14. März 1915

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Stadtarchiv Düsseldorf, “Tagebuch Willy Spatz” 1914-1919. 0-1-23-47.0000

Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 14. März 1915 (Teil 1)
Alle Scans zum Tagebucheintrag vom 14. März 1915 (Teil 2)

Willy Spatz (1861-1931) war Professor an der Kunstakademie Düsseldorf.

Sonntag, den 14. März

[Artikel „Der amtliche Tagesbericht.“]

Gestern wurde durch Schüler der höheren Lehranstalten auch uns die Brotkarte gebracht, eine Karte für 5 Personen, die dazu berechtigt, für den Kopf täglich 250 Gramm Brot zu kaufen. Das wird eine nicht unbedeutende Einschränkung im Brotverbrauch geben, aber man wird sich schon darin zu finden wissen. Nur unser Dienstmädchen meinte, man müsse nun den Magen fest zuschnüren oder noch besser ihn an einem Nagel aufhängen. Diese Sorte von Menschen ist u. bleibt ungenügsam u. vermag sich nicht in veränderte Lebensbedingungen zu finden. Ein treffendes Beispiel

für die Bedürfnisse in der Verpflegung gibt die Erzählung von der Waschfrau, die vor ihrer Einstellung nach ihren Bedingungen gefragt wurde u. diese dahin festlegte: „Morgens krieg ich um 8 Uhr Kaffe u. 6 Butterbrote, um 10 Uhr das Frühstück: zwei bis drei belegte Butterbrote, dann kommt das Mittagessen; danach um 4 Uhr der Nachmittagskaffe mit 5-6 großen Butterbroten, dann um 6 Uhr das Vesperbrot, bestehend aus 3-4 belegten großen Butterbroten u. dann endlich das Abendessen – das muß aber ordentlich sein – Außerdem krieg ich drei Mark für den Tag –“ Schlagfertig fragte die Hausfrau darauf: „Was muß ich Ihnen aber geben, wenn Sie den ganzen Tag essen?“ – Es ist naheliegend, daß die Brotkarte, die eine so große Rolle in unserem Volksleben spielen wird, auch in den Witzblättern weitgehende Beachtung findet u. ihre hohe Bedeutung im Scherz behandelt wird. Wir finden da unter anderem folgendes unter der Ueberschrift: „Zeitgemäße Steigerung“: Braut: „Liebst du mich auch wirklich, Adolar?“ Bräutigam: „Wie kannst du noch fragen, Elise, mein Schatz! Meine Perle! Meine Brotkarte!“ –

In den ersten Tagen des Kriegsausbruchs hatten viele Geschäfte in ihren Aushängeschildern die Fremdwörter verdeckt oder wegstreichen lassen – jetzt wagen sie sich wieder langsam hervor u. unter anderem findet man die Worte: „costumes, modes u. taylor“ sich wieder ordentlich breit machen, kurzum alle die Bezeichnungen, die sich auf Weiber-Mode beziehen.
Denn die Weiber unterlassen es nicht, nach wie vor nach Paris zu schielen u. bei dieser Gelegenheit werden auch die französischen Ausdrücke eingeschmuggelt. Nebenstehender Ausschnitt zeigt, was zur Zeit in fremdländischen Worten noch geleistet wird.

[Artikel „Karlsruhe (Baden) […]“]

Allerdings in der Fremdwörterhetze gehen die Mitglieder der Association zur Purification der deutschen Sprache zu weit, wie zum Beispiel in der Verdeutschung des Wortes Rangier-Bahnhof, das in Vohwinkel in „Verschiebebahnhof“ umgewandelt wurde. Ganz richtig wird bemerkt, daß wir wohl unterscheiden lernen müßten zwischen Lehnwörtern u. Fremdwörtern selbst, daß wir aber erstere deutsch aussprechen sollten. Wir brauchen ja nicht so weit zu gehen, wie es das Volk tut, das die Fremdwörter so verändert, daß sie einen Sinn erhalten nach ihrem Begriffsvermögen. Nach einem meiner Lieblingsbücher, der „volkstümlichen Ethymologie“ ist deren Zahl sehr groß u. höchst spaßig sind die Gedankengänge, die das Volk bei Umwandlung von Fremdwörtern in Deutsche leitete. Aus der Düsseldorfer Volkssprache möchte ich noch zwei Verdeutschungen drolliger Art anfügen. So sagt man hier nicht „Trottoir“ sondern „Tritterwar“ (etwas, worauf der Bürger tritt); ferner heißt es hier nicht „Xantippe“ sondern „Zanktippe“, ein Wort, das trefflich volkstümlich verdeutscht ist. – Nunmehr will ich abbrechen, denn meine Tochter Elsa übt auf dem Klavier für ihre Prüfung am Dienstag im Konservatorium das Mendelssohn’sche Capriccio brillante in h moll. Wegen dieser Störung will ich mich an dir, Mendelssohn rächen! Manches von dir ist männlich, kräftig u. gesund, manches aber ist widerwärtig süßlich u. weichlich! Man hat oft

[Gedicht „Frühlingswunsch und Segen.“ / Gedicht „>Siege<“ / Humoristischer Text „Der Petersburger Telegraphen-Agentur […]“ / Humoristischer Text „Die Verbündeten fahren fort […]“ / Gedicht „Der Affe oder: Verwaltungssorgen ins Antwerpen“]

das Gefühl, als bekäme man ein Crême-Schnittchen in den Mund gesteckt oder als führe über das Gesicht ein parfümierter Puderquast –

[Karikatur „In Deutschland ist schon wieder […]“ / Gedicht „Den Daheimgebliebenen“]

[Gedicht „Sturmnacht“ / Liedtext „Bayrisches Kanonierlied“ / Humoristischer Text „England auf der Weltausstellung in San Franzisko“ / Humoristischer Text „Nach den neuesten englischen Schiffsverlusten […]“ / Gedicht „Bierreise“]

[Grafik „Gott strafe England!“]

[Grafik „Sanitätshund im Felde“]

[Gedicht „Sanitätshunde im Felde“ / Gedicht „Fisch-Gespräch“ / Karikatur „Die Champagne-Kampagne.“]

[Grafik „Illustration zu >Egmont< Anno 1915“ / Grafik „Der Clausewitz-Schüler“]

[Karikatur „Zu Ehren des Gastes.“]

[Karikatur „Die Suffragetten an der Front“]

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[Grafik „In der Champagne“]

[Grafik „Am Brandenburger Tor“ / Grafik und Gedicht „Englands Schuld“ / Humoristische Texte „Denkzettel für England.“]

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[Humoristischer Text „Admiral Limpus“ / Humoristischer Text „Kriegsberichte XXII.“ / Karikatur „Das Wettklettern um den Dardanellenschlüssel“ / Gedicht „Russisches Heiligtum“ / Humoristischer Text „Im Zeichen des Papiergeldes“ / Humoristischer Text „Die Stützen des Vaterlands“]

[Gedicht „Zu den Russengreueln in der Bukowina“ / Humoristischer Text „Episödchen“ / Gedicht „Variante“ / Karikatur „Der russische Erpresser“ / Gedicht „Vom Völkerrecht“ / Gedicht „Frühlingsbotschaft 1915“ / Humoristischer Text „Liebe Jugend!“ / Gedicht „Der Dreiverband gibt Vorstellung“]


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