Olga Popova (IOS Regensburg, Department of Economics) the second prize in the competition “Young Economist of the Year 2014”. This annual award is presented to the most talented young scholars for their research papers. This year the competition runs for the 21st time. The award was presented on November 29, 2014 at the conference of the Czech Economic Society held at the University of Economics in Prague, Czech Republic. Weiterlesen

Politische Kultur in der Ukraine: Wertewandel nach dem ‚Euromaidan‘?

Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine werden in den Medien und auf vielen Foren rege diskutiert. Wissenschaftlich fundierte Aussagen vermisst man dabei oft. Das internationale wissenschaftliche Studentenaustauschprojekt „Politische Kultur in der Ukraine: Wertewandel nach dem ‚Euromaidan‘?“ wurde konzipiert, um einen Kontrapunkt zu der üblichen „podiumsdiskussionsmäßigen“ Auseinandersetzung mit dem Thema zu setzen. Weiterlesen

Einer von 37.000 ist einer von 24 Millionen!

Damit hatte kaum jemand gerechnet, zumindest nicht vor dem ersten Wahlgang vom 2. November 2014: Klaus Johannis wird der neue Präsident von Rumänien. Der Bürgermeister von Hermannstadt und Vorsitzende der Christlich-Liberalen Allianz fuhr bei einer Rekordwahlbeteiligung von 64,1 Prozent mit 54,5 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen1 einen überragenden Sieg im zweiten Wahlgang der rumänischen Präsidentschaftswahlen 2014 ein. Weiterlesen

  1. http://ro.wikipedia.org/wiki/Alegeri_preziden%C8%9Biale_%C3%AEn_Rom%C3%A2nia,_2014 []

Balkanissimo: Fußball-Länderspiel Serbien – Albanien, 14. Oktober 2014

Hochklassiger Fußball und Flaggenzeigen, das gehört international fast seit dem Beginn des Rasensports zusammen. Die Art, in der am Abend des 14. Oktober 2014 im Stadion von Partizan Belgrad beim Länderspiel zwischen Serbien und Albanien albanischerseits Flagge gezeigt wurde, hat man so trotzdem noch nie gesehen, und das hatte seine Folgen. Als circa in der 41. Spielminute eine Drohne im Stadion segelte und eine historisierende Karte des albanischen Siedlungsraums mitsamt Abbildungen des albanischen Staatsgründers Ismail Qemali und von dessen kosovarischem Zeitgenossen Isa Boletini sowie dem englischen Begleittext „Autochthonous“ mit sich schleppte, war bald darauf der Teufel los. Weiterlesen

Konfrontation statt Kooperation: Zu den Sanktionen zwischen EU und Russland

Editorial aus den IOS-Informationen, Nr.3 / Oktober 2014 von Jürgen Jerger (Institut für Ost- und Südosteuropaforschung)

Was die völkerrechtswidrige Annexion der Krim und der unerklärte Krieg an der ukrainischen Ostgrenze nicht schafft en, wurde durch den Abschuss des Flugs MH 17 am 17. Juli über der Ostukraine politisch durchsetzbar: Zum 1. August traten Sanktionen der Europäischen Union in Kraft , die deutlich hinausgehen über die seit März wirksamen Maßnahmen, die sich auf einzelne natürliche oder juristische Personen im Umfeld der russischen Regierung beschränkt hatten. Neben einer Verlängerung dieser Liste auf nunmehr 118 Einträge wurde ein Handelsembargo für Rüstungsgüter bzw. militärisch nutzbare Güter sowie für Technologie zur Ölförderung verhängt. Weiterhin wurde die Kapitalverkehrsfreiheit für fünf staatliche Banken in Russland eingeschränkt; sie können sich nun nicht mehr langfristiges Kapital in der EU besorgen und dort auch keine längerfristigen Anlagen mehr tätigen. In der gemeinsamen Erklärung von Rats und Kommissionspräsident wird der Grund für diese „Warnung“ an Russland in aller Klarheit benannt: „die illegale Annexion von Gebieten und die bewusste Destabilisierung eines souveränen Nachbarlandes“.

A train of tank cars in motion Weiterlesen

Das Projekt “Skopje 2014″. Oder: Wie ein Land seine Zukunft verbaut

Wie ein Land seine Zukunft verbaut: das Projekt Skopje 2014

von Ulf Brunnbauer

Im Februar 2014 wurde Igor Ivanovski, Mitglied des Exekutivrates der Sozialdemokratischen Partei Makedoniens (SDSM), der größten Oppositionspartei des Landes, zu beinahe 5 000 Euro Schadenersatz wegen übler Nachrede verurteilt, die er der Kulturministerin Elizabeta Kančevska-Milevska zahlen musste. Ivanovski hatte im November 2010 das Projekt „Skopje 2014“ als „klassische Geld-Waschmaschine“ bezeichnet, da die Unterlagen von Ausschreibungen und Vergaben für das Bauprojekt auf mysteriöse Weise verschwunden wären. Die Kulturministerin, deren Amt für eine Reihe der Bauten von Skopje 2014 zuständig ist, wies den Vorwurf kategorisch zurück und verklagte Ivanovksi; das der Regierung willfährige Gericht folgte dem Begehren.1

Screenshots

Screenshots aus der offiziellen Simulation zur Vorstellung von „Skopje 2014“ (Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=iybmt-iLysU). Weiterlesen

  1. „Osnoven sud. Ivanoski kaznet so 300.000 denari“, http://dnevnik.mk, 20.2.2014. []

Wie findet man die Büchse der Pandora? Zur Konzeption des freigeschalteten Online-Themenportals “Balkankriege 1912/13″

https://www.vifaost.de/themenportale/balkankriege/

Die Ordnungsprinzipien im Netz verlangen andere Verfahren, Informationen zu strukturieren. David Weinberger spricht von der „Macht der digitalen Unordnung“ und sagt im Zuge des digitalen Wandels fundamentale Veränderungen bei unseren Ideen und Organisationen und beim Wissen selbst voraus.1 Das Browsen ersetze künftig das gezielte Suchen und Finden von Information. Assoziation und Serendipität würden zum Prinzip. Diese Techniken sind an sich nicht neu: Verweise, Fußnoten und Literaturverzeichnisse bieten auch in analogen Medien die Chance, auf den gerade benötigten Baustein zur Vollendung oder einen wichtigen Impuls für die eigene Arbeit zu stoßen. Weiterlesen

  1. S. David Weinberger. Everything Is Miscellaneous. The Power of the New Digital Disorder. New York: Times Books, 2007. []