Ferienwohnungen
Der Kampf gegen illegale Zimmervermietung
Urlaub in der Wohnung eines Fremden: Der Hamburger Senat verschärft die Regeln für die Vermietung von Wohnraum als Ferienunterkunft an Touristen. Nachbarn sollen Auffälligkeiten melden. Von Melanie Wassink
Wenn auf Hamburg-St. Pauli oder in Ottensen die Räder von Rollkoffern über den Bürgersteig rumpeln, sind wahrscheinlich wieder ein paar Städtereisende unterwegs, die sich ein paar Tage in eine Privatwohnung eingemietet haben. Hamburg-Gäste, die mit Koffern bepackt in Mietshäuser einziehen, um Hafen, Reeperbahn und Alster zu entdecken, werden in der Hansestadt immer häufiger.
Die Individualtouristen meiden anonyme Hotels und mieten sich lieber dort ein, wo die Hamburger selber gerne wohnen und ausgehen, bekommen dafür Lokalkolorit und Geheimtipps um die Ecke. Vielen Nachbarn allerdings, die von Lärm aus dem Flur und Partygästen genervt sind, und der Hotellerie, die den aufkeimenden Wettbewerb fürchtet, ist der Trend "Weg vom Hotelzimmer – hin zum Apartment" schon länger ein Dorn im Auge.
Hamburg hat jetzt auf die Debatte um den neuen Tourismustrend reagiert und die Regeln für die "Privat-Hoteliers" angepasst. Die Novellierung des Wohnraumschutzgesetzes ist am 1. Juni 2013 in Kraft getreten. In der Hansestadt gilt jetzt folgende Gesetzgebung für die private Vermietung an Gäste: Es ist erlaubt, weniger als die Hälfte der eigenen Wohnfläche Touristen zur Zwischenmiete anzubieten, also etwa nur ein Zimmer. Legal ist die Ferienvermietung auch, wenn der Mieter die Zimmer den Großteil des Jahres selbst nutzt.
Vorübergehende Vermietung erlaubt
"Die Hauptwohnung darf während vorübergehender Abwesenheit des Nutzungsberechtigten Dritten auch entgeltlich überlassen werden. Der Charakter der Wohnnutzung muss aber erhalten bleiben", konkretisiert Kerstin Graupner von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt die Regelung.
Entscheidend sei aber letztlich der Einzelfall, sagt die Sprecherin der Behörde, und nennt noch ein Beispiel: "Wer seine Wohnung vorübergehend, etwa während des Urlaubs, anderen gegen Zahlung einer Miete überlässt, macht sich nicht automatisch strafbar. Wichtig ist, dass der Charakter der Wohnnutzung erhalten bleibt und dass der Mieter oder Eigentümer die Wohnung mindestens sechs Monate pro Jahr selbst zu Wohnzwecken nutzt."
Haupttreiber für die wachsende Anzahl von Wohnungen, die von den Mietern oder Eigentümern lukrativ als Ferienunterkünfte angeboten werden, sind Internetportale wie Airbnb und 9flats.com. Airbnb kommt aus den USA und betreibt seit 2011 eine deutsche Seite im Internet, die Zentrale für den deutschen Markt sitzt ebenfalls in Hamburg.
1000 Hamburger Wohnungen bei Airbnb gelistet
9flats.com wurde gegründet von Stephan Uhrenbacher, einem Hamburger, der bereits mit dem Bewertungsportal qype erfolgreich im Netz unterwegs ist. Beide Unternehmen verstehen sich als Plattform, auf denen sich Vermieter mit ihren Wohnungen präsentieren und die Kontakte mit den Gästen knüpfen können. Für diesen Service nimmt Airbnb eine Gebühr von drei Prozent des Zimmerpreises sowie sechs bis 12 Prozent von den Mietern, je nach Preis der gewählten Unterkunft.
Der weltweite Marktführer Airbnb bietet in Deutschland rund 11.500 private Übernachtungsmöglichkeiten an. Im vergangenen Jahr ist diese Zahl um 417 Prozent gestiegen. In Hamburg werden mehr als 1000 Wohnungen auf Airbnb angeboten. 9flats.com präsentiert in Deutschland und weltweit beliebten Reisezielen mehr als 96.000 Wohnungen auf seiner Seite. Ein weiterer Wettbewerber im Vermietmarkt ist wimdu, der 2011 an den Start ging.
Die Internetportale verdienen durch die Gebühren, und die Wohnungsbesitzer locken hohe Einkünfte: Je nach Lage kann der Anbieter einer Wohnung schnell mehr als 100 Euro verlangen, pro Tag. Da ist die eigene Miete schnell wieder drin und hohe Gewinne locken zusätzlich, denn die meisten Untervermieter versteuern ihre Einkünfte nicht.
Illegale Vermietungen in Innenstadtnähe vermutet
"Wir gehen von rund 800 Ferienwohnungen in Hamburg aus. Die meisten davon werden unrechtmäßig als Ferienunterkunft genutzt", sagt Behördensprecherin Kerstin Graupner. Nur für einige wenige Wohnungen sei für diese Nutzung offiziell eine Genehmigung erteilt worden. "Das sind zum Beispiel Ferienwohnungen in umgebauten landwirtschaftlichen Gebäuden in den Marsch- und Vierlanden", sagt Kerstin Graupner. Unrechtmäßige Vermietungen an Touristen würden dagegen vor allem in innenstadtnahen Lagen vermutet. Die Bezirke Hamburg-Mitte, Eimsbüttel, Altona und Hamburg-Nord seien davon am stärksten betroffen.
Die Nutzung von Wohnraum als Ferienunterkunft steht insbesondere angesichts stetig steigender Mieten und gleichzeitig knappem Angebot in der Hansestadt in der Kritik. "Die Zweckentfremdung von Wohnraum ist in Hamburg bereits seit 1971 nur mit Genehmigung zulässig", ergänzt Kerstin Graupner mit Blick auf die Ferienwohnungen. Eine solche Genehmigung werde aber nur unter bestimmten, restriktiven Voraussetzungen erteilt. Daran halte die Baubehörde fest. Die Gesetzesnovellierung diene nun aber auch dazu, Verstöße gegen das Zweckentfremdungsverbot noch effektiver und gezielter zu bekämpfen.
Nachbarn sollen Auffälligkeiten melden
"Die Bezirke setzen zusätzliches Personal speziell für die Bekämpfung rechtswidriger Ferienwohnungen ein," sagt Kerstin Graupner. Insgesamt kontrollierten 15 Mitarbeiter die Nutzung der Hamburger Wohnungen, drei Beschäftigte seien eigens dafür neu eingestellt worden. Zur Unterstützung der Kontrolleure setzt man zudem auf Hinweise durch Dritte.
Es könne nicht der gesamte Hamburger Wohnungsbestand von Amts wegen überprüft werden, heißt es bei der Baubehörde. Dies wäre auch unverhältnismäßig. "Die Behörden sind daher auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen", ruft Kerstin Graupner die Nachbarn dazu auf, sich bei Auffälligkeiten im Haus an die Behörde zu wenden. "Diesen Hinweisen wird dann gezielt nachgegangen."
Die Zimmervermittlungsportale und Marktbeobachter bewerten die Regelungen unterschiedlich: "Die neue Regelung sehen wir als Verschärfung des bestehenden Gesetzes an, die unser Wachstum bremsen wird," sagt Juliane Loehr von 9flats.com. Gerade auf einem Marktplatz wie 9flats würden überwiegend Privatpersonen ihre Wohnung oder Teile davon zur Vermietung anbieten, die dafür sehr unterschiedliche Gründe hätten. Viele Vermieter seien im Urlaub oder nutzten die Wohnung wegen beruflichen Pendelns nur zeitweise.
Hotels Grund für verschärfte Regeln?
Andere vermieteten eine ausgebaute Wohnung innerhalb eines Einfamilienhauses, nachdem die Kinder ausgezogen seien. Etliche wollten damit einen Teil der Lebenshaltungskosten wieder hereinspielen, um eine große Wohnung weiter halten zu können trotz steigender Mieten.
"Wir haben hierzulande eine gefühlte Mietpreisexplosion", ergänzt 9flats.com-Gründer Stephan Uhrenbacher. "Da kommt Politikern aller Parteien der Sündenbock Ferienwohnungsanbieter gerade recht. Dabei sieht die Realität ganz anders aus. In Hamburg fehlen bis zu 40.000 Wohnungen. Unser Portal bietet aber nur 1000 möblierte Wohnungen an", sagt der Unternehmer, und weiter: "Den Neubau von Wohnraum hat die Politik selbst verschlafen."
Uhrenbacher sieht zudem die Hotels als treibende Kraft für schärfere Regeln: "Der Verband Dehoga erklärte beispielsweise, die Branche würde durch Plattformen wie 9flats ein Viertel ihres Umsatzes verlieren. Daran glaube ich nicht." Hinzu käme eine weitere Schieflage, ist Uhrenbacher überzeugt: "Von den Städten wird gern übersehen, dass auch die über uns vermittelten Touristen viel Geld ausgeben und damit die wirtschaftliche Situation vor Ort verbessern." Stefan Klein von der Hamburger Wirtschaftsförderung ergänzt: "Der Bereich der Shareconomy ist ein Wachstumsmarkt innerhalb der digitalen Medien", sagt er mit Blick auf die Wirtschaft des Teilens.
Vermittlungsportale "mehr als problematisch"
"Hamburg schafft für diese digitalen Angebote im Bereich des Wohnraums mit der neuen Regel nun eine Rechtssicherheit für dieses Geschäftsmodell." Durch die neue Regelung agierten sowohl Vermieter, als auch Mieter nicht mehr im Bereich der gesetzlichen Grauzone. Zudem sieht Klein die private Untervermietung via Internet nicht als Gefährdung für die große Zahl von Übernachtungen in Hamburger Hotels und Pensionen, sondern als "eine interessante Ergänzung".
"Wohnraum zu schützen und nicht zuzulassen, dass er zweckentfremdet genutzt wird, ist in Städten wie Hamburg mit einem derart angespannten Wohnungsmarkt eine wichtige Maßnahme, aber nur ein kleiner Baustein", gibt Kerstin Graupner zu. "Wer langfristig dafür sorgen will, dass Mieter bezahlbaren und ausreichend Wohnraum finden, der muss bauen. Deshalb sieht das Wohnungsbauprogramm des Senats vor, die Voraussetzungen für mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen.
Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, bezeichnet das Geschäftsmodell von Zimmervermittlungsportalen wie Airbnb angesichts der Gesetzeslage dagegen als "mehr als problematisch". Sollten sich die "ahnungslosen" Mieter darauf einlassen und damit Geld verdienen wollen, könne dies neben einem Verstoß gegen das Wohnraumschutzgesetz in Hamburg auch eine vertragswidrige Nutzung der Wohnung bedeuten.
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